Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schwarz, Dr. Graf, Dr. Jelinek und Dr. Schinko als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Petra F*****, geboren 21.Mai 1972, infolge Revisionsrekurses des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien, 1016 Wien, Schmerlingplatz 11, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgericht vom 4.April 1991, GZ 47 R 213/91-33, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Groß-Enzersdorf vom 12. Februar 1991, GZ P 4/90-22, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Die Mutter der mj. Petra F***** hat im Mai 1989 die Ehewohnung verlassen und ist derzeit unbekannten Aufenthaltes. Am 22.11.1990 beantragte die Minderjährige, ihre Mutter zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 2.400 S zu verpflichten, weiters stellte sie das Begehren, ihr vorläufigen Unterhalt zu gewähren. Mit rechtskräftigem Beschluß vom 23.11.1990 bewilligte das Erstgericht gemäß § 382 a EO der Minderjährigen vorläufigen Unterhalt in der Höhe von S 1.550 monatlich ab 22.11.1990.
Am 8.2.1991 beantragte die Minderjährige die Gewährung eines Unterhaltsvorschusses von monatlich 1.550 S mit der Begründung, ihre Mutter sei dem Auftrag zur Leistung des vorläufigen Unterhalts nicht fristgerecht nachgekommen (§ 4 Z 5 UVG).
Mit Beschluß vom 12.2.1991 gewährte das Erstgericht der Minderjährigen für die Zeit vom 1.2.1991 bis 31.5.1991 einen monatlichen Unterhaltsvorschuß von S 1.550.
Dagegen erhob der Präsident des Oberlandesgerichtes Wien mit der Begründung Rekurs, gemäß § 382 a Abs.2 EO könne vorläufiger Unterhalt höchstens bis zum Grundbetrag der Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz bewilligt werden. Der Grundbetrag betrage im Sinne des § 8 Abs.2 FamLAG S 1.300, die Steigerungsbeträge hätten außer Betracht zu bleiben. Gemäß § 4 Z 5 UVG könne Unterhaltsvorschuß nur für einen in Höhe des Grundbetrages der Familienbeihilfe festgelegten vorläufigen Unterhalt gewährt werden. Werde unrichtigerweise nach § 382 a EO ein höherer einstweiliger Unterhalt bewilligt, so sei insoweit eine Bevorschussung nicht zulässig.
Das Rekursgericht bestätigte die angefochtene Entscheidung und vertrat die Ansicht, es sei wohl richtig, daß vorläufiger Unterhalt gemäß § 382 a Abs.2 EO nur bis zum Grundbetrag der Familienbeihilfe gewährt werden könne. Der auf S 1.550 monatlich lautende Unterhaltstitel sei jedoch rechtskräftig geworden, seine Unrichtigkeit könne im Vorschußverfahren nicht mehr geltend gemacht werden.
Der ordentliche Revisionsrekurs wurde mit der Begründung für zulässig erklärt, mit dieser Rechtsansicht von der Lehre (Knoll, KommzUVG, Rz 22 zu § 4) abzuweichen.
Gegen diesen Beschluß richtet sich der Revisionsrekurs des Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien mit dem Antrag, in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses die Unterhaltsvorschüsse für die Zeit vom 1.2.1991 bis 31.5.1991 nur mit monatlich S 1.300 zu gewähren und das Mehrbegehren von 250 S abzuweisen. In dem Rechtsmittel wird geltend gemacht, § 382 a EO bestimme ausdrücklich, daß vorläufiger Unterhalt höchstens bis zum Grundbetrag der Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichsgesetz bewilligt werden könne. Dieser Grundbetrag sei im Sinne des § 8 Abs.2 Familienlastenausgleichsgesetz der monatliche Betrag von S 1.300, der für ein Kind grundsätzlich gewährt werde. Gemäß § 4 Z 5 UVG seien Unterhaltsvorschüsse dann zu gewähren, wenn der Unterhaltsschuldner den vorläufigen Unterhalt nach § 382 a EO nicht innerhalb eines Monats ab Zustellung der einstweiligen Verfügung an ihn erbringe. Sei unrichtigerweise nach § 382 a EO ein über den Grundbetrag der Familienbeihilfe hinausgehender einstweiliger Unterhalt bewilligt worden, so könne er insoweit nicht nach § 4 Z 5 UVG bevorschußt werden. Da es sich nicht um einen allgemeinen Titelvorschuß handle, könne es auch nicht auf die Rechtskraft der einstweiligen Verfügung ankommen. Im übrigen fehle dem Präsidenten des Oberlandesgerichtes im Verfahren zur Bestimmung eines vorläufigen Unterhalts die Parteistellung, sodaß ihn eine in diesem Verfahren ergangene Entscheidung nicht binden könne.
Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Richtig ist, daß gemäß § 4 Z 5 UVG Unterhaltsvorschüsse dann zu gewähren sind, wenn der Unterhaltsschuldner den vorläufigen Unterhalt nach § 382 a EO nicht innerhalb eines Monats ab Zustellung der einstweiligen Verfügung an ihn voll erbringt. Vorläufiger Unterhalt gemäß § 382 a EO kann höchstens bis zum Grundbetrag der Familienbeihilfe nach dem Familienlastenausgleichgesetz bewilligt werden (§ 382 a Abs.2 EO). Während § 4 Z 5 UVG von einem "Grundbetrag" der Familienbeihilfe spricht, kennt das Familienlastenausgleichsgesetz diesen Begriff nicht. Es kann darunter aber nur jener Betrag verstanden werden, der einer Person an Familienbeihilfe für ein Kind zusteht und der sich nach dem Alter des Kindes richtet (§ 8 Abs.1 FamLAG). Gemäß § 8 Abs.2 FamLAG beträgt dieser Grundbetrag hier im Hinblick auf das Alter des Kindes monatlich 1.300 S + 250 S = 1.550 S. Zuschläge nach § 9 FamLAG sind bei der Bewilligung von Unterhaltsvorschüssen nicht zu berücksichtigen.
Das Erstgericht hat sohin im vorliegenden Fall bei der Gewährung des vorläufigen Unterhalts nach § 382 a EO den Grundbetrag der Familienbeihilfe nach dem FamLAG nicht überschritten, sodaß auf die Frage, ob in einem solchen Fall der Unterhaltsvorschuß in Titelhöhe oder in gesetzlicher Höhe zu bewilligen ist, nicht einzugehen ist.
Dem unberechtigten Revisionsrekurs war daher nicht Folge zu geben.
Anmerkung
E26270European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1991:0080OB00552.91.0606.000Dokumentnummer
JJT_19910606_OGH0002_0080OB00552_9100000_000