TE Vfgh Erkenntnis 2001/9/25 B2261/00

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Veröffentlicht am 25.09.2001
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Index

63 Allgemeines Dienst- und Besoldungsrecht
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979

Norm

EMRK Art6 Abs1 / civil rights
BDG 1979 §38
BDG 1979 §40

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Enthebung von der Funktion als Kommandant und Versetzung eines Gendarmeriebeamten zu einem anderen Gendarmerieposten; keine willkürliche Annahme eines dienstlichen Interesses an den getroffenen Maßnahmen auf Grund schwerwiegender Konflikte und Spannungsverhältnisse; mangelnde Befähigung des Beamten als Führungskraft ausreichend indiziert; kein Vorliegen von civil rights

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer steht als Gendarmeriebeamter in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund.

Mit Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für Tirol vom 26. Juli 2000 wurde der Beschwerdeführer von seiner Funktion als Kommandant des Gendarmeriepostens St. Anton am Arlberg (Verwendungsgruppe E2a, Funktionsgruppe 5), die er seit 1. Mai 1986 bekleidete, enthoben, zum Gendarmerieposten Imst versetzt und dort als Beamter der Verwendungsgruppe E2a, Grundlaufbahn, in Verwendung genommen.

Begründend wird dazu u.a. Folgendes ausgeführt:

Bereits in den Jahren 1991, 1994, 1995, 1996 und 1997 seien anlässlich von Überprüfungen des Gendarmeriepostens St. Anton am Arlberg durch das Landes- bzw. Bezirksgendarmeriekommando diverse Mängel beanstandet worden, die damals aber noch als im vertretbaren Rahmen befindlich angesehen worden seien. Eine weitere Überprüfung durch das Bezirksgendarmeriekommando Landeck im Jahr 1998 habe jedoch erneut erhebliche Mängel in der Dienstführung zu Tage gebracht, so zB Fehler bei den Dienstvorschreibungen, bei der Auswertung der Dienstberichte, bei der Koordination durch die Postenführung, bei der Aktenverwaltung oder bei den Urlaubsgenehmigungen. Im Hinblick darauf vom Bezirksgendarmeriekommandanten mit dem Beschwerdeführer geführte Telefonate habe dieser zwei Mal abgebrochen; auch habe er seine schriftliche Stellungnahme - unter Umgehung des Dienstweges - nicht an das Bezirks-, sondern an das Landesgendarmeriekommando adressiert.

Daraufhin sei der Beschwerdeführer am 1. Dezember 1998 wegen der festgestellten Mängel und seines Verhaltens gegenüber dem Vorgesetzten ermahnt worden und sei eine weitere Prüfung des Gendarmeriepostens angekündigt worden. Diese, am 31. März 1999 durch das Landesgendarmeriekommando durchgeführte Überprüfung habe das Fortbestehen der schon aufgezeigten Mängel ergeben.

Im Hinblick darauf habe im November 1999 eine kommissionelle Überprüfung des Gendarmeriepostens St. Anton am Arlberg durch das Landesgendarmeriekommando stattgefunden. In deren Rahmen sei eine Vielzahl von Mängeln, so u.a. betreffend die formelle Dienstplanung, die Verrechnung nicht genehmigter Überstunden durch den Beschwerdeführer und insbesondere die mangelnde Erfüllung seiner Führungsaufgaben als Postenkommandant, festgestellt worden. Insgesamt habe die kommissionelle Überprüfung für den Zeitraum Jänner 1998 bis April 1999 12 verschiedene dienstliche Mängeln ergeben, die zum einen gravierende administrative und führungsmäßige Defizite, zum anderen aber zB auch die vorsätzliche Erstellung falscher Dienstberichte betrafen. Diese Verfehlungen seien als versetzungsrelevant im Sinne des §38 Abs2 BDG anzusehen, zumal sie einen Autoritätsverlust des Beschwerdeführers und damit einen Vertrauensverlust gegenüber Mitarbeitern, Vorgesetzten und der Dienstbehörde bewirkt und insgesamt ein Spannungsverhältnis hervorgerufen hätten.

Im Hinblick auf die in §38 Abs4 BDG vorgesehene Verpflichtung zur Berücksichtigung der persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse eines Beamten im Falle einer amtswegigen Versetzung an einen anderen Dienstort sei in Betracht zu ziehen, dass der Wegaufwand des Beschwerdeführers unverändert bleibe, da die Entfernung von seinem Wohnort zum neuen Dienstort in etwa jener zum Gendarmerieposten St. Anton am Arlberg entspreche.

2. In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dass die Voraussetzungen für eine amtswegige Versetzung mangels relevanter Dienstpflichtverletzungen iSd. §38 BDG nicht gegeben seien. Die ihm vorgeworfenen Mängel seien nur geringfügig und die Übertretungen grundsätzlich nur formeller Art; auch bestehe zwischen den festgestellten Mängeln und der Versetzung kein innerer zeitlicher Zusammenhang. Seine Abberufung sei daher zu Unrecht erfolgt.

3. Mit Bescheid vom 24. Oktober 2000 wies die Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport die Berufung des Beschwerdeführers ab.

Begründend wird dazu u.a. Folgendes ausgeführt:

       "Ein in einer Dienststelle zwischen einem Beamten und anderen

Beamten, insbesondere seinem Vorgesetzten, bestehendes

Spannungsverhältnis, das geeignet ist, das für die erfolgreiche

Erfüllung der dienstlichen Aufgaben unbedingt erforderliche

Vertrauensverhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern

wesentlich zu behindern, stellt jedenfalls ein ... wichtiges

dienstliches Interesse dar, das eine Versetzung zu rechtfertigen

vermag ... Diese dienstlichen Interessen bestehen auch in der

Erhaltung eines rechtmäßigen, möglichst reibungslosen und effizienten Dienstbetriebes. Resultieren die Konflikte und Spannungen aus unrechtmäßigen Handlungen eines Bediensteten, so besteht im Rahmen der gegebenen Zuständigkeiten die Verpflichtung, diese aufzuzeigen; zu versetzen ist der für die unrechtmäßigen Handlungen verantwortliche Bedienstete ...

Das Gleiche gilt für mangelnde Führungsqualitäten ... sowie für Vertrauensverlust im Hinblick auf Mitarbeiter und Vorgesetzte ...

Der angefochtene Bescheid gründet sich in sachlicher Hinsicht auf die Erhebungen und Einvernahmeniederschriften des LGK Tirol und des BGK Landeck, die insgesamt das Bild eines akribischen, objektiven, an den Bestimmungen des BDG und der speziellen Gendarmerievorschriften orientierten Gesamtdarstellung des Wirkens des BW als Kommandant des GP St. Anton vor allem seit 1998 bieten. Diese Erhebungsergebnisse sind weitestgehend in sich schlüssig, widerspruchsfrei und mit den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung im Einklang.

In seinen rechtlichen Ausführungen ist der angefochtene Bescheid ebenfalls nicht zu beanstanden ...

Das wichtige dienstliche Interesse an der Versetzung des BW trotz des anhängigen Disziplinarverfahrens liegt zweifellos vor, weil das gesamte Erhebungsergebnis den Schluss zwingend macht, dass der BW seinen Führungsaufgaben als Kommandant des GP St. Anton weitestgehend nicht nachgekommen ist. Diese Situation macht, sowohl für sich betrachtet, als auch im Hinblick auf das bevorstehende Großereignis der Ski-WM in St. Anton, Anfang 2001, durch das die Führungskompetenz des örtlich zuständigen Postenkommandanten restlos gefordert sein wird, ein unverzügliches Handeln der Dienstbehörde unausweichlich.

Was die wichtigen dienstlichen Gründe für die Versetzung zum Gendarmerieposten Imst anlangt, so ist festzustellen, dass eine Verwendung des BW aufgrund des mit seiner Absetzung als Kommandant des Gendarmeriepostens St. Anton/Arlberg verbundenen Ansehensverlustes im Bezirk Landeck untragbar wäre, hinzu kommt, dass sich der BW, wie aus der Aktenlage zu entnehmen, in eine Konfrontationsstellung zum Bezirksgendarmeriekommando und dessen Kommandanten begeben hat, was ebenfalls einen Wechsel des Dienstortes in einen anderen Bezirksbereich indiziert, um eine künftige ordnungsgemäße und reibungsfreie Aufgabenerfüllung des BW zu ermöglichen.

Aus ... Niederschriften und Aktenvermerke(n) ... wird das Führungsdefizit des BW als Postenkommandant besonders deutlich:

sämtliche als Zeugen vernommenen derzeitigen und ehemaligen Mitarbeiter bzw. Kollegen schildern eindrucksvoll und glaubhaft die durch die Vernachlässigung fast jeglicher Führung des GP durch den BW zerstörte Vertrauensbasis. In die gleiche Richtung gehen die Aussagen von Vorgesetzten und von Organen der Gemeindepolizei St. Anton.

Diese Aussagen stimmen mit dem Bild, das die sonstigen Erhebungen des LGK und BGK zeigen, weitestgehend überein und sind auch deshalb für die Berufungskommission von hoher Entscheidungsrelevanz.

Das Verhalten des BW gegenüber Vorgesetzten wie in der Person des Bezirksgendarmeriekommandanten von Landeck bildet das genaue Bild eines gravierenden Spannungsverhältnisses mit schwer wiegenden dienstlichen Auswirkungen, das durch das unkooperative Verhalten des BW, verbunden mit seiner Obstruktion und der Verletzung allgemein anerkannter Umgangsformen (z.B. zweifache Unterbrechung eines Telefonates mit seinem Vorgesetzten) verursacht wurde.

In die Richtung des zweifelsfrei durch das Verhalten des BW hervorgerufenen schwer wiegenden Spannungsverhältnisses wirkte auch die - trotz wiederholter Beanstandungen - hartnäckige Weigerung, sich in der Genauigkeit bei der Erfüllung der administrativen und formalen Leitungsaufgaben den geltenden Vorgaben anzupassen.

...

Aus dem gesamten Akteninhalt geht hervor, dass die Mängel am GP St. Anton keinesfalls nur 'formal' waren, sondern, wie vorstehend geschildert, auch ernstlich die Grundsätze der Nachvollziehbarkeit, Klarheit und Wahrheit der Akten tangiert haben.

Zum Vorwurf der mangelhaften Prüfung ist zu sagen, dass Vorschriften auch ohne laufende Kontrolle durch Vorgesetzte einzuhalten sind. Laut angeführtem Bescheid gab es bereits 1991 Kontrollen und Beanstandungen.

Zum Thema 'Emotionalität' des BW ist zu sagen, dass selbstverständlich jedem Menschen seine Individualität zusteht. Wenn aber persönliche Eigenheiten zu einem Hindernis für eine ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung werden, sind sie zurückzustellen oder sie werden zu rechtserheblichen Anlässen für dienstrechtliche Maßnahmen, die ja unabhängig von subjektiven Gründen zu treffen sind.

Die Rechtfertigung, dass sich Spannungen mit Mitarbeitern im 'normalen' Rahmen gehalten hätten, ist aktenwidrig: die oben angeführten Niederschriften mit diesen beweisen das Gegenteil.

Entgegen der Ansicht des BW sind die festgestellten Fakten weitestgehend im Sinne des angeführten Bescheides gemäß §38 BDG versetzungsrelevant.

Entgegen seiner Selbsteinschätzung ist der BW aus diesen Gründen nicht geeignet, den GP weiter als Kommandant zu führen, es steht aufgrund der erwiesenen Erkenntnisse auch fest, dass er den Willen zur Führung im relevanten Zeitraum nicht aufgebracht hat.

...

Insgesamt liegen sohin die dienstrechtsrelevanten Tatbestände Vertrauensverlust gegenüber Mitarbeitern, Vorgesetzten und der Dienstbehörde, ein schweres dienstrelevantes Spannungsverhältnis von langer Dauer und die mangelnde Führungskompetenz des BW vor."

4.1. Gegen diesen Bescheid der Berufungskommission beim Bundesministerium für öffentliche Leistung und Sport wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG, Art7 B-VG), auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG) sowie auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.

4.2. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde im Wesentlichen vor, in ihrer Entscheidung die Sachverhaltsfeststellungen der erstinstanzlichen Behörde übernommen zu haben, die wiederum im Zuge des - der Versetzungsentscheidung vorangegangenen - Ermittlungsverfahrens nur jene Tatsachen und Umstände erhoben habe, die für eine Versetzung des Beschwerdeführers auf einen anderen Dienstposten gesprochen hätten. Auch habe keine der Behörden die für die in §38 Abs4 BDG geforderte Interessenabwägung erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Zudem stehe fest, dass die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Dienstpflichtverletzungen sowohl hinsichtlich ihrer Quantität als auch hinsichtlich ihrer Qualität bereits seit 1994 bekannt gewesen seien, sodass kein angemessener zeitlicher Zusammenhang zwischen der Versetzung und der Verwirklichung der Versetzungsgründe bestehe. Insgesamt falle auf, dass die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die wider ihn erhobenen Vorwürfe regelmäßig als "polemisch", "von Emotionen getragen" oder "unberechtigt" abgetan, die von den Zeugen vorgebrachten Argumente hingegen unbeanstandet als wahr hingenommen worden seien. Angesichts dieser "einseitigen Beweisaufnahme" sei das Zustandekommen einer objektiv rechtsrichtigen Entscheidung zweifelhaft. Die Behörde habe damit nicht nur gegen das Gleichheitsrecht, sondern auch gegen den Grundsatz der Verfahrensfairness verstoßen. Auf Grund ihrer Zusammensetzung sei der belangten Behörde schließlich auch der Tribunalcharakter im Sinne des Art6 EMRK abzusprechen.

5. Über Aufforderung durch den Verfassungsgerichtshof legte die belangte Behörde die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdevorwürfen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die hier in erster Linie maßgebenden Bestimmungen des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979, BGBl. 333 (§38 idF BGBl. I 1998/123; §40 idF BGBl. 1994/550), lauten auszugsweise wie folgt:

"Versetzung

§38.(1) Eine Versetzung liegt vor, wenn der Beamte einer anderen Dienststelle zur dauernden Dienstleistung zugewiesen wird.

(2) Die Versetzung ist von Amts wegen zulässig, wenn ein wichtiges dienstliches Interesse daran besteht. Während des provisorischen Dienstverhältnisses ist eine Versetzung auch ohne wichtiges dienstliches Interesse zulässig.

(3) Ein wichtiges dienstliches Interesse liegt insbesondere vor

1. bei Änderungen der Verwaltungsorganisation einschließlich der Auflassung von Arbeitsplätzen oder

2. bei Besetzung eines freien Arbeitsplatzes einer anderen Dienststelle, für den keine geeigneten Bewerber vorhanden sind, wenn der Beamte die für diesen Arbeitsplatz erforderliche Ausbildung und Eignung aufweist, oder

3. wenn der Beamte nach §81 Abs1 Z3 den zu

erwarten den Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat oder

4. wenn über den Beamten eine Disziplinarstrafe rechtskräftig verhängt wurde und wegen der Art und Schwere der von ihm begangenen Dienstpflichtverletzung die Belassung des Beamten in der Dienststelle nicht vertretbar erscheint.

(4) Bei einer Versetzung an einen anderen Dienstort von Amts wegen sind die persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse des Beamten zu berücksichtigen. Eine Versetzung ist - ausgenommen in den Fällen des Abs3 Z3 und 4 sowie in jenen Fällen, in denen abweichend vom Abs3 Z4 noch keine rechtskräftige Disziplinarstrafe verhängt worden ist - unzulässig, wenn sie für den Beamten einen wesentlichen wirtschaftlichen Nachteil bedeuten würde und ein anderer geeigneter Beamter, bei dem dies nicht der Fall ist, zur Verfügung steht.

(5) ...

(6) Ist die Versetzung des Beamten von Amts wegen in Aussicht genommen, so ist er hievon schriftlich unter Bekanntgabe seiner neuen Dienststelle und seiner neuen Verwendung mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihm freisteht, gegen die beabsichtigte Maßnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung Einwendungen vorzubringen. Werden innerhalb der angegebenen Frist solche Einwendungen nicht vorgebracht, so gilt dies als Zustimmung zur Versetzung.

(7) Die Versetzung ist mit Bescheid zu verfügen; in diesem ist festzustellen, ob der Beamte die für die Versetzung maßgebenden Gründe gemäß §§141a, 145b oder 152c BDG 1979 zu vertreten hat oder nicht. Eine Berufung gegen diesen Bescheid hat keine aufschiebende Wirkung. Der vom Beamten zuletzt innegehabte Arbeitsplatz darf bis zur Rechtskraft des Bescheides nicht auf Dauer besetzt werden.

(8) Im Fall der Versetzung an einen anderen Dienstort ist dem Beamten eine angemessene Übersiedlungsfrist zu gewähren."

"Verwendungsänderung

§40.(1) Wird der Beamte von seiner bisherigen unbefristeten oder befristeten Verwendung abberufen, so ist ihm gleichzeitig, wenn dies jedoch aus Rücksichten des Dienstes nicht möglich ist, spätestens zwei Monate nach der Abberufung eine neue Verwendung in seiner Dienststelle zuzuweisen. §112 wird hiedurch nicht berührt.

(2) Die Abberufung des Beamten von seiner bisherigen Verwendung ist einer Versetzung gleichzuhalten, wenn

1. die neue Verwendung der bisherigen Verwendung des Beamten nicht mindestens gleichwertig ist oder

2. durch die neue Verwendung eine Verschlechterung für die Beförderung des Beamten in eine höhere Dienstklasse oder Dienststufe zu erwarten ist oder

3. dem Beamten keine neue Verwendung zugewiesen wird.

(3) Die neue Verwendung ist der bisherigen Verwendung gleichwertig, wenn sie innerhalb derselben Verwendungsgruppe derselben Funktions- oder Dienstzulagengruppe zugeordnet ist.

(4) ..."

2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellte oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür übte.

2.2. Da der Verfassungsgerichtshof gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (so insbesondere gegen §38 BDG) keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt (vgl. VfSlg. 14.573/1996, S 52; ferner VfSlg. 14.658/1996, 14.854/1997 uva.) und die Bescheidbegründung keinen Anhaltspunkt für die Annahme liefert, dass die Berufungskommission dem BDG einen verfassungswidrigen Inhalt beigemessen hätte, könnte der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid im genannten Grundrecht nur verletzt worden sein, wenn der Berufungskommission Willkür zum Vorwurf zu machen wäre.

2.3. Darüber, welche Umstände gegeben sein müssen, damit einer Behörde Willkür anzulasten ist, lässt sich keine allgemeine Aussage treffen. Ob Willkür vorliegt, kann nur dem Gesamtbild des Verhaltens der Behörde im einzelnen Fall entnommen werden (zB VfSlg. 5491/1967, 6404/1971, 6471/1971, 8808/1980, 14.573/1996 uva.).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtspr.; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987). Auch eine denkunmögliche Gesetzesanwendung kann Willkür indizieren (VfSlg. 9561/1992, 14.814/1997).

2.4. Keiner dieser Mängel liegt aber hier vor. So hat sich für den Verfassungsgerichtshof nicht ergeben, dass das Ermittlungsverfahren an einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel leide - insbesondere erscheint es vertretbar, wenn die belangte Behörde über die ohnedies schon äußerst umfangreiche Ermittlungstätigkeit der erstinstanzlichen Behörde hinaus ihrerseits keine weiteren Beweise mehr aufgenommen hat. Auch kann von einem gehäuften Verkennen der Rechtslage oder gar von denkunmöglicher Gesetzesanwendung nicht die Rede sein.

Die Rechtsmeinung der belangten Behörde, ein wichtiges dienstliches Interesse, das zur Rechtfertigung einer Versetzung bzw. qualifizierten Verwendungsänderung notwendig ist (§40 Abs2 iVm. §38 Abs2 und 3 BDG), könne u.a. dann angenommen werden, wenn zwischen dem betroffenen Beamten und seinen Mitarbeitern und Vorgesetzten sowie der Dienstbehörde schwerwiegende Konflikte und Spannungsverhältnisse bestünden und wenn die mangelnde Befähigung des Beamten als Führungskraft indiziert sei, ist jedenfalls als vertretbar zu qualifizieren (vgl. VfSlg. 14.814/1997, S 518; s. auch die im Erkenntnis VfSlg. 14.573/1996, S 52, ausdrücklich als Auslegungshilfe hinsichtlich des Begriffes des 'wichtigen dienstlichen Interesses' bezeichneten Materialien zum Besoldungsreform-Gesetz 1994, BGBl. 550, die ein solches Interesse u.a. in 'untragbaren Spannungsverhältnissen unter den Bediensteten der Dienststelle' und 'anmaßendem und unkooperativen Verhalten' gelegen sehen).

Die darauf gegründete Annahme eines wichtigen dienstlichen Interesses an der Abberufung des Beschwerdeführers von seiner bisherigen Verwendung belastet die getroffene behördliche Entscheidung somit nicht mit einem in die Verfassungssphäre reichenden Mangel.

3. Der Beschwerdeführer ist jedoch auch mit seiner Behauptung, durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren iSd. Art6 EMRK verletzt zu sein, nicht im Recht:

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes berühren nämlich Ansprüche und Verpflichtungen, die aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis resultieren, keine "civil rights"; somit unterliegen auch Verfahren, deren Zweck die Änderung dieser Ansprüche und Verpflichtungen durch Versetzung oder Verwendungsänderung eines Beamten ist, nicht den Anforderungen des Art6 Abs1 EMRK (vgl. zB VfSlg. 13.738/1994, 14.854/1997, 15.052/1997, VfGH 19.6.2000 B2042/99).

4. Schließlich macht die Beschwerde auch eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums geltend.

Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides (vgl. II.2.2.) würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums - so überhaupt - nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (zB VfSlg. 10.370/1985, 11.470/1987).

Wie bereits unter Punkt II.2.4. dargelegt, kann im vorliegenden Fall von einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung nicht die Rede sein. Der Beschwerdeführer wurde daher durch den angefochtenen Bescheid auch nicht in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt.

5. Die getroffene behördliche Entscheidung weist somit keine in die Verfassungssphäre reichenden Mängel auf. Ob der bekämpften Entscheidung auch darüber hinaus eine in jeder Hinsicht richtige Gesetzesanwendung zu Grunde liegt - etwa was die Frage betrifft, ob die belangte Behörde den maßgeblichen Sachverhalt umfassend erhoben habe -, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch nicht in jenem - hier vorliegenden - Fall, in dem eine Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof nicht in Betracht kommt (vgl. VfSlg. 9541/1982 und die dort angeführte Vorjudikatur; VfSlg. 14.807/1997 uva.).

6. Der Beschwerdeführer wurde sohin aus den in der Beschwerde vorgetragenen Erwägungen weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.

Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass dies aus anderen, in der Beschwerde nicht dargelegten Gründen der Fall gewesen wäre.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Dienstrecht, Versetzung, Verwendungsänderung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B2261.2000

Dokumentnummer

JFT_09989075_00B02261_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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