Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. ehelichen Kinder 1. Emel K*****, 2. Sevgi K*****, 3. Soner K*****, und 4. Eda K*****, alle in Obsorge der Mutter, Elif K*****, Unterhaltssachwalter Amt für Jugend und Familie für den 4./5.Wiener Gemeindebezirk, wegen Unterhalts, infolge Revisionsrekurses der Kinder gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 3.September 1997, GZ 45 R 586/97b-34, womit aus Anlaß des Rekurses des Vaters, Riza K*****, der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 3.Februar 1997, GZ 5 P 134/96k-23, als nichtig aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird aufgehoben. Dem Rekursgericht wird eine meritorische Entscheidung über den Rekurs des Vaters aufgetragen.
Text
Begründung:
Die vier minderjährigen ehelichen Kinder sind türkische Staatsbürger und wohnen in Wien im Haushalt der Mutter. Dieser kommt die alleinige Obsorge zu (ON 18). Ein Scheidungsverfahren ist anhängig. Der Unterhaltssachwalter der Kinder beantragte am 12.7.1996, den Vater zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen zu verpflichten.
Das Erstgericht gab mit seiner vom Rechtspfleger gefaßten Entscheidung dem Unterhaltsantrag der Kinder teilweise statt. Es ermittelte eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von 17.300 S monatlich und stellte fest, daß der Vater keine weiteren Sorgepflichten habe.
Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses des Vaters den Beschluß des Erstgerichtes als nichtig auf. Gemäß § 19 Abs 2 Z 8 lit a RPflG seien alle pflegschaftsbehördlichen Verfügungen über Personen, die nicht österreichische Staatsbürger seien, dem Richter vorbehalten. Daß Unterhaltsentscheidungen in die Kompetenz des Richters fielen, lasse sich aus den Gesetzesmaterialien zum RPflG BGBl 1985/560 entnehmen, wonach einem Richter entsprechend der vormaligen Regelung im § 16 Abs 2 Z 5 RPflG BGBl 1962/180 die pflegschaftsbehördlichen Verfügungen über Personen vorbehalten blieben, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, weil sich in diesen Angelegenheiten im Hinblick auf § 110 JN in der Praxis nicht selten schwierige Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechtes ergeben würden. Da die neue Kompetenzregelung für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, und jene, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, unter einem ohne Differenzierung getroffen worden sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die richterliche Kompetenz in beiden Fällen aufrecht erhalten bleiben sollte. Aus der Formulierung "Verfügungen über Personen" allein könne nach Ansicht des Rekursgerichtes nicht geschlossen werden, daß es sich bei einer Unterhaltsfestsetzung um keine Verfügung über eine Person handeln würde. Das Rekursgericht teile die gegenteilige Auffassung des Obersten Gerichtshofes in der Entscheidung 5 Ob 510/94 EvBl 1994/180 nicht. Bei der Entscheidung durch den Rechtspfleger sei das Erstgericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen und daher der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 2 ZPO verwirklicht worden.Das Rekursgericht hob aus Anlaß des Rekurses des Vaters den Beschluß des Erstgerichtes als nichtig auf. Gemäß Paragraph 19, Absatz 2, Ziffer 8, Litera a, RPflG seien alle pflegschaftsbehördlichen Verfügungen über Personen, die nicht österreichische Staatsbürger seien, dem Richter vorbehalten. Daß Unterhaltsentscheidungen in die Kompetenz des Richters fielen, lasse sich aus den Gesetzesmaterialien zum RPflG BGBl 1985/560 entnehmen, wonach einem Richter entsprechend der vormaligen Regelung im Paragraph 16, Absatz 2, Ziffer 5, RPflG BGBl 1962/180 die pflegschaftsbehördlichen Verfügungen über Personen vorbehalten blieben, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, weil sich in diesen Angelegenheiten im Hinblick auf Paragraph 110, JN in der Praxis nicht selten schwierige Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechtes ergeben würden. Da die neue Kompetenzregelung für Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, und jene, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, unter einem ohne Differenzierung getroffen worden sei, müsse davon ausgegangen werden, daß die richterliche Kompetenz in beiden Fällen aufrecht erhalten bleiben sollte. Aus der Formulierung "Verfügungen über Personen" allein könne nach Ansicht des Rekursgerichtes nicht geschlossen werden, daß es sich bei einer Unterhaltsfestsetzung um keine Verfügung über eine Person handeln würde. Das Rekursgericht teile die gegenteilige Auffassung des Obersten Gerichtshofes in der Entscheidung 5 Ob 510/94 EvBl 1994/180 nicht. Bei der Entscheidung durch den Rechtspfleger sei das Erstgericht nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen und daher der Nichtigkeitsgrund des Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO verwirklicht worden.
Das Rekursgericht sprach aus, daß ein ordentlicher Revisionsrekurs zulässig sei, weil von einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs abgewichen worden sei.
Mit ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs beantragen die Kinder die Abänderung dahin, daß die Entscheidung des Erstgerichtes bestätigt werde.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig und im Sinne einer Aufhebung der Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz zur meritorischen Erledigung des Rekurses des Vaters auch berechtigt.
Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung liegt ein Nichtigkeitsgrund (vgl § 477 Abs 1 Z 2 ZPO) vor, wenn ein Rechtspfleger in einer Rechtssache in Überschreitung der ihm vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsgewalt entschieden hat (SZ 56/189 mwN). Nach der vor dem RPflG 1985/560 gültigen Rechtslage nach dem RPflG 1962/180 war der Wirkungskreis des Rechtspflegers in Vormundschafts- und Pflegschaftsachen im § 16 leg cit geregelt. Diese Bestimmung listete im Abs 1 den Tätigkeitsbereich des Rechtspflegers und im Abs 2 die dem Richter vorbehaltenen Verfügungen auf. Nach Abs 2 Z 4 blieben dem Richter alle vormundschafts- und pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen vorbehalten, wenn sich der Pflegebefohlene im Ausland aufhielt oder ausländischer Staatsangehöriger war. Mit dem RPflG 1985/560 bezweckte der Gesetzgeber ua eine Erweiterung der Befugnisse des Rechtspflegers (RV 675 BlgNR 16.GP 11; JA 797 BlgNR 16.GP 1). § 19 Abs 1 Z 1 leg cit weist als Generalklausel dem Rechtspfleger die Geschäfte in Pflegschaftssachen (einschließlich der Vormundschafts- und Sachwalterschaftssachen) zu. Nach Abs 2 Z 8 lit a bleiben dem Richter in Pflegschaftssachen "alle pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen über Personen, a) die nicht österreichische Staatsbürger sind oder die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben", vorbehalten. Während nach der alten Rechtslage aufgrund der Gesetzesformulierung im § 16 Abs 2 Z 4 RPflG 1962 ("alle vormundschafts- und pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen") völlig klargestellt war, daß Unterhaltsfestsetzungen hinsichtlich ausländischer Kinder dem Richter vorbehalten waren und demgemäß eine Entscheidung des Rechtspflegers nichtig war (ÖA 1984, 73), ist nun zu prüfen, ob sich nach der geltenden Rechtslage wegen der Formulierung "alle pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen über Personen ..." jetzt anderes ergibt. Es ist dem Rekursgericht zuzustimmen, daß die Auffassung des 5.Senates des Obersten Gerichtshofes 5 Ob 510/94 EvBl 1994/180, wonach eine Unterhaltsfestsetzung keine Verfügung über eine Person sei, nicht näher begründet wurde. Dies war auch nicht erforderlich, weil die dort allenfalls vorliegende Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz offenkundig erstmals im Revisionsrekurs geltend gemacht worden war, der Senat darauf also gar nicht eingehen konnte und seine Rechtsmeinung daher nur obiter äußerte. Das Rekursgericht hält an seiner eigenen Rechtsprechung (EFSlg 79.462/5) fest, daß sich durch die Gesetzesänderung an der richterlichen Kompetenz nichts geändert habe, und führt dazu die Gesetzesmaterialien ins Treffen. Aus der angeführten Stelle ist jedoch für die Meinung des Rekursgerichtes nichts zu gewinnen, weil die Ausführungen sich nur mit der beabsichtigten Klarstellung beschäftigen, daß auch Staatenlose von der Regelung umfaßt sein sollten. Dann heißt es in den Materialien (S 17 der RV) wörtlich:Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung liegt ein Nichtigkeitsgrund vergleiche Paragraph 477, Absatz eins, Ziffer 2, ZPO) vor, wenn ein Rechtspfleger in einer Rechtssache in Überschreitung der ihm vom Gesetz eingeräumten Entscheidungsgewalt entschieden hat (SZ 56/189 mwN). Nach der vor dem RPflG 1985/560 gültigen Rechtslage nach dem RPflG 1962/180 war der Wirkungskreis des Rechtspflegers in Vormundschafts- und Pflegschaftsachen im Paragraph 16, leg cit geregelt. Diese Bestimmung listete im Absatz eins, den Tätigkeitsbereich des Rechtspflegers und im Absatz 2, die dem Richter vorbehaltenen Verfügungen auf. Nach Absatz 2, Ziffer 4, blieben dem Richter alle vormundschafts- und pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen vorbehalten, wenn sich der Pflegebefohlene im Ausland aufhielt oder ausländischer Staatsangehöriger war. Mit dem RPflG 1985/560 bezweckte der Gesetzgeber ua eine Erweiterung der Befugnisse des Rechtspflegers (RV 675 BlgNR 16.GP 11; JA 797 BlgNR 16.GP 1). Paragraph 19, Absatz eins, Ziffer eins, leg cit weist als Generalklausel dem Rechtspfleger die Geschäfte in Pflegschaftssachen (einschließlich der Vormundschafts- und Sachwalterschaftssachen) zu. Nach Absatz 2, Ziffer 8, Litera a, bleiben dem Richter in Pflegschaftssachen "alle pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen über Personen, a) die nicht österreichische Staatsbürger sind oder die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben", vorbehalten. Während nach der alten Rechtslage aufgrund der Gesetzesformulierung im Paragraph 16, Absatz 2, Ziffer 4, RPflG 1962 ("alle vormundschafts- und pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen") völlig klargestellt war, daß Unterhaltsfestsetzungen hinsichtlich ausländischer Kinder dem Richter vorbehalten waren und demgemäß eine Entscheidung des Rechtspflegers nichtig war (ÖA 1984, 73), ist nun zu prüfen, ob sich nach der geltenden Rechtslage wegen der Formulierung "alle pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen über Personen ..." jetzt anderes ergibt. Es ist dem Rekursgericht zuzustimmen, daß die Auffassung des 5.Senates des Obersten Gerichtshofes 5 Ob 510/94 EvBl 1994/180, wonach eine Unterhaltsfestsetzung keine Verfügung über eine Person sei, nicht näher begründet wurde. Dies war auch nicht erforderlich, weil die dort allenfalls vorliegende Nichtigkeit des Verfahrens erster Instanz offenkundig erstmals im Revisionsrekurs geltend gemacht worden war, der Senat darauf also gar nicht eingehen konnte und seine Rechtsmeinung daher nur obiter äußerte. Das Rekursgericht hält an seiner eigenen Rechtsprechung (EFSlg 79.462/5) fest, daß sich durch die Gesetzesänderung an der richterlichen Kompetenz nichts geändert habe, und führt dazu die Gesetzesmaterialien ins Treffen. Aus der angeführten Stelle ist jedoch für die Meinung des Rekursgerichtes nichts zu gewinnen, weil die Ausführungen sich nur mit der beabsichtigten Klarstellung beschäftigen, daß auch Staatenlose von der Regelung umfaßt sein sollten. Dann heißt es in den Materialien (S 17 der RV) wörtlich:
"Außerdem sollen dem Richter (im wesentlichen entsprechend der schon bisherigen Regelung) die pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen über Personen vorbehalten bleiben, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, weil sich in diesen Angelegenheiten im Hinblick auf den § 110 JN in der Praxis nicht selten schwierigere Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts ergeben". Diese Ausführungen betreffen nicht den vorliegenden Fall. Aus den Erläuterungen ist aber immerhin im Zusammenhang mit dem deklarierten Zweck der Gesetzesänderung, nämlich der Ausweitung des Wirkungskreises des Rechtspflegers, abzuleiten, daß der Gesetzgeber ganz offensichtlich nur die Angelegenheiten dem Richter vorbehalten wollte, in denen schwierigere Rechtsfragen wegen des Auslandsbezuges zu lösen sind, ansonsten aber der Rechtspfleger im Sinne der Generalklausel zuständig sein solle. Schon nach der grammatikalischen Auslegung des Gesetzeswortlautes kann eine Unterhaltsfestsetzung nicht ohneweiteres als Verfügung über eine Person aufgefaßt werden. Die ergänzende teleologische Interpretation spricht gegen die Meinung des Rekursgerichtes. Bei der Festsetzung des Unterhalts ausländischer Minderjähriger ist für die überwiegenden Fälle das Übereinkommen vom 24.10.1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht BGBl 1961/293 maßgeblich. Diesem Übereinkommen ist die Türkei beigetreten. Danach ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts auch ausländischer Minderjähriger maßgebend für die Bestimmung des Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsausmaßes (EFSlg 79.018; ÖA 1987, 139). Bei der Entscheidung der materiellen Rechtsfragen des Unterhaltsrechtes ist daher im Regelfall (vgl den Ausschluß der inländischen Gerichtsbarkeit im § 110 JN) ausschließlich österreichisches Recht anzuwenden, wie dies auch bei den dem Rechtspfleger obliegenden Entscheidungen über Unterhaltsansprüche inländischer Kinder der Fall ist. Der Rechtspfleger kann Geschäftsstücke seines Wirkungskreises bei Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art dem Richter vorlegen (§ 10 Abs 1 Z 3 RPflG). Entscheidungen, bei denen ausländisches Recht anzuwenden ist, sind dem Richter generell vorbehalten (§ 16 Abs 2 Z 6 RPflG). Es entfällt also das Argument, die Kompetenz zur Unterhaltsfestsetzung solle wegen komplizierter Rechtsfragen dem Richter vorbehalten bleiben. Anders verhält es sich bei pflegschaftsgerichtlichen Entscheidungen über die Person, vornehmlich also bei Obsorgeentscheidungen, bei denen das Minderjährigenschutzabkommen BGBl 1975/446 maßgeblich ist und durchaus kompliziertere Bestimmungen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht zu beurteilen sind, u.a. auch die Konkurrenz der Behörden des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes und derjenigen nach dem Heimatrecht. Dieses Abkommen ist nicht auf Unterhaltsfragen (EFSlg 79.033) anzuwenden. Aus der Verschiedenheit der Materien und dem unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad der im Regelfall anstehenden Rechtsprobleme ist eine unterschiedliche Regelung der Zuständigkeit durchaus sinnvoll. Da auch eine darauf abzielende Absicht des Gesetzgebers aus den schon erwähnten Gründen angenommen werden kann, sind die Gesetzesbestimmung über den Wirkungskreis des Rechtspflegers und des Richters in Pflegschaftssachen dahin auszulegen, daß die Festsetzung des Unterhalts ausländischer Kinder, soferne österreichisches Recht anzuwenden ist, in den Wirkungskreis des Rechtspflegers fällt. Dessen Entscheidung im vorliegenden Fall ist daher entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes nicht nichtig. Dieses Ergebnis entspricht auch der Neufassung des § 19 Abs 2 Z 8 RPflG durch Art XXVIII Z 2 der (hier allerdings noch nicht anzuwendenden) WGN 1997, wonach alle nicht rein vermögensrechtlichen Entscheidungen über Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind oder die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, dem Richter vorbehalten sind. In der RV 898 BlgNR 20.GP 57 wird diese Änderung des Gesetzeswortlautes mit einem Klarstellungsbedürfnis im Sinne der Entscheidung EvBl 1994/180 begründet. Das Rekursgericht wird über den Rekurs des Vaters meritorisch zu entscheiden haben."Außerdem sollen dem Richter (im wesentlichen entsprechend der schon bisherigen Regelung) die pflegschaftsgerichtlichen Verfügungen über Personen vorbehalten bleiben, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, weil sich in diesen Angelegenheiten im Hinblick auf den Paragraph 110, JN in der Praxis nicht selten schwierigere Fragen des internationalen Zivilverfahrensrechts ergeben". Diese Ausführungen betreffen nicht den vorliegenden Fall. Aus den Erläuterungen ist aber immerhin im Zusammenhang mit dem deklarierten Zweck der Gesetzesänderung, nämlich der Ausweitung des Wirkungskreises des Rechtspflegers, abzuleiten, daß der Gesetzgeber ganz offensichtlich nur die Angelegenheiten dem Richter vorbehalten wollte, in denen schwierigere Rechtsfragen wegen des Auslandsbezuges zu lösen sind, ansonsten aber der Rechtspfleger im Sinne der Generalklausel zuständig sein solle. Schon nach der grammatikalischen Auslegung des Gesetzeswortlautes kann eine Unterhaltsfestsetzung nicht ohneweiteres als Verfügung über eine Person aufgefaßt werden. Die ergänzende teleologische Interpretation spricht gegen die Meinung des Rekursgerichtes. Bei der Festsetzung des Unterhalts ausländischer Minderjähriger ist für die überwiegenden Fälle das Übereinkommen vom 24.10.1956 über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht BGBl 1961/293 maßgeblich. Diesem Übereinkommen ist die Türkei beigetreten. Danach ist das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts auch ausländischer Minderjähriger maßgebend für die Bestimmung des Unterhaltspflichtigen und des Unterhaltsausmaßes (EFSlg 79.018; ÖA 1987, 139). Bei der Entscheidung der materiellen Rechtsfragen des Unterhaltsrechtes ist daher im Regelfall vergleiche den Ausschluß der inländischen Gerichtsbarkeit im Paragraph 110, JN) ausschließlich österreichisches Recht anzuwenden, wie dies auch bei den dem Rechtspfleger obliegenden Entscheidungen über Unterhaltsansprüche inländischer Kinder der Fall ist. Der Rechtspfleger kann Geschäftsstücke seines Wirkungskreises bei Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art dem Richter vorlegen (Paragraph 10, Absatz eins, Ziffer 3, RPflG). Entscheidungen, bei denen ausländisches Recht anzuwenden ist, sind dem Richter generell vorbehalten (Paragraph 16, Absatz 2, Ziffer 6, RPflG). Es entfällt also das Argument, die Kompetenz zur Unterhaltsfestsetzung solle wegen komplizierter Rechtsfragen dem Richter vorbehalten bleiben. Anders verhält es sich bei pflegschaftsgerichtlichen Entscheidungen über die Person, vornehmlich also bei Obsorgeentscheidungen, bei denen das Minderjährigenschutzabkommen BGBl 1975/446 maßgeblich ist und durchaus kompliziertere Bestimmungen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht zu beurteilen sind, u.a. auch die Konkurrenz der Behörden des gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes und derjenigen nach dem Heimatrecht. Dieses Abkommen ist nicht auf Unterhaltsfragen (EFSlg 79.033) anzuwenden. Aus der Verschiedenheit der Materien und dem unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad der im Regelfall anstehenden Rechtsprobleme ist eine unterschiedliche Regelung der Zuständigkeit durchaus sinnvoll. Da auch eine darauf abzielende Absicht des Gesetzgebers aus den schon erwähnten Gründen angenommen werden kann, sind die Gesetzesbestimmung über den Wirkungskreis des Rechtspflegers und des Richters in Pflegschaftssachen dahin auszulegen, daß die Festsetzung des Unterhalts ausländischer Kinder, soferne österreichisches Recht anzuwenden ist, in den Wirkungskreis des Rechtspflegers fällt. Dessen Entscheidung im vorliegenden Fall ist daher entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes nicht nichtig. Dieses Ergebnis entspricht auch der Neufassung des Paragraph 19, Absatz 2, Ziffer 8, RPflG durch Art römisch XXVIII Ziffer 2, der (hier allerdings noch nicht anzuwendenden) WGN 1997, wonach alle nicht rein vermögensrechtlichen Entscheidungen über Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind oder die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, dem Richter vorbehalten sind. In der RV 898 BlgNR 20.GP 57 wird diese Änderung des Gesetzeswortlautes mit einem Klarstellungsbedürfnis im Sinne der Entscheidung EvBl 1994/180 begründet. Das Rekursgericht wird über den Rekurs des Vaters meritorisch zu entscheiden haben.
Anmerkung
E48774 06A03487European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1997:0060OB00348.97P.1217.000Dokumentnummer
JJT_19971217_OGH0002_0060OB00348_97P0000_000