TE OGH 1992/7/7 3Ob60/92

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Veröffentlicht am 07.07.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta, Dr.Klinger, Dr.Angst und Dr.Graf als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt K*****, vertreten durch Dr.Otmar Franiek, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei Siegfried G*****, wegen S 11.697,84 sA, infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Rekursgerichtes vom 20.Mai 1992, GZ R 170/92-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Aspang vom 15. April 1992, GZ C 123/92a-2, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben.

Dem Erstgericht wird die Einleitung des Verfahrens unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Rechtsmittelkosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Der Kläger erhob beim Bezirksgericht die Klage auf Zahlung von S 11.697,84 sA. In kurzer Angabe der Tatsachen, auf welche sich der Anspruch gründet (§ 226 Abs. 1 ZPO, § 431 Abs. 1 ZPO), behauptete der Kläger, er habe gegen seinen Schuldner eine vollstreckbare Forderung von S 3.705,-- sA und S 7.992,84 an Kosten. Das Exekutionsgericht habe am 9.Jänner 1992 die Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten nach seinem Vermögensverzeichnis gegen den beklagten Drittschuldner zustehenden Forderung von S 130.000 bewilligt. Der Beklagte sei der Aufforderung zur Äußerung iSd § 301 Abs. 1 EO nicht nachgekommen.

Das Erstgericht hielt sich für sachlich unzuständig und wies die Klage von Amts wegen zurück. Nach § 55 Abs. 3 JN sei die ganze, S 75.000,- übersteigende Forderung für die Wertzuständigkeit maßgebend. Daß der Kläger nur einen die bezirksgerichtliche Wertgrenze des § 49 Abs. 1 JN nicht überschreitenden Teilbetrag der Forderung geltend mache, ändere daran nichts.

Das Rekursgericht bestätigte mit dem Ausspruch, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig. Nach dem maßgeblichen Vorbringen in der Klage (§ 41 Abs. 2 ZPO) sei dem Kläger vom Exekutionsgericht die Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten gegen den Drittschuldner zustehenden Gesamtforderung von S 130.000 bewilligt worden. Er mache mit seiner Klage einen Teil dieser Forderung geltend (§ 55 Abs. 3 JN).

Der Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Daß der in der Klage geltend gemachte Geldbetrag S 50.000,- nicht übersteigt, bedeutet nicht, daß der Revisionsrekurs nach § 528 Abs. 2 Z 1 ZPO jedenfalls unzulässig sei, weil sich der Entscheidungsgegenstand des Rekursgerichtes nach dem höchsten als Streitgegenstand in Betracht kommenden Betrag (hier S 130.000) bestimmt, wenn das Rekursgericht von diesem Wert des Streitgegenstandes ausgegangen ist (JBl. 1991, 595 ua). Daß der erstrichterliche Zurückweisungsbeschluß vom Rekursgericht zur Gänze bestätigt wurde, macht wegen des Vorliegens der Ausnahme nach § 528 Abs. 2 Z 2 letzter Halbsatz ZPO, daß die Klage ohne Sachentscheidung aus formellen Gründen zurückgewiesen worden ist, den Revisionsrekurs ebenfalls nicht unzulässig. Die Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 528 Abs. 1 ZPO ist gegeben, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist.

Die Frage der Anwendbarkeit des § 55 Abs. 3 JN wurde in der jüngsten Vergangenheit, mehrfach an den Obersten Gerichtshof herangetragen und übereinstimmend dahin beantwortet, daß im Fall der Drittschuldnerklage § 55 Abs. 3 JN nicht anzuwenden ist, weil die Regelung nur verhindern soll, daß durch willkürliche Teileinklagung die Zuständigkeit des Gerichtshofes umgangen wird. Diese Möglichkeit hat nur derjenige, dem die gesamte Forderung zusteht, nicht aber der Überweisungsgläubiger, dem zur Hereinbringung seiner vollstreckbaren Geldforderung nur bis zu deren Höhe die Forderung des Verpflichteten gepfändet und zur Einziehung überwiesen wurde. Da die vom Kläger betriebene Forderung den für die Zuständigkeit des Erstgerichtes maßgebenden Betrag von S 75.000,- (§ 49 Abs. 1 JN und Art. IX Z 2 lit. b sowie Art. XLI Z 7 lit. d WGN 1989) bei weitem nicht erreicht, wurde die Zuständigkeit des angerufenen Bezirksgerichtes zu Unrecht verneint (JBl. 1991, 595; 3 Ob 587/90 vom 28.November 1990; 7 Ob 675/90 vom 6.Dezember 1990; 2 Ob 611/90 vom 19.Dezember 1990; 5 Ob 605/90 vom 20.Dezember 1990; 7 Ob 678/90 vom 10.Jänner 1991; 2 Ob 501/91 vom 16.Jänner 1991). Der Überlegung des Erstgerichtes, der Beklagte müsse, falls er Zahlung geltend mache, beweisen, die gesamte Forderung getilgt zu haben, was für die Anwendung des § 55 Abs. 3 JN spreche, ist entgegenzuhalten, daß dies ebenso zuträfe, wenn bei Übertragung eines Teiles der Forderung eine behauptete Tilgung vor der Zession zu prüfen ist.

Daß in den verkürzten Klageangaben nicht zum Ausdruck kam, daß die Überweisung der gepfändeten Geldforderung von S 130.000,-- zur Einziehung nur nach Maßgabe des für den betreibenden Gläubiger begründeten Pfandrechtes (§ 303 Abs. 1 EO), also nur im Umfange der hereinzubringenden vollstreckbaren Geldforderung erfolgte, ändert daran nichts, weil bei der auf Grund dieser Angaben stattzufindenden Zuständigkeitsprüfung nach § 41 Abs. 1 JN nicht zu unterstellen war, das Exekutionsgericht habe dem Überweisungsgläubiger die Forderung des Verpflichteten gegen den Drittschuldner in einem über sein Pfandrecht hinausgehenden Teil unter Verstoß gegen das Gesetz überwiesen (vgl. auch § 57 JN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs. 1 ZPO.

Anmerkung

E31007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0030OB00060.92.0707.000

Dokumentnummer

JJT_19920707_OGH0002_0030OB00060_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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