TE Vwgh Erkenntnis 2006/9/7 2004/16/0001

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Veröffentlicht am 07.09.2006
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Index

E3R E02202000;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
35/02 Zollgesetz;

Norm

31992R2913 ZK 1992 Art202 Abs3;
31992R2913 ZK 1992 Art243 Abs2 litb;
BAO §26 Abs1;
B-VG Art87 Abs3;
ZollRDG 1994 §4 Abs2 Z3;
ZollRDG 1994 §4 Abs2 Z8 idF 1998/I/013;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Siegl, über die Beschwerde des S in H, vertreten durch Dr. Reinhard Armster, Rechtsanwalt in 2344 Maria Enzersdorf, Franz Josef-Straße 42/Hauptstraße 35, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates (Zollsenat 2) vom 19. November 2003, GZ ZRV-0203-Z2L/02, betreffend Zollschuld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 6. Juli 2001 wurde Maria S, die Ehefrau des Beschwerdeführers, vor dem Gendarmerieposten H u. a. wegen des Verdachts der Übertretung des § 82 KFG vernommen. Dabei gab sie an, 1996 mit ihrem (schulpflichtigen) Sohn aus erster Ehe zu dem Beschwerdeführer nach Österreich gezogen zu sein. Ihr Sohn besuche seither die Schule in Mödling. Sie habe zwar einen Antrag auf Familienzusammenführung gestellt, aber noch keinen Aufenthaltstitel erhalten. Daher dürfe sie sich nur für jeweils 90 Tage in Österreich aufhalten. Anschließend müsse sie ausreisen und dürfe nach einer neuerlichen Einreise wieder 90 Tage in Österreich bleiben. Sie habe den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich, weil sie ihre Familie hier habe. Auch ihre Schwester und zwei Brüder lebten hier. In Ungarn habe sie keine Familie mehr, lediglich ein Haus. Nach Erhalt des Aufenthaltstitels werde sie in Österreich bleiben.

Das Fahrzeug, mit dem sie betreten worden sei, habe sie im Februar 2001 in Ungarn um umgerechnet S 140.000,-- neu gekauft und auf die Adresse ihres ungarischen Hauses angemeldet. Sie benütze das Fahrzeug - abgesehen von den Grenzübertritten nach Ungarn - ausschließlich in Österreich.

Am 27. Juli 2001 wiederholte Maria S vor dem Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz in einer Vernehmung als Verdächtige im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen und führte ergänzend aus, sie sei Hausfrau und verfüge über kein eigenes Einkommen. Bis Dezember 2000 habe die Familie ein in Österreich zugelassenes Auto besessen. Maria S habe allerdings bei ihren Fahrten nach Ungarn mit dem ungarischen Zoll Probleme wegen des österreichischen Kennzeichens bekommen. Deswegen habe sie sich entschieden, ein Auto mit ungarischem Kennzeichen anzuschaffen. Sie habe nicht gewusst, dass sie das Fahrzeug nicht formlos einführen und im Inland verwenden dürfe und sich auch nicht beim österreichischen Zoll danach erkundigt.

Der Beschwerdeführer bestätigte bei seiner Vernehmung als Verdächtiger ebenfalls am 27. Juli 2001 im Wesentlichen die Aussagen seiner Ehefrau und gab ergänzend an, normalerweise fahre seine Ehefrau mit dem Fahrzeug. Er selbst habe vermutlich im März 2001 das erste Mal das Fahrzeug in Österreich gelenkt. Seither sei er einige Male damit gefahren, habe aber nicht gewusst, dass es nach dem Zollrecht nicht erlaubt sei.

Mit Abgabenbescheid des Hauptzollamtes Wien vom 17. August 2001 wurden dem Beschwerdeführer Eingangsabgaben von S 46.516,-- (Zoll- und Einfuhrumsatzsteuer) gemäß Art. 203 Abs. 1 und 3 dritter Anstrich Zollkodex in Verbindung mit § 2 Abs. 1 ZollR-DG sowie eine Abgabenerhöhung von S 1.601,-- gemäß § 108 ZollR-DG vorgeschrieben. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im März 2001 einen näher bezeichneten ausländischen unverzollten Pkw benutzt, obwohl auf Grund seines gewöhnlichen Wohnsitzes im Inland diese Verwendung nicht zulässig gewesen wäre. Das Fahrzeug sei im Februar 2001 erstmals in die Gemeinschaft verbracht worden und zwar durch die Ehefrau des Beschwerdeführers Maria S, welche auf Grund ihres gewöhnlichen Wohnsitzes in der Gemeinschaft nicht berechtigt gewesen sei, das Fahrzeug unter Inanspruchnahme der vorübergehenden Verwendung unter vollständiger Befreiung der Eingangsabgaben gemäß Art. 719 ZK-DVO formlos in das Gemeinschaftsgebiet einzuführen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und führte darin aus, er sei weder Eigentümer noch Besitzer des genannten Fahrzeuges. Dies sei ein Leasingunternehmen in Ungarn. Er sei mit dem Auto fallweise gefahren, wenn seine Ehefrau, die Leasingnehmerin, nicht habe selbst fahren wollen. Diese habe ihren Wohnsitz nie in Mödling bzw. H und auch keinen gemeinsamen Haushalt mit dem Beschwerdeführer gehabt, weil sie noch über keinen Aufenthaltstitel nach dem Fremdengesetz verfüge. Da ihre Besuche fallweise mehrere Tage andauerten, habe Maria S der Meldepflicht nach dem Meldegesetz entsprochen, was die meldebehördliche Erfassung erkläre, nicht aber die Annahme eines Wohnsitzes oder gemeinsamen Haushaltes auf Dauer rechtfertige. Die weitaus überwiegende Zeit halte sich Maria S an ihrem ordentlichen Wohnsitz in Ungarn auf, fahre von dort zu Besuchen zu ihrem Mann und kehre nach wenigen Tagen wieder nach Ungarn zurück.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung erhob der Beschwerdeführer Beschwerde, worin er ausführte, er habe nach kurzen Fahrten das Auto immer sofort wieder an seine Ehefrau übergeben. "Kurzfristige Innehabung" begründe noch keinen Besitz am Fahrzeug und damit auch keine Zollschuld. Die Zollbehörde habe sich mit dem Vorbringen, wonach Maria S ihren gewöhnlichen Wohnsitz nicht in Österreich, sondern in Ungarn habe, nicht auseinander gesetzt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufungsvorentscheidung dahingehend abgeändert, dass die Eingangsabgabenschuld gemäß Art. 202 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 erster Anstrich ZK und § 2 Abs. 1 ZollR-DG entstanden sei. Der Beschwerdeführer habe den gegenständlichen Pkw im März 2001 erworben oder in Besitz gehabt, obwohl er hätte wissen müssen, dass dieser vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden sei. Für ihn sei somit gemäß Art. 202 Abs. 1 lit. a und Abs. 3 dritter Anstrich ZK die Einfuhrzollschuld entstanden. Jene Spruchteile, welche die Höhe der vorgeschriebene Eingangsabgaben, die Abgabenerhöhung, buchmäßige Erfassung, Mitteilung und Fälligkeit der Eingangsabgaben beträfen, blieben unverändert. Im Übrigen wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der anzuwendenden Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, Maria S habe bereits bei der niederschriftlichen Einvernahme vor dem Gendarmerieposten H am 6. Juli 2001 angegeben, dass der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in Österreich liegen würde. Der Beschwerdeführer arbeite im Inland und ihr Sohn gehe hier zur Schule. Auch lebten hier die Schwester und zwei Brüder. Maria S reise auf Grund des bislang nicht erteilten Aufenthaltstitels alle 90 Tage nach Ungarn aus und kehre in der Folge wiederum nach Österreich zurück. Dies sei bei den niederschriftlichen Einvernahmen durch das Hauptzollamt Wien vom 27. Juli 2001 sowohl von Maria S als auch durch den Beschwerdeführer bestätigt worden. Maria S habe auf Grund der starken persönlichen Bindungen zum österreichischen Wohnsitz des Beschwerdeführers ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Zollgebiet der Gemeinschaft. Sie sei daher nicht berechtigt gewesen, den Pkw im Februar 2001 formlos im Rahmen der vorübergehenden Verwendung nach Österreich zu bringen.

Der Spruch der Berufungsvorentscheidung sei insoweit zu berichtigen gewesen, als das Hauptzollamt Wien den Sachverhalt unter den Tatbestand des Art. 203 ZK subsumiert habe. In der am 27. Juli 2001 erfolgten niederschriftlichen Einvernahme vor dem Hauptzollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz habe der Beschwerdeführer ausgesagt, das gegenständliche Fahrzeug erstmalig vermutlich im März 2001 benutzt zu haben. Auf Grund der Aussage der Maria S vor dem Hauptzollamt sei klargestellt, dass die Anschaffung des gegenständlichen Fahrzeugs auf eine gemeinsame Entscheidung des Beschwerdeführers und seiner Gattin zurückzuführen sei, um bei den Grenzübertritten nach Ungarn künftig die Probleme zu vermeiden. Gerade auf Grund dieser Zollprobleme anlässlich der Einreise in Ungarn mit dem in Österreich zugelassenen Pkw sei es dem Beschwerdeführer vorzuwerfen, sich nicht bei der Zollbehörde der Gemeinschaft entsprechend erkundigt zu haben, ob nicht eine Benutzung eines Kfz mit einer Zulassung außerhalb des Gemeinschaftsgebietes durch den Beschwerdeführer oder dessen Gattin in Anbetracht der vorliegenden Wohnsitzverhältnisse in der Gemeinschaft gemeinschaftsrechtliche Zollbestimmungen verletzen würde. Das sorglose Handeln des Beschwerdeführers gehe jedoch bei weitem über das Ausmaß einer "leichtesten Fahrlässigkeit" hinaus, wodurch die Voraussetzungen einer Zollschuldnerschaft iSd Art. 202 Abs. 3 letzter Anstrich erfüllt wurden.

Im Beschwerdefall sei davon auszugehen, dass beide Eheleute eine gleich gelagerte "Nähe" zur Zollschuld aufwiesen. Während die Ehefrau des Beschwerdeführers jene Person darstelle, welche die gegenständliche Ware vorschriftswidrig nach Österreich verbracht habe, würde die Verwendung eines ausländischen unverzollten Pkw durch den Beschwerdeführer (auf Grund seines gewöhnlichen Wohnsitzes in der Gemeinschaft) den Tatbestand der Zollschuldentstehung auch dann erfüllen, wenn das Fahrzeug unter rechtmäßigen Voraussetzungen in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht worden wäre. Folglich wäre für den Beschwerdeführer auch dann die Zollschuld entstanden, hätte seine Ehefrau ihren gewöhnlichen Wohnsitz außerhalb der Gemeinschaft gehabt. Da seine Ehefrau über kein eigenes Einkommen verfüge, der Beschwerdeführer hingegen als Angestellter ein regelmäßigen Einkommen beziehe, seien diesem die Eingangsabgaben im Rahmen des Gesamtschuldverhältnisses vorzuschreiben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Nichtvorschreibung des "Eingangsabgabenbetrages" verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde sei keine unabhängige Instanz, welche gemäß Art. 243 Abs. 2 lit. b ZK zur Entscheidung über einen Rechtsbehelf zweiter Stufe berufen sei. Der Unabhängige Finanzsenat verfüge nämlich nicht über eine dem Art. 87 Abs. 3 B-VG entsprechende Geschäftsverteilung.

Nach Art. 243 Abs. 2 lit. b ZK kann ein Rechtsbehelf auf einer zweiten Stufe bei einer unabhängigen Instanz eingelegt werden. Dabei kann es sich nach dem geltenden Recht der Mitgliedstaaten um ein Gericht oder eine gleichwertige spezielle Stelle handeln.

Die im Beschwerdefall als Berufungsbehörde tätig gewordene belangte Behörde ist ein Berufungssenat, der nach den Bestimmungen des §§ 85 bis 85e ZollR-DG idF BGBl. I Nr. 97/2002 eingerichtet wurde.

Im Verfahren vor dem EuGH, Rs. C 278/02 ("Handlbauer"), hat sich der Generalanwalt ausführlich mit der Frage der Gerichtseigenschaft des Unabhängigen Finanzsenates beschäftigt und ist zu dem Schluss gekommen, dass dieser ein Gericht iSd Art. 234 EG darstelle.

Der EuGH selbst hatte bei Ersuchen um Vorabentscheidung durch den Unabhängigen Finanzsenat dessen Gerichtseigenschaft iSd Art. 234 EG als Vorfrage zu klären. Er hat in seinen Urteilen vom 25. Mai 2005, Rs. C-465/03, und vom 8. September 2005, Rs. C- 288/04, den Unabhängigen Finanzsenat wiederholt, und zwar in den Punkten 30 bzw. 24 der Entscheidungsgründe als "das vorlegende Gericht" bezeichnet und damit als Gericht iSd Art. 234 EG anerkannt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2005, Zl. 2004/16/0269).

Anders als der Beschwerdeführer vermeint, ist auch verfassungsrechtlich eine feste Geschäftsverteilung für den Unabhängigen Finanzsenat als "unabhängige Instanz" iSd Art. 242 Abs. 2 lit. b ZK nicht geboten (vgl. den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 27. September 2004, Zl. B 20/04, mit welchem die Behandlung einer Beschwerde desselben Beschwerdeführers abgelehnt wurde).

Der Beschwerdeführer wendet sich weiters gegen die Feststellung der belangten Behörde, wonach Maria S ihren gewöhnlichen Wohnsitz im Inland und nicht außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft gehabt habe.

Gemäß Art. 719 Abs. 3 lit. a ZK-DVO wird die vorübergehende Verwendung für Straßenfahrzeuge zum privaten Gebrauch bewilligt, wenn ua. die Fahrzeuge von außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft ansässigen Personen eingeführt werden.

Nach Art. 670 lit. d ZK-DVO ist eine außerhalb der Gemeinschaft ansässige Person eine natürliche Person mit gewöhnlichem Wohnsitz außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft.

§ 4 ZollR-DG idF BGBl. I Nr. 13/1998 lautet:

"§ 4. (1) ...

     (2) Im übrigen bedeutet im Zollrecht

     …

     3.        'Besitz' jegliche Form der Innehabung einer Ware;

     …

     8.        'normaler Wohnsitz' oder 'gewöhnlicher Wohnsitz'

jenen Wohnsitz (§ 26 der Bundesabgabenordnung) einer natürlichen

Person, an dem diese wegen persönlicher und beruflicher Bindungen

oder - im Falle einer Person ohne berufliche Bindungen - wegen

persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Person

und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, das heißt während

mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr, wohnt.  Jedoch gilt als

gewöhnlicher Wohnsitz einer Person, deren berufliche Bindungen an

einem anderen Ort als dem ihrer persönlichen Bindungen liegen und

die daher veranlasst ist, sich abwechselnd an verschiedenen Orten

innerhalb und außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft

aufzuhalten, der Ort ihrer persönlichen Bindungen, sofern sie

regelmäßig dorthin zurückkehrt. Die letztere Voraussetzung

entfällt, wenn sich die Person im Zollgebiet der Gemeinschaft zur

Ausführung eines Auftrags von bestimmter Dauer aufhält. Der

Universitäts- und Schulbesuch hat keine Verlegung des gewöhnlichen

Wohnsitzes zur Folge;

(3) …"

Gemäß § 26 Abs. 1 BAO hat jemand einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung innehat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.

Innehaben einer Wohnung bedeutet, diese jederzeit für den eigenen Wohnbedarf benützen zu können. Als Rechtsgründe für die Innehabung kommen auch familienrechtliche Ansprüche, zB des Ehegatten, in Betracht. Die polizeiliche Anmeldung ist nicht entscheidend, kann aber in Zweifelsfällen einen Begründungsanhalt bieten (vgl. Ritz, Tz 5ff zu § 26).

Unstrittig ist, dass Maria S den gemeinsamen Wohnsitz ihres Ehemannes und ihres Sohnes bei ihren Aufenthalten in Österreich auch benützt und dort auch polizeilich gemeldet ist. Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht das Vorliegen eines Wohnsitzes iSd § 26 BAO. Auch das Vorliegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen der Person und dem Wohnort erkennen lassen, wird nicht in Abrede gestellt. Strittig ist jedoch, ob Maria S während mindestens 185 Tagen im Kalenderjahr an diesem Wohnsitz gewohnt hat.

Die belangte Behörde geht vom Überschreiten dieser Frist aus und stützt sich dabei auf die Angaben der Maria S bei ihrer niederschriftlichen Einvernahme vor dem Gendarmerieposten H am 6. Juli 2001 bzw. der Maria S und des Beschwerdeführers vor dem Hauptzollamt Wien vom 27. Juli 2001, wonach im Hinblick auf die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers, des Schulbesuchs des Sohnes der Maria S und des Aufenthaltes von Geschwistern der Maria S im Inland der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen im Zollgebiet der Gemeinschaft läge und Maria S lediglich alle 90 Tage nach Ungarn ausreise, um jedoch "in der Folge" wieder ins Inland zurückzukehren.

Der Beschwerdeführer beschränkt sich auf das Vorbringen, Maria S habe sich (als ungarische Staatsbürgerin 2001) weniger als 185 Tage im Inland aufhalten dürfen, weil gemäß § 11 Abs. 1 Z 3 FremdenG 1997 ein Visum zu versagen sei, "insoweit ein Reisevisum in Verbindung mit einem bereits abgelaufenen einen drei Monate übersteigenden Aufenthalt innerhalb des der ersten Einreise folgenden Halbjahres ermöglichen würde".

Dieses Vorbringen geht bereits insofern ins Leere, als für ungarische Staatsbürger grundsätzlich keine Visumspflicht besteht. Gemäß Art. 1 Abs. 1 des Abkommens zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Ungarischen Volksrepublik über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 481/1978 idF BGBl. III Nr. 91/1997, dürfen nämlich die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die Inhaber eines gültigen gewöhnlichen Reisepasses sind, ohne Sichtvermerk in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates einreisen und sich dort bis zu 90 Tage aufhalten.

Der Beschwerdeführer bestreitet auch nicht, das auf seine Ehefrau in Ungarn zugelassene Fahrzeug innegehabt zu haben. Er erachtet aber die Bestimmung des § 4 Abs. 2 Z 3 ZollR-DG, wonach Besitz jegliche Form der Innehabung einer Ware bedeutet, als gemeinschaftsrechtswidrig, weil damit Besitz und Innehabung gleichgestellt würden. Für Besitz sei aber nach § 309 zweiter Satz ABGB erforderlich, dass der Inhaber einer Sache den Willen habe, sie als die seinige zu behalten.

Nach Art. 202 Abs. 3 dritter Anstrich ZK sind Zollschuldner die Personen, welche die betreffende Ware erworben oder im Besitz gehabt haben, obwohl sie in dem Zeitpunkt des Erwerbs oder Erhalts der Ware wussten oder vernünftigerweise hätten wissen müssen, dass diese vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden war.

Selbst unter der Annahme, dass der in Art. 202 Abs. 3 dritter Anstrich ZK verwendete Begriff "Besitz" denselben Bedeutungsinhalt hat wie jener in § 309 ABGB wäre für die Beschwerde nichts gewonnen.

Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid die Feststellung getroffen, dass die Anschaffung des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges auf eine gemeinsame Entscheidung des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin, welche nach eigenen Angaben als Hausfrau über kein eigenes Einkommen verfügt, gewesen ist. Dem tritt der Beschwerdeführer nicht entgegen. Er bestreitet auch nicht die gelegentliche Verwendung des Fahrzeuges. Umstände, die dennoch auf das Fehlen eines Besitzwillens schließen ließen, werden von ihm nicht einmal behauptet. Daraus ergibt sich aber, dass die belangte Behörde nicht nur von der bloßen Innehabung, sondern auch vom Besitzwillen des Beschwerdeführers ausgehen konnte.

Wenn der Beschwerdeführer weiters vorbringt, eine "kurzfristige Innehabung" begründe noch keinen Besitz iSd Art. 202 Abs. 3 ZK, so ist darauf hinzuweisen, dass in der genannten Bestimmung auf die Dauer des Besitzes nicht abgestellt wird. Ausreichend ist auch ein vorübergehendes Besitzen (vgl. Witte, Kommentar zum Zollkodex3, Rz 21 zu Art. 203).

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er habe nicht wissen müssen, dass "schon kurze, seltene Fahrten die Zollhaftung begründen", ist entgegenzuhalten, dass es für die Entstehung der Zollschuld nach dem dritten Anstrich des Art. 202 dritter Absatz auf die Kenntnis dieser Rechtsfolge nicht ankommt. Dass er nicht gewusst habe bzw. nicht vernünftigerweise habe wissen müssen, dass das Fahrzeug vorschriftswidrig in das Zollgebiet verbracht worden ist, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Da die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen vermochte, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. September 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004160001.X00

Im RIS seit

29.09.2006

Zuletzt aktualisiert am

20.07.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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