TE OGH 1990/11/21 13Os121/90

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Veröffentlicht am 21.11.1990
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.November 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Hon.Prof. Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pokorny als Schriftführerin in der Strafsache gegen Franz S*** wegen des Verbrechens des Raubes nach dem § 142 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofes Wien als Schöffengericht vom 26.Juni 1990, GZ 2 b Vr 444/90-34, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, wird im Schuldspruch wegen des Vergehens der Schändung nach dem § 205 Abs. 2 StGB (Punkt B des Urteilssatzes) und demgemäß auch im Strafausspruch (einschließlich des Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung) ebenso wie der Beschluß auf Verlängerung der der Probezeit eines der dem Angeklagten zu 4 c E Vr 515/89 des Jugendgerichtshofes Wien gewährten bedingten Strafnachsicht (§ 494 a Abs. 7 StPO) aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 21.Juli 1970 geborene Angeklagte Franz S*** - neben anderen strafbaren Handlungen auch - des Vergehens der Schändung nach dem § 205 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er im Juni 1989 zusammen mit dem abgesondert verfolgten Michael R*** die Sandra P***, die sich durch die Einnahme von "Perdomal"-Tabletten in einem Zustand befand, die sie zum Widerstand unfähig machte, zur Unzucht mißbraucht. Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 4, 9 lit a und b des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Nach den wesentlichen Urteilsfeststellungen trank Sandra P*** in Gegenwart des Angeklagten und des Michael R*** in einem Zimmer des Gesellenheimes Zohmanngasse zunächst ein Coca Cola; als ihr kurz darauf übel wurde, verabreichte ihr Michael R*** zwei als "Aspro" bezeichnete Tabletten. Nach deren Einnahme verlor Sandra P*** die Kontrolle über ihren Körper. In diesem Zustand, der sie zu jeglichem Widerstand unfähig machte, wurde sie vom Angeklagten und Michael R*** entkleidet und zur Unzucht mißbraucht, wobei der Beschwerdeführer und R*** teils gleichzeitig, teils abwechselnd an ihrem Geschlechtsteil manipulierten und ihr einen breiten Gegenstand in die Scheide einführten (US 5/6). Diese Urteilsfeststellungen gründete das Gericht auf die Aussage der Zeugin Sandra P***; es erachtete dadurch die Verantwortung des Angeklagten, der die Begehung der Tat in Abrede stellte, für widerlegt (US 8/9). Die Beschwerde zeigt mit Recht eine Nichtigkeit des Urteils nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit a StPO auf, weil Feststellungen zur Frage fehlen, ob der Angeklagte auch tatsächlich erkannte, daß sich Sandra P*** in einem Zustand befand, der sie zum Widerstand unfähig machte. Eine solche Feststellung war umsomehr geboten, als sich nach der Darstellung der Zeugin dieser Zustand (nur) in ihrem psychischen

Bereich äußerte (vgl S 222: "... ich war total weggetreten und wußte

nicht mehr, was ich tat", S 148 "... verlor ich ... die totale

Kontrolle über meinen Körper"), sie also einen dem Vorhaben des Angeklagten entgegenstehenden Willensentschluß möglicherweise gar nicht fassen konnte, bzw nicht in der Lage war, einen solchen in die Tat umzusetzen. Im übrigen liegt auch nach den im Urteil festgestellten objektiven Tatumständen nicht auf der Hand, daß der Angeklagte die angenommene Widerstandsunfähigkeit des Opfers erkannte.

Rechtliche Beurteilung

Da somit dem Ersturteil ein Feststellungsmangel anhaftet, der die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung unvermeidbar erscheinen läßt, und eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in der Sache selbst noch nicht einzutreten hat, war gemäß dem § 285 e StPO in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde bereits in nichtöffentlicher Sitzung wie aus dem Spruch ersichtlich zu erkennen, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen noch eingegangen zu werden brauchte. Aufzuheben war auch die mit dem Strafausspruch inhaltlich untrennbar verbundene und damit dessen Schicksal teilende Verfügung über die Verlängerung der Probezeit in dem im Spruch näher bezeichneten Verfahren.

Ob die Beiziehung eines Sachverständigen zur Klärung der Frage beizutragen vermag, zu welchem äußeren Erscheinungsbild eine solche von Sandra P*** beschriebene, allenfalls auf die Einnahme bisher nicht identifizierter "Tabletten" zurückzuführende Willenseinschränkung führen konnte, wird im erneuerten Verfahren zu prüfen sein.

Mit seiner durch die teilweise Urteilsaufhebung gegenstandslos gewordenen Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E22276

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1990:0130OS00121.9.1121.000

Dokumentnummer

JJT_19901121_OGH0002_0130OS00121_9000000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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