Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §18 Abs3 idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, in der Beschwerdesache des D, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. März 2003, Zl. 843.896/8- II/3/03, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Bundespolizeidirektion Wien wies mit Bescheid vom 23. Oktober 2001 den Antrag des Beschwerdeführers, eines "algerischen bzw. französischen" Staatsangehörigen, auf Aufhebung eines gegen ihn erlassenen unbefristeten Aufenthaltsverbotes gemäß § 44 Fremdengesetz 1997 ab.
Mit Antrag vom 14. Mai 2002 begehrte der Beschwerdeführer wegen Säumigkeit der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien die Entscheidung des Bundesministers für Inneres über seine Berufung gegen den genannten Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien.
Mit seiner beim Verwaltungsgerichtshof am 19. November 2002 eingelangten Beschwerde (Zl. 2002/21/0195) rügte er die Verletzung der Entscheidungspflicht durch den Bundesminister für Inneres. Mit Verfügung vom 27. November 2002, zugestellt am 18. Dezember 2002, forderte der Verwaltungsgerichtshof den Bundesminister für Inneres auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.
Mit dem nunmehr angefochtenen, mit 18. März 2003 datierten Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien gemäß § 66 Abs. 4 iVm § 73 Abs. 1 und 2 AVG und § 44 Fremdengesetz 1997 ab. Diesen Bescheid übermittelte sie am 18. März 2003 an den Vertreter des Beschwerdeführers mit Telefax und stellte ihn - nachdem der Vertreter des Beschwerdeführers eine Beendigung der Säumnis bestritten hat - in der Annahme einer unwirksamen Zustellung mit Telefax am 28. Juli 2003 auch per Post zu.
Der Beschwerdeführer meint, dass die Zustellung des Bescheides am 18. März 2003 mittels eines Telefaxgerätes unzulässig gewesen sei, weil sein Vertreter einer Telefax-Zustellung ausdrücklich widersprochen habe.
Dieser Ansicht kann nicht gefolgt werden.
§ 18 Abs. 3 AVG in der maßgeblichen Fassung BGBl. I
Nr. 137/2001 lautet:
"Erledigungen haben schriftlich zu ergehen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird. Schriftliche Erledigungen können zugestellt oder telegraphisch, fernschriftlich oder mit Telefax übermittelt werden. Im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise können schriftliche Erledigungen dann übermittelt werden, wenn die Partei dieser Übermittlungsart ausdrücklich zugestimmt hat oder wenn sie Anbringen in derselben Weise eingebracht und dieser Übermittlungsart nicht gegenüber der Behörde ausdrücklich widersprochen hat."
In der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 hat diese Bestimmung nur im dritten Satz - nachfolgend zitiert - anders gelautet:
"Im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise können schriftliche Erledigungen dann übermittelt werden, wenn die Partei Anbringen in derselben Weise eingebracht und dieser Übermittlungsart nicht gegenüber der Behörde ausdrücklich widersprochen hat."
Eine bedeutsame Änderung war jedoch durch die zitierte Novelle 1998 gegenüber der Fassung BGBl. Nr. 471/1995 vorgenommen worden. § 18 Abs. 3 AVG lautete in dieser bis 31. Dezember 1998 maßgeblichen Fassung wie folgt:
"Eine schriftliche Ausfertigung der Erledigung ist jedenfalls auszufolgen oder zuzustellen, wenn dies in den Verwaltungsvorschriften ausdrücklich angeordnet ist oder von der Partei verlangt wird. An Stelle einer schriftlichen Ausfertigung kann der Inhalt der Erledigung auch telegraphisch oder fernschriftlich mitgeteilt werden. Darüber hinaus kann die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen durch Verordnung auch im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise vorgesehen werden. In der Verordnung sind technische oder organisatorische Maßnahmen festzulegen, die gewährleisten, dass die Mitteilung in einer dem Stand der Technik entsprechenden sicheren und nachprüfbaren Weise erfolgt und den Erfordernissen des Datenschutzes genügt. Die Mitteilung des Inhalts von Erledigungen in der in der Verordnung festgesetzten Weise ist überdies nur zulässig, wenn ihr der Empfänger für das Verfahren, in dem die Erledigung ergeht, ausdrücklich und schriftlich zugestimmt hat. Die Zustellung hat an das vom Empfänger bekannt gegebene Empfangsgerät zu erfolgen. Eine Zustimmung ist nicht erforderlich, wenn die Übermittlung an eine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person in deren Kanzlei in einer Angelegenheit erfolgt, in der diese als Parteienvertreter eingeschritten ist, sofern nicht zuvor der Empfänger gegenüber der Behörde dieser Übermittlungsart ausdrücklich widersprochen hat. Eine Zustimmung ist weiters nicht erforderlich, wenn die Übermittlung an Verwaltungsbehörden erfolgt. Die Verantwortung für die Datensicherheit des mitgeteilten Inhalts der Erledigung gemäß §§ 10 und 21 des Datenschutzgesetzes liegt beim Empfänger der Erledigung."
Durch die Novelle 1998 wurde somit im zweiten Satz des § 18 Abs. 3 AVG vorbehaltlos die Verwendung eines Faxgerätes für die Übermittlung der schriftlichen Erledigung gestattet.
Daraus ergibt sich entgegen der Beschwerdemeinung die Zulässigkeit einer Übermittlung mit Telefax (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. September 2002, Zl. 99/09/0084) auch gegen den Willen des Adressaten (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze15, Anm. 5 zu § 18 AVG). Das Argument, dass auch eine Faxmitteilung eine Übermittlung in "jeder anderen technisch möglichen Weise" (§ 18 Abs. 3 dritter Satz) darstelle (und somit nur unter weiteren Voraussetzungen zulässig sei), ist nicht zielführend, weil durch die Novelle 1998 ausdrücklich die Verwendung eines Telefaxgerätes in die (vorbehaltlosen) Übermittlungsarten des zweiten Satzes aufgenommen wurde, der dritte Satz hingegen, der auf Mitteilungen "im Wege automationsunterstützter Datenübertragung oder in jeder anderen technisch möglichen Weise" abstellte, inhaltlich unverändert geblieben ist. Im Übrigen war es ausdrückliche Absicht des Gesetzgebers, das Widerspruchsrecht des Empfängers gegen die Datenübermittlung im Telefaxverkehr zu beseitigen (1167 BlgNR 20. GP, 28).
Da § 1 Abs. 2 erster Satz Zustellgesetz in der Fassung BGBl. I Nr. 65/2002 anordnet, dass eine nach Maßgabe der Verfahrensvorschriften vorgesehene Übermittlung mit Telefax als Zustellung gilt, wurde mit der Übermittlung des angefochtenen Bescheides am 18. März 2003 dessen Zustellung bewirkt und es begann damit auch die Beschwerdefrist zu laufen. Die am 8. September 2003 zur Post gegebene Beschwerde erweist sich somit als verspätet und war gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. Juni 2006
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2003210159.X00Im RIS seit
25.10.2006Zuletzt aktualisiert am
14.10.2011