TE Vwgh Erkenntnis 2006/6/28 2004/08/0050

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Veröffentlicht am 28.06.2006
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Index

66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

ASVG §413 Abs1 Z1;
ASVG §415 Abs1;
ASVG §49 Abs3 Z26;
FSVG §2 Abs2 idF 2002/I/005;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2004/08/0048 E 28. Juni 2006 2004/08/0049 E 28. Juni 2006

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des Dr. O in D, vertreten durch Anwaltspartnerschaft Dr. Karl Krückl und Dr. Kurt Lichtl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Harrachstraße 14/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz vom 7. November 2003, Zl. 225.303/1-3/03, betreffend Pflichtversicherung in der Unfallversicherung gemäß § 2 Abs 2 FSVG (mitbeteiligte

Partei: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifter Straße 65), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz) Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der mitbeteiligten Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt vom 8. Mai 2003 wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer durch seine freiberufliche Tätigkeit im Rahmen der Behandlung von Patienten der Sonderklasse im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 26 ASVG ab dem 1. Jänner 2002 der Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach dem Sozialversicherungsgesetz der freiberuflich selbständig Erwerbstätigen (FSVG) unterliege (Spruchpunkt 1). Weiters wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer verpflichtet sei, die ihm von der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft vorgeschriebenen Pflichtbeiträge in der Unfallversicherung für die Kalenderjahre 2002 und 2003 zu entrichten (Spruchpunkt 2).

Dem dagegen erhobenen Einspruch gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 28. August 2003 keine Folge.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung des Beschwerdeführers teils keine Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid betreffend die Feststellung der Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in der Unfallversicherung bestätigt; soweit sich die Berufung gegen die Beitragspflicht richtete, wurde sie gemäß § 415 ASVG in Verbindung mit § 66 Abs. 4 AVG als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges und Wiedergabe des Einspruchsvorbringens sowie der § 2 Abs. 2 FSVG, § 3 Abs. 2 FSVG, § 49 Abs. 3 Z. 26 ASVG und § 415 ASVG, in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung, im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer als Landesbeamter im Landeskrankenhaus Steyr (Facharzt für Labormedizin) Mitglied der Kranken- und Unfallfürsorge für oberösterreichische Landesbeamte sei. Darüber hinaus behandle er im genannten Krankenhaus Patienten der Sonderklasse und beziehe für diese Tätigkeit Einkünfte aus Sondergebühren. Diese Sondergebühren seien nicht durch die Krankenanstalt im eigenen Namen vereinnahmt worden und daher grundsätzlich als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit zur Einkommensteuer zu veranlagen. Die genannten Sondergebühren seien "nicht Teil der Beitragsgrundlage nach dem ASVG im Rahmen des Dienstverhältnisses zur Krankenanstalt".

Die belangte Behörde stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf den Wortlaut des § 2 Abs. 2 zweiter Satz FSVG, aus dem hervorgehe, dass auch die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 26 als freiberufliche Tätigkeit gelte. Die Entgelte für die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse seien nicht von einer Krankenanstalt im eigenen Namen vereinnahmt worden, was zur Folge habe, dass auch die Voraussetzung des § 49 Abs. 3 Z. 26 ASVG gegeben sei. Auf Grund der Mitgliedschaft des Beschwerdeführers bei der Krankenfürsorge entstehe keine Versicherungszugehörigkeit, dennoch habe das Mitglied Anspruch auf Leistungen aus der Kranken- und Unfallfürsorge. Das österreichische Sozialversicherungssystem basiere auf dem Grundsatz der Mehrfachversicherung, was zur Folge habe, dass für jede Erwerbstätigkeit - abgesehen von in den Gesetzen eigens vorgesehenen Ausnahmen - eine eigene Pflichtversicherung ausgelöst werde.

Zur Zurückweisung der Berufung, soweit sich diese gegen die Beitragspflicht richtete, verwies die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach in einem Verfahren, in dem der Landeshauptmann sowohl über die Versicherungspflicht als auch über die Frage der Beitragsentrichtung meritorisch entschieden habe, die sachliche Zuständigkeit der belangten Behörde im Instanzenzug nur hinsichtlich der Frage der Versicherungspflicht gegeben sei, sodass die belangte Behörde hinsichtlich der hier auch in Streit stehenden Beitragspflicht des Beschwerdeführers sachlich nicht zuständig sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 24. Februar 2004, B 1792/03, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend und stellt den Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, erklärte von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand zu nehmen und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. § 2 Abs. 2 FSVG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 5/2002 lautet::

"Auf Grund dieses Bundesgesetzes sind, soweit es sich um natürliche Personen handelt, in der Unfall- und Pensionsversicherung der in der gewerblichen Wirtschaft selbständig Erwerbstätigen die ordentlichen Kammerangehörigen einer Ärztekammer pflichtversichert, sofern sie freiberuflich tätig sind und nicht als Wohnsitzärzte (§ 47 Ärztegesetz 1998, BGBl. I Nr. 169) in der Ärzteliste eingetragen sind. Als freiberufliche Tätigkeit gilt auch die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse im Sinne des § 49 Abs. 3 Z. 26 ASVG."

Gemäß § 49 Abs. 3 Z. 26 ASVG in der im Beschwerdefall maßgebenden Fassung gelten "Entgelte der Ärzte für die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse (einschließlich ambulatorischer Behandlung), soweit diese Entgelte nicht von einer Krankenanstalt im eigenen Namen vereinnahmt werden", nicht als Entgelte im Sinne des § 49 Abs. 1 und 2 ASVG.

Zu § 2 Abs. 2 FSVG wird in den Erläuterungen der Regierungsvorlage (836 BlgNR, 21. GP, S. 3) Folgendes ausgeführt:

"Nach § 22 Z 1 lit. b EStG 1988 werden die Entgelte der Ärzte für die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse (einschließlich ambulatorischer Behandlung) soweit diese Entgelte nicht von einer Krankenanstalt im eigenen Namen vereinnahmt werden, steuerrechtlich zu den Einkünften aus freiberuflicher Tätigkeit gezählt. Durch die Ausnahme dieser Einkünfte aus dem Entgeltbegriff des § 49 Abs. 3 ASVG im Rahmen der 59. ASVG-Novelle und ihrer Berücksichtigung als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit im FSVG soll dieser Umstand auch sozialversicherungsrechtlich nachvollzogen werden. Die von der allgemeinen Beitragsgrundlage nach dem ASVG ausdrücklich ausgenommenen Sonderklassehonorare der Ärzte werden daher hinkünftig in der Beitragsgrundlage nach dem FSVG berücksichtigt."

2. Der Beschwerdeführer macht geltend, durch den angefochtenen Bescheid "in seinem subjektiven Recht auf Nichtmitgliedschaft in der Pflichtversicherung nach dem Sozialversicherungsgesetz der selbständig Erwerbstätigen (FSVG) und auf Nichtbezahlung von Beiträgen zu dieser Versicherung" verletzt zu sein.

Er sei als Facharzt am Landeskrankenhaus Steyr Dienstnehmer und "somit allgemein pflichtversichert (ASVG)", wovon auch die Unfallversicherung umfasst sei. Im Rahmen dieser Tätigkeit behandle er als Arzt auch Patienten der Sonderklasse. Er sei jedoch nicht freiberuflich tätig im Sinne des § 2 Abs. 2 erster Satz FSVG. Er übe tatsächlich nur eine Erwerbstätigkeit aus. Im Falle der Behandlung von Patienten der Sonderklasse erfolge dies durch den Beschwerdeführer als "ASVG versicherter Dienstnehmer". Erleide er daher im Rahmen der Behandlung von Sonderklassepatienten einen Arbeitsunfall, so werde die Unfallversicherung aus dem Dienstverhältnis leistungspflichtig. Der Fall, dass dem Beschwerdeführer ein Rechtsanspruch auf Leistungen aus der zusätzlichen Unfallversicherung, zu der er durch den angefochtenen Bescheid verpflichtet sei, entstehe, sei denkunmöglich, es bestehe nicht einmal die theoretische Möglichkeit eines diesbezüglichen Leistungsanfalles. Der Beschwerdeführer gehöre nicht der Risikogemeinschaft der Unfallversicherung nach dem § 2 FSVG an, sodass eine Beitragsvorschreibung ungerechtfertigt sei.

3. Der Beschwerdeführer hat damit weder die - unter Verweis auf die Versicherungserklärung des Beschwerdeführers vom 13. Oktober 2002 getroffene - Feststellung der belangten Behörde, wonach die Entgelte für die Behandlungen von Pfleglingen der Sonderklasse nicht von der Krankenanstalt im eigenen Namen vereinnahmt werden, bestritten, noch hat er vorgebracht, dass eine Tatbestandsvoraussetzung des § 2 Abs. 2 FSVG fehlen würde; Anhaltspunkte dafür ergeben sich auch aus den vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens nicht. Ob der Beschwerdeführer, wie dies die belangte Behörde - übereinstimmend mit einer im Verwaltungsakt erliegenden Erklärung der Oberösterreichischen Landesregierung - festgestellt hat, auf Grund seiner Tätigkeit als Spitalsarzt in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis steht oder ob ein dem ASVG unterliegendes Beschäftigungsverhältnis vorliegt, wie dies der Beschwerdeführer ohne nähere Begründung ausführt, ist für die hier entscheidungswesentliche Rechtsfrage, ob die Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse zur Pflichtversicherung in der Unfallversicherung nach § 2 Abs. 2 FSVG führt, ohne Bedeutung.

4. Vor diesem Hintergrund kann schon auf Grund des klaren Wortlautes des § 2 Abs. 2 FSVG sowie des § 49Abs. 3 Z. 26 ASVG sowie der den Wortlaut stützenden, oben zitierten Gesetzesmaterialien zu § 2 Abs. 2 FSVG eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, soweit er über die Pflichtversicherung in der Unfallversicherung abspricht, nicht erkannt werden.

5. Wie aus dem oben wiedergegebenen Beschwerdepunkt hervorgeht, erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid auch in seinem subjektiven Recht auf "Nichtbezahlung von Beiträgen" verletzt und bekämpft damit auch die mit dem angefochtenen Bescheid ausgesprochene Zurückweisung der Berufung hinsichtlich der Beitragspflicht. Die Beschwerde enthält jedoch keine näheren Ausführungen, aus welchen Gründen der Beschwerdeführer diese Zurückweisung als rechtswidrig ansieht.

Nach § 415 Abs. 1 ASVG steht die Berufung in Angelegenheiten der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung an die belangte Behörde in den Fällen des § 413 Abs. 1 Z. 1 ASVG nur zu, wenn über die Versicherungspflicht, ausgenommen in den Fällen des § 11 Abs. 2 erster Satz ASVG, oder die Berechtigung zur Weiter- oder Selbstversicherung entscheiden worden ist. Die belangte Behörde hat daher die gegen den gesamten Einspruchsbescheid gerichtete Berufung zutreffend insoweit als unzulässig zurückgewiesen, als sie sich gegen die Entscheidung der zweitinstanzlichen Behörde über die Beitragspflicht richtete.

6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II. Nr. 333.

Wien, am 28. Juni 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004080050.X00

Im RIS seit

10.08.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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