TE OGH 1990/5/9 9ObA501/89

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Veröffentlicht am 09.05.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Kuderna als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Gamerith und Dr.Bauer sowie die fachkundigen Laienrichter Hon.Prof.Dr.Gottfried Winkler und Reinhold Ludwig als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der antragstellenden Partei Ö*** G*** FÜR D***

G*** H***, T*** UND V***, Wien

1., Teinfaltstraße 5-7, vertreten durch Dr.Ernst Gruber, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner 1.) K*** K*** DES O*** DER E***, Klagenfurt, Völkermarkter Straße 15,

2.) N*** (K***) DES O*** DER B*** B***,

St.Veit/Glan, 3.) N*** DER B*** S*** V***

D*** O*** ST.M*** IN J***, Deutschordens-Krankenhaus Friesach, 4.) E*** D*** W*** DES E***

V*** FÜR I*** M*** IN K***, Waiern bei Feldkirchen, sämtliche vertreten durch Dr.Christian Kuhn, Rechtsanwalt in Wien, über den gemäß § 54 Abs. 2 ASGG gestellten Feststellungsantrag, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Es wird festgestellt, daß die Turnusärzte an den Krankenanstalten der Antragsgegner Anspruch auf Überstundenentgelt für die 40 Wochenstunden übersteigende Arbeitszeit haben; dabei besteht Anspruch auf einen 50 %igen Überstundenzuschlag.

Die weiteren Anträge, festzustellen:

"1.) Für die Turnusärzte an den Krankenanstalten der Antragsgegner gilt eine Normalarbeitszeit von 30 Wochenstunden.

2.) Die Turnusärzte haben Anspruch auf

a) Mehrarbeitsentgelt für die 30 Wochenstunden, jedoch nicht 40 Wochenstunden übersteigende Arbeitszeit,

b) auf 100 %igen Überstundenzuschlag für die von 22 Uhr bis 6 Uhr früh und an Wochenenden sowie an Feiertagen geleisteten Überstunden, mindestens aber für in jenen Zeiträumen geleistete Überstunden, in denen den Turnusärzten an den Kärntner Landeskrankenanstalten ein 100 %iger Überstundenzuschlag gebührt,

3.) für Nacht-, Wochenend- und Feiertagsdienste außerhalb der Normalarbeitszeit gebührt ein in gleicher Weise wie für die übrigen Ärzte des jeweiligen Krankenhauses errechnetes Überstundenentgelt, insbesondere ohne Rücksicht darauf, ob Ruhezeit in die jeweilige Anwesenheit am Krankenhaus fällt und mit den gleichen Zulagen und Zuschlägen,

4.) in eventu die Einzelverträge der Turnusärzte sind infolge begehrter Irrtumsanpassung dahin anzupassen, daß das Grundgehalt und die Erschwerniszulage um 25 % erhöht werden.",

werden abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Antragsteller ist eine kollektivvertragsfähige Berufsvereinigung der Arbeitnehmer im Sinn des § 4 Abs. 2 ArbVG. Erst-, Zweit- und Drittantragsgegner sind Teilorganisationen katholischer Orden. Gemäß dem Art 2 des Konkordates zwischen dem Heiligen Stuhl und der Republik Österreich vom 5.6.1933 (BGBl. 34/2) genießt die katholische Kirche in Österreich öffentlich-rechtliche Stellung. Ihre einzelnen Einrichtungen, welche nach dem kanonischen Recht Rechtspersönlichkeit haben, genießen Rechtspersönlichkeit auch für den staatlichen Bereich, insoweit sie bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Konkordates in Österreich bestanden haben. Dies war bei den Erst- bis Drittantragsgegnern der Fall. Gemäß dem Codes Iuris Canonici Pii X 1918 galt als allgemeine Regel, daß nicht nur eine Ordensgenossenschaft, sondern auch eine Provinz, ja sogar auch ein einzelnes Kloster die Fähigkeit hatte, zeitliche Güter mit ständigen oder gestifteten Einkünften zu erwerben oder zu besitzen (Canon 531). Gemäß dem Canon 634 Codex Iuris Canonici Johannis Pauli PP II 1973 sind Institute, Provinzen und Niederlassungen als juristische Personen von Rechts wegen fähig, Vermögen zu erwerben, zu besitzen, zu verwalten und zu veräußern, sofern diese Fähigkeiten in den Konstitutionen nicht ausgeschlossen oder eingeschränkt ist. Dafür, daß in den Konstitutionen der Erst- bis Drittantragsgegner eine derartige Einschränkung enthalten wäre, bestehen keine Hinweise; beide Parteien gehen davon aus, daß die Voraussetzungen für die Rechtspersönlichkeit der Erst- bis Drittantragsgegner vorliegen. Die katholischen Orden und Kongregationen (bzw im Sinn der obigen Ausführungen auch deren Teilorganisationen) haben auch als Rechtsträger von Krankenanstalten die Stellung von Körperschaften öffentlichen Rechts (Radner-Haslinger-Reinberg, Krankenanstaltenrecht, 10). Dem E*** V*** FÜR I***

M*** in Kärnten wurde mit Kundmachung BGBl. 1968/4 der Status der Rechtspersönlichkeit des öffentlichen Rechts verliehen; das E*** K*** W*** K*** besitzt das Öffentlichkeitsrecht (Radner-Haslinger-Reinberg aaO, 11). Alle Antragsgegner sind daher kollektivvertragsfähig gemäß § 7 ArbVG. Die Legitimation zur Beteiligung am Verfahren ist sohin sowohl auf Aktiv- wie auf Passivseite gegeben.

Der Antragsteller führt aus, daß er als kollektivvertragsfähige Körperschaft die in den Krankenanstalten der Antragsgegner beschäftigten Turnusärzte vertrete. Obwohl für die Turnusärzte von einer Normalarbeitszeit von 30 Stunden auszugehen sei, beschäftigten die Antragsgegner die Turnusärzte erheblich länger als 40 Stunden und verweigerten ihnen Mehrarbeitsentgelt (bis 40 Stunden wöchentlich) sowie Überstundenentgelt für die 40 Stunden wöchentlich übersteigende Arbeitszeit. Dabei handle es sich um Rechtsfragen des materiellen Rechtes, die für mehr als je 3 Arbeitnehmer bei jedem Antragsgegner von Bedeutung seien.

Bezüglich des ursprünglich als Antragsgegner in Anspruch genommenen Krankenhauses der E*** S*** DER G***

E*** DE LA T*** in Treffen wurde der Antrag zurückgezogen. Zur Begründung des Antrages brachte der Antragsteller vor, zentrales Anliegen sei die Feststellung, daß für die bei den Antragsgegnern beschäftigten Turnusärzte die 30-Stunden-Woche gelte. Dies sei streitig geworden, weil die Antragsgegner am 1.1.1986 mit der Behauptung eines "Anpassungsdruckes" seitens des Landes Kärnten den neu eingestellten Turnusärzten erklärt hätten, sie könnten diese nur mehr zu denselben Bedingungen, die für die beim Land Kärnten tätigen Turnusärzte gelten, sohin nach dem vom Landesrat G*** initiierten Modell "1/3 mehr Turnusärzte bei 1/3 weniger Bezahlung" einstellen. Ab 14.10.1985 seien die in den Landeskrankenhäusern des Landes Kärnten beschäftigten Turnusärzte nur mehr aufgrund von Verträgen beschäftigt worden, denen eine zwischen dem Zentralbetriebsrat der Kärntner Landeskrankenanstalten und dem Land Kärnten vereinbarten Vertragsschablone zugrunde gelegen sei (Ausbildungsordnung 1985, kurz AO 85). Die AO 85 habe für die Leistung von Sonn- und Feiertagsdiensten die Gewährung eines freien Tages in der folgenden Arbeitswoche sowie für über die in den Dienststellenvereinbarungen festgelegten Dienste hinausgehenden Dienste Freizeitgewährung bis zum Ende des auf die Leistung folgenden Monats vorgesehen. Die AO 85 habe bestimmt, daß eine finanzielle Entschädigung anstelle der Freizeitgewährung nicht in Betracht komme. Bezüglich der täglichen Dienstzeit der Turnusärzte an den jeweiligen Abteilungen und bezüglich der Anzahl der pro Krankenabteilung höchstzulässigen Turnusarztstellen sei auf eine mit dem Zentralbetriebsrat der Kärntner Landeskrankenanstalten abzuschließende Vereinbarung verwiesen worden. Der Abschluß der dort als Anlage 3 bezeichneten Vereinbarung sei jedoch bewußt unterlassen bzw. verhindert worden. Der zuständige Landesrat für Gesundheitswesen habe die Weisung erteilt, eine Dienstzeit nicht festzulegen. Der Zentralbetriebsrat habe bei den Verhandlungen jedoch erklärt, daß ausgehend von dem der neuen Regelung zugrundeliegenden Modell nur eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden in Frage kommen könne. Eine Zusage in dieser Richtung sei von den Vertretern des Landes Kärnten nicht gegeben worde. Dr.S***, Vizepräsident der Kärntner Ärztekammer, habe mit den Antragsgegnern über die Regelung der Gehaltsansprüche der bei diesen beschäftigten Turnusärzte verhandelt und dabei den Standpunkt vertreten, daß ohne Reduktion der Arbeitszeit auf 30 Wochenstunden keine Reduktion der Gehälter erfolgen dürfe. Eine Vereinbarung hierüber sei jedoch nicht zustandegekommen. Die Erklärungen Dr.S*** seien jedoch bei Abschluß der Einzeldienstverträge zu berücksichtigen. Die Antragsgegner hätten erklärt, Turnusärzte nur zu denselben Bedingungen zu beschäftigen wie das Land Kärnten, und hätten in der Folge den ab 1.1.1986 eingestellten Turnusärzten nur die in der AO 85 vorgesehenen Entgeltbeträge gezahlt. Schriftliche Dienstverträge seien mit den Turnusärzten nur im Betrieb der Drittantragsgegnerin abgeschlossen worden. Bei der Aufnahme sei jedoch in allen Fällen darauf hingewiesen worden, daß die Turnusärzte nach dem G***-Modell "1/3 mehr Turnusärzte bei 1/3 weniger Bezahlung" eingestellt werden. Eine bestimmte Dienstzeit sei nicht vereinbart worden. Ein von der Zweitantragsgegnerin aufgelegtes Merkblatt zur Eintragung der Dienstzeit sei nur zur Regelung des technischen Verwaltungsablaufes bestimmt gewesen, eine Übereinkunft über die darin genannte Dienstzeit von 40 Stunden sei nicht zustande gekommen. Die Antragsgegner hätten sich darauf bezogen, daß die in ihrem Bereich beschäftigten Turnusärzte mit jenen an den Krankenhäusern des Landes Kärnten gleichzubehandeln seien. Für Nacht- und Wochenenddienste seien, soweit durch diese die Normalarbeitszeit überschritten worden sei, kein Grundstundenentgelt, sondern nur die Erschwernisabgeltung aufgrund der für die Betriebe der Antragsgegner geltenden Betriebsvereinbarung vom 7.2.1980 gezahlt worden; auch Zeitausgleich sei nicht gewährt worden. Es sei dadurch zu seiner massiven Erhöhung der Überstundenleistung von Turnusärzten gekommen, die nicht abgegolten worden sei.

Mit Beschluß der Kärntner Landesregierung sei die AO 85 am 4.11.1986 rückwirkend mit 1.7.1986 dahin abgeändert worden, daß nunmehr Erschwernisabgeltung für Nachtdienste, Sonn- und Feiertagsdienste und Vormittagsdienste im Anschluß an einen Nachtdienst sowie eine Pauschalabgeltung für zusätzliche Nachmittagsdienste vorgesehen worden sei. Die Antragsgegner hätten darauf - wenn auch erst einige Monate später - angekündigt, diese Leistungen in gleicher Weise rückwirkend ab dem Zeitpunkt zu erbringen, ab dem sie aufgrund der geänderten AO 85 auch für die an den Krankenhäusern des Landes Kärnten beschäftigten Turnusärzten gezahlt worden seien. Diese Beträge seien auch tatsächlich flüssig gemacht worden, ohne daß den Turnusärzte erklärt worden wäre, daß nunmehr ihre Verträge geändert werden; die Zahlungen seien nur in den Gehaltszetteln ausgewiesen. Die Abgeltung von Überstunden sei jedoch verweigert worden, wobei sich die Antragsgegner darauf berufen hätten, daß die AO 85 weitere Leistungen nicht vorsehe, zumal weitere Leistungen neben dem Gehalt und den vorgesehenen Erschwernisabgeltungen und Pauschalvergütungen ausdrücklich ausgeschlossen seien; die Erschwernisabgeltungen seien als Gesamtabgeltung der geleisteten Dienste anzusehen. Die erste Fassung der AO 85 habe finanzielle Entschädigungen für Feiertags- und Wochenenddienste ausdrücklich ausgeschlossen.

Die Kärntner Turnusärzte seien jedoch davon ausgegangen, daß für sie eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden gelte; dies entspreche dem "G***-Modell". Bei einer Vermehrung der Turnusärzte um 1/3 ergäbe sich eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden. Tatsächlich sei jedoch die Anzahl der Turnusärzte in den ersten 2 1/2 Jahren nicht erhöht worden, wodurch sich die Notwendigkeit der Leistung von über 30 Wochenstunden und auch von 40 Stunden übersteigenden Diensten für Turnusärzte ergeben habe. Hiefür sei kein entsprechendes Entgelt geleistet worden. Dies sei jedoch ein Rechtsmißbrauch. Auch die Erschwernisabgeltung werde nicht im vollen gebührenden Ausmaß gezahlt. Den Turnusärzten sei das "G***-Modell" bei ihrem Eintritt durchwegs bekannt gewesen. Auf dieser Grundlage seien sie von einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden ausgegangen. Sollte tatsächlich eine längere Arbeitszeit gegolten haben, so wären die Turnusärzte einem von den Antragsgegnern veranlaßten Irrtum unterlegen. Bei richtigem Verständnis hätten sie Bezüge vereinbart, die um 25 % höher gelegen wären als die tatsächlich ausgezahlten. Es bestehe daher Anspruch auf die Anpassung des Vertrages in diesem Sinn. Andere Ärzte als Turnusärzte in den Spitälern der Antragsgegner erhielten volles Grundstundenentgelt und, falls sie Überstunden leisten, auch Überstundenentgelt. Dabei werde durchwegs für die in der Zeit von 22 Uhr bis 6 Uhr und an Wochenenden geleisteten Überstunden ein Überstundenzuschlag von 100 % gezahlt. Aus diesem Sachverhalt ergebe sich für die Ansprüche des betroffenen Personenkreises rechtlich folgendes:

Daß eine klarstellende Vereinbarung über die Dienstzeit im Landesbereich verhindert worden sei, dürfe nicht dazu führen, daß die Festlegung der Normalarbeitszeit dem Gutdünken des Dienstgebers überlassen werde. Bei den Verhandlungen sei von Seiten der Vertreter der Arbeitnehmer wiederholt darauf hingewiesen worden, daß nicht von einer 40stündigen Dienstzeit wöchentlich ausgegangen werden könne. Die Antragsgegner hätten nur verschiedentlich versucht, eine 40 Stunden-Woche vorzutäuschen. Tatsächlich ergebe sich jedoch aus der AO 85, daß dem Arbeitsverhältnis eine Wochenarbeitszeit von 30 Stunden zugrunde gelegen sei. Dies sei auch aus dem gewollten Gleichklang der Regelungen für die bei den Krankenhäusern des Landes Kärnten und den bei den Antragsgegnern beschäftigten Turnusärzten abzuleiten, zumal dadurch auch ein Wechsel des Ausbildungsplatzes während der Ausbildungszeit ermöglicht werden solle. Das die Grundlage der AO 85 und damit auch für die Dienstverträge der bei den Antragsgegnern beschäftigten Turnusärzte, bei deren Abschluß auf die AO 85 Bezug genommen worden sei, bildende "G***-Modell" lasse nur die Auslegung zu, daß die Herabsetzung des Gehaltes um 25 % auch einer Verminderung der Dienstzeit um 1/4 entspreche. Spätere "Mitteilungen" der Arbeitgeber seien nicht geeignet gewesen, eine Änderung der Dienstverträge herbeizuführen. Aus der stillschweigenden Entgegennahme der geminderten Bezüge trotz einer Dienstleistung von über 30 Stunden wöchentlich, könne keine Zustimmung der Turnusärzte zu einer 40stündigen Dienstleistung wöchentlich bei geminderten Bezügen abgeleitet werden. Die Turnusärzte seien darüber informiert gewesen, daß die 40 Stunden-Woche nicht zum Gegenstand der AO 85 gemacht worden sei. Hieraus hätten sie ableiten können, daß sie ihre Dienstverträge nicht im Sinn einer 40 Stunden-Woche verstehen mußten. Dafür, daß den Verträgen die 30 Stunden-Woche zugrunde gelegen sei, spreche auch, daß für die Zuerkennung des Titels "praktischer Arzt" durch die Ärztekammer eine 3jährige Turnusarztausbildung in der Dauer von 30 Wochenstunden vorgesehen worden sei und daß auch der Hauptdienst in den Krankenhäusern des Landes Kärnten 30 Wochenstunden betragen habe. Dies gelte zufolge Verweisung auf die AO 85 durch die Antragsgegner bei Abschluß der Dienstverträge auch für die Dienstverhältnisse des betroffenen Personenkreises. Aus der sonst in den Krankenanstalten der Antragsgegner geltenden Arbeitszeit hätten die Turnusärzte nicht auf die Geltung der 40 Stunden-Woche für ihre Dienstverhältnisse schließen müssen, weil sich für sie aus den obgenannten Gründen gewichtige Hinweise für eine diesbezügliche Sonderstellung ergeben hätte. Dadurch, daß die Arbeit von bisher 3 Turnusärzten nunmehr von 4 Turnusärzten besorgt werden sollte, ergäbe sich bereits eine Verminderung des Arbeitseinsatzes um 25 %. Es sei klar gewesen, daß eine Teilzeitbeschäftigung beabsichtigt gewesen sei. Durch den Hinweis auf eine in Aussicht genommene, ihre Dienstzeit betreffende Regelung in der AO 85 sei deutlich zum Ausdruck gebracht worden, daß eine Sonderregelung für die Dienstzeit der Turnusärzte bestehen müsse.

Das Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz hätte aufgrund ausdrücklicher Anordnung die Rechtsposition der der AO 85 unterliegenden Turnusärzte rückwirkend mit 1.7.1987 in der Weise verbessert, daß nicht zwischen Turnusärzten und anderen Vertragsbediensteten differenziert worden sei. Den Turnusärzten wäre ab diesem Zeitpunkt 100 % des Gehaltes vergleichbarer Vertragsbediensteter bei 40stündiger Wochenarbeitszeit zugestanden. Die später rückwirkend erlassene Novelle zu diesem Gesetz, durch die die Gleichstellung der Turnusärzte entfallen sei, sei verfassungswidrig, weil damit gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen und rechtswidrig in das Eigentum der Turnusärzte eingegriffen worden sei. Das Kärntner Landesvertragsbedienstetengesetz sei zwar nicht direkt, aber zufolge Verweisung auf die AO 85 anwendbar. Durch die Novelle zu diesem Gesetz habe eine Einschränkung der Rechte der Turnusärzte nicht bewirkt werden können. Für die Turnusärzte an den Krankenhäusern des Landes Kärnten ergebe sich ein Anspruch auf Auszahlung des reduzierten Gehaltes gemäß AO 85 für eine 30 Stunden-Woche auch aus § 105 ÄrzteG und § 1152 ABGB sowie § 6 AngG, wonach ein angemessenes Entgelt gebühre. Im Zweifel sei davon auszugehen, daß die Vertragsparteien ein angemessenes Entgelt vereinbaren wollten. Durch eine Vereinbarung, daß keine Überstunden vorgesehen seien, werde ein Entgelt für dennoch geleistete Überstunden nicht ausgeschlossen; ein Verzicht auf Überstundenentgelt sei nicht vereinbart worden. Eine adäquate Abgeltung von Überstunden im Sinn der AO 85 erste Fassung entspreche einem Schlüssel von 1 : 2 für Nachtüberstunden, weil dies an den Krankenhäusern der Antragsgegner für andere Bedienstete so gehandhabt werde. Im übrigen sei Freizeitausgleich nicht gewährt worden. Es sei unzulässig, den Freizeitausgleich durch Anordnung von Überstunden zu vereiteln. Durch vertragliche Vereinbarungen (Anwendung der AO 85) könne der Anspruch auf Überstundenentgelt nicht ausgeschlossen werden.

Die unentgeltliche Überstundenleistung widerspreche auch der AO 85, die zum Ziel habe, möglichst viele Turnusärzte einzusetzen. Durch die Erschwerniszulage würde die Überstundenleistung nicht abgegolten, vielmehr gebührten diese Zulagen zusätzlich zum Überstundenetgelt. Anspruch auf Überstundenentgelt bestehe auch aufgrund des Gleichheitsgrundsatzes und des Arbeitsruhegesetzes. Der unterschiedlichen Qualität der Leistung der Turnusärzte und der sonstigen Ärzte in den Anstalten der Antragsgegner werde durch die unterschiedliche Höhe des Grundgehaltes Rechnung getragen. Die Tatsache, daß die Turnusärzte in Ausbildung stehen, wobei sie jedoch insbesonders bei Nacht- und Sonntagsdiensten für die Antragsgegner voll verwertbare Arbeitsleistungen erbrächten, könne nicht dazu führen, daß Mehrarbeitsvergütungen verweigert werden. Die Bestrebungen zur Kosteneinsparung konnten keine Grundlage für die Beschneidung von zwingenden gesetzlichen Ansprüchen der Turnusärzte bilden, zumal es sich dabei um eine sozial schwache Gruppe handle. Die Überstundenanordnung stehe auch mit dem Ausbildungszweck nicht im Zusammenhang, sondern sei nur auf den dringenden Bedarf der Dienstgeber nach Dienstleistung der Turnusärzte zurückzuführen. Der Vertrag könne nicht im Sinn einer Verpflichtung der Turnusärzte zu unentgeltlicher Überstundenleistung ausgelegt werden; dies widerspreche der ablehnenden Grundhaltung des Arbeitszeitgesetzes gegenüber Überstunden. Den Turnusärzten stünden die gleichen Ansprüche zu wie den übrigen in den Krankenhäusern der Antragsgegner beschäftigten Ärzten.

Die Antragsgegner beantragten, den Feststellungsantrag abzuweisen. Die beim Erstantragsgegner beschäftigten Turnusärzte würden nicht zur Überstundenleistung herangezogen. Der Viertantragsgegner beschäftige überhaupt keine Turnusärzte. Die Anträge seien daher hinsichtlich dieser Antragsgegner schon deshalb abzuweisen. Aus dem Hinweis darauf, daß die AO 85 auf die Dienstverhältnisse des betroffenen Personenkreises zur Anwendung komme, könne nicht der Schluß abgeleitet werden, daß die 30 Stunden-Woche vereinbart worden sei. Da die AO 85 eine Regelung der Arbeitszeit nicht enthalte, kämen die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes zur Anwendung. Es sei daher von der 40 Stunden-Woche auszugehen. Dienstgeber und Dienstnehmer stehe es frei, für Überstundeneleistung Unentgeltlichkeit zu vereinbaren. Dies sei im Betrieb des Drittantragsgegners durch eine entsprechende Bestimmung im schriftlichen Dienstvertrag geschehen. Im Betrieb der Zweitantragsgegner werde Überstundenleistung durch eine Erschwerniszulage abgegolten. Ein Anspruch der Turnusärzte auf Überstundenentlohnung bestehe wegen abweichender Vereinbarungen nicht. Für einen Überstundenzuschlag im Ausmaß von 100 % fehle im übrigen jede Rechtsgrundlage. Daraus, daß für andere Dienstnehmer der Antragsgegner eine solche Regelung gelte, könne ein Rechtsanspruch der Turnusärzte nicht abgeleitet werden. Die Erschwernisabgeltung und Pauschalabgeltung sei als Gesamtentgelt für die Nachtdienste und andere Sonderdienste anzusehen. Anspruch auf Überstundenentgelt bestehe darüber hinaus nicht. Da die Antragsgegner einen Irrtum der Turnusärzte nicht veranlaßt hätten, komme eine Irrtumsanfechtung nicht in Betracht. Die erfolgreiche Anfechtung der Verträge wegen Irrtums könnte auch nur zur Aufhebung, nicht jedoch zur Anpassung der Verträge führen.

Der Feststellungsantrag ist nur teilweise berechtigt. Den Einwänden des Erst- und Viertantragsgegners ist entgegenzuhalten, daß bezüglich der Frage, ob mindestens 3 Dienstnehmer, auf welche die den Gegenstand des Antrages bildenden Fragen zutreffen, beschäftigt sind, von den Behauptungen des Antragstellers auszugehen ist (§ 54 Abs 4 ASGG). Im übrigen hätte es auf die Berechtigung des Antrages keinen Einfluß, wenn diese Voraussetzungen erst nach Einbringung des Antrages verwirklicht werden und zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen. Dies ist nach dem Vorbringen des Antragstellers der Fall. Im übrigen gesteht auch der Viertantragsgegner zu, daß nunmehr in seinem Betrieb 4 Turnusärzte beschäftigt sind und der Erstantragsgegner räumt ein, daß zumindest während eines Teiles des vom Antrag betroffenen Zeitraumes die Turnusärzte zu Überstundenleistungen herangezogen wurden.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 2 Abs. 1 AngG finden die Bestimmungen dieses Gesetzes auch auf das Dienstverhältnis von Personen Anwendung, die vorwiegend zur Leistung kaufmännischer oder höherer nichtkaufmännischer Dienste oder zu Kanzleiarbeiten im Geschäftsbetrieb von Unternehmungen, Anstalten oder sonstigen Dienstgebern der in Z 1 bis 9 leg.cit. bezeichneten Art angestellt sind (die weitere Voraussetzung einer gewissen Mindestarbeitszeit ist für das vorliegende Verfahren bedeutungslos). Zu den gemäß § 2 Abs. 1 AngG erfaßten Personen gehören gemäß Z 8 die bei Ärzten, Zahntechnikern und in Privatheil- und -pflegeanstalten angestellten Personen. Dies gilt auch für die Turnusärzte, also die gemäß § 2 Abs. 3 ÄrzteG 1984 in Ausbildung zum praktischen Arzt oder zum Facharzt befindlichen Ärzte, die lediglich zur unselbständigen Ausübung ärztlicher Tätigkeiten unter Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte berechtigt sind. Private Dienstverhältnisse von Ärzten unterliegen nach einheitlicher Ansicht des Schrifttums (Stellamor, Ärztegesetz, 274 f, Strobl, Ärztegesetz 167; vgl. auch Aigner-List, Ärztegesetz 1984, 18 FN 1) dem Angestelltengesetz. Der gesetzliche Ausbildungszweck ändert nichts daran, daß das Rechtsverhältnis zwischen den anerkannten Ausbildungsstätten und den in Ausbildung zum praktischen Arzt oder zum Facharzt stehenden Ärzten typischerweise als Dienst-(Arbeits-)verhältnis zu qualifizieren ist (Strobl aaO 167, Stellamor aaO 275). Ärzte leisten auch dann höhere Dienste im Sinne des Angestelltengesetzes, wenn sie diese unter Anleitung und Aufsicht der ausbildenden Ärzte erbringen. Wer wie ein Turnusarzt seine Tätigkeit bereits mit einem Hochschulfachwissen ausgestattet beginnt, leistet jedenfalls höhere Dienste im Sinne des Angestelltengesetzes, mag auch in den zwischen ihm und der Krankenanstalt begründeten Rechtsverhältnis der Ausbildungszweck im Vordergrund stehen (Schrammel, ZAS 1982, 205; 9 Ob A 521/88). Die Argumente, aus denen der Antragssteller abzuleiten versucht, daß für das Dienstverhältnis der bei den Antragsgegnern ab 1.1.1986 beschäftigten Turnusärzten von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden auszugehen sei, vermögen nicht zu überzeugen. Daraus, daß sich die Antragsgegner bei Abschluß der Dienstverträge auf die öffentliche Erklärung des zuständigen Landesrates, daß 1/3 mehr Turnusärzte mit um 1/4 reduzierten Bezügen aufgenommen werden sollen, bezogen, kann entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht auf eine Absicht oder eine Zusage der Antragsgegner geschlossen werden, die wöchentliche Arbeitszeit der nach diesem Zeitpunkt eingestellten Turnusärzte entsprechend um 1/4 zu reduzieren. Dieser Erklärung kann nur die Absicht entnommen werden, vor allem im Interesse der auf einen Turnusplatz wartenden Bewerber die Zahl der Ausbildungsplätze für Ärzte ohne Erhöhung des Gesamtaufwandes zu vermehren. Weder die Erklärungen des Zentralbetriebsrates der Krankenanstalten des Landes Kärnten noch die Äußerungen Dr.S*** im Rahmen von Verhandlungen mit den Antragsgegnern können dem Erklärungsinhalt der Antragsgegner zugerechnet werden. Die konkludente Vereinbarung einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden läßt sich daher aus dem vom Antragsteller vorgebrachten Sachverhalt nicht erschließen. Da auch im Dienstvertrag eine bestimmte Arbeitszeit nicht festgelegt wurde und die in der AO 85 vorgesehene Festsetzung der Dienstzeit der Turnusärzte durch eine mit dem Zentralbetriebsrat abzuschließende Vereinbarung - die zufolge der Verweisung auf die AO 85 bei Abschluß der Dienstverträge der Antragsgegner mit den Turnusärzten auch für diese Dienstverhältnisse Gültigkeit hätte - nicht zustandekam, richtet sich der Umfang der Dienste gemäß § 1153 Satz 2 ABGB nach dem, was den Umständen nach angemessen ist. Hiebei ist - mangels kollektivvertraglicher Festlegung -, sofern nicht eine bloße Teilzeitbeschäftigung beabsichtigt ist, grundsätzlich die im Betrieb übliche Arbeitszeit als angemessen und übliche Arbeitszeit anzusehen (vgl. Grillberger, Arbeitszeitgesetz 39).

Die vom Antragsteller gegen dieses bereits in der Entscheidung 9 Ob A 521/88 dargelegte Ergebnis ins Treffen geführten Ausführungen sind nicht stichhältig. Auszugehen ist davon, daß, sofern nicht eine Vereinbarung über eine Teilzeitbeschäftigung zustandekommt, von der im Betrieb üblichen Arbeitszeit auszugehen ist. Der Antragsteller führt nun verschiedene Gründe an, die seiner Meinung nach dafür sprechen, daß den Dienstverhältnisse der Turnusärzte eine 30stündige Arbeitszeit zugrunde lag. Die Ausführungen bieten jedoch keinen Anhaltspunkt für die Annahme, daß eine Vereinbarung über eine kürzere als die für die übrigen Dienstnehmer in den Krankenanstalten der Antragsgegner geltende regelmäßige Arbeitszeit zustandekam. Die Tatsache, daß von Seiten des Vertreters der Ärztekammer die nach dem Vorbringen des Antrags von den Antragsgegnern nicht angenommene Forderung nach einer kürzeren Arbeitszeit erhoben wurde, ersetzt nicht die Vereinbarung einer besonderen von der übrigen Arbeitszeit abweichenden Arbeitszeit. Ebensowenig kann daraus, daß in der Ausbildungsordnung eine Regelung der Dienstzeit unterblieb, die Geltung der 30 Stunden-Woche abgeleitet werden. Nach dem Vorbringen haben die Turnusärzte lediglich aus den mit dem "G***-Modell" verfolgten Zweck abgeleitet, daß für sie eine kürzere Arbeitszeit gelte; tatsächlich bestand für diese Annahme keine reale Grundlage. Auch die Tatsache, daß in der AO 85, auf die im Dienstvertrag jeweils verwiesen wurde, eine besondere Regelung der täglichen Dienstzeit in Aussicht genommen wurde, die letztlich unterblieb, rechtfertigte nicht den Schluß, daß Gegenstand des Dienstvertrages eine kürzere als die für die anderen Angestellten geltende Dienstzeit sei. Es ist daher davon auszugehen, daß für die Dienstverhältnisse der Turnusärzte die 40 Stunden-Woche - daß in den Krankenhäusern der Antragsgegner für die anderen Bediensteten eine kürzere Dienstzeit gelte, wurde nicht vorgebracht - galt. Mit dem vereinbarten Gehalt wird die Dienstleistung während der Normalarbeitszeit abgegolten, sodaß Anspruch für Mehrarbeitsentgelt für die 30 Stunden, jedoch nicht 40 Stunden übersteigende Dienstleistung nicht besteht.

Bezüglich der Frage des Überstundenentgeltes unterscheidet sich der Sachverhalt hier von den den Entscheidungen zu 9 Ob A 517/88 und 9 Ob A 519/88 zugrunde liegenden Fällen. War dort von der Geltung der Ausschlußnorm des § 1 Abs. 2 Z 1 AZG auszugehen, finden hier die Bestimmungen des AZG unter Berücksichtigung der Sondernormen des § 19 leg.cit. Anwendung. Bei den Bestimmungen des AZG handelt es sich, soweit das Gesetz nicht eine Dispositionsbefugnis einräumt, um zwingendes Recht; die Normen können durch Vereinbarung im Dienstvertrag nicht abbedungen oder zum Nachteil der Dienstnehmer verändert werden. § 19 AZG bestimmt, daß für Arbeitnehmer, die in Heil- und Pflegeanstalten (Krankenanstalten) sowie Kuranstalten als Angehörige von Gesundheitsberufen tätig sind oder die sonst zur Aufrechterhaltung des Betriebes in solchen Anstalen unumgänglich notwendig sind, die Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 nach Maßgabe der folgenden Absätze gelten, soweit § 1 Abs. 2 nichts anderes bestimmt. Unbeschadet der nach § 7 Abs. 1 erster Satz zulässigen Überstunden können durch Kollektivvertrag abweichend von § 7 Abs. 2 bis zu 15 weitere Überstunden wöchentlich zugelassen werden. Die Tagesarbeitszeit darf in diesen Fällen jedoch 13 und die Wochenarbeitszeit 60 Stunden nicht überschreiten (Abs. 2). Das Arbeitsinspektorat kann für Betriebe, Betriebsabteilungen oder für bestimmte Arbeiten, sofern hiefür kein Branchenkollektivvertrag wirksam ist, eine Verlängerung der Arbeitszeit nach Maßgabe des Abs. 2 zulassen (Abs. 3). Abs. 4 dieser Bestimmung ist gegenstandslos geworden (Grillberger aaO 112). Beide Parteien gehen davon aus, daß für die Dienstverhältnisse der in Frage stehenden Turnusärzte ein Kollektivvertrag nicht besteht. Daß das Arbeitsinspektorat eine Bestimmung im Sinne des Abs. 3 getroffen hätte, wurde nicht behauptet. Die Abschnitte 2 und 3 des AZG sind daher ohne Einschränkung anzuwenden. Auch eine Vereinbarung der Anwendung des VBG (durch Verweisung auf die dienstrechtliche Stellung mit den bei den Krankenhäusern des Landes Kärnten tätigen Turnusärzten bei Abschluß des Dienstvertrages) war nur innerhalb der durch das AZG gezogenen Grenzen möglich.

Gemäß § 10 AZG gebührt für Überstunden ein Zuschlag von 50 %. Sowohl Lehre als auch Rechtsprechung gehen von der Zulässigkeit eines Zeitausgleiches für Überstunden aus (Grillberger aaO 84; Schwarz-Löschnigg, Arbeitsrecht4, 315 mwN). Eine Abgeltung von Überstundenleistungen durch Zeitausgleich kann wohl bei Fehlen einer besonderen gesetzlichen und kollektivvertraglichen Ermächtigung vom Dienstgeber nicht einseitig angeordnet, jedoch zwischen Dienstgeber und Dienstnehmer vereinbart werden. Eine solche Vereinbarung könnte sich aus § 16 Abs. 2 der AO 85 (erste Fassung) ergeben, wo bestimmt wurde, daß die über die festgelegte Dienstzeit hinausgehenden Dienste bis zum Ende des auf die Leistung folgenden Monats adäquat in Freizeit abzugelten sind. Eine adäquate Abgeltung von Überstunden kann aber nur im Verhältnis 1 : 1,5 erfolgen, zumal auch beim Zeitausgleich der 50 %ige Zuschlag zu berücksichtigen ist (RdW 1989, 201; Grillberger aaO 85). Eine weitere Auseinandersetzung mit dieser Frage ist jedoch entbehrlich, weil nach dem Vorbringen des Antragstellers davon auszugehen ist, daß Freizeit nicht gewährt wurde. Ist jedoch der Verbrauch von Freizeit (innerhalb der vereinbarten Frist) unmöglich geworden, so gebührt statt dessen eine Abgeltung in Geld (Grillberger aaO 86), und zwar in Höhe des Grundstundenentgeltes sowie des Überstundenzuschlages. Nach dem Vorbringen des Antrages wurde an die Turnusärzte neben dem Gehalt mit Wirksamkeit ab 1.7.1987 Erschwernisabgeltung für Nachtdienste, für Vormittagsdienste, die im Anschluß an einen Nachtdienst verrichtet wurden, sowie für Samstags- und Sonntagsdienste und eine Pauschalabgeltung für kurze und lange Nachmittagsdienste geleistet. Diese Zahlungen erfolgten in gleicher Höhe, wie sie auch an die beim Land Kärnten tätigen Turnusärzte, deren Verträge auf der AO 85 zweite Fassung beruhten, erbracht wurden. Die Antragsgegner wiesen bei der Anstellung darauf hin, daß r die Dienstverhältnisse die AO 85 analog anzuwenden sei; die AO 85 wurde jedoch weder ausgefolgt noch mit den Turnusärzten im Detail erörtert. Die Zulagen wurden ohne weitere Erklärung auf dem Gehaltszettel ausgewiesen. Es ist daher davon auszugehen, daß der Text der AO 85 den Turnusärzten nicht bekannt war. Auch aus den vom Drittantragsgegner schriftlich abgeschlossenen Dienstverträgen, die ohne nähere Determinierung auf die AO 85 Bezug nahmen und die dort genannten Zulagen betragsmäßig auswiesen, ohne die in der AO 85 zweiter Fassung hiezu getroffenen Regelungen im einzelnen darzulegen, kann ein anderes Ergebnis nicht abgeleitet werden. Anders als in 9 Ob A 519/88 kann aus den detaillierten Regelungen der AO 85 etwa über alternative Freizeitabgeltung (Regelung über die Pauschalvergütung) keine Ableitung getroffen werden. Wird aber eine Zulage ohne weitere Absprache für eine Dienstleistung bestimmter Art - ohne Rücksicht darauf, ob sie während der normalen Arbeitszeit oder über diese hinaus erbracht wurde - zur Auszahlung gebracht, dann kann sie nicht als Überstundenentgelt für Fälle qualifiziert werden, in denen die Dienstleistung außerhalb der Normalarbeitszeit erfolgte. Eine Pauschalvereinbarung über die Abgeltung von Überstunden kann wohl durch Einzelarbeitsvertrag getroffen werden, doch muß dem Arbeitnehmer erkennbar sein, daß mit dem gewährten Entgelt bzw. mit einer unter einer anderen Bezeichnung gewährten Zulage eine Überstundenvergütung abgegolten werden soll. Dies kann jedenfallsd dann nicht angenommen werden, wenn den Turnusärzten die AO 85 in der jeweiligen Fassung nicht bekannt war und die Zulagen gleichmäßig für alle Sonderdienste ohne nähere Absprache ausgezahlt wurde. Der Antrag geht davon aus, daß von den Turnusärzten im Rahmen der über die Normalarbeitzeit hinausgehenden Inanspruchnahme tatsächliche Dienstleistungen erbracht wurden, sodaß eine Auseinandersetzung mit der Frage der Behandlung von Zeiten einer allfälligen Arbeitsbereitschaft entbehrlich ist. Ungeachtet der Tatsache, daß für Dienstleistungen bestimmter Art Zulagen gewährt wurden, steht den Turnusärzten daher ein Anspruch auf Überstundenentgelt für die 40 Wochenstunden übersteigende Dienstleistung gemäß § 10 AZG (Grundstundenentgelt zuzüglich 50 % Überstundenzuschlag) zu.

Für einen Anspruch auf einen höheren Überstundenzuschlag besteht keine Grundlage. Die Antragsgegner waren nicht verpflichtet, die Entgeltregelungen undifferenziert auf alle Dienstnehmer anzuwenden. Sie konnten in Fällen, in denen es der Sache nach nicht ungerechtfertigt war, auch Abweichendes vereinbaren. Eine derartige Differenzierung erscheint hinsichtlich der in Frage stehenden Turnusärzte sachlich nicht ungerechtfertigt. Im Gegensatz zu einem üblichen Dienstverhältnis steht hier nicht die Erbringung einer Arbeitsleistung im Interesse des Dienstgebers, sondern die den Turnusarzt zur selbständigen Ausübung des Berufes als praktischer Arzt gemäß § 3 Abs. 3 ÄrzteG berechtigende dreijährige praktische Ausbildung im Vordergrund. Bei derartigen Dienstverhältnissen, bei denen dem Interesse des Dienstgebers an der Erbringung der Arbeitsleistung ein fast ebenso gewichtiges Interesse des Dienstnehmers gegenübersteht, ihm die zur Vollendung seiner Berufsausbildung erforderliche praktische Ausbildung zu ermöglichen, kann es dem Dienstgeber nicht verwehrt werden, das Entgelt nach anderen Gesichtspunkten festzusetzen als bei Dienstverhältnissen, bei denen die Arbeitsleistung in erster Linie im Interesse des Dienstgebers erbracht wird.

Die Antragsgegner verstießen daher durch die Schlechterstellung der Turnusärzte nicht gegen das Gleichbehandlungsgebot, soweit sie den Entgeltanspruch insbesondere hinsichtlich des Überstundenzuschlages und sonstiger Zulagen abweichend von der Gehaltsregelung der übrigen bei ihnen beschäftigten Ärzte regelten (9 Ob A 519/88). Es stand den Antragsgegnern frei, die Dienstverhältnisse der Turnusärzte hinsichtlich der Überstundenentlohnung - soweit die gesetzlichen Mindesterfordernisse des AZG gewahrt wurden - anders zu regeln als die der bereits ausgebildeten ständig beschäftigten Ärzte. Daraus, daß diesen Ärzten für bestimmte Leistungen ein Überstundenzuschlag von 100 % gewährt wurde, kann für die Dienstverhältnisse der Turnusärzte daher nichts abgeleitet werden. § 105 ÄrzteG kann nur einschränkend als Grundlage für einen nicht auf einem Dienstverhältnis beruhenden Entgeltanspruch verstanden werden (9 Ob A 517/88; 9 Ob A 519/88). Diese Bestimmung bildet keine Grundlage für einen Anspruch auf einen höheren als den gesetzlich vorgeschriebenen Überstundenzuschlag. Die Höhe des Entgeltes ist nicht Gegenstand des Vertrages, sodaß eine Auseinandersetzung mit den Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit der ersten Novelle zum Kärntner Vertragsbedienstetengesetz entbehrlich ist. Aus den Bestimmungen dieses Gesetzes kann - soweit es für die Dienstverhältnisse der Turnusärzte als lex contractus vereinbart wurde und für diese Dienstverhältnisse im Hinblick auf andere zwingende gesetzliche Bestimmungen Wirksamkeit erlangen konnte - zu den den Antrag betreffenden Fragen nichts abgeleitet werden. Weder für die Frage der Dienstzeit noch der Überstundenentlohnung kann aus den Bestimmungen dieses Gesetzes für die hier in Frage stehenden Fälle etwas gewonnen werden.

Die Ausführungen zur Irrtumsanfechtung gehen schon deshalb ins Leere, weil kein Sachverhalt behauptet wurde, aus dem sich ergäbe, daß die Antragsgegner einen Irrtum der Turnusärzte veranlaßt hätten oder ihnen ein Irrtum der Turnusärzte auffallen mußte oder daß ein Irrtum noch rechtzeitig aufgeklärt worden sei (§ 871 Abs. 1 ABGB). Wie bereits dargestellt, ergab sich aus der bloßen Berufung auf das "G***-Modell" keine Grundlage für die Annahme einer gegenüber der allgemeinen Dienstzeit verminderten Dienstzeit der Turnusärzte. Wenn diese für sich einen Schluß in dieser Richtung gezogen haben und von der Geltung einer Dienstzeit von 30 Stunden ausgingen, haben dies die Antragsgegner jedenfalls nicht zu vertreten.

Anmerkung

E21500

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:009OBA00501.89.0509.000

Dokumentnummer

JJT_19900509_OGH0002_009OBA00501_8900000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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