TE OGH 1990/7/11 1Ob634/90

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Veröffentlicht am 11.07.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann, Dr. Schlosser, Dr. Graf und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Norbert H***, Oberarzt, 6832 Muntlix Nr. 278, vertreten durch Dr. Walter Derganz, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagten Parteien

1) M*** B*** Gesellschaft mbH, 2) Wolfgang M***, Kaufmann, beide Härte 12, 6850 Dornbirn, beide vertreten durch Dr. Leonhard Lindner, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen S 70.000 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 2. Februar 1990, GZ 2 R 32/90-34, womit infolge Berufung der klagenden und der erstbeklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 16. November 1989, GZ 6 Cg 147/88-28, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, daß die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig sind, der klagenden Partei binnen 14 Tagen den Betrag von S 70.000 samt 4 % Zinsen aus S 50.000 vom 14. Dezember 1981 bis 15. Juli 1982 und aus S 70.000 seit 16. Juli 1982 sowie 4 % Zinseszinsen aus dem Zinsenbetrage seit 1. Juni 1988 (Tag der Klagszustellung) und die mit S 84.385,80 (einschließlich S 5.261,30 Umsatzsteuer und S 52.818 Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger baute in den Jahren 1980/81 in Muntlix ein Haus. Der Bauleiter Wolfgang K*** hatte vorgesehen, daß auf die Fassade eine Außenwärmedämmung angebracht wird, wobei eine Stärke von 7 cm vorgesehen war und alle Vorsprünge und Anschlüsse auf diese Stärke ausgerichtet wurden. Als es im Jahr 1981 um die Bestellung der notwendigen Materialien ging, erklärte Walter K*** dem Kläger, daß grundsätzlich jeder Baumarkt Außenwärmedämmungen führe. Walter K*** stellte bei diesen Gesprächen es dem Kläger als günstig dar, wenn alle Materialien von einer Firma genommen würden, wobei er ihm mitteilte, daß die erstbeklagte Partei solche Dämmsysteme führe. Damals war Karl A*** für die erstbeklagte Partei tätig. Er befand sich in keinem Angestelltenverhältnis zu ihr und hatte auch keinen schriftlichen Handelsvertretervertrag, doch versuchte er mit den in seinen Händen befindlichen Katalogen und Preislisten für die erstbeklagte Partei Aufträge zu akquirieren. Als Gegenleistung konnte er für seinen eigenen Hausbau besonders günstig Materialien beziehen. Karl A*** empfahl dem Kläger das Dämmsystem der Firma I***, das damals von der erstbeklagten Partei in Vorarlberg exklusiv vertrieben wurde. Dem Kläger lag auf Grund einer anderweitigen Erkundigung über Außenwanddämmsysteme viel daran, ein ganzes System, angefangen vom Kleber, über die Platten, Bindemittel bis zum Außenputz, zu erhalten. Das HWR (hinterschnittene Wellenrillung)-Dämmsystem der Firma I*** wird als in sich geschlossenes System angeboten, allerdings stellte die Firma I*** lediglich die Dämmplatten her, während der Putz generell von der Firma B*** für die Firma I*** hergestellt wurde. Zur entscheidenden Besprechung mit dem Kläger hatte Karl A*** eine Musterplatte über das von der Firma I*** lieferbare Dämmsystem mitgenommen, aus der die in einzelne Schichten aufgelöste genaue Beschichtung des Dämmsystems ersichtlich war. Nach Preisverhandlungen bestellte sodann der Kläger die benötigte Fläche dieses Außenwanddämmsystems bei der erstbeklagten Partei. Die Firma I*** hatte allerdings 1981 Schaumstoffplatten der Stärke von 7 cm nicht in ihrem Programm. Der Geschäftsführer der erstbeklagten Partei, der Zweitbeklagte, besprach dieses Problem intern, jedoch nicht mit dem Kläger und entschied sich, die Platten von der Firma F*** in Wolfurt zu beziehen. Während die I***-Platten als typisches Kennzeichen eine gewellte Rillung mit einem keilförmigen Schnitt der Rille aufwiesen, waren die Platten der Firma F*** quadratisch gerillt und nicht hinterschnitten. Die Materialien wurden sodann dem Kläger vom Zweitbeklagten persönlich geliefert. Dem Kläger fiel auf, daß die gelieferten Platten anders gerillt waren als die der Bestellung zugrundeliegende Musterplatte und daß außerdem die Stöße der Platten nicht mit Nut und Feder ausgestattet waren. Auf seine diesbezügliche Frage antwortete ihm der Zweitbeklagte, die Firma I*** stelle nunmehr die Platten mit gerilltem Wellenschnitt und Nut und Feder nicht mehr her und liefere nunmehr die Platten so aus, wie sie hier vorlägen. Der Kläger nahm im Vertrauen auf diese Aussage die Lieferung an. In der Folge wurde die Außenwanddämmung von einer Arbeitspartie aufgebracht. Schon wenige Monate später zeigte sich Schimmelbefall, der in weiterer Folge immer stärker wurde. Nach Reklamationen des Klägers wurden Proben und Untersuchungen eingeleitet, jedoch ergab sich von Seiten der beklagten Parteien keine Begründung für diesen Pilzbefall. Der Kläger beauftragte in der Folge einen Bauphysiker mit der genauen Untersuchung und erlangte erst mit dessen Gutachten vom 26. Oktober 1985 Kenntnis davon, daß die erstbeklagte Partei keine Schaumstoffplatten der Firma I***, sondern solche der Firma F***, geliefert hatte.

Die Außenwanddämmsysteme stammen aus dem Silobau und wurden nach empirischen Erkenntnissen angebracht. Im Zuge der Energiekrise der Siebzigerjahre fanden sie auch verstärkt vor allem im Sozialwohnbau Anwendung. Sehr bald zeigten sich aber Mängel in der Grundlagenforschung. Es traten immer wieder gröbere Schäden auf. Infolge eines Forschungsprojektes des BM für Bauten und Technik erließ die Gemeinde Wien im Jahr 1981 eine Verordnung über dieses Produkt. In Österreich ist es branchenüblich, daß Hersteller von Baustoffen eine Überprüfung in Wien machen lassen, weil sich dort der größte Markt befindet und solche Überprüfungen dort möglich sind. Wird dann eine entsprechende Verordnung für Wien erlassen, ist es ebenfalls branchenüblich, daß sie von den Baustoffhändlern im ganzen Bundesgebiet übernommen wird. Demnach müssen behördlich zugelassene Wärmedämm-Verbundsysteme die in dieser Verordnung angeführten Prüfkriterien erfüllen. Von wesentlicher Bedeutung ist es dabei, daß das geprüfte System in sich geschlossen ist, somit eine Austauschbarkeit einzelner Systembestandteile nicht zulässig bzw. wieder nur nach entsprechender Eignungsprüfung möglich ist. Gemäß den Zulassungsverordnungen ist für die Verwendung von Wärmedämmschichten mit einer Dicke von mehr als 6 bis zu höchstens 10 cm ein zusätzliches Gutachten einer österreichischen staatlich autorisierten Prüfanstalt notwendig. Im Jahr 1981 gab es drei zugelassene Außenwanddämmsysteme, zwei waren damals probeweise zugelassen. Das HWR-System der Firma I*** war 1981 noch bei keinem dieser zugelassenen Systeme dabei. Das gelieferte Außenwanddämmsystem ist nicht ein in sich geschlossenes Vollwärmeschutzsystem, da es aus verschiedenen Systemkomponenten zusammengesetzt wurde (insbesondere waren die Wärmedämmplatten nicht von der Firma I***). Zwar ist davon auszugehen, daß die bauphysikalischen Eigenschaften (Kennwerte für Wärme-, Schall- und Feuchtigkeitsschutz) des bestellten und gelieferten Außenwanddämmsystems nicht wesentlich unterschiedlich sind. Es kann auch nicht gesagt werden, daß der Pilzbefall an den Außenwänden des Hauses des Klägers auf die Verwendung der Wärmeschutzplatten der Firma F*** zurückzuführen ist. Schon im Jahr 1981 entsprach es aber dem Stand der Technik, nur in sich geschlossene Außenwanddämmsysteme einzusetzen. Die Lieferung eines Systems, das aus verschiedenen Einzelkomponenten bestand, entsprach nicht dem Stand der Technik. Der Kläger zahlte am 14. Dezember 1981 der Erstbeklagten S 50.000 und am 16. Juli 1982 S 20.000.

Mit der vorliegenden Klage vom 25. Mai 1988 begehrt der Kläger von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die Rückzahlung des von ihm gezahlten Kaufpreises samt Nebengebühren mit folgendem Vorbringen: Auf Grund von ihm vorher eingeholter Ratschläge habe er sich entschlossen, für die Wärmedämmung der Außenwand seines Hauses nur ein geschlossenes System zu verwenden, wobei er sich für das I*** HWR-Außenwanddämmsystem entschieden habe. Über den Vertreter der erstbeklagten Partei Karl A*** habe er bei dieser etwa 265 m2 I*** HWR-Außenwanddämmsystem Stärke 7 cm bestellt. Anläßlich der vom Zweitbeklagten durchgeführten Auslieferung der bestellten Materialien habe er diesem sofort erklärt, daß die Dämmplatten schon äußerlich anders aussähen als die der Bestellung zugrunde liegende Musterplatte, er habe die Ware nur deshalb angenommen, weil der Zweitbeklagte auf Befragen ausdrücklich erklärt habe, die in der Rillung vom Muster abweichenden Dämmplatten würden nun von der Firma I*** auf Grund einer produktionstechnischen Umstellung nur mehr so hergestellt. Die erstbeklagte Partei habe somit Waren geliefert, die der Kläger gar nicht bestellt habe, und den Kläger darüber falsch informiert. Das Rechtsgeschäft werde daher wegen List und Irrtums angefochten. Die Haftung des Zweitbeklagten ergebe sich daraus, daß er den Kläger bewußt in Irrtum geführt habe.

Die beklagten Parteien beantragten Abweisung des Klagebegehrens und wandten ein: Der Kläger habe bei Karl A***, einem früheren Kunden der Erstbeklagten, der sie fallweise in seinem Bekanntenkreis empfehle, das HWR-Dämmstoffsystem mit der Stärke 7 cm bestellt. Dabei sei er darauf hingewiesen worden, daß die Firma I*** Dämmstoffplatten in der Stärke von 7 cm nicht selbst herstelle, daß man aber auch eine Platte des Systems "Heck" nehmen könne, womit er einverstanden gewesen sei. Bei der Auslieferung des bestellten Dämmsystems am 10. September 1981 habe der Kläger nach Bekanntgabe, daß die gelieferten Dämmplatten den bestellten gleichwertig seien, diese Lieferung genehmigt. Die in der Folge an der Hausfassade des Klägers aufgetretenen Flecken seien auf Pilzbefall zurückzuführen, der nicht mit der mangelhaften Aufbringung des Verputzes in Zusammenhang stehe. Außerdem seien mangels eines entsprechenden Dachüberstandes die Fassade am Haus des Klägers ständig durchfeuchtet, der Putz vielfach zu dünn aufgetragen und die Anschlüsse nicht fachgerecht hergestellt worden. Diese Mängel wären in gleicher Weise auch dann entstanden, wenn anstelle einer Styropor-Dämmplatte der Firma H*** eine solche der Firma I*** verwendet worden wäre. Im übrigen sei das Klagebegehren verjährt, weil die Flecken an der Fassade schon zu Beginn des Jahres 1982 aufgetreten und deutlich erkennbar gewesen seien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren (unter nicht bekämpfter Abweisung eines bis 25. Mai 1988 kapitalisierten Zinsenbegehrens von S 37.348,07 samt Nebengebühren und eines Zinsenmehrbegehrens) mit dem Kapitalbetrag von S 70.000 samt gesetzlichen Zinsen vom Zeitpunkt der Entrichtung der entsprechenden Teilzahlungen gegen die erstbeklagte Partei statt; gegen den Zweitbeklagten wies es das Klagebegehren ab. Es stellte zusätzlich zum eingangs dargelegten Sachverhalt noch fest, daß bei dem "Vertragsabschluß" mit Karl A***, der für die erstbeklagte Partei tätig geworden sei, nicht davon die Rede gewesen sei, daß die Firma I*** zum damaligen Zeitpunkt Dämmplatten der Stärke 7 cm gar nicht herstelle. In seiner rechtlichen Beurteilung legte es dar, der Kläger habe nur ein komplettes System des Außenwanddämmsystems HWR der Firma I***, das auch Vertragsinhalt gewesen sei, annehmen wollen, sei hingegen durch die bewußt wahrheitswidrige Erklärung des Zweitbeklagten, daß die gelieferten Platten nunmehr das neue Produkt der Firma I*** seien, es sich also um das bestellte komplette Programm der Firma I*** handle, arglistig in Irrtum geführt worden. Der Kläger sei daher gemäß § 870 ABGB zur Vertragsanfechtung und Rückforderung der von ihm erbrachten Leistung berechtigt. Der Zweitbeklagte hafte nicht, da er als Organ der erstbeklagten Partei und nicht für sich selbst gehandelt habe. Die Klage sei nicht verjährt, weil die Anfechtung eines Vertrages wegen List der 30jährigen Verjährungsfrist unterliege.

Infolge Berufungen des Klägers und der erstbeklagten Partei wies das Gericht zweiter Instanz - in teilweiser Bestätigung und teilweiser Abänderung des Ersturteils - das Klagebegehren zur Gänze ab. Der Kläger mache als alleinigen Klagsgrund die Vertragsanfechtung wegen List bzw. Irrtums gemäß §§ 870, 871 ABGB geltend. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes sei jedoch der Vertrag zwischen dem Kläger und dem Vertreter der erstbeklagten Partei Karl A*** zustande gekommen und der Kläger erst bei der Erfüllung des Vertrages vom Zweitbeklagten arglistig getäuscht und in Irrtum geführt worden. Damit habe jedoch das Verhalten des Zweitbeklagten und damit der Irrtum des Klägers nicht mehr für den Vertragsabschluß kausal sein können, sodaß allenfalls Gewährleistungs- oder auch Schadenersatzansprüche begründet seien, nicht hingegen der allein geltend gemachte Anspruch auf Vertragsanfechtung aus den Rechtsgründen der §§ 870, 871 ABGB. Daran ändere auch der Umstand nichts, daß der Kläger zufolge des Verhaltens des Zweitbeklagten die Leistung der erstbeklagten Partei als Erfüllung angenommen habe, obwohl ihm bei Kenntnis der wahren Sachlage das Recht zugestanden wäre, die Annahme zu verweigern und nach fruchtlosem Ablauf einer Nachfrist vom Vertrag zurückzutreten. Da die zu lösenden Rechtsfragen nicht die im § 502 Abs 1 ZPO genannten Voraussetzungen erfüllten, sei gegen keinen Punkt der Entscheidung die Revision zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobene Revision des Klägers ist berechtigt.

Nach den getroffenen Feststellungen stand Karl A*** mit der erstbeklagten Partei in keinerlei Vertragsverhältnis, sondern akquirierte für diese Aufträge (Bestellungen) über Bauprodukte, wofür er dann günstigere Bezugskonditionen für den eigenen Baubedarf eingeräumt erhielt. Daß Karl A*** als Abschlußbevollmächtigter für die erstbeklagte Partei tätig geworden wäre, ist im Verfahren nicht hervorgekommen, ja von den beklagten Parteien nicht einmal behauptet worden. In der Klagebeantwortung wird über Karl A*** nur vorgebracht, er sei ein früherer Kunde der erstbeklagten Partei, der sie fallweise in seinem Bekanntenkreis empfehle. Ganz augenscheinlich war Karl A*** also für die erstbeklagte Partei nur mit der fallweisen Akquisition von "Aufträgen" (= Bestellungen) tätig, die er dann an die erstbeklagte Partei weiterleitete (so auch die Bestätigung des Karl A***, Blg./A).

Der Kaufvertrag zwischen dem Kläger und der erstbeklagten Partei wurde dann, mangels Feststellung einer vorhergehenden Anbotsannahme mit der vom Zweitbeklagten sogleich vorgenommenen Erfüllungshandlung, abgeschlossen. Dabei bewirkte der Zweitbeklagte durch arglistige Irreführung des Klägers, daß dieser die von ihm als bestellungswidrig erkannten und beanstandeten Dämmplatten (der Firma F*** bzw. des Systems H***) als bestellungsgemäße Auslieferung von I***-Platten akzeptierte und somit entgegen seiner Absicht, nur ein geschlossenes Wärmedämmsystem der Firma I*** zu erwerben, das vorliegende, dem Stand der Technik wegen der Verschiedenheit der Systembestandteile nicht entsprechende, von der erstbeklagten Partei selbst zusammengestellte Dämmsystem erwarb. Der Zweitbeklagte hat den Kläger damit über diesen für ihn wesentlichen Vertragspunkt getäuscht und solcherart zum Vertragsabschluß bewogen. Die arglistige und für die Kaufentscheidung des Klägers kausale Vorgangsweise des Zweitbeklagten erfolgte bei Abschluß des Kaufvertrages. Ob die gelieferten Dämmplatten allenfalls technisch annähernd gleichwertig sein mochten, bleibt belanglos, weil der Kläger nach den Feststellungen dem Zweitbeklagten erklärte, nur ein einheitliches Wärmedämmsystem der Firma I*** erwerben zu wollen. Die Vertragsanfechtung wegen List im Sinne des § 870 ABGB (vgl. hiezu Rummel in Rummel, ABGB2, Rz 2, 3, 7 zu § 870 mwH) ist demnach gerechtfertigt, sodaß der Kläger auch die von ihm erbrachten Zahlungen zurückzufordern berechtigt ist (SZ 56/135). Dieser, der 30-jährigen Verjährungsfrist unterliegende Anspruch ist auch nicht verjährt (Rummel aaO Rz 9).

Für die Rückzahlung des Kaufpreises haftet aber gemäß § 874 ABGB auch der Zweitbeklagte, der sich gegenüber dem Kläger eines arglistigen Verhaltens schuldig gemacht hat, nach Grundsätzen des Deliktsrechts (SZ 56/135 mwH; Koziol-Welser8, I 132 mwH). Der beim Kläger durch den fehlgeschlagenen Aufwand in Höhe des Kaufpreises eingetretene Vermögensschaden besteht bis zur Durchsetzung des von ihm gleichzeitig gegen die erstbeklagte Partei erwirkten, auf § 877 ABGB gestützten Rückzahlungsanspruches fort, so daß die Solidarhaftung beider beklagter Parteien auszusprechen ist. Da der Kläger nach den Feststellungen erst durch das Gutachten des von ihm beauftragten Bauphysikers Ing. Robert F*** am 26. Oktober 1985 darüber Kenntnis erhielt, daß die erstbeklagte Partei durch den Zweitbeklagten Dämmplatten der Firma F*** und nicht die bestellten der Firma I*** geliefert hatte, ist auch der Ersatzanspruch gegen den Zweitbeklagten selbst dann nicht verjährt, wenn zugunsten des Zweitbeklagten die dreijährige und nicht die (bei schwerem Betrug anzusetzende) 30jährige Verjährungsfrist des § 1489 ABGB zur Anwendung gelangt (Rummel aaO Rz 5 zu § 874).

Der Revision des Klägers ist daher Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht für das erstinstanzliche Verfahren auf § 43 Abs. 2 ZPO, wobei die Kostenfestsetzung von einem Streitwert von S 70.000 auszugehen hatte und die vorprozessualen Gutachtenskosten des Klägers zu honorieren waren, für das Rechtsmittelverfahren auf den §§ 50, 41 ZPO.

Anmerkung

E21326

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0010OB00634.9.0711.000

Dokumentnummer

JJT_19900711_OGH0002_0010OB00634_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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