Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof.Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma Franz *****, Mineralölgroßhandel, *****, vertreten durch Dr.Alexander Puttinger, Rechtsanwalt in Ried im Innkreis, wider die beklagten Parteien 1. ***** Mineralölhandels Gesellschaft mbH, *****,
2. Josef *****, Dienstnehmer, *****, beide vertreten durch Dr.Helmut Valenta, Rechtsanwalt in Linz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 600.000), infolge Revisionsrekurses beider Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 24. Oktober 1990, GZ 6 R 244/90-9, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis vom 31.August 1990, GZ 1 Cg 293/90-4, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs der beklagten Parteien wird nicht, jenem der Klägerin teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß, der in seinem aufhebenden Teil bestätigt wird, wird in seinem abändernden Teil dahin abgeändert, daß insoweit der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Die klagende Partei hat die auf den abändernden Teil entfallenden Kosten des Rechtsmittelverfahrens vorläufig, die Beklagte hat diese Kosten endgültig selbst zu tragen.
Die den aufhebenden Teil betreffenden Kosten sind weitere Kosten des Provisorialverfahrens.
Text
Begründung:
Unternehmensgegenstand der Klägerin - einer Kommanditgesellschaft, die unter der Firma des bis 1984 bestandenen Einzelunternehmens fortgeführt wird (§ 24 Abs 1 HGB) - ist der Handel mit Mineralölen und technischen Fetten einschließlich Derivaten sowie der Betrieb einer Servicestation. Die am 3.3.1989 im Handelsregister des Kreisgerichtes Ried im Innkreis eingetragene Erstbeklagte erzeugt und handelt (ua) mit chemischen Produkten, Fetten, technischen Ölen und Schmiermitteln und betreibt Tankstellen. Beide Gesellschaften haben ihren Sitz in Ried im Innkreis.
Der Zweitbeklagte war vom 14.3.1983 bis zum 31.8.1988 bei der Klägerin als Vertreter angestellt gewesen; er hatte Tankstellen, was Treibstoffe und Schmiermittel anlangt, zu betreuen.
Zwischen der Klägerin und diesen Tankstellen, welche unter der Marke "*****" geführt werden - früher wurden sie unter "*****" geführt -, bestehen Alleinvertriebsverträge, die ua folgende Bestimmungen enthalten.
"2. Vertragsgegenstand:
2.1. Der Partner errichtet/betreibt am eingangs genannten Standort einen Tankstellenbetrieb/Service-Stationsbetrieb (im folgenden kurz "Station" genannt) und räumt ***** ein ausschließliches Belieferungs- bzw. Vertriebsrecht für alle im Betrieb der Station in eigenem oder fremdem Namen angebotenen Treibstoffe, Schmiermittel und Spezialitäten (z.B. Frostschutzmittel, Unterbodenschutz, Bremsflüssigkeit usw.) sowie für Heizöl extra-leicht und andere Waren, sofern diese im jeweiligen Verkaufsprogramm von ***** enthalten sind, ein. Der Partner wird diese Waren daher ausschließlich bei ***** beziehen bzw. ausschließlich für ***** verkaufen und auch seinen gesamten Eigenbedarf bei ***** decken.
2.2. Der Vertrieb von Spezialbenzin, Normalbenzin, Dieselöl sowie von ... erfolgt im Namen und für Rechnung von ***** und zu den von ***** festgelegten Preisen und Bedingungen (Agenturverhältnis), der Vertrieb oben genannter Produkte sowie aller übrigen Waren erfolgt im Namen und für Rechnung des Partners als Eigenhändler.
....
11. Ausnahmen von der Ausschließlichkeit:
Sofern andere Vereinbarungen nicht entgegenstehen, können an Schmiermitteln in Kleingebinden (Kannen oder Dosen) auf ausdrücklichem Wunsch des Kunden neben *****-Produkten auch Markenprodukte von Gesellschaften von internationalem Rang abgegeben werden, jedoch dürfen die an der Station zum Verkauf gelangenden Konkurrenzprodukte nicht ausgestellt werden und mengemäßig ... % der jährlichen Verkäufe nicht überschreiten."
Die Klägerin führt Marken-Schmiermittel der Marke "*****"; diese Produkte kauft sich von der *****gesellschaft mbH.
Der zwischen der Firma ***** und der Erstbeklagten bestandene Alleinvertriebsvertrag wurde am 27.7.1988 mit sofortiger Wirkung aufgelöst; seither wurden der Erstbeklagten keine *****-Produkte mehr geliefert. Seit Mai 1990 besteht zwischen der Firma ***** und der *****gesellschaft mbH ein Alleinvertretungsvertrag, in dem sich die Firma ***** ua verpflichtete, Importe von *****-markierten Ölen ausschließlich über die *****gesellschaft mbH nach Österreich durchzuführen.
*****-Produkte sind Markenprodukte der gehobenen Qualität, die von allen wesentlichen Kfz-Herstellern zugelassen werden. Der Marktpreis von ***** 15 W/40 beträgt rund S 18 je Liter; diesen Preis verrechnet die Klägerin ihren Tankstellen- und Werkstättenbetreibern.
Der Zweitbeklagte versandte am 6.6.1990 das folgende Schreiben an sämtliche Tankstellenpartner der Klägerin, die er während seines Dienstverhältnisses bei er Klägerin betreut hatte:
"Josef *****
BA/*****
06 06 90
Schmiermittelangebot
Sehr geehrte Damen und Herren !
Die Fa.***** bzw. der Geschäftsführer Herr Rudolf *****, hat vor fast zwei Jahren zusätzlich zu der bestehenden Firma eine zweite Ölfirma mitbegründet und vertreibt seither auch holländische Diskontprodukte der Marke *****. Aufgrund dieser, für mich unzumutbaren Konkurrenzsituation im eigenen Hause, habe ich damals gekündigt und bin seither bei der Fa.*****, Mineralölvertrieb in Ried beschäftigt. Seit geraumer Zeit bemerke ich, daß Herr ***** seinen *****vertreter ***** offensichtlich gezielt auf meine neugewonnenen Kunden ansetzt und zwar mit Niedrigpreisen wie ich sie nie hätte machen dürfen.
Diesen, gegen mich und meine Firma gerichteten Angriffen kann ich nicht länger zusehen und bin zu dem Entschluß gekommen, mich gegen diese Vorgangsweise in gleicher Art zur Wehr zu setzen.
Nachdem ich schon früher mit Ihnen immer gut zusammengearbeitet habe, ersuche ich Sie, das beiliegende Angebot mit Sorgfalt zu prüfen und sich mit mir in Verbindung zu setzen. Sie erreichen mich entweder über das *****Verkaufsbüro, Tel. ***** oder abends von 18 - 20 Uhr unter meiner Privatnummer *****.
Ich würde mich freuen, Sie künftig wieder zu meinen Kunden zählen zu können, bedanke mich für Ihr Interesse und verbleibe mit freundlichen Grüßen
*****-Mineralöl HandelsgesmbH
Ried/I.
Josef *****
1 Schmiermittelangebot".
Diesem vom Zweitbeklagten unterfertigten Schreiben war jeweils eine Preisliste der Erstbeklagten und ein auf den jeweiligen Kunden abgestelltes Warenangebot beigelegt. Im Warenangebot an Franziska Sch*****, die ebenfalls Vertragspartnerin der Klägerin im beschriebenen Umfang ist, wurde ein Liter Importöl *****, 15 W/40 um S 11 angeboten. Dieser Preis ist extrem niedrig und liegt an der Grenze der Gestehungskosten.
Herr ***** ist Vertreter der *****gesellschaft mbH und bietet als solcher *****-Produkte zu branchenüblichen Preisen an. Er ist nicht beauftragt, sich mit den vom Zweitbeklagten betreuten Kunden der Erstbeklagten in Verbindung zu setzen.
Mit der Behauptung, daß die Beklagten mit dem Schreiben vom 6.6.1990 wettbewerbswidrig gehandelt hätten, begehrt die Klägerin zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches, den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen
1. Tankstellenpartnern der Klägerin, hinsichtlich deren eine ausschließliche Bezugsverpflichtung bei der Klägerin besteht, Treibstoffe und Schmiermittel anzubieten und zu verkaufen;
2. Produkte der Marke "*****" als "Diskontprodukte" zu bezeichnen.
Dem Zweitbeklagten sei auf Grund seiner Tätigkeit für die Klägerin bekannt, daß deren Tankstellenpartner vertraglich zum ausschließlichen Bezug von Treibstoffen und Schmiermitteln bei der Klägerin verpflichtet sind; dieses Wissen sei auch der Erstbeklagten zuzurechnen. Das beanstandete Schreiben stamme in Wahrheit - wie sich aus dem Diktatzeichen "*****" ergebe - vom Geschäftsführer der Erstbeklagten Alfred *****. Die Bezeichnung von Erzeugnissen der Marke "*****" als "Diskontprodukte" solle bei den Kunden den unrichtigen Eindruck erwecken, es handle sich hiebei um - qualitätsmäßig und preislich - billige Schleuderware. Außerdem wollten die Beklagten unter Vortäuschung einer notwendigen Abwehraktion Vertragspartner der Klägerin zum Vertragsbruch verleiten. Sie hätten damit gegen §§ 1, 2 und 7 UWG verstoßen.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsbegehrens. In den Jahren 1987/88 habe der Prokurist der Klägerin, Rudolf *****, mit Dienstnehmern der Firma ***** Mineralölvertrieb, Inhaber Kommerzialrat Kurt ***** (im folgenden kurz: Firma *****) Verbindung wegen der Gründung eines Konkurrenzunternehmens aufgenommen und in der Folge tatsächlich unter Abwerbung sämtlicher Dienstnehmer der Firma ***** ein solches Unternehmen mit ähnlichem Firmenwortlaut und gleichem Unternehmensgegenstand gegründet. Gleichzeitig habe Rudolf ***** Kontakte mit vertraglich gebundenen Geschäftspartnern der Firma ***** aufgenommen, um diese abzuwerben; das sei in zwei Fällen gelungen. Wegen dieses Verhaltens seien mehrere Prozesse anhängig. Da es ein Einzelunternehmen Franz ***** Mineralöl Großhandel nicht gebe, fehle der Klägerin die Aktivlegitimation. Zwischen der Franz ***** und der Erstbeklagten bestehe kein Wettbewerbsverhältnis, zumal kein identischer Kundenkreis vorliege. Die von der Klägerin vorgelegten Verträge bezögen sich auf eine nicht existente Firma Franz *****. Die vertraglichen Vereinbarungen beträfen nur den Bezug von *****-Produkten; der Bezug anderer Produkte sei frei. Für solche
Produkte - insbesondere auch für jene der Marke ***** - habe die Klägerin kein ausschließliches Bezugsrecht und sei daher auch aus diesem Grund nicht aktiv legitimiert. Die Kontaktnahme mit Kunden anderer Unternehmen sei zulässig, dies umso mehr, als der Zweitbeklagte von allfälligen Vereinbarungen dieser Kunden mit der Klägerin nichts gewußt habe. Während der Tätigkeit des Zweitbeklagten für die Klägerin sei es durchaus üblich gewesen, daß die eigenen Kunden - mit Zustimmung des Rudolf ***** - mit Fremdprodukten beliefert wurden. Die im Schreiben vom 6.6.1990 dargelegten Umstände des Ausscheidens des Zweitbeklagten entsprächen den Tatsachen. Die Bezeichnung "Diskontprodukte" bedeute keine Herabsetzung solcher Produkte; vielmehr werde damit nur ausgedrückt, daß es sich um Produkte handle, die im freien Verkauf stünden und nicht mit den großen Mineralölkonzernen zusammenhingen. Bei diesen Produkten sei eine freie Preisgestaltung möglich. Der Zweitbeklagte habe branchenüblich gehandelt und nur eine keineswegs übliche Vorgangsweise des Rudolf ***** abzuwehren versucht. Die von den Beklagten angebotenen Preise seien branchen- und handelsüblich. Die Beklagten seien nicht passiv legitimiert. Die Vorgangsweise des Zweitbeklagten stehe in keinem Zusammenhang mit der Tätigkeit der Erstbeklagten. Das Unterlassungsbegehren sei nicht entsprechend präzisiert und zu weit gefaßt. Was Punkt 2. des Begehrens betreffe, so fehle der Klägerin die Beschwer. Die geltend gemachten Ansprüche seien im übrigen verfristet.
Der Erstrichter erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Neben dem eingangs wiedergegebenen Sachverhalt nahm er noch folgende Tatsachen als bescheinigt an:
Sowohl der Erstbeklagten als auch dem Zweitbeklagten waren die ausschießlichen Bezugsverpflichtungen der Tankstellenpartner der Klägerin im Sinne des Punktes 2. der Verträge bekannt.
Seit dem Jahr 1988 ist der Zweitbeklagte bei der Erstbeklagten beschäftigt.
Der Zweitbeklagte verfaßte das Schreiben vom 6.6.1990 mit Wissen der Erstbeklagten.
Der Grund für das Ausscheiden des Zweitbeklagten aus dem Betrieb der Klägerin im Jahr 1988 lag darin, daß er von Dr. August ***** zur damaligen Einzelfirma Kurt ***** abgeworben wurde.
Rechtlich meinte der Erstrichter, daß die klagende KG die Einzelfirma berechtigterweise fortführe; sie sei aktiv legitimiert, stehe sie doch unzweifelhaft in einem Wettbewerbsverhältnis zur Erstbeklagten. Mit dem Schreiben vom 6.6.1990 hätten die Beklagten, die von den Alleinvertriebsverträgen der Klägerin Kenntnis hatten, die Vertragspartner der Klägerin zum Vertragsbruch verleiten wollen; das verstoße gegen § 1 UWG. Die weitere Behauptung, daß *****-Öle "Diskontprodukte" seien, verstoße gegen §§ 2 und 7 UWG. Durch diese Bezeichnung werde der Eindruck erweckt, daß es sich um besonders billige und auch qualitativ schlechte oder schlechtere Produkte handle; in Wahrheit seien aber die Erzeugnisse der Firma ***** Markenprodukte. Auch der Einwand der mangelnden Passivlegitimation sei nicht stichhaltig. Der Zweitbeklagte sei als Vertreter der Erstbeklagten tätig und mit dem Schreiben vom 6.6.1990 im Rahmen dieser Tätigkeit für die Erstbeklagte an die früher von ihm als Dienstnehmer der Klägerin betreuten Kunden herangetreten; er habe mit seiner Handlungsweise den Wettbewerb der Erstbeklagten fördern wollen. Worin die Verfristung des geltend gemachten Unterlassungsanspruches bestehen solle, hätten die Beklagten nicht näher ausgeführt.
Das Rekursgericht wies Punkt 2. des Sicherungsantrages ab; Punkt 1. der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes hob es hingegen auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen, nach Verfahrensergänzung zu fällenden Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes jeweils S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs in beiden Entscheidungsteilen zulässig sei. Der Ausdruck "Diskontgegenstand" weise eher auf eine bestimmte Praxis des Absatzes der Vertriebsfirma als auf die qualitative Beschaffenheit des Produktes hin. Immerhin könne als "Diskontgegenstand" auch eine Ware verstanden werden, die zu einem Diskontpreis abgesetzt wird. Im vorliegenden Fall kaufe die Klägerin Schmiermittel für ihre Tankstellenpächter von der Schwesterfirma ***** zu; diese Schmiermittel nähmen so am Absatzsystem der Klägerin und ihrer Tankstellenpächter - wodurch "*****" als Marke gewissermaßen zu "*****" als Etablissement-Bezeichnung avanciere - teil. Es sei aber gerichtsbekannt, daß *****-Tankstellen auch Diskonttankstellen sein könnten. Diese vorläufige Annahme erscheine durch das insoweit sinngemäß übereinstimmende Vorbringen in beiden Rechtsmittelschriften gestützt, zumal auch eine Ware von hohem Qualitätsniveau durch Vereinfachung des Absatzsystems preisgünstig auf den Markt gebracht werden könne. So gesehen könne aber die Warenbezeichnung "Diskontgegenstand" nicht als herabsetzend betrachtet werden.
Zu Punkt 1. des Sicherungsbegehrens sei aber die Sache noch nicht spruchreif: Das Erstgericht habe keines der von den Beklagten angebotenen Bescheinigungsmittel aufgenommen. Rechtlich von Bedeutung sei zunächst, ob und wie weit im Wettbewerbsrecht eine Retorsionshandlung zulässig ist. Die Beklagten
hätten - wenngleich erst im Rechtsmittel mit voller Deutlichkeit - geltend gemacht, daß zunächst die Klägerin (oder ihre Schwesterfirma) in die ebenso vom Ausschließlichkeitsgrundsatz geprägten Tankstellenverträge der "Beklagtenseite" eingebrochen sei; erst jetzt tue das der Zweitbeklagte zum Zweck der Abwehr der wettbewerbswidrigen Aktionen der Gegenseite. Eine ausdrückliche Behauptung, daß der Zweitbeklagte genau jene Tankstellenpächter der Klägerin angeschrieben habe, die ursprünglich zum Kundenstamm der "Beklagtenseite" gehört hätten und inzwischen abgeworben worden seien, sei zwar - jedenfalls in erster Instanz - nicht aufgestellt worden; dieser Prozeßstandpunkt liege aber nahe. Insoweit wäre den Beklagten durch die Aufnahme der wichtigsten Gegenbescheinigungsmittel Gelegenheit zu geben, ihren Standpunkt darzulegen, daß sie nur gegnerische rechtswidrige Werbepraktiken in kongruenter Weise abgewehrt hätten. Überdies sei völlig unklar geblieben, ob der Zweitbeklagte für die Erstbeklagte oder deren Schwesterfirma ***** gehandelt habe. Ein näheres Studium der als Bescheinigungsmittel vorgelegten Urkunden ergebe nämlich - ohne daß dies aus dem Vorbringen der Parteien besonders deutlich hervorginge -, daß gewissermaßen am Tatort sowohl eine *****handels GmbH als auch eine *****vertriebs GmbH ihren Sitz haben dürften. Um die Verwirrung vollständig zu machen, sei der Text des beanstandeten Briefes gerade in diesem Punkt widersprüchlich, behaupte doch der Zweitbeklagte darin, nunmehr beim Mineralölvertrieb tätig zu sein, während er seine Unterschrift unmittelbar unter den Firmenwortlaut der Erstbeklagten gesetzt habe. Stehe aber derzeit noch nicht einmal fest, ob in Ried im Innkreis wirklich diese beiden Gesellschaften getrennt existierten, dann könne nicht etwa beurteilt werden, daß ihr Management so übereinstimme, daß ein Handeln des Zweitbeklagten als Angestellter der "Vertriebsgesellschaft" auch der "Handelsgesellschat" (also der Erstbeklagten) zugeordnet werden könne.
Gegen den aufhebenden Teil dieses Beschlusses wenden sich die Revisionsrekurse beider Parteien, gegen seinen abändernden Teil nur der "Rekurs" (richtig: Revisionsrekurs) der Klägerin. Die Klägerin beantragt, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; die Beklagten begehren, den Beschluß des Rekursgerichtes in seinem aufhebenden Teil dahin abzuändern, daß Punkt 1. des Sicherungsantrages abgewiesen werde.
Beide Parteien beantragen, dem Revisionsrekurs ihres Gegners nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs der Klägerin ist teilweise, derjenige der Beklagten nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Mit Recht wendete sich die Klägerin gegen den abändernden Teil der angefochtenen Entscheidung:
Zu prüfen ist, ob der beanstandete Hinweis auf "holländische Diskontprodukte der Marke *****" eine Tatsachenbehauptung über die Waren eines anderen - nämlich der Klägerin - im Sinne des § 7 Abs 1 UWG ist. Der Tatbestand des § 2 UWG kommt hier nämlich entgegen der Meinung der Klägerin und des Erstgerichtes deshalb nicht in Frage, weil die Beklagten damit nicht über eigene geschäftliche Verhältnisse Angaben gemacht haben (Hohenecker-Friedl 22; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 758 Rz 13 zu § 3 dUWG), die geeignet wären, den Entschluß der angesprochenen Personenkreise, sich mit dem Angebot des Werbenden zu befassen, zu fördern (SZ 54/97; ÖBl 1987, 18 uva); vielmehr bezieht sich die beanstandete Äußerung auf eine (auch) von der Klägerin vertriebene Ware. Daß in der Bezeichnung einer Ware als "Diskontprodukt" die Behauptung einer Tatsache im Sinne des § 7 UWG - also eines Umstandes, Ereignisses oder einer Eigenschaft eines greifbaren, für das Publikum erkennbaren und von ihm an Hand bekannter oder zu ermittelnder Umstände auf seine Richtigkeit nachprüfbaren Inhaltes (Hohenecker-Friedl 39; Baumbach-Hefermehl, Wettbewerbsrecht16, 1162 Rz 4 zu § 14 dUWG; ÖBl 1989, 80;
MR 1990, 66 uva) - und nicht ein Werturteil liegt, das eine rein subjektive Meinung des Erklärenden wiedergibt und daher objektiv nicht überprüft werden kann (Hohenecker-Friedl aaO;
Baumbach-Hefermehl aaO; ÖBl 1989, 80; MR 1990, 66), wird von niemandem in Zweifel gezogen, zumal der Begriff der Tatsachenbehauptung nach Lehre und ständiger Rechtsprechung weit auszulegen ist und selbst Urteile umfaßt, die auf entsprechende Tatsachen schließen lassen (ÖBl 1989, 80; MR 1990, 66 ua). Auch nach § 7 UWG zu beurteilende Mitteilungen sind so auszulegen, wie sie von den angesprochenen Verkehrskreisen bei ungezwungener Auslegung verstanden werden, nicht aber so, wie sie gemeint waren oder verstanden werden sollten; eine mißverständliche Fassung geht stets zu Lasten des Mitteilenden (Baumbach-Hefermehl aaO 1171 Rz 20 zu § 14 dUWG; ÖBl 1967, 66; ÖBl 1981, 122; 4 Ob 160/90 ua). Die vom Rekursgericht vertretene Meinung, als Diskontgegenstand könne "immerhin" auch eine Ware verstanden werden, die trotz hohen Qualitätsniveaus bei einer Diskonttankstelle, also nur wegen eines vereinfachten Absatzsystems verbilligt, abgegeben werde, rechtfertigt somit dann nicht die Abweisung des Unterlassungsbegehrens zu Punkt 2., wenn die beanstandete Äußerung auch in einem ungünstigeren Sinne verstanden werden kann. Das trifft aber zu: Der Ausdruck "Diskont" bedeutet wörtlich dasselbe wie "Rabatt" und "Abschlag" (Baumbach-Hefermahl aaO 890 Rz 337 zu § 3 dUWG). Als "Diskontprodukt" wird daher entgegen der Behauptung der Beklagten nicht ein Produkt verstanden werden, das "im freien Verkauf ist und nicht mit den großen Mineralölkonzernen im Zusammenhang steht" (S. 19), sondern ein solches, das (laufend) verbilligt abgegeben wird. Das legt aber auch die Annahme nahe, daß dieses Produkt qualitativ unter dem Durchschnitt liege. Da dies jedoch unbestrittenermaßen auf das Öl der Marke ***** nicht zutrifft, ist die beanstandete Tatsachenbehauptung unwahr. Daß die Behauptung, ein Unternehmer vertreibe billige, weil weniger wertvolle, Ware, geeignet ist, den Betrieb und Kredit dieses Unternehmers zu schädigen (§ 7 Abs 1 UWG), liegt auf der Hand. Daran kann auch der Umstand nichts ändern, daß sich der Zweitbeklagte mit seinem Schreiben nur an Tankstellenpächter der Klägerin gewandt hat, weil auch diese dazu veranlaßt werden könnten, sich von der Klägerin abzuwenden und - allenfalls nach Ablauf eines bestehenden Vertragsverhältnisses - ihre Waren anderswo zu beziehen. Daß die Klägerin selbst *****-Produkte verkauft, ist bescheinigt. Dem Umstand, daß sie diese Produkte von einem anderen Unternehmen "zukauft", kommt entgegen der Meinung der Beklagten in diesem Zusammenhang keine rechtliche Bedeutung zu.
Das beanstandete Schreiben stammt nach den Festtellungen der Vorinstanzen vom Zweitbeklagten, welcher nun für die Erstbeklagte tätig ist. Die vom Rekursgericht angenommene Unklarheit des Sachverhaltes liegt in Wahrheit nicht vor: Daß es neben der Erstbeklagten noch eine "***** Mineralölvertriebsgesellschaft mbH" gebe, hat keine der Parteien behauptet. Die Beklagten selbst haben nur die Einzelfirma "***** Mineralölvertrieb, Inhaber *****rat Kurt *****" erwähnt (S. 16); im Handelsregister des Kreisgerichtes Ried im Innkreis ist auch tatsächlich zwar die Beklagte, nicht aber eine *****-Mineralölvertriebsgesellschaft mbH eingetragen (ON 11 und 12). Die Erwähnung der "Fa.*****, Mineralölvertrieb in Ried" im Schreiben vom 6.6.1990 rechtfertigt mangels eines entsprechenden Parteivorbringens ebensowenig wie der im Preisangebot vom 6.6.1990 aufscheinende Kopf (***** Mineralöl Vertrieb GesmbH) die amtswegige Prüfung, ob der Zweitbeklagte tatsächlich nunmehr für die Erstbeklagte tätig ist. Die Klägerin hat im Hinblick auf den Wortlaut des Schreibens vom 6.6.1990 behauptet, daß der Zweitbeklagte damit seine ehemaligen Kunden aufgefordert habe, nunmehr dadurch wieder zu seinen Kunden zu zählen, daß sie bei der Erstbeklagten kauften (S. 5); diesem Vorbringen sind die Beklagten im Provisorialverfahren erster Instanz nicht ausdrücklich entgegengetreten. Da sie nicht behauptet haben, daß der Zweitbeklagte entgegen der Gestaltung seines Schreibens vom 6.6.1990, welches ausdrücklich von der Erstbeklagten gezeichnet ist, mit dieser überhaupt nicht in Verbindung stehe, muß das Vorbringen der Klägerin als zugestanden angesehen werden (§ 267 Abs 1 ZPO; SZ 55/116). Der unklare und vieldeutige Satz, "die Vorgangsweise des Zweitbeklagten stehe in keinem Zusammenhang mit der Tätigkeit der erstbeklagten Partei" (S. 20), ersetzt nicht das hier gegebenenfalls erforderliche Vorbringen, der Zweitbeklagte habe damit nicht Waren der Erstbeklagten angeboten. Ob der Zweitbeklagte - entgegen den Rekursausführungen der Beklagten (S. 60) - Dienstnehmer der Erstbeklagten ist, hat rechtlich keine Bedeutung, weil nach § 18 UWG der Inhaber eines Unternehmens wegen einer (ua) nach § 7 UWG unzulässigen Handlung auch dann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, wenn die Handlung im Betrieb seines Unternehmens von einer anderen Person begangen worden ist. Diese Bestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen (ÖBl 1980, 159 mwN). Der Inhaber des Unternehmens haftet für alle Personen, die in seinem Auftrag bestimmte Arbeiten für das Unternehmen verrichten oder seine Geschäftspartner sind, soweit der Wettbewerbsverstoß mit einer Tätigkeit im Interesse des Unternehmensinhabers zusammenhängt (SZ 49/147). Der Begriff "im Betrieb" umfaßt auch die Tätigkeit solcher Personen, die zwar nicht Arbeitnehmer oder Beauftragte, aber, wenngleich nur locker, in den Betrieb eingegliedert und für diesen dauernd oder vorübergehend irgendwie tätig sind (ÖBl 1983, 146 ua). Auch wenn der Zweitbeklagte allenfalls selbständiger Handelsvertreter der Erstbeklagten sein sollte, bestünde deren Haftung nach § 18 UWG (ÖBl 1978, 157 mwN).
Daß zwischen den Streitteilen ein Wettbewerbsverhältnis besteht, kann nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden. Die Wettbewerbsabsicht des Zweitbeklagten - für welchen die Erstbeklagte auch dann, wenn sie von dem beanstandeten Schreiben keine Kenntnis gehabt haben sollte, einzustehen hat - liegt im Hinblick auf den Inhalt des Schreibens klar zutage.
Da somit alle Tatbestandsmerkmale des § 7 Abs 1 UWG verwirklicht sind, war dem Revisionsrekurs der Klägerin, soweit er Punkt 2. des Sicherungsantrages betrifft, dahin Folge zu geben, daß in diesem Umfang der Beschluß des Erstrichters wiederhergestellt wird.
Soweit sich aber das Rechtsmittel der Klägerin gegen den aufhebenden Ausspruch der angefochtenen Entscheidung wendet, muß es im Ergebnis ebenso erfolglos bleiben wie der Revisionsrekurs der Beklagten:
Der Klägerin ist zwar nach dem oben Gesagten darin zuzustimmen, daß es der Aufnahme der von den Beklagten in erster Instanz angebotenen Bescheinigungsmittel zur Klärung der Frage, für wen der Zweitbeklagte gehandelt hat, nicht bedarf. Richtig ist auch, daß entgegen der Meinung des Rekursgerichtes kein Grund zur Prüfung besteht, ob die Beklagten nur rechtswidrige Werbepraktiken der Klägerin abgewehrt haben, haben sie doch ein wettbewerbswidriges Verhalten der Klägerin nicht einmal behauptet, geschweige denn geltend gemacht, daß sie nur die Tankstellenpächter zurückgewinnen wollten, die ihnen die Klägerin abspenstig gemacht habe. Schon deshalb ist auf die Frage, unter welchen Voraussetzungen Abwehrmaßnahmen wettbewerbsrechtlich zulässig sind, hier nicht einzugehen. Dennoch ist aber die Sache nicht spruchreif:
Die Klägerin hat Punkt 1. des Sicherungsbegehrens auf die Behauptung gestützt, die Beklagten hätten bei der Abfassung des beanstandeten Schreibens gewußt, daß dessen Empfänger an die Klägerin vertraglich dahin gebunden sind, daß sie nur bei ihr Treibstoffe und Schmiermittel beziehen dürfen; das Angebot, Schmiermittel zu einem günstigen Preis zu liefern, sei demnach der sittenwidrige Versuch, die Tankstellenpartner der Klägerin zum Vertragsbruch zu bewegen (S. 3 und 5). Diese Kenntnis haben die Beklagten ausdrücklich bestritten (S. 18) und Bescheinigungsmittel für ihr Vorbringen, insbesondere auch die Parteiaussage des Zweitbeklagten, angeboten (S. 21). Da der Erstrichter die Aufnahme dieser Beweismittel unterlassen hat, ist das Provisorialverfahren mangelhaft geblieben; im Ergebnis muß es daher bei der Aufhebung der einstweiligen Verfügung des Erstrichters verbleiben.
Den Revisionsrekursausführungen der Beklagten, daß schon nach dem Vorbringen der Klägerin der Sicherungsantrag abzuweisen wäre, kann nicht gefolgt werden: Nach Lehre und Rechtsprechung verstößt der - in Wettbewerbsabsicht unternommene - Versuch, den Kunden eines Mitbewerbers zum Bruch seiner vertraglichen Verpflichtungen gegenüber diesem Konkurrenten zu verleiten, gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG (Baumbach-Hefermehl aaO 634 Rz 698 zu § 1 dUWG; ÖBl 1987, 45 mwN). Wettbewerbswidrig ist eine solche Verleitung freilich nur dann, wenn der Täter die Tatumstände kennt, die sein Verhalten als unlauter erscheinen lassen, oder doch mit der Möglichkeit rechnet, daß solche Umstände vorliegen können, sie jedoch bewußt in Kauf nimmt, um sein Ziel zu erreichen (Baumbach-Hefermehl aaO 635 Rz 701). Daß zwischen den Streitteilen ein Wettbewerbsverhältnis besteht, die Erstbeklagte für das Verhalten des Zweitbeklagten einzustehen und dieser offenkundig in Wettbewerbsabsicht gehandelt hat, wurde schon ausgeführt. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes bestehen Ausschließlichkeitsvereinbarungen nicht nur für bestimmte Produkte, sondern für alle Treibstoffe und Schmiermittel. Aus welchem Grund diese Vereinbarung unwirksam sein sollte, läßt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen. Daß der Zweitbeklagte im Zusammenhang mit seinem Schreiben vom 6.6.1990 nur solche Produkte angeboten hätte, die unter Punkt 11. der Tankstellenabkommen der Klägerin fielen, wurde nicht einmal behauptet. Das Schicksal des erten Sicherungsantrages hängt somit nur noch davon ab, ob (zumindest) der Zweitbeklagte den Inhalt der von den Tankstellenpächtern mit der Klägerin geschlossenen Verträge kannte oder doch mit entsprechenden Ausschließlichkeitsvereinbarungen hätte rechnen müssen. Das von der Klägerin gestellte Unterlassungsbegehren geht nicht zu weit und ist auch keineswegs unbestimmt.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des aufhebenden Teils der angefochtenen Entscheidung.
Der Ausspruch über die auf den abändernden Teil entfallenden Rechtsmittelkosten der Klägerin gründet sich auf § 393 Abs 1 EO, jener über die auf diesen Teil entfallenden Rechtsmittelkosten der Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, §§ 40, 50, 52 ZPO und jener über die den aufhebenden Teil betreffenden Kosten auf §§ 78, 402 Abs 2 EO, § 52 ZPO.
Anmerkung
E25194European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00005.91.0129.000Dokumentnummer
JJT_19910129_OGH0002_0040OB00005_9100000_000