TE OGH 1991/9/10 4Ob535/91

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.1991
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1) Franz H*****; 2) Aloisia H*****, beide vertreten durch Dr.Josef Lindlbauer, Rechtsanwalt in Enns, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Festsetzung einer Entschädigung nach dem Munitionslagergesetz, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller und Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 19.März 1991, GZ 18 R 74/91-28, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 28.November 1990, GZ 3 Nc 85/90-24, teilweise aufgehoben und teilweise bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

1)

Der Rekurs der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

2)

Dem Revisionsrekurs der Antragsteller wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Antragsteller sind zumindest seit 12.7.1968 grundbücherliche Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches Linz, zu deren Gutsbestand (ua) die Grundstücke 328/1 (29.915 m2), 332/1 (846 m2), 332/2 (3.744 m2) und 343 (21.130 m2) der KG M***** sowie das in der KG G***** gelegene Grundstück 1205 (1.277 m2) gehören.

Mit der auf Grund des § 23 Abs 2 des Bundesgesetzes vom 31.Mai 1967 BGBl 197 über militärische Munitionslager (MunLagG) erlassenen und am 12.Juli 1968 in Kraft getretenen Verordnung des Bundesministeriums für Landesverteidigung vom 14.Juni 1968 BGBl 226 wurden (ua) die Grundstücke 328/1, 332/2 und 1205 als teilweise im weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg liegend bestimmt. Hiezu steht außer Streit (ON 13 S 36 und ON 19 S 65), daß folgende forstwirtschaftlich genutzte Teilflächen von der Verordnung betroffen waren: 18.000 m2 des Grundstücks 328/1, 1.900 m2 des Grundstücks 332/2 und 800 m2 des Grundstücks 1205.

In der auf Grund des § 9 MunLagG erlassenen, gemäß § 8 Abs 1 MunLagG idF des Art I Z 5 der Novelle BGBl 1972/265 durch Anschlag an der Amtstafel kundgemachten und am 1.Mai 1981 in Kraft getretenen Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21.April 1981 (ON 17) wurde der Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg neu bestimmt; die Verordnung vom 14.Juni 1968 BGBl 226 trat mit Ablauf des 30. April 1971 außer Kraft. Nach den Behauptungen der Antragsteller seien durch die neue Verordnung weitere Teile der Grundstücke 328/1, 332/2 und 1205 in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg einbezogen worden, so daß darin nunmehr 25.664 m2 des Grundstücks 328/1 sowie die Grundstücke 332/2 und 1205 zur Gänze lägen; darüber hinaus lägen nach der Verordnung vom 21.April 1981 auch noch das Grundstück 332/1 zur Gänze sowie 8530 m2 des Grundstücks 343 im erweiterten Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg.

Am 9.7.1969 brachten die - damals noch

unvertretenen - Antragsteller beim Erstgericht nachstehenden handgeschriebenen und eigenhändig gefertigten Antrag ein:

"Hohes Gericht, ich ersuche um Feststellung der vermögensrechtlichen Nachteile meiner Grundstücke EZ ***** M*****, Parzellennummer 328/1, 1,8 ha, 332/2, 0,19 ha Wald, sowie (der) in der KG G***** liegenden Parzelle mit der Nummer 1205, 0,08 ha Wald, die sich durch die Verordnung der Bundesregierung vom 14.6.1968, BGBl Nr.226, ergibt, da sich die genannten Grundstücke im Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg befinden.

Hochachtungsvoll"

Aus ungeklärten Gründen hat das Erstgericht über diesen Antrag keinerlei Verfahren eröffnet; er wurde vielmehr erst am 7.10.1988 registermäßig erfaßt.

Am 22.2.1989 langte beim Erstgericht ein als "Äußerung" bezeichneter Schriftsatz der - nunmehr anwaltlich

vertretenen - Antragsteller vom 13.2.1989 ein, mit welchem sie unter Bezugnahme auf den Antrag vom 9.7.1969 und die Verordnung BGBl 1968/226 sowie die zwischenzeitig ergangene Verordnung vom 21. April 1981 eine angemessene Entschädigung von insgesamt 218.659,50 S begehrten, weil sie durch die Einbeziehung ihrer Grundstücke 332/1, 332/2 und 1205 (zur Gänze) sowie von Teilflächen ihrer Grundstücke 328/1 (25.664 m2) und 343 (8.530 m2) in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg einen entsprechenden vermögensrechtlichen Nachteil in der Höhe von 10 % des (derzeitigen) Verkehrswertes (45 S pro Quadratmeter Wald und 90 S pro Quadratmeter Acker) erlitten hätten. Ihr Antrag auf Entschädigung für die durch die Verordnung vom 21.April 1981 betroffenen Grundstücke und Grundstücksteile sei schon deshalb nicht verfristet, weil sie schon in einer Beilage zu ihrem Antrag vom 9.7.1969 folgendes Ansuchen gestellt hätten:

"Hohes Gericht,

ich ersuche im Rahmen der Munitionslagerentschädigung noch um folgendes: Sollten sich im Laufe der Verhandlungen Veränderungen, sei es im Bereich der Schutzzone sowie rechtlicher Art ergeben, so ersuche ich, daß Sie die rechtliche Schritte unternehmen, daß ich in rechtlicher sowie in finanzieller Seite keinen Schaden erleide."

Die Antragstellerin beantragt die Abweisung der Entschädigungsanträge. Soweit sie jene Grundstücksteile beträfen, die durch die Verordnung BGBl 1968/226 in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg einbezogen wurden (Antrag vom 9.7.1969), sei der Anspruch durch stillschweigenden Verzicht infolge fast 20jähriger Untätigkeit der Antragsteller erloschen; die erstmals mit "Äußerung" vom 13.2.1989 erhobenen Entschädigungsansprüche für jene Grundstücke und Grundstücksteile, die erst durch die Verordnung vom 21.April 1981 in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg einbezogen wurden, seien nicht innerhalb der Jahresfrist des § 18 Abs 2 MunLagG erhoben worden und daher verfristet. Dennoch anerkannte die Antragsgegnerin für die mit Antrag vom 9.7.1969 auf Grund der Verordnung BGBl 1968/226 durch Einbeziehung von insgesamt 20.700 m2 Waldflächen ihrer Grundstücke 328/1, 332/2 und 1205 in den weiteren Gefährungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg geltend gemachten vermögensrechtlichen Nachteile der Antragsteller eine angemessene Entschädigung von insgesamt 20.700 S. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung dieser Verordnung (§ 16 MunLagG) habe der Verkehrswert der Waldgrundstücke 10 S pro Quadratmeter betragen; davon seien 10 % als Wertminderung anzusetzen (ON 13 S 36).

Die Antragsteller anerkannten daraufhin die von der Antragsgegnerin zu ihrem Antrag vom 9.7.1969 angestellte Berechnung der angemessenen Entschädigung für die auf Grund der Verordnung BGBl 1968/226 in den weiteren Gefährdungsbereich einbezogenen Teile der Grundstücke 328/1, 332/2 und 1205, insbesondere das Ausmaß der davon betroffenen Waldgrundflächen, deren Verkehrswert sowie das Ausmaß der Wertminderung; sie stellten daher den Antrag auf Zuspruch einer "Teilentschädigung von 20.700 S und Kostenersatz" (ON 19 S 64 und 65).

Das Erstgericht wies sowohl den auf Feststellung einer Entschädigung für die durch die Verordnung BGBl 1968/226 in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg einbezogenen Teile der Grundstücke 328/1, 332/2 und 1205 gerichteten Antrag vom 9.7.1969 (Punkt 1) als auch den Entschädigungsantrag vom 22.2.1989 in Ansehung der auf Grund der Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21. April 1981 betroffenen weiteren Grundstücke und Grundstücksteile (Punkt 2) ab. Durch die der Einbringung ihres Antrages vom 9.7.1969 folgende, mehr als 20jährige Untätigkeit der Antragsteller hätten diese gemäß § 863 ABGB auf ihren Entschädigungsanspruch stillschweigend verzichtet; in einer so langen und grundlosen Untätigkeit liege auch keine "gehörige Fortsetzung der Klage" im Sinne des § 1497 ABGB. Der auf die Änderung des weiteren Gefährdungsbereiches des Munitionslagers Ebelsberg durch die Verordnung vom 21.April 1981 gestützte Entschädigungsantrag vom 22.2.1989 sei verspätet, weil er entgegen § 18 Abs 2 MunLagG nicht innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung erhoben worden sei; eine amtswegige Berücksichtigung durch spätere Verordnungen einbezogener Grundstücke komme in einem bereits anhängigen Entschädigungsverfahren nicht in Betracht. Selbst wenn dem Antrag vom 9.7.1969 ein entsprechendes Schreiben beigelegen wäre, sei doch ein konkreter Entschädigungsanspruch auf Grund der Verordnung vom 21.April 1981 erstmals am 22.2.1989 erhoben worden.

Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß in Punkt 2 (Antrag vom 22.2.1989) und hob ihn im Umfang seines Ausspruches zu Punkt 1 (Antrag vom 9.7.1969) auf; es sprach aus, daß sowohl der Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil als auch der Rekurs gegen den aufhebenden Teil seiner Entscheidung zulässig seien. Konkrete Entschädigungsansprüche aus vermögensrechtlichen Nachteilen, die durch die Einbeziehung von (weiteren) Grundstücken und Grundstücksteilen in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg auf Grund der Verordnung vom 21.April 1981 entstanden seien, hätten die Antragsteller erstmals mit Schriftsatz vom 13.2.1989 erhoben; die Jahresfrist zur Einbringung eines solchen Antrages sei aber gemäß § 18 Abs 2 MunLagG am 1.5.1982 abgelaufen, so daß zum Zeitpunkt des Einlangens des Schriftsatzes der Antragsteller am 22.2.1989 die Geltendmachung solcher Entschädigungsansprüche schon nahezu sieben Jahre lang verfristet gewesen sei. Daran ändere es auch nichts, wenn die Antragsteller in einem Beiblatt zu ihrem Entschädigungsantrag vom 9.7.1969 "vorbeugend die Erfassung aller künftigen Eventualitäten" beantragt haben sollten. Die gerichtliche Feststellung von Entschädigungen nach dem MunLagG geschehe in einem vom Dispositionsgrundsatz geprägten "Streitbereich" des Außerstreitverfahrens, in welchem der Antragsteller den Umfang und die Grenzen des Verhandlungsstoffes bestimme. Er müsse daher zumindest jene Grundstücke oder Grundstücksteile bezeichnen, die von einer Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung über die Festlegung oder Erweiterung des Gefährdungsbereiches eines Munitionslagers betroffenen seien. Dem genüge die (allfällige) vorbeugende Antragstellung vom 9.7.1969 nicht, erlaube sie doch wegen ihrer Unbestimmtheit nicht einmal eine Überprüfung der Einhaltung der Jahresfrist des § 18 Abs 2 MunLagG.

Die Rechte der Antragsteller aus ihrem auf die Verordnung BGBl 1968/226 gestützten Entschädigungsbegehren vom 9.7.1969 seien aber entgegen der Meinung des Erstgerichtes durch ihre Untätigkeit bis 1988 bzw 1989 nicht verwirkt, weil diesem Verhalten kein Erklärungswert gegenüber der bis dahin noch gar nicht in ein Verfahren eingebundenen Antragsgegnerin zukomme. Hier liege offenbar primär ein Fehler des Erstgerichtes vor, welches den Entschädigungsantrag nicht gesetzmäßig behandelt habe. Von einem Verzicht der Antragsteller auf ihren Entschädigungsanspruch könne auch deshalb keine Rede sein, weil mehrere andere, von ihren Nachbarn gleichfalls im Jahre 1969 angestrengte Entschädigungsverfahren erst Ende 1987 durch Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes beendet worden seien. § 1497 ABGB sei schon deshalb nicht anwendbar, weil die Antragsgegnerin keine Verjährungseinrede erhoben habe. Im übrigen unterlägen Entschädigungsansprüche nach dem MunLagG der 30jährigen Verjährungsfrist, die aber zum Zeitpunkt der Fortsetzung am 22.2.1989 noch nicht abgelaufen gewesen sei. Das Erstgericht werde daher die aus der Verordnung BGBl 1968/226 abgeleiteten Entschädigungsansprüche der Antragsteller sachlich zu prüfen haben.

Gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs (richtig: Rekurs) der Antragsgegnerin mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Punktes 1 des erstgerichtlichen Beschlusses, hilfsweise auf Festsetzung einer Entschädigung von 20.700 S; die Antragsteller wenden sich mit ihrem Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung und beantragen in diesem Umfang die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen.

In ihren Rekurs- bzw Revisionsrekursbeantwortungen stellen die Parteien wechselseitig den Antrag, dem gegnerischen Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Der Rekurs der Antragsgegnerin ist unzulässig, der Revisionsrekurs der Antragsteller ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Entscheidungsgegenstand des von beiden Parteien bekämpften Beschlusses des Rekursgerichtes war die objektive Häufung von Entschädigungsansprüchen der Antragsteller gemäß §§ 15 ff MunLagG, und zwar einerseits für vermögensrechtliche Nachteile, die sie durch die Einbeziehung von Teilflächen der in ihrem Hälfteeigentum stehenden Grundstücke 328/1, 332/2 und 1205 in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg auf Grund der Verordnung BGBl 1968/226 erlitten haben (Antrag vom 9.7.1969) und andererseits für solche Nachteile, die auf der Einbeziehung weiterer Teilflächen (bzw der Restflächen) dieser Grundstücke sowie des ganzen Grundstücks 332/1 und einer Teilfläche des Grundstückes 343 durch die Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21.April 1981 beruhen (Antrag vom 22.2.1989). Beide Entschädigungsansprüche stehen zueinander weder in einem rechtlichen noch in einem tatsächlichen Zusammenhang, gründen sie sich doch nicht nur auf zeitlich und inhaltlich verschiedene Verordnungen, die einerseits auf Grund des § 23 MunLagG und andererseits auf Grund des § 9 MunLagG erlassen worden sind, sondern betreffen sie auch verschiedene Grundstücke bzw Grundstücksteile der Antragsteller, die jeweils erst durch die eine oder die andere Verordnung in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg einbezogen worden sind. In beiden Fällen sind die Entschädigungsansprüche der Antragsteller gemäß § 17 MunLagG Geldansprüche, die sie erstmals in ihrem Schriftsatz vom 13.2.1989 global mit insgesamt 218.659,50 S beziffert haben. In der Folge wurde aber klargestellt (ON 19 S 65), daß hievon auf den aus der Verordnung BGBl 1968/226 abgeleiteten Entschädigungsanspruch (Antrag vom 9.7.1969) nur 20.700 S entfallen. Soweit daher das Rekursgericht die diesbezügliche Sachentscheidung des Erstgerichtes (Punkt 1 des erstgerichtlichen Beschlusses) aufgehoben und gemäß § 14 Abs 4 AußStrG ausgesprochen hat, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, hat es übersehen, daß ein solcher Ausspruch nur unter den Voraussetzungen des § 14 Abs 2 AußStrG ergehen darf. Hier fehlt es aber schon an einem 50.000 S übersteigenden Entscheidungsgegenstand, so daß der Rekurs der Antragsgegnerin entgegen dem - den Obersten Gerichtshof gemäß § 16 Abs 3 AußStrG nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichtes gemäß § 14 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unzulässig ist.

Die Antragsteller haben in ihrer Rekursbeantwortung auf diesen Zurückweisungsgrund nicht hingewiesen, so daß schon deshalb ein Kostenersatz gemäß § 44 EisbEG (§ 18 Abs 4 MunLagG) nicht in Betracht kommt.

2. Der von den Antragstellern gegen den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung erhobene Revisionsrekurs ist zwar zulässig (§ 14 Abs 1 AußStrG), aber nicht berechtigt. Die Rechtsmittelwerber wenden gegen die von den Vorinstanzen übereinstimmend bejahte Verfristung ihrer aus der Einbeziehung weiterer Teile der Grundstücke 328/1, 332/2 und 1205 sowie nunmehr auch noch des Grundstücks 332/1 zur Gänze und von Teilen des Grundstücks 343 in den weiteren Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg durch die Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21.April 1981 abgeleiteten Entschädigungsansprüche (Antrag vom 22.2.1989) im wesentlichen ein, daß ihr Vorbringen über die insoweit bereits vorbeugend in einem Beiblatt zum Antrag vom 9.7.1969 erfolgte Antragstellung nicht hätte ungeprüft bleiben dürfen. War dem Antrag nämlich ein derartiges Beiblatt angeschlossen, dann hätte das Erstgericht die mangelnde Konkretisierung der für den Fall einer in Zukunft eintretenden Änderung des Gefährdungsbereiches geltend gemachten künftigen Entschädigungsansprüche zum Anlaß eines entsprechenden Verbesserungsauftrages nehmen und den Antrag bei Nichtentsprechung zurückweisen müssen; erst dann wäre den Antragstellern bewußt geworden, daß sie im Fall einer späteren Änderung des Gefährdungsbereiches des Munitionslagers durch eine neue Verordnung neuerlich einen Entschädigungsantrag stellen müßten. Diesen Ausführungen ist jedoch folgendes entgegenzuhalten:

Die Bestimmungen der §§ 15 ff MunLagG über die Entschädigung vermögensrechtlicher Nachteile infolge Bestimmung oder Abänderung des Gefährdungsbereiches eines militärischen Munitionslagers durch eine gemäß § 7, § 9 oder § 23 dieses Gesetzes erlassene Verordnung stellen jeweils auf den Zeitpunkt der Erlassung einer derartigen Verordnung ab; demgegenüber läuft die Jahresfrist zur Antragstellung auf gerichtliche Feststellung der Entschädigung gemäß § 18 Abs 2 Satz 1 MunLagG ab dem Inkrafttreten der gemäß § 7, § 9 oder § 23 erlassenen Verordnung. Daraus folgt, daß vor der Erlassung einer Verordnung gemäß § 7, § 9 oder § 23 MunLagG vermögensrechtliche Nachteile im Sinne der §§ 10 bis 12 MunLagG gar nicht entstehen können und daher Entschädigungsansprüche gemäß §§ 15 ff MunLagG schon rein begrifflich ausgeschlossen sind. Vor der Erlassung einer Verordnung eingebrachte Anträge auf Feststellung einer Entschädigung sind demnach - mit Rücksicht darauf, daß sie schon aus faktischen und rechtlichen Gründen vom Antragsteller gar nicht näher konkretisiert werden könnten und sich daher jedwedem Verbesserungsverfahren entziehen - ebenso zurückzuweisen wie Entschädigungsanträge nach § 20 Abs 3 BStG, die vor Rechtskraft des Enteignungsbescheides erhoben werden (EvBl 1965/422). Dazu kommt, daß nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (§ 18 Abs 1 MunLagG) die Entschädigung dem Grunde und der Höhe nach grundsätzlich durch Vereinbarung zwischen den betroffenen Personen und dem Bund (Bundesministerium für Landesverteidigung) zu regeln ist; nur wenn eine Vereinbarung nicht zustande kommt, ist die Entschädigung gerichtlich festzustellen (Ermacora-Kopf-Neisser, Das österreichische Wehrrecht III2, 162 Anm 1 zu § 18). Hiefür bestimmt § 18 Abs 2 Satz 1 MunLagG - unbeschadet der hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme nach Satz 2 -, daß der Entschädigungswerber und der Bund "innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten der gemäß § 7, § 9 oder § 23 erlassenen Verordnung......berechtigt sind, den Antrag auf Feststellung der Entschädigung beim zuständigen Bezirksgericht (Abs 3) einzubringen". Daraus folgt, daß nach Ablauf dieser Jahresfrist das Recht zur Antragstellung und damit der Entschädigungsanspruch als solcher erloschen ist. § 18 Abs 2 Satz 1 MunLagG statuiert somit - ebenso wie die früher gleich lange, seit der BStG-Novelle 1986 auf drei Monate verkürzte Frist des § 20 Abs 3 BStG (Brunner, Entschädigung für Bundesstraßen 90 mwN; 1 Ob 546/85; 7 Ob 588/88) - eine materiellrechtliche Ausschlußfrist; diese ist nur gewahrt, wenn der Antrag am letzten Tag bei Gericht einlangt, was von Amts wegen zu beachten ist (vgl dazu Koziol-Welser8 I 181; Schubert in Rummel, ABGB, Rz 5 zu § 1451; Schwimann/Mader, ABGB V, § 1451 Rz 9 ff).

Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich, daß für die Antragsteller selbst dann nichts gewonnen wäre, wenn man zu ihren Gunsten annähme, ihrem Antrag vom 9.7.1969 sei das erwähnte Beiblatt als Beilage angeschlossen gewesen. Das darin gestellte Ersuchen um Berücksichtigung auch jener vermögensrechtlichen Nachteile, welche die Antragsteller erst in Zukunft allenfalls durch eine den Gefährdungsbereich des Munitionslagers Ebelsberg abändernde Verordnung erleiden werden, war unzulässig und unbeachtlich; es war bis zur Erlassung der Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21. April 1981 auch nicht verbesserbar und wäre demnach zurückzuweisen gewesen. Da dies aber nicht erfolgt ist, weil das Erstgericht - aus ungeklärten Gründen - nicht einmal über den Antrag vom 9.7.1969 ein Verfahren eröffnet hat, hätten die Antragsteller ihren Entschädigungsantrag spätestens innerhalb eines Jahres nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung, also in der Zeit vom 1.5.1981 bis 30.4.1982, konkretisieren können und müssen. Das haben die Antragsteller jedoch versäumt; ihre am 22.2.1989 beim Erstgericht eingelangte "Äußerung", mit der sie erstmals Entschädigungsansprüche aus konkreten vermögensrechtlichen Nachteilen erhoben haben, die ihnen durch die Änderung des weiteren Gefährdungsbereiches des Munitionslagers Ebelsberg auf Grund der Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vom 21.April 1981 erwachsen seien, war daher jedenfalls verfristet.

Dem Revisionsrekurs der Antragsteller mußte demnach ein Erfolg versagt bleiben.

Im Hinblick auf die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels kam auch nach § 44 EisbEG (§ 18 Abs 4 MunLagG) ein Kostenzuspruch an die Antragsteller nicht in Betracht (6 Ob 624/88; vgl auch JBl 1983, 93).

Anmerkung

E26582

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1991:0040OB00535.91.0910.000

Dokumentnummer

JJT_19910910_OGH0002_0040OB00535_9100000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten