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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Pelant, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des PK in S, geboren 1981, vertreten durch Dr. Karl Baldauf, Rechtsanwalt in 7540 Güssing, Badstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 24. Februar 2005, Zl. 257.445/0-VIII/23/05, betreffend § 7 sowie § 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein aus dem Kosovo stammender Staatsangehöriger von Serbien und Montenegro, reiste gemäß seinen Angaben am 17. Dezember 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl. Bei seinen Einvernahmen am 18. Jänner 2005 und am 25. Jänner 2005 gab er zu seinen Fluchtgründen - zusammengefasst - an, der albanischen Volksgruppe anzugehören und den Kosovo verlassen zu haben, weil er von unbekannten Personen aufgefordert worden sei, sich ihnen zum Zweck der "Schutzgelderpressung" anzuschließen, andernfalls man ihn umbringen würde.
Mit Bescheid vom 27. Jänner 2005 wies das Bundesasylamt den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab. Außerdem sprach es aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Serbien und Montenegro in die Provinz Kosovo gemäß § 8 Abs. 1 AsylG zulässig sei, und dass der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet ausgewiesen werde. Das Bundesasylamt legte seiner Entscheidung ausdrücklich die Angaben des Beschwerdeführers zu Grunde, ging jedoch davon aus, dass der Beschwerdeführer den Schutz der internationalen Kräfte im Kosovo in Anspruch nehmen könne, welche willens und "grundsätzlich" auch in der Lage seien, ethnischen Albanern Schutz zu gewähren. Das Vorbringen des Beschwerdeführers habe daher "keine Asylrelevanz zu erlangen" vermocht. Da auch keine individuellen Umstände vorlägen, aus denen sich ergebe, dass der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr in den Kosovo in eine unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK maßgebliche extreme Notlage geraten würde, und mit der verfügten Ausweisung kein Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden sei, sei insgesamt spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung. Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass zwar die "theoretischen Grundlagen" zur Verfügung stünden, ihn zu schützen, dass aber konkret in der täglichen Praxis niemand in der Lage sei, dies auch zu tun, und zwar weder die Streitkräfte der Internationalen Staatengemeinschaft noch die "Kosovo-Police". Dabei verwies er auf die Vorfälle vom März 2004 und legte u.a. einen Bericht von Human Rights Watch vom 27. Juli 2004 vor, demzufolge die von der NATO geführten Kosovo-Truppen und die internationale Polizei der Vereinten Nationen während der Kosovo-Unruhen im März "auf erschütternde Weise" versagt hätten.
Die belangte Behörde wies die Berufung gemäß §§ 7, 8 AsylG ab. Sie erklärte, sich hinsichtlich festgestellten Sachverhalts, Beweiswürdigung und rechtlicher Beurteilung vollinhaltlich den zutreffenden Ausführungen der Erstbehörde anzuschließen.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die belangte Behörde hat sich mit der Berufung des Beschwerdeführers, deren konkreter Inhalt in der Begründung des angefochtenen Bescheides mit keinem Wort erwähnt wird, nicht erkennbar in der gebotenen Weise auseinander gesetzt. Sie hat auf diese vielmehr mit einem offenbar vorformulierten Textbaustein reagiert (siehe etwa ihren nahezu wortgleichen Bescheid vom 14. September 2005, einen Staatsangehörigen von Moldau betreffend, der dem hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0692, zu Grunde liegt), was im Ergebnis der Inanspruchnahme eines - der belangten Behörde im Gesetz nicht eingeräumten - Ablehnungsrechtes gleichkommt (zu ähnlich gelagerten Fällen vgl. neben dem eben erwähnten Erkenntnis auch die hg. Erkenntnisse je vom 27. September 2005, Zl. 2005/01/0313 und Zl. 2005/01/0401, sowie das hg. Erkenntnis vom 18. Oktober 2005, Zl. 2005/01/0457).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 26. Jänner 2006
Schlagworte
Inhalt der BerufungsentscheidungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005010229.X00Im RIS seit
19.02.2006