TE OGH 1998/5/7 6Ob127/98i

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Veröffentlicht am 07.05.1998
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Hans Rant und Dr.Kurt Freyler, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei S*****, wegen 32.447,64 US$ (420.196,94 S), infolge ordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgerichtes vom 9.März 1998, GZ 2 R 99/97m-5, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 2.September 1977, GZ 28 Cg 370/97t-2, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die klagende Gesellschaft mit dem Sitz in Wien begehrt von der beklagten Gesellschaft, die ihren Sitz in China hat, Schadenersatz wegen Schlechterfüllung eines Kaufvertrages. Die Klägerin berief sich zur Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes auf eine Gerichtsstandsvereinbarung und legte dazu das aus dem Englischen übersetzte Kaufanbot vom 6.3.1996 und die ebenfalls aus dem Englischen übersetzte Kaufbestätigung der Beklagten vom 20.3.1996 vor. Im Kaufanbot der Klägerin befinden sich unterhalb ihrer Unterschrift in deutscher Sprache abgefaßt und in Kleindruck allgemeine Geschäftsbedingungen, die den Passus enthalten "In Streitfällen ist das Handelsgericht Wien allein zuständig". Auf der dem Gericht vorgelegten Fotokopie des Kaufanbotes befinden sich links oben chinesische Schriftzeichen. Die Klägerin behauptete dazu im Rekursverfahren, daß es sich dabei um die Unterschriften der für die Beklagte handelnden Personen handle. Das solcherart auch von der Beklagten "unterschriebene" Kaufanbot sei der Klägerin mit der Kaufbestätigung übermittelt worden. Die Kaufbestätigung der Beklagten vom 20.3.1996 gibt den Inhalt des Kaufvertrages (unter teilweiser Abweichung zum Kaufanbot der Klägerin) wieder und enthält allgemeine Bedingungen der Beklagten, die keine Zuständigkeitsvereinbarung enthalten.

Das Erstgericht wies die Klage vor Zustellung an die Beklagte zurück. Der Kaufvertrag hätte mit der Unterschriftsleistung der Klägerin auf der Kaufbestätigung zustandekommen sollen. In dieser scheine keine ausdrückliche Gerichtsstandsvereinbarung auf.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge. Die Beklagte habe ihren Sitz nicht in einem Vertragsstaat des LGVÜ. Zur Beurteilung der Formerfordernis einer Gerichtsstandsvereinbarung sei dennoch Art XVII LGVÜ heranzuziehen. Die Rechtswirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung sei nach innerstaatlichem Recht zu entscheiden. Die inländische Gerichtsbarkeit sei vor der Frage der Zuständigkeit zu prüfen. Die erforderliche Inlandsbeziehung könne in der Ortsgebundenheit der Parteien oder in einer Ortsbezogenheit des Streitgegenstandes bestehen. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung könne - unter den weiteren Voraussetzungen der Indikationentheorie - die internationale Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes begründen. Gemäß § 41 JN erfolge die Prüfung der Zuständigkeit von Amts wegen aufgrund der Angaben in der Klage. Aus diesen und den dazu vorgelegten Urkunden ergebe sich hier aber, daß eine gültige Gerichtsstandsvereinbarung nicht getroffen worden sei. Wenn die Klägerin mit der Beklagten in englischer Sprache kommuniziere und überdies mit ihrer Unterschrift auf dem Bestätigungsschreiben der Beklagten deren allgemeine Bedingungen akzeptiert habe, könne sie sich nicht mehr darauf berufen, daß die Beklagte die allgemeinen Vertragsbedingungen der Klägerin, die in Deutsch abgefaßt worden seien, genehmigt habe. Die Gerichtsstandsklausel sei eine überraschende Bedingung. Die Klägerin hätte ihre Bedingungen übersetzen lassen müssen. Das Stillschweigen der Beklagten bedeute keine "Ausdrücklichkeit" einer Gerichtsstandsvereinbarung. Auf die Judikatur zu Gerichtsstandsvereinbarungen in Form von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen könne sich die Klägerin nicht berufen, weil dort jeweils oberhalb der geleisteten Unterschriften ausdrücklich auf umseitig angeführte Geschäftsbedingungen verwiesen worden sei. Auf einen anderen Gerichtsstand zur Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit habe sich die Klägerin nicht berufen. In Frage käme lediglich der Gerichtsstand des Vermögens nach § 99 JN. Diesen habe die Klägerin nicht in Anspruch genommen. Weitere Zuständigkeitstatbestände seien nicht zu prüfen gewesen, selbst wenn der Vermögensgerichtsstand aus dem gleichzeitig mit der Klage gestellten Sicherungsantrag hervorgehen sollte.Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge. Die Beklagte habe ihren Sitz nicht in einem Vertragsstaat des LGVÜ. Zur Beurteilung der Formerfordernis einer Gerichtsstandsvereinbarung sei dennoch Art römisch XVII LGVÜ heranzuziehen. Die Rechtswirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung sei nach innerstaatlichem Recht zu entscheiden. Die inländische Gerichtsbarkeit sei vor der Frage der Zuständigkeit zu prüfen. Die erforderliche Inlandsbeziehung könne in der Ortsgebundenheit der Parteien oder in einer Ortsbezogenheit des Streitgegenstandes bestehen. Eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung könne - unter den weiteren Voraussetzungen der Indikationentheorie - die internationale Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes begründen. Gemäß Paragraph 41, JN erfolge die Prüfung der Zuständigkeit von Amts wegen aufgrund der Angaben in der Klage. Aus diesen und den dazu vorgelegten Urkunden ergebe sich hier aber, daß eine gültige Gerichtsstandsvereinbarung nicht getroffen worden sei. Wenn die Klägerin mit der Beklagten in englischer Sprache kommuniziere und überdies mit ihrer Unterschrift auf dem Bestätigungsschreiben der Beklagten deren allgemeine Bedingungen akzeptiert habe, könne sie sich nicht mehr darauf berufen, daß die Beklagte die allgemeinen Vertragsbedingungen der Klägerin, die in Deutsch abgefaßt worden seien, genehmigt habe. Die Gerichtsstandsklausel sei eine überraschende Bedingung. Die Klägerin hätte ihre Bedingungen übersetzen lassen müssen. Das Stillschweigen der Beklagten bedeute keine "Ausdrücklichkeit" einer Gerichtsstandsvereinbarung. Auf die Judikatur zu Gerichtsstandsvereinbarungen in Form von Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen könne sich die Klägerin nicht berufen, weil dort jeweils oberhalb der geleisteten Unterschriften ausdrücklich auf umseitig angeführte Geschäftsbedingungen verwiesen worden sei. Auf einen anderen Gerichtsstand zur Begründung der inländischen Gerichtsbarkeit habe sich die Klägerin nicht berufen. In Frage käme lediglich der Gerichtsstand des Vermögens nach Paragraph 99, JN. Diesen habe die Klägerin nicht in Anspruch genommen. Weitere Zuständigkeitstatbestände seien nicht zu prüfen gewesen, selbst wenn der Vermögensgerichtsstand aus dem gleichzeitig mit der Klage gestellten Sicherungsantrag hervorgehen sollte.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Mit ihrem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt die Klägerin die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen und den Auftrag zur Fortsetzung des Verfahrens durch Zustellung der Klage.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist mangels erheblicher Rechtsfragen unzulässig.

Die von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit (früher: inländische Gerichtsbarkeit) ist zufolge des Sitzes der Beklagten in einem Nichtvertragsstaat des LGVÜ nach nationalem Recht zu prüfen. Bei Bejahung eines Gerichtsstandes in Österreich wäre die internationale Zuständigkeit aufgrund des gegebenen Inlandsbezuges (Sitz der Klägerin im Inland; Lieferort im Inland) zu bejahen (vgl 1 Ob 604/94).Die von Amts wegen zu prüfende internationale Zuständigkeit (früher: inländische Gerichtsbarkeit) ist zufolge des Sitzes der Beklagten in einem Nichtvertragsstaat des LGVÜ nach nationalem Recht zu prüfen. Bei Bejahung eines Gerichtsstandes in Österreich wäre die internationale Zuständigkeit aufgrund des gegebenen Inlandsbezuges (Sitz der Klägerin im Inland; Lieferort im Inland) zu bejahen vergleiche 1 Ob 604/94).

Eine Zuständigkeitsvereinbarung ist eine vorprozessuale Prozeßhandlung, die in ihrer Wirksamkeit nach den Regeln des Prozeßrechts zu beurteilen ist (SZ 63/188). Eine Parteierklärung ist nur insoweit urkundlich nachgewiesen, als ihr Inhalt durch die folgende Unterschrift gedeckt ist. Die generelle Bezugnahme auf nicht unterschriebene allgemeine Geschäftsbedingungen mit einer Gerichtsstandsklausel reicht selbst dann nicht aus, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Vertragsurkunde (dem schriftlichen Anbot) beigefügt sind (4 Ob 1599/95 mwN). Bei der Prüfung der vorgelegten Urkunden spricht gegen den Standpunkt der Klägerin, daß nicht einmal sie selbst die eigenen allgemeinen Geschäftsbedingungen unterschrieben hat, findet sich doch ihre Unterschrift oberhalb derselben. Gleiches gilt für die von der Beklagten unterschriebene Fotokopie des Anbots. Für den Standpunkt der Klägerin kann nur der Umstand ins Treffen geführt werden, daß jedenfalls unter Kaufleuten von einer Branchenüblichkeit von Gerichtsstandsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgegangen werden kann und daß in der Rechtsprechung zum Teil der Bezug auf solche Bedingungen auf der Vorderseite einer unterschriebenen Vertragsurkunde, der die Bedingungen angeschlossen waren, für ausreichend erachtet wurden (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 6 zu § 104 JN mwN). Auf diese Judikatur kann sich die Klägerin hier aber nicht berufen, weil sie in dem von ihr unterschriebenen Teil des Kaufanbots keinerlei Bezug auf die darunter aufscheinenden Geschäftsbedingungen machte und es daher zweifelhaft ist, ob sie selbst diese Bedingungen zum Inhalt des angebotenen Geschäfts machen wollte. Jedenfalls fehlt es an einer ausdrücklichen Willenserklärung. Gleiches gilt für die Annahmeerklärung der Beklagten. Die Anheftung des Kaufanbots an die Kaufbestätigung könnte höchstens den schlüssigen Bedeutungsinhalt haben, die Beklagte sei auch mit der Gerichtsstandsklausel im Anbot einverstanden. Eine ausdrückliche Erklärung fehlt aber auch hier. Es liegt somit der Fall vor, daß schon aufgrund der mit der Klage vorgelegten Urkunden feststeht, daß eine ausdrückliche Vereinbarung im Sinne des § 104 Abs 1 JN fehlt. Dies durften die Vorinstanzen gemäß § 41 Abs 2 JN wahrnehmen. Daß eine bloß in schlüssiger Form zustandegekommene Gerichtsstandsvereinbarung nicht ausreicht, entspricht der herrschenden Meinung (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 104 JN mwN). Auf die von der Klägerin primär bekämpfte Rechtsansicht des Rekursgerichtes, die Gerichtsstandsklausel sei infolge der Verwendung der deutschen Sprache als überraschend anzusehen und damit in sinngemäßer Anwendung des § 864a ABGB unwirksam, kommt es daher nicht mehr an.Eine Zuständigkeitsvereinbarung ist eine vorprozessuale Prozeßhandlung, die in ihrer Wirksamkeit nach den Regeln des Prozeßrechts zu beurteilen ist (SZ 63/188). Eine Parteierklärung ist nur insoweit urkundlich nachgewiesen, als ihr Inhalt durch die folgende Unterschrift gedeckt ist. Die generelle Bezugnahme auf nicht unterschriebene allgemeine Geschäftsbedingungen mit einer Gerichtsstandsklausel reicht selbst dann nicht aus, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Vertragsurkunde (dem schriftlichen Anbot) beigefügt sind (4 Ob 1599/95 mwN). Bei der Prüfung der vorgelegten Urkunden spricht gegen den Standpunkt der Klägerin, daß nicht einmal sie selbst die eigenen allgemeinen Geschäftsbedingungen unterschrieben hat, findet sich doch ihre Unterschrift oberhalb derselben. Gleiches gilt für die von der Beklagten unterschriebene Fotokopie des Anbots. Für den Standpunkt der Klägerin kann nur der Umstand ins Treffen geführt werden, daß jedenfalls unter Kaufleuten von einer Branchenüblichkeit von Gerichtsstandsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausgegangen werden kann und daß in der Rechtsprechung zum Teil der Bezug auf solche Bedingungen auf der Vorderseite einer unterschriebenen Vertragsurkunde, der die Bedingungen angeschlossen waren, für ausreichend erachtet wurden (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 6 zu Paragraph 104, JN mwN). Auf diese Judikatur kann sich die Klägerin hier aber nicht berufen, weil sie in dem von ihr unterschriebenen Teil des Kaufanbots keinerlei Bezug auf die darunter aufscheinenden Geschäftsbedingungen machte und es daher zweifelhaft ist, ob sie selbst diese Bedingungen zum Inhalt des angebotenen Geschäfts machen wollte. Jedenfalls fehlt es an einer ausdrücklichen Willenserklärung. Gleiches gilt für die Annahmeerklärung der Beklagten. Die Anheftung des Kaufanbots an die Kaufbestätigung könnte höchstens den schlüssigen Bedeutungsinhalt haben, die Beklagte sei auch mit der Gerichtsstandsklausel im Anbot einverstanden. Eine ausdrückliche Erklärung fehlt aber auch hier. Es liegt somit der Fall vor, daß schon aufgrund der mit der Klage vorgelegten Urkunden feststeht, daß eine ausdrückliche Vereinbarung im Sinne des Paragraph 104, Absatz eins, JN fehlt. Dies durften die Vorinstanzen gemäß Paragraph 41, Absatz 2, JN wahrnehmen. Daß eine bloß in schlüssiger Form zustandegekommene Gerichtsstandsvereinbarung nicht ausreicht, entspricht der herrschenden Meinung (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 5 zu Paragraph 104, JN mwN). Auf die von der Klägerin primär bekämpfte Rechtsansicht des Rekursgerichtes, die Gerichtsstandsklausel sei infolge der Verwendung der deutschen Sprache als überraschend anzusehen und damit in sinngemäßer Anwendung des Paragraph 864 a, ABGB unwirksam, kommt es daher nicht mehr an.

Die Klägerin strebt ferner die Bejahung des Vermögensgerichtsstandes nach § 99 JN an. Entgegen den Revisionsrekursausführungen hat sie sich in der Klage auf diesen Gerichtsstand nicht berufen und dazu keinen Sachverhalt behauptet. Die fehlenden Klagebehauptungen können auch nicht durch das Vorbringen im Sicherungsantrag ersetzt werden, zumal die Klägerin selbst dort sogar ausdrücklich behauptete, die Beklagte verfüge in Österreich über keinerlei Vermögenswerte (S 7 in ON 1).Die Klägerin strebt ferner die Bejahung des Vermögensgerichtsstandes nach Paragraph 99, JN an. Entgegen den Revisionsrekursausführungen hat sie sich in der Klage auf diesen Gerichtsstand nicht berufen und dazu keinen Sachverhalt behauptet. Die fehlenden Klagebehauptungen können auch nicht durch das Vorbringen im Sicherungsantrag ersetzt werden, zumal die Klägerin selbst dort sogar ausdrücklich behauptete, die Beklagte verfüge in Österreich über keinerlei Vermögenswerte (S 7 in ON 1).

Anmerkung

E50250 06A01278

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1998:0060OB00127.98I.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19980507_OGH0002_0060OB00127_98I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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