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L66505 Flurverfassung Zusammenlegung landw GrundstückeNorm
FlVfGG §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des J P in F, vertreten durch Dr. Hans-Moritz Pott, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Döllacherstraße 1, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 13. Mai 2005, Zl. LAS- 3/21/22-2005, betreffend eine Minderheitsbeschwerde (mitbeteiligte Partei: Agargemeinschaft N, vertreten durch den Obmann J G, XXXX 19), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Bei der ordentlichen Vollversammlung der Agrargemeinschaft N am 28. April 1999 wurde ein Vielzahl von Beschlüssen gefasst, die Mehrzahl davon gegen die Stimme gegen des Beschwerdeführers.
Mit Schreiben vom 7. Mai 1999 erhob der Beschwerdeführer "Einspruch bzw. Aufsichtsbeschwerde gegen sämtliche Punkte bzw. Beschlüsse von der Vollversammlung der Argargemeinschaft N vom 28. April 1999" an die Salzburger Agrarbehörde (AB).
Er begründete dies damit, die Verhandlungen des "selbstgewählten Obmannes J G" würden keineswegs korrekt geführt, der "selbstgewählte Obmann" werde keineswegs als Obmann anerkannt und die Anteilsübertragung sei nicht rechtskräftig bzw. nicht rechtmäßig erfolgt.
Die AB führte am 29. Juli 1999 eine mündliche Verhandlung durch.
Mit Bescheid vom 10. März 2000 wies die AB die Beschwerde als unbegründet ab.
In der Begründung heißt es, der Beschwerdeführer habe sich in seiner Beschwerde allgemein über alle in der Vollversammlung vom 28. April 1999 gefassten Beschlüsse beschwert und diese allgemeine Beschwerde im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 29. Juli 1999 dahingehend konkretisiert, dass seine Argumente nicht entsprechend berücksichtigt und keine ausreichende Diskussion über die Tagesordnungspunkte geführt worden sei. Das Protokoll gebe nach seinen Angaben lediglich eine kurze Eintragung über die Beschlussfassung wieder und keine weitergehenden Meldungen.
Dem sei entgegenzuhalten, dass das der AB vorliegende Vollversammlungsprotokoll vom 28. April 1999 im Sinne der Bestimmungen der Verwaltungssatzungen des Regulierungsplanes ordnungsgemäß geführt worden sei und aus den zu den einzelnen Tagesordnungspunkten ersichtlichen Eintragungen zweifelsfrei der Abstimmungsvorgang zu den einzelnen Beschlüssen nachvollziehbar sei. Nach § 9 der Verwaltungssatzungen seien im Vollversammlungsprotokoll lediglich die Beschlüsse der Vollversammlung vom Obmann zu protokollieren. Es sei nicht unbedingt erforderlich, zu den einzelnen Tagesordnungspunkten ausschweifende Diskussionen festzuhalten. Nachdem es der Beschwerdeführer versäumt habe, konkrete Beschwerden zu einzelnen Tagesordnungspunkten einzubringen, habe seiner allgemeinen Beschwerde gegen die Vollversammlung vom 28. April 1999 nicht stattgegeben werden können.
Zu dem Beschwerdepunkt, dass der selbstgewählte Obmann der Agrargemeinschaft nicht als Obmann anerkannt werde, sei festzuhalten, dass nach dem der Behörde vorliegenden Auszug aus dem Vollversammlungsprotokoll vom 30. April 1997 der derzeitige Obmann mehrstimmig gewählt worden sei und unter Berücksichtigung der im § 10 des Regulierungsplanes enthaltenen fünfjährigen Dauer einer Obmannstelle derzeit als "gültiger Obmann" für die Agrargemeinschaft fungiere. Es sei daher unerheblich, ob der derzeitige Obmann vom zweiten Mitglied der Agrargemeinschaft anerkannt werde oder nicht. Wenn der Beschwerdeführer in der Verhandlung am 29. Juli 1999 eingewendet habe, der Obmann habe keine Wirtschaftsberechtigung, weil er seinen Anteil an seiner Liegenschaft verpachtet habe, sei dem entgegenzuhalten, dass der Obmann zu einer ideellen Hälfte grundbücherlicher Miteigentümer der im Regulierungsplan als Stammsitzliegenschaft enthaltenen Liegenschaft EZ 23 KG F (W-Gut) sei und somit die persönlichen Voraussetzungen zur Innehabung einer Obmannstelle habe. Wenn nun der Obmann seine Hälfte aus pensionsrechtlichen Gründen an seine Ehegattin verpachtet habe, so sei dies für seine Qualifikation als Obmann unerheblich. Nach § 2 der Verwaltungssatzungen sei Mitglied der Agrargemeinschaft, wer Eigentümer eines anteilsberechtigten Gutes (Stammsitzliegenschaft) sei.
Zum 3. Beschwerdepunkt im Zusammenhang mit der Anteilsübertragung, mit welcher das W-Gut die ihm nunmehr zustehenden Anteile an der Agrargemeinschaft erworben habe, sei festzuhalten, dass diese Anteilsübertragung bereits seit ca. 20 Jahren in Rechtskraft erwachsen sei.
Der Beschwerdeführer berief.
Er verwies auf seine "Aufsichtsbeschwerde" vom 7. Mai 1999 und seine Stellungnahme bei der agrarbehördlichen Verhandlung vom 23. Juli 1999 und fügte noch hinzu, der Obmann mit seinen bereits über 70 Jahren habe zumindest zeitweise Schwierigkeiten, "sein Tun und Handeln zu realisieren und damit die Obmannsfunktion ordnungsgemäß auszuüben". Was die Anteilsübertragung betreffe, so könne eine rechtswidrige Entscheidung niemals in Rechtskraft erwachsen.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 13. Mai 2005 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab, änderte aber den erstinstanzlichen Bescheid dahingehend ab, dass die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen die Beschlüsse der Vollversammlung der Agrargemeinschaft vom 28. April 1999 hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 5 (Feuerteich) und der (im zweiten Teil der Tagesordnung enthaltenen) Tagesordnungspunkte 2 (Viehauftrieb, Gräser), 3 (Forstwegebau), 4 (Forstwegebau "F-Wiese"), 8 (Holzabmaßstelle) und 19 (Einebnung der Ameisenhügel) als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Die Umwandlung der von der Erstbehörde ausgesprochenen Abweisung der Beschwerde in eine teilweise Zurückweisung begründete die belangte Behörde damit, der Beschwerdeführer habe in den Punkten, in denen nunmehr seine Beschwerde zurückgewiesen werde, laut Vollversammlungsprotokoll den betreffenden Tagesordnungspunkten zugestimmt, sodass es ihm an einer Beschwerdeberechtigung fehle.
Weiters führt die belangte Behörde aus, der Einwand des Beschwerdeführers, der derzeitige Obmann der Agrargemeinschaft sei mit seiner Liegenschaft zu Unrecht Mitglied der Agrargemeinschaft geworden, sei unzutreffend. Dazu werde auf den rechtskräftigen Bescheid der AB vom 28. Juli 1977 verwiesen, mit welchem festgestellt worden sei, dass das W-Gut des Obmannes Stammsitzliegenschaft der Agrargemeinschaft sei.
Was die Nichtanerkennung des Obmannes betreffe, so sei auf die Feststellungen der Erstinstanz zu verweisen. Gleiches gelte für die Behauptung, der Obmann habe bei seiner Stammsitzliegenschaft keine Bewirtschaftungsberechtigung mehr.
Auch eine unkorrekte Verhandlungsführung des Obmannes sei nicht festzustellen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.
Dieser lehnte mit Beschluss vom 26. September 2005, B 726/05- 4, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer vor, er habe bereits in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde vorgebracht, dass ihm das Recht, den neuen Weg zu benützen, auf Grund einseitiger Anordnung des Obmannes verwehrt werde. Dadurch seien wesentliche Interessen des Beschwerdeführers verletzt. Die belangte Behörde hätte dies abstellen müssen. Dies habe sie aber nicht getan.
Die belangte Behörde habe sich auch mit den Argumenten des Beschwerdeführers nicht auseinander gesetzt.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet, und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zum Zeitpunkt der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides lautete § 40 des Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetzes 1973, LGBl. Nr. 1/1973 (FLG):
"Aufsicht über die Agrargemeinschaften
§ 40
(1) Die Agrargemeinschaften unterliegen der Aufsicht der Agrarbehörde. Die Aufsicht bezieht sich auf die Einhaltung der Bestimmungen dieses Gesetzes und des Regulierungsplanes bzw. eines vorläufigen Bescheides (§ 88).
(2) Die Agrarbehörde ist befugt, sich über alle Angelegenheiten der Agrargemeinschaften zu unterrichten. Diese sind verpflichtet, die von der Agrarbehörde verlangten Auskünfte zu erteilen, Geschäftsstücke vorzulegen und Prüfungen an Ort und Stelle vornehmen zu lassen.
(3) Unterläßt eine Agrargemeinschaft die Bestellung der Organe oder vernachlässigen die Organe ihre satzungsgemäßen Aufgaben, hat die Agrarbehörde nach vorheriger Androhung das Erforderliche auf Gefahr und Kosten der Agrargemeinschaft zu veranlassen; sie kann in einem solchen Fall insbesondere einen Verwalter mit einzelnen oder allen Befugnissen auf Kosten der Agrargemeinschaft betrauen, die Verwaltung der Gemeinschaft und die Ausübung der Nutzungen vorläufig regeln (§ 88) und die Errichtung und Erhaltung von gemeinsamen wirtschaftlichen Anlagen oder sonstige Handlungen, zu der die Agrargemeinschaft verpflichtet ist, durch Dritte durchführen lassen.
(4) Beschlüsse, die gegen Gesetze oder den Regulierungsplan bzw. den vorläufigen Bescheid verstoßen, sind von der Agrarbehörde aufzuheben.
(5) Über Streitigkeiten, die zwischen den Mitgliedern einer Agrargemeinschaft oder zwischen den Mitgliedern einer körperschaftlich eingerichteten Agrargemeinschaft und dieser oder ihren Organen aus dem Mitgliedschaftsverhältnis entstehen, entscheidet die Agrarbehörde."
Durch die Novelle LGBl. Nr. 58/2003 erhielt Abs. 4 folgende Fassung:
"(4) Beschlüsse und Verfügungen, die gegen Gesetze, den Regulierungsplan, den Wirtschaftsplan, die Verwaltungssatzungen oder den vorläufigen Bescheid verstoßen und wesentliche Interessen der Agrargemeinschaft bzw ihrer Mitglieder verletzen, können von der Agrarbehörde auch von Amts wegen aufgehoben werden. Im Verfahren kommt der Agrargemeinschaft Parteistellung zu."
Weiters wurde dem § 40 folgender Abs. 6 angefügt:
"(6) Die Agrarbehörde entscheidet über Beschwerden gegen Beschlüsse und Verfügungen der Vollversammlung oder anderer Organe der Agrargemeinschaft. Die Beschwerden sind längstens zwei Wochen nach Bekanntwerden des Beschlusses bzw der Verfügung schriftlich bei der Agrarbehörde einzubringen und zu begründen. Bei Beschlüssen der Vollversammlung beträgt die Beschwerdefrist für Mitglieder, die zur Vollversammlung ordnungsgemäß geladen waren, zwei Wochen ab Beschlussfassung, ansonsten drei Monate. Ordnungsgemäß geladene Mitglieder sind nur berechtigt, Beschwerde zu erheben, wenn sie bei der Vollversammlung anwesend bzw vertreten waren und gegen den Beschluss gestimmt haben. Die Agrarbehörde hat Beschlüsse und Verfügungen wegen Verstoßes gegen die im Abs 4 genannten Vorschriften aufzuheben, wenn sie wesentliche Interessen des Beschwerdeführers verletzen. Andernfalls kann die Agrarbehörde die weitere Behandlung der Beschwerde schriftlich ablehnen. Mit Bescheid ist nur zu entscheiden, wenn dies vom Beschwerdeführer binnen zwei Wochen ab Mitteilung der Ablehnung schriftlich begehrt wird. Im Verfahren haben die Agrargemeinschaft und der Beschwerdeführer Parteistellung."
Nach § 123 Abs. 1 der Novelle LGBl. Nr. 58/2003 trat § 40 in der Fassung dieser Novelle mit 1. Juli 2003 in Kraft.
Hinsichtlich anhängiger Verfahren bestimmt § 123 Abs. 2 und 3 FLG Folgendes:
"(2) Die Bestimmungen der §§ 1 Abs 1 und 2, 20 Abs 1 und 2, 91 und 91a sind auch auf Verfahren, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes noch nicht abgeschlossen sind, anzuwenden. Im Übrigen sind auf solche Verfahren die bisher geltenden Bestimmungen weiterhin anzuwenden.
(3) Dem § 40 Abs 6 in der neuen Fassung entgegenstehende Bestimmungen in Regulierungsplänen, Verwaltungssatzungen oder Bescheiden sind nicht mehr anzuwenden; an deren Stelle treten die Bestimmungen des § 40 Abs 6. Für Beschwerden gegen Beschlüsse und Anordnungen, die vor diesem Zeitpunkt getroffen wurden, gelten die bisherigen Fristen. In Regulierungsplänen festgelegte schiedsgerichtliche Bestimmungen bleiben davon unberührt."
Da das agrarbehördliche Verfahren bereits vor dem Inkrafttreten der FLG-Novelle 2003 anhängig war, war auf dieses Verfahren gemäß § 123 Abs. 2 FLG auch nach dem Inkrafttreten der Novelle § 40 FLG in der vor dieser Novelle geltenden Fassung anzuwenden. § 123 Abs. 3 FLG, der Regulierungsplänen, Verwaltungssatzungen und Bescheiden derogiert, die dem durch die Novelle geschaffenen § 40 Abs. 6 FLG widersprechen, spielt im Beschwerdefall keine Rolle.
Eine Wegbenützung war nicht Gegenstand der Beschlussfassung der Vollversammlung vom 28. April 1999 und konnte daher auch nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides sein. Mit dem Vorbringen betreffend die Wegebenützung vermag der Beschwerdeführer daher keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.
Dass sich die belangte Behörde mit den Argumenten des Beschwerdeführers nicht auseinander gesetzt hat, trifft nicht zu. Der Beschwerdeführer erörtert auch nicht, welche Argumente er meint und zu welch anderem Ergebnis die belangte Behörde bei der vom Beschwerdeführer vermissten Auseinandersetzung mit seinen Argumenten hätte kommen können. Ein Grund im Sinn des § 40 FLG für die Aufhebung der bekämpften Vollversammlungsbeschlüsse lag für die belangte Behörde nicht vor.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich im Rahmen der gestellten Anträge auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 1. Juni 2006
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2005070154.X00Im RIS seit
29.06.2006