TE Vwgh Erkenntnis 2006/5/23 2006/11/0025

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Veröffentlicht am 23.05.2006
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
43/01 Wehrrecht allgemein;
44 Zivildienst;

Norm

AVG §58 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
WehrG 2001 §24 Abs1;
ZDG 1986 §2 Abs2;
ZDG 1986 §2 Abs4;
ZDG 1986 §5a Abs1 Z3;
ZDG 1986 §5a Abs3 Z4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des B in H, vertreten durch Mag. Stephan Wirth, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Belruptstraße 6, gegen den Bescheid des Militärkommandos Vorarlberg vom 15. Dezember 2005, Zl. V/85/02/03/00, betreffend Einberufung zum Grundwehrdienst, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem oben genannten Bescheid wurde der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 3. April 2006 zur Leistung des Grundwehrdienstes einberufen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird vorgebracht, der Beschwerdeführer habe am 23. Dezember 2005 eine Zivildiensterklärung abgegeben. Mit Bescheid des Leiters der Zivildienstagentur vom 5. Jänner 2006 sei festgestellt worden, dass das Recht zur Abgabe der Zivildiensterklärung vom 23. Dezember 2005 zu diesem Zeitpunkt gemäß § 5a Abs. 1 Z. 3 iVm § 1 Abs. 2 zweiter Satz ZDG infolge Ruhens dieses Rechts ausgeschlossen gewesen sei und dass die Zivildiensterklärung die Zivildienstpflicht nicht habe eintreten lassen, dieser Bescheid sei jedoch infolge Erhebung der Berufung nicht rechtskräftig. Der erste Zustellversuch hinsichtlich des Einberufungsbefehls vom 15. Dezember 2005 sei am 22. Dezember 2005 erfolgt. Am 23. Dezember 2005 sei das Schriftstück zur Abholung beim Postamt hinterlegt worden. Auf Grund der Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers von der Zustelladresse vom 20. Dezember 2005 bis zum 5. Jänner 2006 infolge seines Aufenthaltes in Deutschland bei E. an einer näher bezeichneten Adresse habe das Schriftstück des Militärkommandos Vorarlberg erst am 5. Jänner 2006, dem Tag der Rückkehr des Beschwerdeführers, behoben werden können. Es wurde zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Einberufungsbefehl bereits am 23. Dezember 2005 zugestellt worden sei. Die Voraussetzungen für eine Einberufung lägen nicht vor, weil der Beschwerdeführer fristgerecht eine Zivildiensterklärung abgegeben habe und nicht wehrpflichtig, sondern zivildienstpflichtig sei.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und verwies auf eine (nicht gefertigte) Gegenschrift. In dieser wird bestätigt, dass der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Leiters der Zivildienstagentur vom 5. Jänner 2006 Berufung erhoben habe, über die noch nicht entschieden worden sei.

Mit Note vom 25. April 2006 legte die belangte Behörde eine Ausfertigung eines Bescheides der Bundesministerin für Inneres vom 20. April 2006 vor, mit dem - ausgehend von der näher begründeten Annahme, dass der angefochtene Einberufungsbefehl erst am 6. Jänner 2006 wirksam wurde - der Eintritt der Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers mit 23. Dezember 2005 (dem Tag der Einbringung der Zivildiensterklärung) festgestellt wurde. Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, der angefochtene Einberufungsbefehl sei "daher gemäß § 5 Abs. 2 des Zivildienstgesetzes 1986 unwirksam" geworden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Hinsichtlich der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 25. April 2006, Zl. 2006/11/0011, verwiesen.

2. Der angefochtene Bescheid ist nur dann rechtmäßig, wenn der Beschwerdeführer bei Erlassung des Einberufungsbefehls noch wehrpflichtig im Sinne des § 24 Abs. 1 WG 2001 war. Dies wäre zu verneinen, wenn der Beschwerdeführer bei Erlassung des angefochtenen Bescheides bereits der Zivildienstpflicht unterlag, was gemäß § 2 Abs. 4 ZDG (im Hinblick auf die behauptete Zivildiensterklärung vom 23. Dezember 2005 hier noch in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 106/2005) die Einbringung einer mängelfreien Zivildiensterklärung voraussetzte (vgl. auch hiezu das erwähnte hg. Erkenntnis vom 25. April 2006). Eine Zivildiensterklärung wäre gemäß § 5a Abs. 3 Z. 4 und Abs. 1 Z. 3 iVm § 2 Abs. 2 ZDG mangelhaft, wenn sie ab dem zweiten Tag vor der Einberufung erstattet wurde.

Diesbezüglich enthält der angefochtene Bescheid aber keine Feststellungen. Die Relevanz dieses Begründungsmangels (vgl. dazu erneut das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 25. April 2006) hat der Beschwerdeführer mit dem Hinweis, er habe infolge Ortsabwesenheit im Sinne des § 17 des Zustellgesetzes den angefochtenen Bescheid erst am 5. Jänner 2006, am Tag seiner Rückkehr aus der Bundesrepublik Deutschland, übernommen, weshalb die Zustellwirkung erst zu diesem Zeitpunkt eingetreten sei, habe aber bereits am 23. Dezember 2005 eine Zivildiensterklärung eingebracht, aufgezeigt. Gründe, weshalb die Zustellung des angefochtenen Bescheides bereits vor Einbringung der Zivildiensterklärung wirksam erfolgt sein sollte, bringt die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift nicht vor.

Aus diesen Erwägungen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Entgegen der Auffassung der belangten Behörde kann der von der Bundesministerin für Inneres festgestellte Eintritt der Zivildienstpflicht des Beschwerdeführers mit 23. Dezember 2005 nicht zur Unwirksamkeit des angefochtenen Bescheides führen, weil zufolge des von der belangten Behörde ins Treffen geführten § 5 Abs. 2 (dritter Satz) ZDG mit dem Eintritt der Zivildienstpflicht nur "eine bestehende Einberufung unwirksam" wird. Gerade das Bestehen einer Einberufung im Zeitpunkt der Einbringung der Zivildiensterklärung wird aber von der Bundesministerin für Inneres verneint.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 23. Mai 2006

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel Besondere Rechtsgebiete

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006110025.X00

Im RIS seit

06.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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