TE OGH 1988/5/18 1Ob563/88

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Veröffentlicht am 18.05.1988
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Hofmann, Dr. Schlosser und Dr. Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Otmar S***, Rechtsanwalt, Dornbirn, Marktplatz 10, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Herbert G***, Kaufmann, Wolfurt, Fattstraße 29, wider die beklagte Partei Ö*** L*** Aktiengesellschaft, Wien 1., Am Hof 2, vertreten durch Dr. Wilhelm Grünauer und Dr. Wolfgang Putz, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 5,554.478,70 s.A. infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 19. Oktober 1987, GZ 4 R 113/87-21, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 23. Dezember 1986, GZ 11 a Cg 5119/85-16, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 27.698,55 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 2.518,05 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluß vom 19. November 1982 eröffnete das Landesgericht Feldkirch das Ausgleichsverfahren über das Vermögen des Herbert G***. Mit Beschluß vom 26. Juli 1983 wurde über das Vermögen des Ausgleichsschuldners der Anschlußkonkurs eröffnet. Schon vorher, am 7. April 1982, hatte das Landesgericht Feldkirch das Ausgleichsverfahren über das Vermögen der Herbert G*** Gesellschaft mbH, deren Alleingesellschafter und einziger Geschäftsführer Herbert G*** war, eröffnet; am 24. September 1982 wurde über das Vermögen dieser Gesellschaft der Anschlußkonkurs eröffnet.

Mit der am 25. Juli 1984 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte der Kläger als Masseverwalter im Konkurs des Herbert G***, die der beklagten Partei auf Grund der Pfandbestellungsurkunden vom 17. und 23. März 1982 für Kreditforderungen bis zu einem Höchstbetrag von S 6 Mill. eingeräumten Pfandrechte auf den Liegenschaften EZ 471 KG Lech und EZ 1293 KG Schruns den Konkursgläubigern gegenüber für unwirksam zu erklären, die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 5,158.013,84 samt 4 % Zinsen seit 25. Juli 1984 sowie schließlich die Feststellung, daß der von Elisabeth L*** für 9/930-Anteile der Liegenschaft EZ 471 KG Lech geschuldete Kaufpreis von S 396.464,84 nicht der beklagten Partei, sondern dem Kläger zustehe. Nach Eingang und Überweisung dieses Kaufpreises an die beklagte Partei änderte der Kläger in der Verhandlungstagsatzung vom 5. Dezember 1985 das Feststellungsbegehren in ein entsprechendes Leistungsbegehren, so daß das Leistungsbegehren seither insgesamt auf Zahlung von S 5,554.478,70 s.A. gerichtet ist. Der Kläger brachte vor, die beklagte Partei habe sich noch im April 1982 von Herbert G*** persönlich Rangordnungen in bezug auf dessen Anteile an den Liegenschaften EZ 471 KG Lech und EZ 1293 KG Schruns einräumen und entsprechende Pfandbestellungsurkunden ausstellen lassen. Die Pfandrechte seien in der Folge in den angemerkten Rangordnungen eingetragen worden. Herbert G*** habe in den Jahren vor Eröffnung der Insolvenzverfahren bei Neugewährung von Krediten jeweils die persönliche Haftung übernommen und Pfandrechte auf seinen Liegenschaften eintragen lassen. Ende Jänner oder Anfang Februar 1982 habe die beklagte Partei Herbert G*** zur unverzüglichen Abdeckung der Kreditüberziehung aufgefordert. Sie habe die Gewährung weiterer Kredite unter anderem von den schon genannten Rangordnungen als zusätzliche Besicherung der schon eingeräumten Kredite abhängig gemacht. Obwohl die von der beklagten Partei gestellten Bedingungen erfüllt worden seien, habe die beklagte Partei weiteren Kredit verweigert, so daß die Herbert G*** Gesellschaft mbH genötigt gewesen sei, die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens zu beantragen. Die beklagte Partei sei die Hausbank dieser Gesellschaft gewesen; als solche seien ihr die finanziellen Verhältnisse der Gesellschaft und damit auch bekannt gewesen, daß diese zumindest schon seit dem Frühjahr 1981 zahlungsunfähig gewesen sei. Als Hausbank sei ihr die Einsicht in alle Bilanzen offen gestanden; außerdem habe sie im Frühjahr 1981 eine Betriebsanalyse erstellen lassen, die sehr ungünstig ausgefallen sei. Die finanziellen Verhältnisse der Herbert G*** Gesellschaft mbH sowie jene Herbert G*** persönlich könnten nur als Einheit gesehen werden, so daß die Zahlungsunfähigkeit der beiden gleichzeitig eingetreten sei. Der beklagten Partei sei bekannt gewesen, daß gegen die Herbert G*** Gesellschaft mbH und Herbert G*** persönlich umfangreiche Forderungen bestanden hätten und mehrere Gläubiger ihre Forderungen gegen die Gesellschaft und Herbert G*** persönlich betrieben hätten. Die Pfandrechte auf den Liegenschaftsanteilen Herbert G*** in Lech und Schruns hätten nicht etwa den Deckungsrahmen für künftige Kredite bilden, sondern lediglich die schon vorher bestandenen Forderungen der beklagten Partei aus dem Kreditverhältnis mit der Herbert G*** Gesellschaft mbH besichern sollen. Sie stellten daher eine inkongruente Deckung und damit eine Begünstigung der beklagten Partei gegenüber den anderen Gläubigern dar. Es bestehe daher ein Anfechtungsanspruch insbesondere nach § 30 Abs 1 Z 1 und 3 sowie nach § 31 Abs 1 Z 2 KO. Durch erfolgreiche Anfechtung dieser Rechtsgeschäfte würde auch die Befriedigungsaussicht der Konkursgläubiger erheblich erhöht werden, weil die Masse- und die Konkursforderungen von insgesamt rund S 123 Mill. weitgehend ungedeckt seien.

Die beklagte Partei wendete vor allem ein, es sei zwar richtig, daß sie im Frühjahr 1982 wegen der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Herbert G*** Gesellschaft mbH von Herbert G*** persönlich weitere Sicherheiten verlangt habe und ihr deshalb die in der Klage genannten Pfandrechte eingeräumt worden seien, doch sei Herbert G*** im Zeitpunkt der Pfandbestellungen (das sei das Datum der Pfandbestellungsurkunden) nicht zahlungsunfähig gewesen. Herbert G*** habe erst im November 1982 den Ausgleich angemeldet. Die vom Kläger behauptete Einheit der Gesellschaft und Herbert G*** sei nicht gegeben gewesen. Eine Anfechtung nach § 31 KO sei ausgeschlossen, weil die Pfandbestellungen noch vor der sechsmonatigen Frist vorgenommen worden seien. Außerdem habe die beklagte Partei Zug um Zug gegen die Einräumung der angefochtenen Sicherheiten über Auftrag der Herbert G*** Gesellschaft mbH an das Österreichische Creditinstitut (im folgenden kurz ÖCI) Überweisungen von rund S 18 Mill. durchgeführt und somit in diesem Ausmaß weiteren Kredit gewährt. Es liege daher kongruente Deckung vor. Auf diese Einwendung replizierte der Kläger, die beklagte Partei habe zwar in der Zeit zwischen 10. März und 30. Juni 1982 den Betrag von S 19,387.329,52 an das ÖCI überwiesen, diesen Überweisungen sei aber eine Zahlungsverpflichtung der beklagten Partei dem ÖCI gegenüber zugrundegelegen, so daß von Sicherheiten für künftige Kreditgewährung keine Rede sein könne.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte fest:

Die beklagte Partei sei mit Herbert G*** schon etwa 20 Jahre als "Hausbank" der Herbert G*** Gesellschaft mbH in ständiger Geschäftsbeziehung gestanden. Die Forderungen und Verbindlichkeiten der Herbert G*** Gesellschaft mbH seien über das Konto 880-131-445/00 abgewickelt worden. Zweck des Konto septo 880-131-445/22 sei es lediglich gewesen, die als Grundlage für die Bemessung der Gewerbesteuer herangezogenen Dauerschuldzinsen möglichst niedrig zu halten. Deshalb seien gegen Ende des Kalendervierteljahres stets Beträge vom ÖCI an die beklagte Partei überwiesen und sodann von dieser wieder refundiert worden. Nachdem schon in den Vorjahren vom ÖCI einmal etwa S 16 Mill. und einmal sogar S 20 Mill. auf dieses Konto septo überwiesen und sodann wieder zurücküberwiesen worden seien, habe das ÖCI in der Zeit zwischen 17. November 1981 und 8. Februar 1982 vom Konto 150.4582 in verschiedenen Teilbeträgen ingesamt S 18 Mill. auf das genannte Konto septo bei der beklagten Partei überwiesen. Diesen Überweisungen seien entsprechende Aufträge der Herbert G*** Gesellschaft mbH, in welchen auch Zeitpunkt und Betragshöhe der Rückzahlung genannt gewesen seien, zugrundegelegen. Diese Aufträge zur Rücküberweisung von insgesamt S 18 Mill. in der Zeit zwischen 26. Februar und 29. April 1982 sowie zur Überweisung der aufgelaufenen Zinsen habe die beklagte Partei dem ÖCI mit Schreiben vom 16. November 1981 zugesichert. Auf Grund dieser Aufträge habe die beklagte Partei an das ÖCI am 10. März 1982 S 7 Mill., am 16. März 1982 S 2,460.000,--, am 26. März 1982 S 2,540.000,--, am 5. April 1982 S 2,750.000,--, am 6. April 1982 an Zinsen und Spesen S 105.445,30, am 14. April 1982 S 3,703.853,27 und am 30. Juni 1982 an Zinsen und Spesen S 828.030,42, somit insgesamt S 19,387.329,52 überwiesen. Noch vor der ersten Überweisung an das ÖCI habe Dr. Walter R***, der Landesdirektor der beklagten Partei, Herbert G*** am 26. Februar 1982 in einem Telefongespräch mitgeteilt, das Geschäftskonto der Herbert G*** Gesellschaft mbH sei um S 18 Mill. überzogen. Auf diesem Konto sei der Gesellschaft ein Rahmenkredit von etwa S 32 bis 37 Mill. eingeräumt gewesen, für den Herbert G*** schon im September 1979 durch Unterfertigung eines Blankowechsels die persönliche Haftung übernommen hatte. Die beklagte Partei habe nun eine weitere Besicherung durch Verpfändung von Herbert G*** gehörigen Liegenschaften, durch Verpfändung des Warenlagers der Herbert G*** Gesellschaft mbH in Wolfurt und durch Bestellung von DDr. Hubert K*** zum "Vertreter" der Herbert G*** Gesellschaft mbH verlangt. Diese Bedingungen habe Herbert G*** in der Folge erfüllt. Ihm sei die Einräumung weiterer Kredite zur Abdeckung der Verbindlichkeiten der Herbert G*** Gesellschaft mbH zwar zugesagt worden, doch sei eine schriftliche Vereinbarung nicht zustandegekommen. Am 17. März 1982 habe Herbert G*** die Pfandbestellungsurkunde (Beilage E) zur Sicherstellung aller Forderungen und Ansprüche an Haupt- und Nebenverbindlichkeiten jeder Art bis zum Höchstbetrag von S 6 Mill., welche der beklagten Partei gegen die Herbert G*** Gesellschaft mbH Wolfurt aus abgeschlossenen und beurkundeten Kreditverträgen bereits erwachsen seien oder in Hinkunft erwachsen sollten oder aus einem gegebenen Geld-, Haftungs- oder Garantiekredit auf Grund eines anderen, künftig zwischen den beiden genannten Vertragspartnern abgeschlossenen .... Kreditvertrages in Hinkunft erwachsen sollten, unterzeichnet und damit die ihm gehörigen Anteile an der Liegenschaft EZ 471 KG Lech zum Pfand bestellt. Am 29. März 1982 habe er eine im wesentlichen gleichlautende Pfandbestellungsurkunde (Beilage F) zur Sicherstellung eines Kredithöchstbetrages von S 1 Mill. unterfertigt und damit der beklagten Partei den ihm gehörigen Anteil der Liegenschaft EZ 1293 KG Schruns verpfändet. Die Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Verpfändung dieser Liegenschaftsanteile sei am 29. März 1982 (Lech) bzw. am 31. März 1982 (Schruns) bewilligt, die Pfandrechte seien kurz vor Ablauf der Jahresfrist in den angemerkten Rangordnungen einverleibt worden. Zur Darstellung der finanziellen Lage der Herbert G*** Gesellschaft mbH habe deren Prokurist Johann H*** am 23. Februar 1982 eine Übersicht für das erste Vierteljahr 1982 angefertigt und darin einen Fehlbetrag von S 16,8 Mill. errechnet. Noch am 5. Februar 1982 habe Johann H*** dem Kreditsachbearbeiter der beklagten Partei einen Fehlbetrag von sogar S 25 Mill. genannt. Zur Durchführung der Rücküberweisungen (an das ÖCI) habe er der beklagten Partei eine Krediterhöhung von S 10 Mill. und einen zusätzlichen Tilgungskredit von S 5 Mill. vorgeschlagen. Nachdem die beklagte Partei Ende März 1982 die Konten der Herbert G*** Gesellschaft mbH gesperrt hatte, sei vom Landesgericht Feldkirch am 7. April 1982 das Ausgleichsverfahren über das Vermögen der Herbert G*** Gesellschaft mbH eröffnet worden. Der Ausgleichsverwalter habe zum 31. Juli 1982 einen Status erstellt, der eine Überschuldung in der Größenordnung von S 160 bis 170 Mill. ausgewiesen habe. Die Forderungen der beklagten Partei gegen die Herbert

G*** Gesellschaft mbH seien im Ausgleichsverfahren mit etwa S 90 Mill. angemeldet worden. Die Herbert G*** Gesellschaft mbH habe im Sommer 1982 gegen Herbert G*** persönlich Forderungen im Ausmaß von rund S 9,5 Mill., davon rund S 8 Mill. auf Grund von Warenlieferungen der Gesellschaft an die Einzelfirma Herbert G*** in Lindau (Bundesrepublik Deutschland), und ca. S 1,5 Mill. auf Grund von Barentnahmen durch Herbert G*** als Geschäftsführer gehabt. Im Konkurs habe sich sodann herausgestellt, daß die Überschuldung der Herbert G*** Gesellschaft mbH S 150 Mill., der Firma Herbert G*** in Lindau S 9 Mill., der Firma Sonnenflor France Sarl, deren Alleingesellschafter die Herbert G*** Gesellschaft mbH gewesen sei, etwa S 15 bis 16 Mill. und der Sonnenflor Gardinen AG, deren Alleinaktionär gleichfalls die Herbert G*** Gesellschaft mbH gewesen sei, etwa S 5 bis 6 Mill. betragen habe. Auch die Gardinen- und Spitzenunion Gesellschaft mbH, an der die Unternehmensgruppe G*** zu 95 % beteiligt gewesen sei, befinde sich im Konkurs. Ihre Verbindlichkeiten der Herbert G*** Gesellschaft mbH gegenüber betrügen etwa S 5 Mill. Nur die Agroflor Grundstoff Gesellschaft mbH, zu 75 % der genannten Unternehmensgruppe zugehörig, sei nicht insolvent geworden. Diese Unternehmenszusammenhänge seien der beklagten Partei bekannt gewesen. Sie habe eine Tochtergesellschaft mit der Prüfung der Herbert G*** Gesellschaft mbH beauftragt. Außerdem habe sie die Möglichkeit zur Einsicht in sämtliche Bilanzen der Herbert G*** Gesellschaft mbH, die allerdings zum Teil verspätet oder sogar verfälscht vorgelegt worden seien, gehabt. Alle Kredite der beklagten Partei, der Sparkasse Bregenz, der Raiffeisenbank Wolfurt, des ÖCI und der Österreichischen Kommunalkredit AG an die Herbert G*** Gesellschaft mbH seien durch Verpfändung der Liegenschaften dieser Gesellschaft und weitgehend auch der Liegenschaften Herbert G*** sowie durch Zessionen besichert gewesen. Im Konkurs seien den Pfandgläubigern aus der Verwertung der Liegenschaften der Gesellschaft sowie der Privatliegenschaften Herbert G*** S 23,6 Mill. bzw. S 18,352.076,79 zugeflossen. Herbert G*** habe im Konkurs der Herbert G*** Gesellschaft mbH eine Forderung von S 28 Mill. angemeldet. Aus der Veräußerung der Privatliegenschaften Herbert G*** sei bisher ein Erlös von etwa S 30 Mill. erzielt worden. Herbert G*** habe außer dem Liegenschaftsbesitz nur geringfügige andere Vermögenswerte besessen und ein Geschäftsführergehalt von ungefähr S 15.000,-- monatlich bezogen. Ab 31. Juli 1982 habe er keinerlei Zahlungen mehr erhalten. Für die Verbindlichkeiten der Herbert G*** Gesellschaft mbH habe Herbert G*** den Banken gegenüber im Ausmaß von etwa S 60 Mill. persönlich gehaftet. Auch zwei Geschäftspartnern der Herbert

G*** Gesellschaft mbH gegenüber habe er mit seinem Privatvermögen gehaftet. Eine davon, die Spinnerei Otten, habe ihn am 14. Mai 1982 beim Landesgericht Feldkirch auf Zahlung von S 49.667,27 und die Sparkasse Bregenz am 20. Juli 1982 gemeinsam mit der Herbert G*** Gesellschaft mbH auf Zahlung von S 395.896,43 geklagt. Am 26. August 1982 habe auch die beklagte Partei einen Teil ihrer Kreditforderungen (S 2 Mill.) gegen Herbert G*** persönlich eingeklagt. Der Kläger habe im Anschlußkonkurs über das Vermögen Herbert G*** ein Massevermögen von S 1,4 Mill. und die Konkursforderungen, die im wesentlichen mit dem im Konkurs über das Vermögen der Herbert G*** Gesellschaft mbH angemeldeten Konkursforderungen ident seien, mit rund S 150 Mill. errechnet. Die Konkursforderungen gegen Herbert G*** ergeben sich im wesentlichen aus dessen persönlicher Haftung für die Verbindlichkeiten der Herbert G*** Gesellschaft mbH.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, auf den Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 KO könne sich der Kläger nicht stützen, weil die angefochtene Rechtshandlung mehr als sechs Monate vor Eröffnung des Ausgleichsverfahrens vorgenommen worden sei; maßgeblich sei in dieser Hinsicht der Zeitpunkt der Ausstellung der Pfandbestellungsurkunden. Hingegen sei die Anfechtung aus dem Grund des § 30 Abs 1 Z 1 KO berechtigt. Die anfechtbaren Rechtshandlungen seien nämlich innerhalb der letzten 60 Tage vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners und nicht früher als ein Jahr vor Stellung des Ausgleichsantrages vorgenommen worden. Angesichts der persönlichen Haftung Herbert G*** für die Verbindlichkeiten der Herbert

G*** Gesellschaft mbH könne seine Zahlungsunfähigkeit spätestens ab 7. April 1982, dem Tag der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft, angenommen werden. Zahlungsunfähigkeit sei auch dann anzunehmen, wenn der Schuldner seine fälligen Geldschulden zwar noch begleiche, jedoch die noch nicht fälligen, die er bei ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung schon jetzt zu berücksichtigen hätte, nicht werde begleichen können. Die angefochtenen Pfandbestellungen seien inkongruente Deckung. Die beklagte Partei habe keinen vor der kritischen Frist begründeten vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch auf diese gehabt und auch als Gegenleistung für die Pfandbestellungen keine neuen Kredite gewährt. Die Überweisung von rund S 18 Mill. an das ÖCI sei auf Grund der Refundierungserklärungen und der schon vor der Pfandbestellung erteilten Aufträge der Herbert

G*** Gesellschaft mbH durchgeführt worden. Die beklagte Partei habe weder behauptet noch bewiesen, daß sie durch die angefochtenen Absonderungsrechte vor den anderen Gläubigern nicht begünstigt worden wäre. Die Anfechtung sei schließlich auch befriedigungstauglich, weil ihr Erfolg zu einer Vergrößerung der Konkursmasse beitrage.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstinstanzliche Urteil. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und ergänzte sie durch Feststellung des Wortlautes des Schreibens der beklagten Partei an das ÖCI vom 16. November 1981 (Beilage E) wie folgt:

"Aus der uns zugegangenen Kopie des an Ihr geschätztes Institut gerichteten Schreibens der obigen Firma vom 11. d.M. sowie aus den vorangegangenen Telefonaten mit Ihnen haben wir gerne zur Kenntnis genommen, daß Sie uns zu Gunsten des bei uns bestehenden Kontos Nr. 880-131-445 der Firma Herbert G*** Gesellschaft mbH, Wolfurt, in der Zeit vom 16. November 1981 - 8. Februar 1982 diverse Beträge über zusammen S 18,000.000 anschaffen werden. Wunschgemäß bestätigen wir Ihnen gleichzeitig, daß wir Ihnen aufgrund der uns vorliegenden Aufträge der obigen Firma in der Zeit vom 26. Februar - 29. April 1982 verschiedene Beträge über zusammen S 18,000.000 wieder rücküberweisen werden. Desgleichen soll nach Abschluß dieser Rücküberweisungen der aufgelaufene

Zinsbetrag - soweit nicht durch laufende Eingänge abgedeckt - an Sie überwiesen werden, wozu Sie uns zum gegebenen Zeitpunkt den noch aushaftenden Restbetrag bekanntgeben werden. ...."

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, die beklagte Partei wende sich vor allem gegen die Annahme der Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners bei Vornahme der Pfandbestellungen und gegen die Verpflichtungswirkung ihres Schreibens vom 16. November 1981. § 68 KO alter Fassung, die hier anzuwenden sei, habe lediglich festgehalten, Zahlungsunfähigkeit sei insbesondere anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen einstelle. Das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982 habe der nunmehr im § 66 KO enthaltenen Regelung hinzugefügt, die Zahlungsunfähigkeit setze nicht voraus, daß Gläubiger andrängen, und ferner, der Umstand, daß der Schuldner Forderungen einzelner Gläubiger ganz oder teilweise befriedigt hat oder noch befriedigen kann, begründe für sich allein noch nicht die Annahme, daß er zahlungsfähig ist. Dieser Zusatz habe unter anderem der Klarstellung einer bis dahin in der Rechtsprechung strittigen Frage dienen sollen. Tatsächlich sei schon die Frage, ob bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit sämtliche fälligen Forderungen der Gläubiger oder nur jene der andrängenden Gläubiger zu berücksichtigen seien, in Lehre und Rechtsprechung nicht einheitlich beantwortet worden; sie sei allerdings schon vor dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982 überwiegend im Sinne der ersteren Alternative gelöst worden. Gleichfalls uneinheitlich sei der Meinungsstand auch in bezug auf die Frage gewesen, ob Zahlungsunfähigkeit schon dann anzunehmen sei, wenn zwar noch keine fälligen Forderungen geltend gemacht werden, aber anzunehmen sei, daß der Schuldner später fällig werdende Forderungen nicht mehr werde zahlen können. Etwa ab 1977 werde in der Lehre überwiegend die Ansicht vertreten, daß bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit nicht nur fällige, sondern auch jene erst künftig fällig werdenden Verbindlichkeiten mit zu veranschlagen seien, die der Schuldner, bei ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung unter Bedachtnahme auf deren Fälligkeit und Ausmaß sowie seine künftig zu erwartenden Einnahmen schon jetzt in seine finanzielle Vorsorge einzubeziehen habe, um ihre zeitgerechte Bezahlung bewirken zu können. Der Oberste Gerichtshof habe in JBl. 1978, 158 und ÖBl. 1979, 134 ausgesprochen, bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit einer natürlichen Person komme der Überschuldung wesentliche Bedeutung zu; müsse aus dem Verhältnis der verfügbaren Mittel des Schuldners, zu denen auch seine persönliche Leistungskraft und sein Kredit zu zählen seien, zur vorhandenen Schuldenbelastung nach der allgemeinen Lebenserfahrung angenommen werden, daß er seine Verbindlichkeiten gegenüber fordernden Gläubigern in absehbarer Zeit nicht werde erfüllen können, weil als Deckungsfonds im wesentlichen nur sein vorhandenes Aktivvermögen in Betracht zu ziehen sei, dann sei vom Konkurszweck her gesehen die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners anzunehmen. Damit habe sich der Oberste Gerichtshof im hier maßgeblichen Bereich der von der überwiegenden Lehre vertretenen Auffassung angeschlossen; auch auf dem Boden der früheren Fassung der Konkursordnung könne somit die Zahlungsunfähigkeit wie folgt umschrieben werden: Sie sei das nach der Verkehrsauffassung dauernde Nicht-Zahlen-Können sowohl der fälligen als auch der bei ordnungsgemäßer Wirtschaftsführung nach Maßgabe ihrer Größe und ihres Fälligkeits- bzw. Einforderungsdatums einerseits und der zu gewärtigenden Einnahmen andererseits schon jetzt zu berücksichtigenden, wenngleich noch nicht fälligen bzw. noch nicht einforderbaren Geldforderungen in ihrer Wesentlichkeit. Demnach habe das Erstgericht den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit Herbert G*** zu Recht spätestens mit dem Tag der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Herbert

G*** Gesellschaft mbH angenommen. Daß diese damals zahlungsunfähig gewesen sei, müsse schon auf Grund der in den Anschlußkonkurs mündenden Eröffnung des Ausgleichsverfahrens unterstellt werden; eine retrospektive Betrachtung lasse daran auch keinen Zweifel aufkommen. Es möge zwar zutreffen, daß Herbert G*** und seine Gesellschaft auch in wirtschaftlicher Hinsicht nicht als völlig ident angesehen werden könnten, doch sei die Zahlungsfähigkeit Herbert G*** von jener der Herbert G*** Gesellschaft mbH in einem Ausmaß abhängig gewesen, daß die Zahlungsunfähigkeit Herbert G*** im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Herbert G*** Gesellschaft mbH jedenfalls gegeben gewesen sei. Diese völlige Abhängigkeit ergebe sich daraus, daß Herbert G*** sein Einkommen nur von diesem Unternehmen bezogen habe und beziehen habe können und für die Schulden der Gesellschaft weitestgehend (also nicht nur der beklagten Partei gegenüber) persönlich gehaftet habe. Berücksichtige man das Ausmaß der persönlichen Haftung (rund S 150 Mill.) und stelle dem das Liegenschaftsvermögen von kaum mehr als S 30 Mill. gegenüber, das außerdem zur Gänze nicht kurzfristig realisierbar gewesen sei, dann hätte Herbert G*** selbst, wenn man unterstellte, daß eine Verwertung ohne den Druck des Insolvenzverfahrens bessere Erlöse gezeitigt hätte, die offenen Forderungen bei Fälligstellung ab 7. April 1982 in angemessener Frist auch nicht annähernd begleichen können. Er sei denn auch bereits Mitte Mai 1982 nicht mehr in der Lage gewesen, einen Betrag von knapp S 50.000,-- an die Spinnerei Otten zu bezahlen, so daß diese Klage erhoben habe. Gerade die in der Berufung zu Recht geforderte Gesamtschau zeige, daß Herbert G*** von der Insolvenz der Herbert G*** Gesellschaft mbH an auch persönlich nicht die geringste Aussicht auf zeitgerechte Tilgung seiner damit zwangsläufig in Zukunft fällig werdenden Schulden gehabt habe. Richtig sei lediglich, daß zum 7. April 1982 noch kein Gläubiger seine fällige Forderung geltend gemacht habe, was aber gerade im Hinblick auf die eminente Überschuldung Herbert G*** der Annahme seiner Zahlungsunfähigkeit nicht entgegenstehe. Die Ausführungen der beklagten Partei, für sie und Herbert G*** sei im Zeitpunkt der Pfandbestellungen dessen Zahlungsunfähigkeit nicht erkennbar gewesen, gingen ins Leere, weil nach § 30 Abs 1 Z 1 KO lediglich zu prüfen sei, ob Zahlungsunfähigkeit objektiv vorgelegen sei.

Die Frage, ob die Verpfändung der Liegenschaftsanteile an die beklagte Partei inkongruente Deckung sei, hänge davon ab, ob die beklagte Partei bereits vor der Verpfändungszusage Herbert G*** der Herbert G*** Gesellschaft mbH und dem ÖCI gegenüber zur tatsächlich vorgenommenen Rücküberweisung verpflichtet gewesen sei. Werde diese Frage bejaht, könne von einem neuen Kredit, für den die Pfandrechte Zug um Zug bestellt worden wären, keine Rede sein. Das Wesen des Kreditvertrages liege in der Verpflichtung des Kreditgebers, dem Kreditnehmer auf dessen Verlangen Zahlungsmittel zur Verfügung zu stellen. Es komme daher nicht wie beim Darlehen auf die tatsächliche Zuzählung der Mittel an, sondern auf die der Kreditinanspruchnahme vorausgehende Vereinbarung. Habe hingegen auf Grund früherer Vereinbarungen keine solche Verpflichtung der beklagten Partei gegenüber der Herbert G*** Gesellschaft mbH und dem ÖCI bestanden, sei eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 1 KO ausgeschlossen, weil eine gleichzeitig mit (oder noch vor) der Begründung des Schuldverhältnisses gewährte Sicherstellung, die der spätere Gemeinschuldner dem Gläubiger habe einräumen müssen, um das Schuldverhältnis überhaupt erst zu begründen, nicht nach § 30 Abs 1 Z 1 KO angefochten werden könne. Es sei aber die rechtliche Verpflichtung der beklagten Partei, den Betrag von S 18 Mill. an das ÖCI zurückzuüberweisen, schon auf Grund ihres Schreibens vom 16. November 1981 zu bejahen. Gerade unter Bedachtnahme auf die vom Obersten Gerichtshof in der Entscheidung JBl. 1986, 381 dargelegte rechtliche Bedeutung der bloßen Bestätigung eines Überweisungsauftrages durch eine Bank einem Dritten gegenüber hätte dem ÖCI mit dem Schreiben vom 16. November 1981 nicht gedient sein können, hätte dieses lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Herbert G*** Gesellschaft mbH die Aufträge zur Rücküberweisung von S 18 Mill. bereits erteilt habe. Da eine solche Bestätigung von Überweisungsaufträgen für einen Dritten, weil ihm daraus keine Rechte entstünden, bedeutungslos sei, hätte das Schreiben vom 16. November 1981 im Verkehr zwischen Banken (bei welchen diese Rechtslage als bekannt vorausgesetzt werden könne) genauso gut unterbleiben können, weil es dem Adressaten dann keinerlei Sicherstellung der Rücküberweisung geboten hätte. In diesem Schreiben sei nicht einmal von unwiderruflichen Überweisungsaufträgen die Rede, so daß selbst die Bestätigung der Überweisungsaufträge, die eine der Voraussetzungen für die Rücküberweisung der S 18 Mill. an das ÖCI gewesen seien, das Vertrauen auf eine Rücküberweisung nicht hätte begründen können. Im Gegensatz zu den der Entscheidung JBl. 1986, 381 zugrundeliegenden Sachverhalt habe die beklagte Partei aber im Schreiben vom 16. November 1981 nicht nur schon erteilte Überweisungsaufträge bestätigt, sondern noch hinzugefügt, daß sie auf Grund dieser Aufträge den Betrag von S 18 Mill. wieder zurücküberweisen werde. Darin habe der Empfänger aber nur eine Zahlungsverpflichtung der beklagten Partei gegenüber dem ÖCI und damit eine Verpflichtung, die angesichts des anweisungsähnlichen Dreipersonenverhältnisses auch der Herbert G*** Gesellschaft mbH gegenüber begründet worden sei, verstehen können. Daß der Erklärungsempfänger diese objektiv so zu verstehende Erklärung der beklagten Partei nicht in diesem, sondern in dem ihr nun von der beklagten Partei unterstellten Sinn verstanden hätte, habe diese nicht behauptet. Angesichts dieser Verpflichtung sei bereits am 16. November 1981 klar gewesen, daß die beklagte Partei bis zum 26. Februar 1982 entweder die Senkung des der Herbert G*** Gesellschaft mbH eingeräumten Kredites im Ausmaß der ab diesem Zeitpunkt zu leistenden Rückzahlungen erreichen mußte oder aber die Rücküberweisung von S 18 Mill. einen zusätzlichen Kredit in diesem Ausmaß erfordere. Habe sich die beklagte Partei aber nicht vor oder bei Abgabe der Erklärung im Schreiben vom 16. November 1981, sondern erst am 9. März 1982, dem Tag der Verpfändungszusage, durch Verpfändung von Privatliegenschaften Herbert G*** eine weitere Sicherheit versprechen lassen, so liege darin die nachträgliche Bestellung einer Sicherheit und damit eine inkongruente Deckung im Sinne des § 30 Abs 1 Z 1 KO. Die beklagte Partei hätte am 9. März 1982 auf Grund der von ihr bereits früher eingegangenen Verpflichtung die S 18 Mill. an das ÖCI auch zu refundieren gehabt, wenn Herbert G*** ihrem Verlangen nicht nachgekommen wäre.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das berufungsgerichtliche Urteil erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt,

wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat, nicht vor

(§ 510 Abs 3 ZPO).

Die Rechtsrüge der Revisionswerberin beschränkt sich auf Ausführungen zu zwei wesentlichen Fragen, ob Herbert G*** die angefochtenen Rechtshandlungen bereits innerhalb der gemäß § 30 Abs 1 KO kritischen Frist vorgenommen habe und ob die Pfandbestellungen als abweichende Deckung im Sinne des § 30 Abs 1 Z 1 KO zu beurteilen seien.

Nach wie vor vertritt die beklagte Partei den Standpunkt, Herbert G*** habe die angefochtenen Pfandbestellungen noch vor Beginn der im § 30 Abs 1 KO umschriebenen kritischen Zeit (sechzig Tage vor Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit) vorgenommen. Herbert G*** sei am 7. April 1982, dem Tag der Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Herbert

G*** Gesellschaft mbH, nicht als zahlungsunfähig anzusehen gewesen, weil er weder von Gläubigern bedrängt worden sei noch überhaupt Forderungen gegen ihn fällig gewesen seien. Da Herbert G*** die angefochtenen Rechtshandlungen noch vor Inkrafttreten des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982 (1. Jänner 1983) vorgenommen hat, ist seine Zahlungsunfähigkeit und deren Eintritt nach alter Rechtslage (§ 68 aF) zu beurteilen. Der Begriff der Zahlungsunfähigkeit war schon in der Stammgesetzfassung mit Absicht (Denkschrift 64) nicht definiert worden; aber selbst der Gesetzgeber des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982, der die Zahlungsunfähigkeit in negativer Hinsicht näher dahin determinierte, sie setze nicht voraus, daß Gläubiger andrängen, und der Umstand, daß der Schuldner Forderungen einzelner Gläubiger ganz oder teilweise befriedigt hat oder noch befriedigen könne, begründe für sich allein nicht die Annahme, daß er zahlungsfähig sei (§ 66 Abs 3 nF), hat sich bewußt einer Legaldefinition enthalten, weil er die Gefahr, daß eine gesetzliche Begriffsbestimmung sich besonderen Einzelfällen gegenüber als nicht elastisch genug erweisen könne, immer noch für zu groß gehalten hat (RV 3 BlgNR XV. GP 49). Die Materialien (RV aaO) beriefen sich zur Begründung ihres - schon dargestellten - "ersten Schrittes" zu einer Legaldefinition auf die jüngere Rechtsprechung und Lehre (JBl. 1977, 209; JBl. 1978, 158; Wegan, Insolvenzrecht, 84; Petschek-Reimer-Schiemer, Insolvenzrecht, 31; Sprung-Schumacher in JBl. 1978, 122 ff, jeweils mwN), um diese überaus wichtige Frage, die in der Rechtsprechung bisher nicht einheitlich beantwortet worden sei, Klärung im Gesetz zuzuführen (Chalupsky-Holzapfel-Straberger, Insolvenzrecht 155).

Die beklagte Partei beruft sich zur Dartuung ihrer Behauptung, Herbert G*** habe die Pfandrechte noch vor Beginn der kritischen Zeit (§ 30 Abs 1 KO) bestellt, auf die ältere Rechtsprechung (vgl. die Nachweise in der Entscheidung

JBl. 1977, 209 = EvBl 1976/145), die bei Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit auf die schon fälligen Verbindlichkeiten des Schuldners abstellte bzw. eine Mehrheit "andrängender" Gläubiger verlangte. Schon in der zuletzt erwähnten Entscheidung bezeichnete der Oberste Gerichtshof aber die etwa noch in den Entscheidungen SZ 43/51 und JBl. 1969, 509 vertretene Auffassung, es dürften bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit nur solche Gläubiger, die ihre Forderungen entweder gerichtlich betreiben oder von der Betreibung nur mangels pfändbaren Vermögens des Schuldners Abstand nehmen, berücksichtigt werden, als zu eng und deutete an, daß auch die Gläubiger, die sich passiv verhalten, mitberücksichtigt werden müßten. In der Entscheidung JBl. 1978, 158 wird ausgeführt, daß, wenn man den Begriff der Zahlungsunfähigkeit auf den Konkurszweck ("par conditio creditorum") ausrichte der Überschuldung auch bei der natürlichen Person für den Schluß auf die Zahlungsunfähigkeit sehr wesentliche Bedeutung zukomme. Müsse aus dem Verhältnis der verfügbaren Mittel des Schuldners - zu welchen im allgemeinen auch seine persönliche Leistungskraft und sein Kredit zu zählen seien - zur vorhandenen Schuldenbelastung nach allgemeiner Lebenserfahrung angenommen werden, daß er seine Verbindlichkeiten gegenüber fordernden Gläubigern in absehbarer Zeit nicht werde erfüllen können, weil als Deckungsfonds im wesentlichen nur sein vorhandenes Aktivvermögen in Betracht zu ziehen sei, dann müsse, vom Konkurszweck her gesehen, Zahlungsunfähigkeit angenommen werden. In Anbetracht der Hoffnungslosigkeit, daß er zur Abdeckung der Forderungen aus den Früchten seiner Arbeit werde beitragen können, wäre der Schuldner daher verhalten gewesen, durch Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse an Hand eines Planes darzulegen, auf welche Weise er die bestehenden Verbindlichkeiten durch Realisierung seines Vermögens und Ausnützung seiner etwa noch vorhandenen Kreditwürdigkeit in absehbarer Zeit tilgen könnte, weil die Gläubiger nur in den vorhandenen Vermögenswerten Deckung für ihre Forderung finden könnten. Daraus schloß Sprung (in seiner Glosse zu dieser Entscheidung in JBl. 1978, 160) verallgemeinernd, daß die dargetane Überschuldung die Zahlungsunfähigkeit indiziere, wenn nachgewiesen sei, daß eine Erfüllung der Verbindlichkeiten mit Hilfe der persönlichen Leistungskraft des Schuldners in absehbarer Zeit nicht zu erwarten sei. In jüngster Zeit hat der Oberste Gerichtshof allerdings auch auf dem Boden des § 66 KO idF des Insolvenzrechtsänderungsgesetzes 1982 wieder die traditionelle Definition der Zahlungsunfähigkeit gebraucht und gesagt, sie liege vor, wenn der auch nicht überschuldete Schuldner mangels bereiter Zahlungsmittel fällige Schulden nicht zahlen und sich die erforderlichen Zahlungsmittel auch nicht alsbald beschaffen kann (ÖBA 1988, 276 mit Glosse von Koziol; ÖBA 1987, 341; RdW 1984, 141; JBl. 1983, 654; SZ 55/65 ua). Mit der hier relevanten Problemstellung einer besonders hohen Überschuldung als wichtigstes Indiz der Zahlungsunfähigkeit mußte er sich aber nicht auseinandersetzen.

Im vorliegenden Fall kann die Beantwortung der Frage, ob lediglich bereits fällige Forderungen in die Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit im Bereich des Anfechtungsrechtes (§§ 30 und 31 KO) einzubeziehen seien oder auch eine Zukunftsprognose zu erstellen sei, was Koziol, ÖBA 1988, 282, ablehnt, auf sich beruhen. Die Herbert G*** Gesellschaft mbH war unbestrittenermaßen derart überschuldet, daß deren Geschäftsführer Herbert G*** die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens beantragen mußte. Anlaß hiefür war, daß die beklagte Partei Ende März 1982 die Konten der Gesellschaft gesperrt hatte, so daß diese darauf ihre Zahlungen einzustellen genötigt war. Sie war daher auch zahlungsunfähig. Durch die Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Herbert

G*** Gesellschaft mbH waren alle offenen Forderungen gegen sie sofort fällig (§ 14 Abs 2 AO), so daß auch Herbert G***, der für diese Verbindlichkeiten persönlich haftete, zumindest ab diesem Zeitpunkt von den Gesellschaftsgläubigern als Mitschuldner sofort und unmittelbar in Anspruch genommen werden konnte. Berücksichtigt man, daß die finanzielle Lage Herbert G*** durch seine Haftungserklärungen für die Herbert G*** Gesellschaft mbH, deren alleiniger Gesellschafter und einziger Geschäftsführer er war, mit der der Gesellschaft auf Gedeih und Verderb verknüpft war, weil er gleich der Gesellschaft von einer Überschuldung von nahezu S 150 Mill. betroffen war (ON 16, S 14 und 15), kann es keinem Zweifel unterliegen, daß auch Herbert G*** sofort persönlich zahlungsunfähig war, als das Ausgleichsverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet wurde. Gerade die von der beklagten Partei in ihrer Revision zu Recht geforderte Gesamtschau läßt, wie das Berufungsgericht zutreffend hervorgehoben hat, am wirtschaftlichen Ruin Herbert G*** keinen Zweifel aufkommen.

Zu Recht haben die Vorinstanzen somit die Zahlungsunfähigkeit Herbert G*** (zumindest) ab dem 7. April 1982 (Eröffnung des Ausgleichsverfahrens über das Vermögen der Herbert

G*** Gesellschaft mbH) angenommen, so daß die angefochtenen Rechtshandlungen innerhalb der Frist des § 30 Abs 1 KO vorgenommen wurden.

Die Vorinstanzen haben das Schreiben der beklagten Partei an das ÖCI vom 16. November 1981 (Beilage 7) als Zahlungsversprechen beurteilt, mit welchem sich die beklagte Partei zur Rücküberweisung der vom ÖCI zu einem bestimmten Zweck - Minderung der Gewerbesteuerpflicht der Herbert G*** Gesellschaft mbH - auf ein eigens hiefür eingerichtetes Konto separato überwiesenen Beträge zuzüglich der aufgelaufenen Zinsen innerhalb eines schon im Schreiben näher bezeichneten Zeitraumes unabhängig von einer ausreichenden Kontendeckung verpflichtete. Der Hinweis auf die vorliegenden Aufträge der Herbert G*** Gesellschaft mbH konnte nur dahin verstanden werden, daß die Rücküberweisung zu Lasten dieser Gesellschaft erfolgen werde. Soweit die beklagte Partei bestreitet, daß das ÖCI ein solches Schreiben überhaupt verlangt habe, ist dieses Vorbringen unbeachtliche Neuerung und im übrigen schon durch die Textierung (arg. "Wunschgemäß bestätigen wir ....") widerlegt. Der erkennende Senat hat ausgesprochen, eine Bank, die einem Dritten gegenüber einen schon erteilten Überweisungsauftrag bestätigt, übernehme hiedurch in der Regel keine selbständige, vom Deckungsverhältnis unabhängige Verpflichtung

(SZ 59/51 = JBl. 1986, 381); dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt zufolge hatte aber die Bank dem Dritten lediglich bekanntgegeben, daß seitens ihres Kunden ein bestimmter Überweisungsauftrag zugunsten des Dritten erteilt worden sei. Im vorliegenden Fall hingegen bestätigte die beklagte Partei einer anderen Bank gegenüber auf deren Verlangen die innerhalb bestimmter Frist vorzunehmende Rücküberweisung von bloß zu einem bestimmten temporären Zweck überwiesenen Beträgen. Daß eine solche Zusage nach redlicher Verkehrsauffassung nur die Bedeutung eines verbindlichen (Rück-)Zahlungsversprechens haben konnte, kann nach dem Wortlaut des Schreibens - anderslautende Beweisergebnisse fehlen - nicht zweifelhaft sein. War aber die beklagte Partei schon auf Grund ihres Schreibens vom 16. November 1981 zur Rücküberweisung an das ÖCI, wie diese dann in der Folge auch im Zeitraum vom 10. März bis 30. Juni 1982 erfolgt ist, verpflichtet, so waren die Herbert G*** erst im März 1982 abverlangten Sicherstellungen abweichende Deckung, weil diese Sicherstellungen nicht Gegenstand eines anfechtungsfreien Zug-um-Zug-Geschäftes waren. Ein solches ist bei Einräumung besicherten Kredites nur dann anzunehmen, wenn die vor oder bei Abschluß des Kreditgeschäftes gewährten Sicherheiten ausschließlich Kreditsummen abdecken sollen, die erst auf Grund der bewirkten Sicherstellungen (Pfandbestellung, Sicherungszessionen usw.) in Anspruch genommen werden (JBl. 1987, 48; SZ 57/87 uva; Strasser-Grillberger, Probleme des Zessionskredites, 75). Der Revision ist ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E14378

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1988:0010OB00563.88.0518.000

Dokumentnummer

JJT_19880518_OGH0002_0010OB00563_8800000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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