TE Vwgh Beschluss 2006/8/31 2004/21/0073

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Veröffentlicht am 31.08.2006
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §57 impl;
AVG §59 Abs1;
FrG 1997 §61 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, in der Beschwerdesache des R, vertreten durch Dr. Harry Fretska, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 22, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 3. Februar 2004, Zl. III-1093330/FrB/04, betreffend Anordnung der Schubhaft, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird für gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 3. Februar 2004 wurde gegen den damals in gerichtlicher Untersuchungshaft angehaltenen Beschwerdeführer, einen pakistanischen Staatsangehörigen, die Schubhaft angeordnet, wobei im Spruch zum Ausdruck gebracht wurde, dass die Rechtsfolgen dieses Bescheides nach der Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft eintreten. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 13. Februar 2004 zugestellt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die (nach Verfahrenshilfebewilligung) am 30. März 2004 zur Post gegebene Beschwerde, in der unter anderem geltend gemacht wurde, die Anordnung der Schubhaft sei im Hinblick auf das sich im Berufungsstadium befindliche Asylverfahren des Beschwerdeführers und wegen Vorliegens der Voraussetzungen nach § 21 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (idF vor der Novelle 2003) unzulässig. Nach Einleitung des Vorverfahrens mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. April 2004 legte die belangte Behörde am 16. April 2004 die Verwaltungsakten vor. Darin befindet sich ein von einem Organ der belangten Behörde verfasster Aktenvermerk vom 15. April 2004, wonach aufgrund des "glaubhaften" Vorbringens in der Beschwerde, dass dem Beschwerdeführer der "Status der Vorläufigen Aufenthaltsberechtigung" zukomme, "der Schubhaftbescheid für gegenstandslos erklärt" werde. Der Beschwerdeführer gestand in seiner Stellungnahme vom 22. Juni 2006 demzufolge die Gegenstandslosigkeit der vorliegenden Beschwerde zu, verwies jedoch im Zusammenhang mit der zu treffenden Kostenentscheidung neuerlich auf die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides. Dem Vorbringen ist auch zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer am 16. April 2004 aus der Gerichtshaft entlassen und der gegenständliche Schubhaftbescheid nicht vollzogen wurde.

Der Spruchteil des gegenständlichen, nicht nach § 57 AVG erlassenen angefochtenen Bescheides "Die Rechtsfolgen dieses Bescheides treten nach Ihrer Entlassung aus der Gerichtshaft ein" ist im Sinne des Bestimmtheitserfordernisses des § 59 Abs. 1 AVG nur so zu verstehen, dass der Eintritt der Rechtsfolgen im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Entlassung aus der Gerichtshaft zu erfolgen hat. Wird die im Schubhaftbescheid genannte Person - aus welchen Gründen auch immer - nach der Entlassung aus der Gerichtshaft nicht in Schubhaft genommen, so darf dieser Schubhaftbescheid zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr vollstreckt werden (vgl. den hg. Beschluss vom 30. Jänner 2004, Zl. 2003/02/0173).

Angesichts der (nach der Beschwerdeeinbringung) mittlerweile erfolgten Entlassung des Beschwerdeführers aus der Gerichtshaft, ohne dass er daran anschließend in Vollziehung des gegenständlichen Bescheides in Schubhaft genommen worden wäre, ist vor dem Hintergrund der dargestellten Rechtslage nicht zu erkennen, dass der Beschwerdeführer noch ein rechtliches Interesse an der mit der vorliegenden Beschwerde angestrebten Aufhebung des angefochtenen Bescheides haben könnte. Die Vollziehung dieses Bescheides kommt nach dem Gesagten - unabhängig von der Bedeutung des Aktenvermerkes vom 15. April 2004 - nämlich jedenfalls nicht mehr in Betracht, sodass einer inhaltlichen Beschwerdeerledigung nur noch theoretische Bedeutung zukäme.

In sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG war daher die Beschwerde - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Die in diesem Fall nach § 58 Abs. 2 VwGG vorzunehmende Entscheidung über

Begründung

den Aufwandersatz orientiert sich dem Grunde nach daran, dass die Beschwerde

die belangte Behörde zu Unrecht von der rechtskräftigen "negativen" Beendigung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers ausgegangen - bei ihrer inhaltlichen Behandlung Erfolg gehabt hätte. Zur Höhe des Kostenzuspruches ist auf die VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 zu verweisen.

Wien, am 31. August 2006

Schlagworte

Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 Spruch Diverses

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004210073.X00

Im RIS seit

06.11.2006
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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