TE Vwgh Beschluss 2005/9/27 2005/06/0183

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Veröffentlicht am 27.09.2005
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §73 Abs1;
AVG §73 Abs2;
B-VG Art132;
VwGG §27 idF 1995/470;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der H Privatstiftung in I, vertreten durch BLS Rechtsanwälte Boller Langhammer Schubert OEG in 1010 Wien, Kärntner Straße 10, gegen den Gemeindevorstand der Marktgemeinde B betreffend die Verletzung der Entscheidungspflicht im Hinblick auf eine Berufung im Baubewilligungsverfahren, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach den Ausführungen in der am 21. Juni 2005 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde habe der Bürgermeister der Marktgemeinde B. in der mündlichen Verhandlung vom 9. November 2004 das Bauansuchen der K.P. GmbH vom 20. April 2004 auf der Grundlage des § 3 Abs. 1 und § 26 Abs. 3 lit. a TBO ohne weiteres Verfahren abgewiesen. Dagegen sei am 23. November 2004 in offener Frist Berufung an die belangte Behörde und aus Gründen anwaltlicher Vorsicht auch ein Devolutionsantrag erhoben worden. Über diese Berufung vom 23. November 2004, deren Einlangen von der Behörde bestätigt worden sei, sei von der belangten Behörde noch nicht entschieden worden sei. Gegen diese Säumigkeit richtet sich die vorliegende Säumnisbeschwerde.

Die Beschwerdeführerin führt auch noch aus, dass der Bürgermeister am 16. Dezember 2004 trotz ihrer Berufung (vom November 2004) mit schriftlichem Bescheid in der Bausache entschieden habe. Die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin und ihr Devolutionsantrag vom 23. November 2004 seien mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. Dezember 2004 zurückgewiesen worden.

Gemäß § 27 VwGG in der Fassung BGBl. Nr. 470/1995 kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, oder der unabhängige Verwaltungssenat, der nach Erschöpfung des Instanzenzuges, sei es durch Berufung oder im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat.

Festzustellen ist zunächst, dass gemäß § 73 Abs. 1 AVG jede Partei des Verfahrens Anspruch auf Erlassung eines Bescheides hat, wenn ein Antrag (oder eine Berufung) offen ist. Dieser Anspruch ist auch gegeben, wenn die Voraussetzungen für die Zurückweisung des Antrages oder der Berufung vorliegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1992, Zl. 90/05/0110). Auch wenn also die verfahrensgegenständliche Berufung der Beschwerdeführerin vom 23. November 2004 unzulässig gewesen sein sollte - etwa weil in der mündlichen Verhandlung entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin kein Baubewilligungsbescheid erlassen worden sei oder die Parteistellung der Beschwerdeführerin zu verneinen wäre - hat die Beschwerdeführerin gemäß § 73 Abs. 1 AVG einen Anspruch auf Entscheidung über dieses Rechtsmittel.

Gemäß § 46 Tiroler Gemeindeordnung 1966 (TGO), LGBl. Nr. 4 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 8/1973, hat über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters in allen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeindevorstand (Stadtrat) zu entscheiden. Die in den verfahrensgesetzlichen Bestimmungen vorgesehenen oberbehördlichen Befugnisse übt gemäß dieser Bestimmung in allen Fällen der Gemeinderat aus. Aus Art. 118 Abs. 5 B-VG ergibt sich die Stellung des Gemeinderates als oberstes Gemeindeorgan von Verfassungs wegen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 1986, Slg. Nr. 12.123/A, und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. Dezember 1992, Slg. Nr. 13.304).

Die vorliegende Säumnisbeschwerde wendet sich somit nicht gegen die oberste Behörde im Sinne des § 27 VwGG. Der Beschwerdeführerin steht gegen die Untätigkeit der belangten Behörde noch die Möglichkeit eines Devolutionsantrages gemäß § 73 AVG an den Gemeinderat offen. Da eine maßgebliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde gemäß § 27 VwGG nicht gegeben ist, war die Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen (vgl. den hg. Beschluss vom 3. September 1998, Zl. 98/06/0102, und das in diesem angeführte Vorerkenntnis).

Wien, am 27. September 2005

Schlagworte

Offenbare Unzuständigkeit des VwGH DiversesInhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)Voraussetzungen des Berufungsrechtes Berufungslegitimation Person des Berufungswerbers

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005060183.X00

Im RIS seit

07.12.2005

Zuletzt aktualisiert am

26.06.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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