Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alfred W*** Gesellschaft mbH & Co KG, Wien 8., Auerspergstraße 1, vertreten durch Dr. Gerhard Eckert, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei C*** M*** S*** Gesellschaft mbH, Wien 8., Lerchenfelderstraße 2, vertreten durch Dr. Paul Weiss und Dr. Renate Steiner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Räumung (Streitwert S 55.110), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgericht vom 21. November 1989, GZ 41 R 752/89-8, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. August 1989, GZ 41 C 296/89s-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 3.706,20 (darin enthalten S 617,70 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen. Über die klagende Partei wird eine Mutwillensstrafe von S 10.000 verhängt.
Text
Entscheidungsgründe:
Auf Grund der Mietverträge vom 1.Oktober 1986 und vom 1.März 1987 ist die Beklagte Mieterin verschiedener Räumlichkeiten in dem der Klägerin gehörenden Palais Auersperg. Die Punkte III Abs 2 lit d dieser Mietverträge lauten jeweils:
"Zu einer vorzeitigen Auflösung des Mietverhältnisses ohne Einhaltung einer Frist ist die Vermieterin berechtigt, wenn die Vermieterin das Palais Auersperg verkauft und den Mietern für die von ihnen aus Anlaß des Abschlusses des Mietvertrages vereinbarten Investitionen eine Ablöse zusagt, die unter Annahme einer Amortisation in 10 Jahren der noch nicht abgelaufenen Amortisationszeit entspricht, zuzüglich eines Betrages von ........ zur Abgeltung der Übersiedlungskosten, Kosten der Bekanntmachung des neuen Standortes und dergleichen."
Mit der Behauptung, daß sie das Palais Auersperg veräußern und der Beklagten die vereinbarte Ablöse gegen Räumung zahlen werde, erklärt die Klägerin mit der vorliegenden Räumungsklage das Mietverhältnis auf Grund der erwähnten Vertragsbestimmung für aufgelöst; sie bantragt, die Beklagte schuldig zu erkennen, der Klägerin den Bestandgegenstand geräumt zu übergeben. Die Beklagte beantragt die Abweisung der Klage. Der vereinbarte Auflösungsgrund sei durch § 29 MRG nicht gedeckt.
Das Erstgericht wies die Klage ab. § 29 Abs 1 Z 5 MRG anerkenne eine formfreie und sofort wirksame Auflösungserklärung nach § 1118 ABGB nur in den beiden dort genannten Fällen; eine vertragliche Erweiterung dieser Auflösungsgründe um andere Tatbestände, mögen sie auch als Kündigungsgründe anerkannt sein, sei unwirksam. Der Verkauf des Palais Auersperg durch die Klägerin entspreche keinem vom MRG anerkannten Auflösungsgrund.
Das Berufungsgericht bestätigte - unter Billigung dieser Rechtsansicht - das Urteil des Erstgerichtes und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige.
Gegen dieses Urteil richtet sich die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin mit dem Antrag, die Entscheidung im Sinne der Stattgebung der Klage abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die zutreffende Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß unbefristete Mietverhältnisse nur in den in § 29 Abs 1 (Z 4 und 5) MRG genannten Fällen formlos und ohne Einhaltung von Kündigungsfristen und -terminen einseitig aufgelöst werden können und eine Erweiterung dieser Auflösungsgründe durch Vereinbarung unwirksam ist (RZ 1983/70 = MietSlg 35.344; MietSlg 37.394; Würth-Zingher, MRG2, 133 Anm. 17 zu § 27; Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 29 MRG), bekämpft die Klägerin nicht mehr; sie vertritt aber die Auffassung, daß für die Beurteilung der Wirksamkeit vereinbarter, in § 29 MRG nicht genannter Auflösungsgründe entgegen der herrschenden Rechtsprechung der Zeitpunkt der Vereinbarung, nicht jedoch der Zeitpunkt der Vornahme der Rechtsgestaltung maßgebend sei. Der im vorliegenden Fall bereits vor dem Inkrafttreten des MRG vereinbarte Auflösungsgrund könne daher auch nach dem 1.Jänner 1982 geltend gemacht werden. Auf diese Ausführungen braucht aber schon deshalb nicht eingegangen zu werden, weil die beiden Mietverträge, mit denen ein in § 29 Abs 1 MRG nicht genannter Auflösungsgrund vereinbart wurde, im zeitlichen Geltungsbereich des MRG abgeschlossen wurden; die Behauptung, daß die Mietverträge bereits vor dem Inkrafttreten des MRG abgeschlossen worden wären, ist aktenwidrig. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Die Verhängung der Mutwillensstrafe gründet sich auf §§ 512, 220 ZPO. Das Revisionsvorbringen erschöpft sich in der aktenwidrigen Behauptung, daß die beiden Mietverträge zwischen den Parteien schon vor dem Inkrafttreten des MRG abgeschlossen worden seien. Schon das Berufungsgericht hat darauf hingewiesen, daß dieses Vorbringen mit den eigenen Angaben der Klägerin über den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses (1.Oktober 1986 und 1.März 1987) im Widerspruch steht und auch sonst mit der Aktenlage nicht im Einklang steht. Unter diesen Umständen muß aber die Erhebung der Revision als mutwillig bezeichnet werden.
Anmerkung
E20290European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1990:0040OB00510.9.0313.000Dokumentnummer
JJT_19900313_OGH0002_0040OB00510_9000000_000