TE OGH 1991/6/11 5Nd506/91

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Veröffentlicht am 11.06.1991
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner und Dr. Floßmann in der Rechtssache der klagenden Partei Norbert W*****, vertreten durch Dr. Dieter Havranek, Rechtsanwalt in Klagenfurt, gegen die beklagte Partei R*****, wegen 19.080 S sA, über den Antrag des Klägers auf Bestimmung der Zuständigkeit gemäß dem § 28 JN in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

Spruch

Der Antrag des Klägers, ein Bezirksgericht zu bestimmen, das für diese Rechtssache als örtlich zuständig zu gelten hat, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Der Kläger beabsichtigt, die beklagte Partei bei einem in Österreich gelegenen Bezirksgericht auf Schadenersatz zu belangen, weil ihm in der Nacht vom 23. 5. auf den 24. 5. 1990 anlässlich eines Urlaubs in C***** (Türkei) zunächst die Schlüssel zu seinem Appartement und dann noch die Brieftasche aus dem Zimmersafe gestohlen worden seien. Die Deponierung der Wertsachen im Zimmersafe sei auf Anraten von Angestellten der beklagten Partei erfolgt.

Die entsprechende Mahnklage hat der Kläger dem Obersten Gerichtshof mit dem Antrag vorgelegt, ein für die Verhandlung und Entscheidung zuständiges Bezirksgericht zu bestimmen, weil die Rechtssicherheit bei einem Verfahren in der Türkei nicht gewährleistet sei. Begründet wird dies mit der „übermäßig langen Verfahrensdauer in der Türkei" sowie dem Umstand, dass „keine bilateralen Verträge zwischen Österreich und der Türkei die Vollstreckbarkeit eines im Ausland erwirkten Titels garantieren". Die Haftung der beklagten Partei gründe sich auf den in Österreich abgeschlossenen Vertrag betreffend den Urlausbaufenthalt; ein in Österreich gelegenes, örtlich zuständiges Gericht sei jedoch nicht gegeben, bzw nicht ermittelbar.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Antrag ist nicht berechtigt.

Die vom Kläger angestrebte Ordination setzt die inländische Gerichtsbarkeit voraus, die wiederum auf einer ausreichenden Inlandsbeziehung basieren müsste (SZ 58/109 und 194; RdW 1988, 133; JBl 1988, 323; RdW 1989, 66 ua). Im gegenständlichen Fall sind die vom Kläger behaupteten Anknüpfungspunkte (Vertragsschluss im Inland, dazu noch sein inländischer Wohnsitz) so schwach, dass sie nur unter der zusätzlichen Voraussetzung des § 28 Abs 1 Z 2 JN die inländische Jurisdiktion begründen könnten (vgl RdW 1986, 308; SZ 60/106; RdW 1988, 133). Die Rechtsverfolgung in der Türkei müsste also unmöglich oder unzumutbar sein. Letzteres behauptet der Kläger. Unzumutbar ist die Rechtsverfolung im Ausland dann, wenn die ausländische Entscheidung in Österreich vollstreckt werden müsste, hier aber nicht anerkannt oder vollstreckt würde, eine dringende Entscheidung im Ausland nicht rechtzeitig erreicht werden könnte, eine Prozessführung im Ausland wenigstens eine der Parteien politischer Verfolgung aussetzen würde oder die Kostspieligkeit des ausländischen Verfahrens die ausländische Rechtsverfolgung unverhältnismäßig erschwert (vgl Schwimann, § 28 JN und die Grenzen der inländischen Ziviljurisdiktion in Vermögens- und Wirtschaftsstreitigkeiten, ÖZW 1984, 107; Fasching, Zivilprozessrecht2 Rz 78; RdW 1988, 133; RdW 1989, 66). Die übermäßig lange Verfahrensdauer bei ausländischen Gerichten begründet daher für sich allein kein ausreichendes Rechtsschutzbedürfnis für das Tätigwerden österreichischer Gerichte. Dazu wird noch eine besondere Dringlichkeit der Rechtsverfolgung vorausgesetzt, die im gegenständlichen Fall nicht zu erkennen ist. Geradezu unverständlich ist, warum das vermeintliche Fehlen eines Vollstreckungsvertrags mit der Türkei die inländische Jurisdiktion rechtfertigen soll, wo doch die Vollstreckung eines klagsstattgebenden Urteils - mangels inländischen Vermögens der beklagten Partei (sonst würde ja der besondere Gerichtsstand des § 99 JN zur Verfügung stehen) - in der Türkei erfolgen müsste. Abgesehen davon besteht ein Rechtshilfeübereinkommen mit der Türkei vom 22. 6. 1930 (BGBl 90/1932), das die Vollstreckung der in den Vertragsstaaten ergangenen Entscheidungen garantiert, sofern sie von der zuständigen Gerichtsbehörde gefällt wurden. Die Zuständigkeit des erkennenden Gerichts wird dabei gemäß Art 18 Z 1 des Übereinkommens unter Anwendung des Rechts jenes Staats geprüft, in dem die Vollstreckbarerklärung begehrt wird (vgl JBl 1987, 734). Demnach wäre höchst fraglich, ob ein in Österreich erwirkter Exekutionstitel in der Türkei vollstreckt werden könnte. Auch darin liegt ein Grund, die begehrte Ordination zu versagen (vgl JBl 1988, 322 und 323; 7 Nd 502/88; 7 Nd 504/89).

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Anmerkung

E88682 5Nd506.91

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0050ND00506.91.0611.000

Zuletzt aktualisiert am

11.11.2008
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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