Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AsylG 1997 §23 Abs3 idF 2003/I/101;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Berger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der Q (vormals L) in W, geboren am 16. August 1971, vertreten durch Dr. Herbert Grün, Rechtsanwalt in 1060 Wien, Gumpendorferstraße 5, gegen den unabhängigen Bundesasylsenat wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit nach dem Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Den Beschwerdeausführungen und den Beilagen zur Beschwerde ist folgender Sachverhalt zu entnehmen:
Mit Bescheid vom 27. März 2005 hat das Bundesasylamt den am 15. Dezember 2003 gestellten Asylantrag der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen von China, gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der Beschwerdeführerin nach China festgestellt. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom 6. April 2005 Berufung. Mit Anwaltsschreiben vom 17. Oktober 2005 zog die Beschwerdeführerin ihren Asylantrag zurück.
In der am 15. März 2006 eingebrachten Säumnisbeschwerde macht die Beschwerdeführerin geltend, durch die "Nichterledigung der Berufung vom 27.3.2005 (richtig: 6. April 2005) innerhalb der Sechsmonatsfrist des § 27 VwGG" in ihrem "Recht auf Entscheidungspflicht der Behörde nach Art. 132 B-VG" verletzt zu sein. Die Beschwerdeführerin habe - "zur Wahrung der Geltendmachung meiner Asylgründe zu einem allenfalls späteren Zeitpunkt" - ein rechtliches Interesse an der Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides.
Die Beschwerde ist nicht zulässig. Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Gemäß § 73 Abs. 1 erster Satz AVG sind die Behörden verpflichtet, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, über Anträge von Parteien (§ 8) und Berufungen ohne unnötigen Aufschub, spätestens aber sechs Monate nach deren Einlangen den Bescheid zu erlassen. Ist in dem in der Beschwerde bezogenen Verfahren keine Berufung des Beschwerdeführers (mehr) anhängig, so ist die belangte Behörde insoweit gemäß § 73 Abs. 1 AVG nicht entscheidungspflichtig, sodass es an einer Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Säumnisbeschwerde fehlt und der Beschwerdeführer zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht gemäß Art. 132 B-VG nicht berechtigt ist (vgl. den hg. Beschluss vom 31. März 1993, Zl. 93/01/0035). Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdeführerin schon vor Einbringung der Säumnisbeschwerde zwar nicht die Berufung, aber ihren Asylantrag zurückgezogen.
In Bezug auf die Zurückziehung von Asylanträgen bestimmt § 23 Abs. 3 AsylG in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003:
"(3) Die Zurückziehung eines Asylantrages ist unzulässig (§ 31 Abs. 2); die Behörde hat jedenfalls über den Asylantrag abzusprechen, es sei denn, das Verfahren wird eingestellt oder der Antrag wird als gegenstandslos abgelegt (§ 40a Abs. 3). Eine Zurückziehung des Asylantrages im Stadium der Berufung gilt als Zurückziehung der Berufung."
Gemäß § 44 Abs. 1 AsylG in der Fassung der AsylG-Novelle 2003 sind Verfahren zur Entscheidung über Asylanträge und Asylerstreckungsanträge, die bis zum 30. April 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des AsylG 1997 idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 126/2002 zu führen. Gemäß § 44 Abs. 3 AsylG sind aber "die §§ 8, 15, 22, 23 Abs. 3, 5 und 6, 36, 40 und 40a in der Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 (...) auch auf Verfahren gemäß Abs. 1 anzuwenden".
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 30. März 2006, Zl. 2003/20/0345, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ausgesprochen hat, ergibt sich aus dieser Übergangsbestimmung, dass die im § 23 Abs. 3 AsylG idF der AsylG-Novelle 2003 normierte Unzulässigkeit der Zurückziehung des Asylantrages und die im Zusammenhang damit getroffene Regelung, dass eine solche Antragsrückziehung im Stadium der Berufung als Zurückziehung der Berufung gelte, für Asylanträge maßgeblich ist, die - wie im vorliegenden Fall - bis zum 30. April 2004 gestellt und nach diesem Zeitpunkt zurückgezogen wurden. Im Beschwerdefall galt daher die im Stadium der Berufung vorgenommene Antragszurückziehung als Zurückziehung der Berufung.
Da in dem der vorliegenden Säumnisbeschwerde zugrunde liegenden Asylverfahren im Hinblick auf die als Zurücknahme der Berufung geltende Erklärung der Beschwerdeführerin vom 17. Oktober 2005 bei Einbringung der Beschwerde keine Berufung der Beschwerdeführerin (mehr) anhängig war, traf die belangte Behörde keine Entscheidungspflicht. Es fehlt daher an einer Voraussetzung für die Zulässigkeit der Säumnisbeschwerde.
Die Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 27. April 2006
Schlagworte
Verletzung der Entscheidungspflicht Diverses Zurückweisung - EinstellungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2006200050.X00Im RIS seit
13.07.2006Zuletzt aktualisiert am
26.06.2017