TE OGH 1992/12/16 2Ob583/92

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Veröffentlicht am 16.12.1992
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Melber, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr.Wolfgang Jeannee und Dr.Peter Lösch, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) P***** KG, 2.) P***** Handelsgesellschaft mbH, beide *****, beide vertreten durch Dr.Herbert Hüttner, Rechtsanwalt in Graz, wegen S 2,000.000,-- sA und Feststellung (S 50.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 27.Juli 1992, GZ 3 R 133/92-19, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 20.Mai 1992, GZ 14 Cg 96/91-14, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung:

Gegen das beim Handelsgericht Wien erhobene Klagebegehren auf Bezahlung von S 2,000.000,-- sA und auf Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle Schäden aus der Nichteinhaltung des von der Erstbeklagten am 9.7.1990 und am 8.8.1990 abgegebenen unwiderruflichen Kaufanbots, wendeten die beklagten Parteien die örtliche Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein, weil sie ihren Sitz in Graz hätten. Die klagende Partei replizierte, daß sie ihre Klage auf den Wahlgerichtsstand des § 87 Abs 2 JN stütze, weil die beklagten Parteien eine Zweigniederlassung in Wien hätten. Das Erstgericht schränkte das Verfahren auf die Prüfung der Frage der örtlichen Zuständigkeit ein. Nach einer weiteren Tagsatzung verwarf es die erhobene Einrede und verpflichtete die beklagten Parteien zum Kostenersatz. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der beklagten Parteien Folge und wies die Klage mit rechtskräftig gewordenem Beschluß zurück. Das Erstgericht griff den in der Rekursbeantwortung erhobenen Antrag der klagenden Partei auf und überwies die Rechtssache gemäß § 261 Abs 6 ZPO an das Landesgericht für ZRS Graz als Handelsgericht. Das Rekursgericht gab dem von den beklagten Parteien erhobenen Rekurs Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Antrag der klagenden Partei auf Überweisung der Rechtssache an das Landesgericht für ZRS Graz zurückwies und der klagenden Partei die Bezahlung der Verfahrenskosten auftrug; es erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig.

Das Rekursgericht führte aus, daß gegen den Überweisungsbeschluß zwar nach § 261 Abs 6 Satz 5 ZPO, mit Ausnahme der Entscheidung über die Kosten des Zuständigkeitsstreites, ein Rechtsmittel nicht zulässig sei; das Rechtsmittelverbot bestehe aber dann nicht, wenn eine Überweisung ausgesprochen wurde, die ausdrücklich gegen die gesetzlichen Vorschriften des § 261 Abs 6 ZPO verstößt (Fasching III, 218), wenn die Überweisung den Bestimmungen in einem solchen Maß widerspricht, daß der Sinn des dort verfügten Rechtsmittelausschlusses nicht mehr gegeben ist, so etwa wenn die Überweisung ohne Antrag oder ohne einen der Bestimmung des § 261 Abs 6 ZPO entsprechenden Antrag erfolgt ist, wenn die Klage an ein Gericht überwiesen worden ist, das der Kläger gar nicht bezeichnet hat, oder wenn die Überweisung gegen die Bindungswirkung einer Zuständigkeitsentscheidung verstößt, sodaß es zu einem unerwünschten Aufrollen der Zuständigkeitsfrage kommt, wenn das Gericht eine längst geheilte Unzuständigkeit aufgreifen wollte (Fasching aaO; vgl weiters Simotta, Der Überweisungsantrag nach § 230a ZPO, JBl 1988, 359/366 f, jeweils mit Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Das Erstgericht habe auf Grund eines verspätet nach Schluß der abgesonderten Verhandlung über die Frage der Zuständigkeit gestellten Antrages den Überweisungsbeschluß nach § 261 Abs 6 ZPO gefaßt und weiters außer acht gelassen, daß die Klage bereits zurückgewiesen wurde.

Auch eine Überweisung nach § 230a ZPO sei nicht zulässig. Für den Überweisungsantrag nach § 230a ZPO bestehe eine Notfrist von 14 Tagen nach Zustellung des Zurückweisungsbeschlusses. Wenn man davon ausgehe, daß die Klägerin ihren überhaupt nicht begründeten Überweisungsantrag auf § 230a ZPO stützen wollte, stehe einer Überweisung nach dieser Gesetzesstelle entgegen, daß die Klägerin bereits vorher Gelegenheit hatte, einen Überweisungsantrag nach § 261 Abs 6 ZPO zu stellen (EvBl 1987/69).

In der Lehre werde zwar die Ansicht vertreten, daß ein Überweisungsantrag nach § 230a ZPO auch dann zulässig sei, wenn die Klagszurückweisung nach einer mündlichen Verhandlung (über die Unzuständigkeit) erfolgt ist (Simotta, 360 ff; Fasching ZPR2 Rz 226). Jedenfalls sei aber Voraussetzung, daß vorher keine Gelegenheit zum Überweisungsantrag nach § 261 Abs 6 ZPO bestand. Daß dies hier der Fall gewesen wäre, habe die Klägerin überhaupt nicht vorgebracht; es bestehe dafür auch keinerlei Anhaltspunkt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der klagenden Partei. Der Revisionsrekurs ist zuässig, die Rechtsmittelausführungen sind jedoch nicht stichhältig; vielmehr erweist sich die damit bekämpfte Begründung des Rekursgerichtes als zutreffend (§ 510 Abs 3 ZPO). Zu ergänzen ist, daß die vom Rekursgericht vertretene Auffassung auch mit jener der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes 7 Ob 615/84 übereinstimmt. Deshalb ist auch im vorliegenden Fall davon auszugehen, daß ein Überweisungsbeschluß, der gegen die Bindungswirkung der Zurückweisung der Klage verstößt, auf gesetzwidrige Weise zustandekam, was zur Folge hat, daß der Rechtsmittelausschluß der §§ 261 Abs 6, 230a ZPO nicht zum Tragen kommt (RZ 1981/2; SZ 44/36; SZ 43/212 ua). Dies wäre im übrigen mit dem Zweck des genannten Rechtsmittelausschlusses (vgl 8 Ob 607/91 und die dort dargestellte Literatur und Judikatur) nicht zu vereinbaren.

Dem Revisionsrekurs war somit der Erfolg zu versagen.

Der Kostenausspruch beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E30739

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1992:0020OB00583.92.1216.000

Dokumentnummer

JJT_19921216_OGH0002_0020OB00583_9200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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