TE Vfgh Beschluss 2001/11/26 KI-4/01

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Veröffentlicht am 26.11.2001
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Index

97 Vergabewesen
97/01 Vergabewesen

Norm

B-VG Art138 Abs1 litc / verneinend / Prozeßvoraussetzungen
Bgld VergabeG §93 ff
BundesvergabeG 1997 §109 Abs8 Z3
BundesvergabeG 1997 §115 Abs2 Z1
VfGG §50

Leitsatz

Zurückweisung eines Antrags auf Entscheidung eines negativenKompetenzkonfliktes zwischen dem Unabhängigen VerwaltungssenatBurgenland und der Bundes-Vergabekontrollkommission mangelsVorliegens einer behördlichen Entscheidung seitens des Bundes;Bundes-Vergabekontrollkommission keine Verwaltungsbehörde

Spruch

Der Antrag auf Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Gestützt auf Art138 Abs1 litc B-VG und §50 VerfGG begehrt die einschreitende Gesellschaft mit Eingabe vom 5. November 2001 die Entscheidung eines Kompetenzkonfliktes zwischen dem Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland und der Bundes-Vergabekontrollkommission verbunden mit dem weiteren Begehren, die dem Erkenntnis entgegenstehenden behördlichen Akte aufzuheben.

1. Begründend wird vorgebracht, daß durch die Stadtgemeinde Neusiedl am See "die Dienstleistung von Architektur- und Ingenieurbüros, Bauleistungen und zugehörige technische Beratung" im Zusammenhang mit dem "Zu- und Umbau der HLW/HAK Neusiedl am See" in einem offenen Verfahren ausgeschrieben wurden, wobei als zur Anwendung gelangende Rechts- und Verwaltungsvorschriften ausdrücklich das Burgenländische Landesvergabegesetz sowie die ÖNORMen A 2050 und

A 2060 genannt worden seien. Die nunmehr antragstellende Gesellschaft habe sich gemeinsam mit einem anderen Unternehmen als Bietergemeinschaft um die ausgeschriebenen Dienstleistungen beworben.

a) Nachdem ihr mit Schreiben der Stadtgemeinde Neusiedl vom 13. August 2001 mitgeteilt worden sei, daß eine andere namentlich genannte Bietergemeinschaft für den Zuschlag in Betracht komme, habe sie nach Durchführung des in §94 Bgld. Vergabegesetz vorgeschriebenen Vorverfahrens beim Unabhängigen Verwaltungssenat Burgenland ein Nachprüfungsverfahren gemäß den §§93 ff. Bgld. Vergabegesetz angestrengt und beantragt, die Zuschlagsentscheidung des Auftraggebers sowie das bisherige Vergabeverfahren für nichtig zu erklären sowie eine einstweilige Verfügung zu erlassen.

Mit (dem Verfassungsgerichtshof vorgelegtem) Bescheid vom 25. September 2001, Z K 085/06/2001.005/006, habe der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland diese Anträge wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen, und zwar im wesentlichen mit der Begründung, daß die antragsgegenständliche Vergabe nicht unter den persönlichen Geltungsbereich des Bgld. Vergabegesetzes falle, weil Auftraggeber nicht die Stadtgemeinde Neusiedl, sondern der Bund sei.

b) Zu dem in derselben Vergabesache an die Bundes-Vergabekontrollkommission gerichteten Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens teilte diese mit Schreiben vom 27. August 2001, Z S-106/01-10, gemäß §109 Abs8 Z3 BVergG 1997 mit, daß mangels Zuständigkeit der Bundes-Vergabekontrollkommission kein Schlichtungsverfahren durchgeführt werde. Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß Auftraggeber die Stadtgemeinde Neusiedl sei und gemäß §12 Abs1 Z1 BVergG 1997 dieses Bundesgesetz nicht auf Auftragsvergaben u.a. durch die Gemeinden Anwendung finde; auch §11 Abs3 leg.cit. komme nicht zum Tragen.

2. Da sohin sowohl der Bund (Bundes-Vergabekontrollkommission) als auch ein Land (Unabhängiger Verwaltungssenat Burgenland als Landesvollzugsbehörde) ihre Zuständigkeit in derselben Verwaltungsangelegenheit abgelehnt hätten, liege ein verneinender Kompetenzkonflikt gemäß §50 VerfGG vor.

II. Der Antrag ist unzulässig:

1. Gemäß Art138 Abs1 litc B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof u.a. über Kompetenzkonflikte zwischen einem Land und dem Bund.

Im Sinne des §50 VerfGG liegt ein derartiger verneinender Kompetenzkonflikt dann vor, wenn eine Partei bei einer Verwaltungsbehörde eines Landes und einer Verwaltungsbehörde des Bundes den Antrag auf Entscheidung oder Verfügung in derselben Verwaltungsangelegenheit gestellt hat und dieser Antrag von jeder der beiden Verwaltungsbehörden aus dem Grund der Unzuständigkeit zurückgewiesen wurde, einmal davon zu Unrecht.

2. Seitens des Bundes wird die Voraussetzung der Ablehnung des Verfügungs- oder Entscheidungsrechtes durch die Mitteilung der Bundes-Vergabekontrollkommission, ein Schlichtungsverfahren nicht durchzuführen, nicht erfüllt. Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 21. Juni 2001, B2037/99, dargetan hat, handelt es sich bei der Bundes-Vergabekontrollkommission um keine Verwaltungsbehörde, weil diese nach den einschlägigen Rechtsvorschriften nicht über Befehlsgewalt (imperium) verfüge, also weder einseitig verbindliche Normen erlassen oder Zwangsakte setzen könne. Im Fall der Mitteilung der Bundes-Vergabekontrollkommission, daß sie sich zur Durchführung eines Schlichtungsverfahrens nicht für zuständig erachte, steht es dem Einschreiter offen, das zur bescheidmäßigen Erledigung von Nachprüfungsanträgen betreffend die Vergabe von Aufträgen durch den Bund berufene Bundesvergabeamt anzurufen (vgl. §115 Abs2 Z1 BVergG 1997). Daß eine Entscheidung des Bundesvergabeamtes vorliegt, wird von der antragstellenden Gesellschaft aber nicht behauptet.

Da sohin seitens des Bundes (noch) keine behördliche Entscheidung, mit der die Entscheidung in der gegenständlichen Vergabesache abgelehnt wird, vorliegt, war der Antrag wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

3. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Behördenbegriff, Behördenzuständigkeit, Vergabewesen, VfGH /Kompetenzkonflikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:KI4.2001

Zuletzt aktualisiert am

26.02.2013
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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