TE OGH 1992/11/18 13Os105/92

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Veröffentlicht am 18.11.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.November 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger, Dr.Kuch, Dr.Massauer und Dr.Schindler als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Schneider als Schriftführerin in der Strafsache gegen Yat Sun T***** und einen anderen Angeklagten wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und 3 Z 3 SuchtgiftG und dem § 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde des Zollamtes K***** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Schöffengericht vom 26. Februar 1992, GZ 10 Vr 2188/91-31, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Generalanwaltes Dr.Kodek, und der Verteidiger Dr.Willenig und Dr.Weissborn, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in der Unterlassung der Beurteilung der Tat auch nach dem Finanzstrafgesetz aufgehoben und es wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Der Berufung der Staatsanwaltschaft wird teilweise Folge gegeben und es werden die über die Angeklagten Yat Sun T***** und Chi Tak L***** verhängten Freiheitsstrafen auf jeweils 4 (vier) Jahre erhöht. Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen den Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Yat Sun T***** und Chi Tak L***** wurden vom Landesgericht Klagenfurt des Verbrechens nach dem § 12 Abs 1 und 3 Z 3 SuchtgiftG, teilweise auch nach dem § 15 StGB schuldig erkannt, weil sie im bewußten und gewollten Zusammenwirken entgegen den bestehenden Vorschriften Suchtgift in einer die große Menge des § 12 Abs 1 SuchtgiftG um mehr als das 25-fache übersteigenden Menge, nämlich 1.752 Gramm Heroin mit einem reinen Heroinbaseanteil von zumindest 1.251 Gramm am 4.Dezember 1991 bei Gmünd, Niederösterreich, nach Österreich eingeführt (Punkt 1. des Schuldspruchs) und am 5.Dezember 1991 beim Zollamt Arnoldstein-Bahnhof aus Österreich auszuführen versucht haben (2.), indem sie es in doppelten Böden ihrer Reisetaschen versteckt hielten.

Rechtliche Beurteilung

Dieser Schuldspruch nach dem Suchtgiftgesetz ist nach Rückziehung der von der Staatsanwaltschaft erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde in Rechtskraft erwachsen. Das Zollamt Klagenfurt (das am Verfahren wegen Unterbleibens einer Verständigung nicht beteiligt gewesen war) bekämpft (nach der vom Obersten Gerichtshof veranlaßten Zustellung einer Urteilsausfertigung) den Schuldspruch wegen Fehlens einer Verurteilung auch wegen des Finanzvergehens des Schmuggels nach dem § 35 Abs 1 FinStrG mit auf den § 281 Abs 1 Z 10 StPO gestützter Nichtigkeitsbeschwerde.

Die Nichtigkeitsbeschwerde ist berechtigt.

Schon im Hinblick auf die Tatbeschreibung des Zollamtes Arnoldstein (AS 31 ff) war im vorliegenden Verfahren ungeachtet des Unterbleibens eines darauf abzielenden besonderen Verfolgungsantrages des öffentlichen Anklägers auch der Verdacht der Begehung von Finanzvergehen indiziert (EvBl 1981/195, 1982/122). Durch die verbotswidrige Einfuhr von Heroin kann nicht nur das Verbrechen nach dem § 12 (Abs 1 bis 4) SuchtgiftG, sondern damit idealkonkurrierend auch das Finanzvergehen des Schmuggels nach dem § 35 Abs 1 FinStrG verwirklicht werden, wobei darüber in den Fällen gerichtlicher Zuständigkeit im Sinne des § 53 FinStrG unabhängig von einer in diese Richtung zielenden Anklage der Staatsanwaltschaft oder einer Verfahrensbeteiligung der Finanzstrafbehörde abzusprechen ist.

Vom Grundsatz der Doppelbestrafung nach dem SuchtgiftG und dem FinStrG (siehe § 22 Abs 1 FinStrG) nimmt der § 24 a SuchtgiftG nur die Fälle der im Sinne der §§ 12 Abs 1, 14a oder 16 leg.cit. tatbildlichen Handlungen insoweit aus, als deren Strafbarkeit als Finanzvergehen mit dem Schuldspruch nach dem SuchtgiftG oder mit der vorläufigen Zurücklegung der Anzeige oder mit der vorläufigen Verfahrenseinstellung nach den §§ 17 und 19 SuchtgiftG entfällt.

Im vorliegenden Fall erging jedoch der Schuldspruch nach dem § 12 Abs 1 und Abs 3 SuchtgiftG und berührt somit die Strafbarkeit des (allenfalls) eintätig verwirklichten, zufolge des offensichtlich 500.000 S übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrages (vgl Suchtgiftpreisliste ON 25) in die gerichtliche Zuständigkeit (§ 53 Abs 2 lit a FinStrG) fallenden Finanzvergehens des Schmuggels nicht.

In der Frage der rechtlichen Beurteilung ist das Gericht nicht an die Anträge der Anklagebehörde gebunden (§ 262 StPO). Da rechtsirrig die Prüfung einer möglichen Unterstellung der Tat (auch) unter den Tatbestand des § 35 Abs. 1 FinStrG unterblieb, mangelt es dem Urteil insofern gemäß dem § 281 Abs 1 Z 10 StPO an Feststellungen zum strafbestimmenden Wertbetrag (§§ 35 Abs 4, 53 Abs 2 lit a FinStrG; vgl neuerlich EvBl 1981/195, 1982/122; SSt 52/38).

Der aufgezeigte Feststellungsmangel erfordert eine Verfahrenserneuerung im Umfang der Aufhebung in erster Instanz, sodaß in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wie im Spruch zu erkennen war.

Das Schöffengericht verhängte über die beiden Angeklagten nach dem § 12 Abs. 3 Z 3 SuchtgiftG eine Freiheitsstrafe von jeweils drei Jahren. Nach dem § 12 Abs. 5 SuchtgiftG verurteilte es die beiden Angeklagten überdies zur Zahlung einer Geldstrafe in der Höhe von je 100.000 S, im Fall der Uneinbringlichkeit zu jeweils zwei Monaten Ersatzfreiheitsstrafe. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die die "Übermenge" weit übersteigende Quantität des Suchtgiftes sowie beim Angeklagten T***** eine, allerdings schon sechs Jahre zurückliegende einschlägige Verurteilung wegen eines offensichtlich vergleichsweise geringen Suchtgiftdeliktes, als mildernd hingegen das reumütige Geständnis und beim Angeklagten L***** auch die bisherige Unbescholtenheit.

Die vom Angeklagten Yat Sun T***** erhobene Berufung wurde im Gerichtstag zurückgezogen.

Mit ihrer Berufung begehrt die Staatsanwaltschaft die Erhöhung der über die Angeklagten verhängten Strafen.

Vorweg ist festzuhalten, daß gemäß dem § 22 Abs. 1 FinStrG im Falle des eintätigen oder mehrtätigen Zusammentreffens von Finanzvergehen und strafbaren Handlungen anderer Art, abgesehen von den Fällen des § 22 Abs. 2 FinStrG und des § 24 a SuchtgiftG, die Strafen für die Finanzvergehen gesondert von den Strafen für die anderen strafbaren Handlungen zu verhängen sind. Diese gesonderten Strafaussprüche erfordern daher auch getrennte Strafbemessungsvorgänge. So kann beispielsweise einem Finanzvergehen wegen des Vorliegens gewichtiger Milderungsgründe geringe Strafwürdigkeit zukommen, während die strafbare Handlung anderer Art wegen gerade für ihren Bereich maßgeblicher besonders erschwerender Umstände eine strenge Ahndung erfordet. Auch könnten die bedeutenden Milderungsgründe in bezug auf das Finanzvergehen keineswegs die fehlenden Voraussetzungen für eine außerordentliche Strafmilderung beim allgemeinen Delikt substituieren. Schon dies läßt erkennen, daß die Strafaussprüche für Finanzvergehen einerseits und strafbare Handlungen andererseits ungeachtet ihrer Vereinigung in einem Straferkenntnis ihre Eigenständigkeit nicht verlieren.

Die lediglich aus den Gesetzesmaterialien (AB 1548 d Blg NR 13.GP 2) abgeleitete Auffassung, es müßte bei Wegfall eines dieser Strafaussprüche wegen des Erfordernisses eines neuerlichen Rechtsganges auch der andere Strafausspruch aufgehoben werden, weil für die Strafbemessung eine Gesamtwürdigung der Straftaten maßgebend sein solle (14 Os 30/92), findet im Gesetzestext - dessen klarem Wortlaut nach - keine Deckung. Ihr kann daher - abgesehen davon, daß ja eine solche Gesamtwürdigung auch durch den zeitversetzten Ausspruch der Strafsanktionen nicht absolut ausgeschlossen würde - nicht gefolgt werden.

Demnach hatte der Oberste Gerichtshof über die Berufung der Staatsanwaltschaft, die sich auf den Strafausspruch nach dem SuchtgiftG bezieht und auf eine Erhöhung der Freiheits- und Geldstrafen abzielt, sogleich zu entscheiden. Dieses Rechtsmittel ist zum Teil begründet.

Mit Recht vermeint die Berufungswerberin, die über die Angeklagten verhängten Freiheitsstrafen wären zu gering ausgemessen worden. Angesichts der die "Übermenge" um ein Vielfaches übersteigenden Menge des eingeführten und auszuführen versuchten Suchtgiftes und der damit verbundenen enormen Gefährdung von Menschen erweist sich - bei Bedacht auf die an sich vom Erstgericht vollständig angeführten besonderen Strafzumessungsgründe - eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von jeweils vier Jahren als tätergerecht und schuldangemessen. Insofern kommt der Berufung Berechtigung zu.

Nicht begründet ist aber das Begehren auf Erhöhung der Geldstrafen. Die nach dem § 12 Abs. 5 SuchtgiftG auszumessende Geldstrafe soll den Nutzen übersteigen, den der Täter durch die strafbare Handlung erzielt hat oder erzielen wollte. Nach den Urteilsfeststellungen sollte jeder der beiden Angeklagten für die Tätigkeit als Suchtgiftkurier 5.000 US-Dollar erhalten. Bei Berücksichtigung dieses beabsichtigten Nutzens kann von einer zu geringen Höhe der mit jeweils 100.000 S bemessenen Geldstrafe keine Rede sein.

Es war daher insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

Anmerkung

E30402

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0130OS00105.9200012.1118.000

Dokumentnummer

JJT_19921118_OGH0002_0130OS00105_9200012_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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