TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/27 2006/06/0020

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Veröffentlicht am 27.06.2006
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Index

L82000 Bauordnung;
L82007 Bauordnung Tirol;

Norm

BauO Tir 2001 §16 Abs1;
BauO Tir 2001 §20 Abs3 lita;
BauO Tir 2001 §33 Abs5;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde der G GmbH in I, vertreten durch Dr. Markus Knoll, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Pacherstraße 19/1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 1. Dezember 2005, GZ. Ve1-8-1/278-1, betreffend Baueinstellung gemäß § 33 Abs. 5 Tiroler Bauordnung (mitbeteiligte Partei: Stadtgemeinde I, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Auf Grund der Beschwerde und der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

Mit Bescheid vom 26. September 2005 erteilte der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde der Beschwerdeführerin gemäß § 33 Abs. 5 Tiroler Bauordnung (TBO 2001), LGBl. Nr. 94/2001, zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 60/2005, den Auftrag, die Bauarbeiten zur Errichtung der Verbindungsbrücke vom zweiten Obergeschoß des mit Bescheid vom 5. April 2005 baurechtlich bewilligten Parkhauses zum Dach des Alt-Fachmarktzentrums (Bereich zwischen den Grundstücken Nr. 2843/89 und 2809) einzustellen. Begründend wurde ausgeführt, dass es sich bei der Verbindungsbrücke um ein gemäß § 20 Abs. 1 lit. e TBO 2001 bewilligungspflichtiges Bauvorhaben handle, weshalb die weitere Ausführung desselben gemäß § 33 Abs. 5 TBO 2001 zu untersagen sei.

Mit Bescheid vom 4. November 2005 wies der Stadtrat der mitbeteiligten Stadtgemeinde die dagegen erhobene Berufung der Beschwerdeführerin ab. Dies wurde damit begründet, dass die Errichtung der gegenständlichen Verbindungsbrücke schon auf Grund ihrer Spannweite von ca. 13 m allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berühre und daher eine bewilligungspflichtige Maßnahme gemäß § 20 Abs. 1 lit. e) TBO 2001 darstelle. Es handle sich bei der geplanten Maßnahme nicht um eine Baumaßnahme im Inneren von Gebäuden im Sinne des § 20 Abs. 5 lit. a TBO 2001, zumal sie von Gebäude zu Gebäude führe.

Die belangte Behörde wies mit dem angefochtenen Bescheid die dagegen erhobene Vorstellung der Beschwerdeführerin als unbegründet ab. Die belangte Behörde führte im Wesentlichen aus, dass sich betreffend die baurechtliche Bewilligungspflicht der gegenständlichen Verbindungsbrücke Folgendes ergebe: Naturgemäß würden durch die Errichtung einer Verbindungsbrücke auf der Höhe des zweiten Obergeschoßes des Alt-Fachmarktzentrums mit einer - wie die Berufungsbehörde unbestritten festgestellt habe - Spannweite von ca. 13 m, die allgemeinen bautechnischen Erfordernisse der mechanischen Festigkeit und Standsicherheit sowie der Nutzungssicherheit (vgl. § 16 Abs. 1 TBO 2001) berührt. Zur Klärung dieser Frage sei die Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. die Durchführung eines Lokalaugenscheines daher nicht erforderlich.

Wie dies selbst im Vorstellungsvorbringen bestätigt werde, sei die geplante Maßnahme keinesfalls als Baumaßnahme im Inneren eines Gebäudes im Sinne des § 20 Abs. 3 lit. a TBO 2001 einzustufen. Es handle sich somit um eine bewilligungspflichtige Maßnahme gemäß § 20 Abs. 1 lit. b TBO 2001. Dies ergebe sich ebenso auf Grund der Einordnung der gegenständlichen Maßnahme in die Systematik des § 20 TBO 2001. So bedürften Vorhaben wie Einfriedungen bis 1,50 m Höhe weder einer Bauanzeige noch einer Baubewilligung. Anzeigepflichtige Maßnahmen seien z.B. die Anbringung und Änderung von untergeordneten Bauteilen (diesbezüglich werde ausdrücklich auf § 2 Abs. 16 TBO 2001 betreffend untergeordnete Bauteile oder die Errichtung und Änderung von Terrassen verwiesen). Im Vergleich dazu handle es sich bei der vorliegenden Baumaßnahme um ein Vorhaben, das in weitaus größerem Ausmaß Kriterien, wie die mechanische Festigkeit und Standsicherheit sowie der Nutzungssicherheit berühre, und das daher der Bewilligungspflicht nach der Tiroler Bauordnung unterliege.

Da unbestritten feststehe, dass weder für die bereits errichtete Verbindungsbrücke selbst noch für eine entsprechende Änderung des Bauvorhabens Parkhaus eine Baubewilligung vorliege, hätte die Baubehörde entsprechend den Ausführungen zur Bewilligungspflicht gemäß § 33 Abs. 3 i.V.m. § 33 Abs. 5 TBO 2001 die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen gehabt.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 16 Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94/2001 (TBO 2001) sind untergeordnete Bauteile Vordächer, Dachkapfer, Kamine, Windfänge, Freitreppen, offene Balkone, Sonnenschutzeinrichtungen und dergleichen, fassadengestaltende Bauteile wie Erker, Gesimse, Lisenen, Rahmen und dergleichen, unmittelbar über dem Erdgeschoß angebrachte offene Schutzdächer sowie an baulichen Anlagen angebrachte Werbeeinrichtungen und Solaranlagen.

Gemäß § 5 Abs. 5 TBO 2001 sind Verkehrsflächen überspannende bauliche Anlagen zulässig, wenn dadurch das Orts- und Straßenbild nicht beeinträchtigt wird und die Zustimmung des Straßenverwalters vorliegt.

Gemäß § 16 Abs. 1 TBO 2001 müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen entsprechend dem Stand der Technik geplant und ausgeführt werden. Insbesondere müssen sie den für bauliche Anlagen der jeweiligen Art notwendigen Erfordernissen der mechanischen Festigkeit und Standsicherheit, des Brandschutzes, der Hygiene, der Gesundheit und des Umweltschutzes, der Nutzungssicherheit, des Schallschutzes, der Energieeinsparung und des Wärmeschutzes entsprechen.

Gemäß § 20 Abs. 1 lit. a, b und e bedürfen einer Baubewilligung, soweit sich aus den Abs. 2 und 3 TBO 2001 nichts anderes ergibt:

     "a)        der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;

     b)        die sonstige Änderung von Gebäuden oder

Gebäudeteilen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse

wesentlich berührt werden;

     ...

     e)        die Errichtung und die Änderung von sonstigen

baulichen Anlagen, wenn dadurch allgemeine bautechnische

Erfordernisse wesentlich berührt werden".

     Gemäß § 20 Abs. 3 lit. a TBO 2001 bedürfen weder einer

Baubewilligung noch einer Bauanzeige:

     "a)        Baumaßnahmen im Inneren von Gebäuden, wenn dadurch

allgemeine bautechnische Erfordernisse nicht wesentlich berührt werden, sowie die Anbringung von Vollwärmeschutz und der Austausch von Fenstern und Balkontüren, wenn dadurch die äußere Gestaltung des Gebäudes nicht wesentlich berührt wird".

§ 33 Abs. 3 und Abs. 5 TBO 2001 lauten:

"(3) Wird ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben ohne Baubewilligung ausgeführt, so hat die Behörde dem Bauherrn die weitere Ausführung des Bauvorhabens zu untersagen. Abs. 1 zweiter und dritter Satz ist anzuwenden. Wird innerhalb eines Monats nach der Untersagung der weiteren Bauausführung nicht nachträglich um die Erteilung der Baubewilligung angesucht oder wird diese versagt, so hat die Behörde dem Bauherrn die Beseitigung des Bauvorhabens aufzutragen.

(4) ... .

(5) Wird ein Bauvorhaben abweichend von der Baubewilligung ausgeführt und stellt diese Abweichung eine Änderung des Bauvorhabens dar, zu deren selbständigen Vornahme eine Baubewilligung erforderlich wäre, so ist Abs. 3 anzuwenden. Dem Bauherrn kann jedoch auf sein begründetes Verlangen statt der Beseitigung des Bauvorhabens die Herstellung des der Baubewilligung entsprechenden Zustandes aufgetragen werden."

Der Ansicht der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden, wenn sie die Errichtung der verfahrensgegenständlichen Verbindungsbrücke zwischen zwei Gebäuden im zweiten Obergeschoß als Baumaßnahme im Inneren des Gebäudes gemäß § 20 Abs. 3 lit. a TBO 2001 qualifiziert. Die verfahrensgegenständliche Verbindungsbrücke in der Länge von 13 m befindet sich nicht im Inneren eines der beiden Gebäude, sondern verbindet zwei Gebäude und tritt zwischen diesen beiden Gebäuden entsprechend nach außen in Erscheinung. Auf das weitere Kriterium in § 20 Abs. 3 lit. a) TBO 2001, dass durch eine solche Baumaßnahme im Inneren eines Gebäudes allgemeine bautechnische Erfordernisse nicht wesentlich berührt werden, muss daher nicht mehr eingegangen werden. Abgesehen davon vertritt der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung, dass die Errichtung einer solchen 13 m langen Verbindungsbrücke zwischen 2 Gebäuden im zweiten Obergeschoß allgemeine bautechnische Erfordernisse (§ 16 TBO 2001) wesentlich berührt. Daraus, dass eine Baumaßnahme im Sinne des § 20 Abs. 3 lit. a TBO (wie auch im Sinne des im vorliegenden Fall maßgeblichen Bewilligungstatbestandes des § 20 Abs. 1 lit. b TBO 2001) den allgemeinen bautechnischen Erfordernissen gemäß § 16 Abs. 1 TBO 2001 ohnedies entspricht, kann - entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin - nicht abgeleitet werden, dass eine solche Baumaßnahme allgemeine bautechnische Erfordernisse nicht wesentlich berühre. Die verfahrensgegenständliche Verbindungsbrücke muss zweifellos besonderen Anforderungen der mechanischen Festigkeit, Standsicherheit und Nutzungssicherheit im Sinne des § 16 Abs. 1 TBO 2001 entsprechen.

Weiters rügt die Beschwerdeführerin, dass nach Ansicht der belangten Behörde die Zulässigkeit des verfahrensgegenständlichen Bauvorhabens nach § 5 Abs. 5 TBO 2001 für die Vollziehung des § 33 Abs. 5 TBO 2001 nicht maßgeblich sei. Es liege kein Verstoß gegen § 5 Abs. 5 TBO 2001 vor, da nach dieser Bestimmung Verkehrsflächen durch überspannende bauliche Anlagen überbaut werden dürfen.

Auch mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin nicht im Recht:

Der eingangs wiedergegebene § 5 Abs. 5 TBO 2001 enthält für Verkehrsflächen überspannende bauliche Anlagen inhaltliche Kriterien, die allfällige Bewilligungspflicht oder Bewilligungsfreiheit einer solchen Anlage ergibt sich demgegenüber aus § 20 TBO 2001.

Weiters rügt die Beschwerdeführerin, dass keine mündliche Verhandlung durchgeführt, kein Lokalaugenschein vorgenommen und kein Sachverständiger geladen worden sei. Bei einer solchen mündlichen Verhandlung wäre festgestellt worden, dass die Bauarbeiten zur Errichtung der Verbindungsbrücke nicht einzustellen gewesen wären.

Dem genügt es entgegenzuhalten, dass die Beschwerdeführerin die allfällige Wesentlichkeit dieser behaupteten Verfahrensmängel in der Beschwerde nicht dartut. Den Behauptungen der Beschwerdeführerin, es bestehe für die verfahrensgegenständliche Verbindungsbrücke keine Bewilligungspflicht, kommt - wie dargelegt - keine Berechtigung zu.

Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Soweit die Beschwerdeführerin auch eine Verletzung im Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums bzw. auf Erwerbsfreiheit geltend macht, ist sie darauf hinzuweisen, dass die Überprüfung der Einhaltung dieser verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG dem Verfassungsgerichtshof obliegt.

Wien, am 27. Juni 2006

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2006060020.X00

Im RIS seit

26.07.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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