TE OGH 1997/7/15 1Ob143/97d

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Veröffentlicht am 15.07.1997
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.Ing.Gert S*****, vertreten durch Dr.Elfriede Kropiunig, Rechtsanwältin in Leoben, wider die beklagte Partei Stadtgemeinde R*****, vertreten durch Dr.Christine Kolar, Rechtsanwältin in Rottenmann, wegen Wiederherstellung des vorigen Zustands (Streitwert S 55.000,--) infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom 27.Februar 1997, GZ 1 R 617/96v-29, womit der Beschluß des Bezirksgerichts Rottenmann vom 20.September 1996, GZ 2 C 184/95z-22, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben; dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit S 20.038,08 (darin S 676,48 Umsatzsteuer und S 11.920,-- Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Rekurs- und Revisionsrekursverfahrens zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Kläger ist Alleineigentümer mehrerer Liegenschaften. Er vermietete zu diesen Liegenschaften gehörige Grundstücke im Jahre 1991 an ein Unternehmen zur Errichtung eines Lebensmittelmarkts. Im Zuge des von der beklagten Partei abgeführten Widmungsverfahrens erklärte er als Grundeigentümer, der geforderten Grundabtretung entlang des öffentlichen Guts in einem dem Widmungsplan entsprechenden Ausmaß zuzustimmen. Im Widmungsbescheid wurde daraufhin verfügt, daß ein bestimmter Grundstücksstreifen kostenlos und lastenfrei ins öffentliche Gut zu übertragen sei; dabei wurden Straßen- und Gehsteigbreiten grundsätzlich festgelegt.

Der Kläger begehrte, die auf einem der Grundstücke durchgeführte - genau bezeichnete - Verbreiterung der Straße sowie des anschließenden Gehsteigs zu entfernen und den vorigen Zustand wiederherzustellen. Er habe sich zwar bei der Widmungsverhandlung mit einer Grundabtretung einverstanden erklärt, doch sei letztlich von der beklagten Partei ein Lageplan erstellt worden, der der geforderten und auch zugestandenen Grundabtretung nicht entsprochen habe. Er habe die beklagte Partei ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen, zumal die aus dem Lageplan ersichtliche Grundabtretung vom Widmungsbescheid nicht erfaßt gewesen sei. Die beklagte Partei habe schließlich auch erklärt, auf die nicht vom Widmungsbescheid umfaßte Grundabtretung zu verzichten. Dennoch habe sie in der Folge diesen Grundstücksstreifen in Anspruch genommen und verbaut, was einen Eingriff in das Eigentumsrecht des Klägers darstelle.

Die beklagte Partei beantragte unter anderem die Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs. Die Grundabtretung im Zuge des Widmungsverfahrens sei gemäß § 6 der Stmk. Bauordnung vorgenommen worden. Hiefür sei ausschließlich die Verwaltungsbehörde zuständig. Der Kläger habe im Verwaltungsverfahren keine Einwendungen erhoben; er habe sich vielmehr mit der geforderten Grundabtretung entsprechend dem Widmungsplan einverstanden erklärt.Die beklagte Partei beantragte unter anderem die Zurückweisung der Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs. Die Grundabtretung im Zuge des Widmungsverfahrens sei gemäß Paragraph 6, der Stmk. Bauordnung vorgenommen worden. Hiefür sei ausschließlich die Verwaltungsbehörde zuständig. Der Kläger habe im Verwaltungsverfahren keine Einwendungen erhoben; er habe sich vielmehr mit der geforderten Grundabtretung entsprechend dem Widmungsplan einverstanden erklärt.

Nach längerem Verfahren und nach Wiederholung der Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs hob das Erstgericht das bisherige Verfahren als nichtig auf und wies erkennbar die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Es stützte diese Entscheidung im wesentlichen darauf, daß an der Grundabtretung ein mit Hoheitsgewalt ausgestattetes Rechtssubjekt in Ausübung dieser Hoheitsgewalt beteiligt gewesen sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung in der Hauptsache und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt S 50.000,-- übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Umfang einer im Verwaltungsverfahren mit rechtskräftigem Bescheid verfügten Grundabtretung könne nicht mittels eines zivilgerichtlichen Verfahrens korrigiert werden. Eine Klärung dieser Frage sei dem Verwaltungsvollstreckungsverfahren vorbehalten.

Der Revisionsrekurs des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Ob der Streitgegenstand unter privatrechtlichen oder öffentlich rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen ist, richtet sich nach dem Wortlaut des Klagebegehrens und der Natur des geltend gemachten Anspruchs (SZ 66/12 uva). Der Kläger begehrt die Wiederherstellung des vorigen Zustands in einer bestimmten Grundstücksfläche mit der Behauptung, er sei Eigentümer dieser Fläche; die von der beklagten Partei vorgenommenen Veränderungen seien von dem im Verwaltungsverfahren ergangenen Widmungsbescheid nicht erfaßt (Seite 3f der Klage). Damit macht er einen - unberechtigten - Eingriff in sein Eigentumsrecht, also einen privatrechtlichen Anspruch geltend, zu dessen Durchsetzung der Rechtsweg offen steht (1 Ob 40/94; 7 Ob 600/84; JBl 1974, 483 uva; vgl auch VfSlg 11.017/1986). Darauf, daß das Klagebegehren materiell berechtigt sei, kommt es bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ebensowenig an wie darauf, daß dem erhobenen Anspruch Einwendungen entgegengehalten werden, die sich auf einen öffentlich-rechtlichen Titel stützen (JBl 1974, 483 uva).Ob der Streitgegenstand unter privatrechtlichen oder öffentlich rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilen ist, richtet sich nach dem Wortlaut des Klagebegehrens und der Natur des geltend gemachten Anspruchs (SZ 66/12 uva). Der Kläger begehrt die Wiederherstellung des vorigen Zustands in einer bestimmten Grundstücksfläche mit der Behauptung, er sei Eigentümer dieser Fläche; die von der beklagten Partei vorgenommenen Veränderungen seien von dem im Verwaltungsverfahren ergangenen Widmungsbescheid nicht erfaßt (Seite 3f der Klage). Damit macht er einen - unberechtigten - Eingriff in sein Eigentumsrecht, also einen privatrechtlichen Anspruch geltend, zu dessen Durchsetzung der Rechtsweg offen steht (1 Ob 40/94; 7 Ob 600/84; JBl 1974, 483 uva; vergleiche auch VfSlg 11.017/1986). Darauf, daß das Klagebegehren materiell berechtigt sei, kommt es bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ebensowenig an wie darauf, daß dem erhobenen Anspruch Einwendungen entgegengehalten werden, die sich auf einen öffentlich-rechtlichen Titel stützen (JBl 1974, 483 uva).

Das Erstgericht wird unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund das Verfahren fortzusetzen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Es liegt ein von der beklagten Partei veranlaßter Zwischenstreit zur Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs vor, in dem sie unterlegen ist.Die Kostenentscheidung beruht auf den Paragraphen 41,, 50 ZPO. Es liegt ein von der beklagten Partei veranlaßter Zwischenstreit zur Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs vor, in dem sie unterlegen ist.

Anmerkung

E46827 01A01437

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1997:0010OB00143.97D.0715.000

Dokumentnummer

JJT_19970715_OGH0002_0010OB00143_97D0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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