TE Vfgh Erkenntnis 2002/6/13 B831/01

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Veröffentlicht am 13.06.2002
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Index

10 Verfassungsrecht
10/05 Bezüge, Unvereinbarkeit

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
BVG-Bezügebegrenzung 1997 §4, §5

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Stilllegung der Bezugsfortzahlung des ehemaligen Bundeskanzlers im Monat der Abfindung der bei der OMV-AG erworbenen Pensionsansprüche durch eine Einmalzahlung; keine Einräumung subjektiver Rechte durch das BVG-Bezügebegrenzung 1997

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch in Rechten durch Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Der Beschwerdeführer war in den Jahren 1969 bis 1992 bei der OMV-AG tätig; von 1992 bis Februar 2000 war er Mitglied der Bundesregierung, zuletzt als Bundeskanzler. Am (Stichtag) 31. Juli 1997 (vgl. §49j Abs1 des Bundesgesetzes über die Bezüge und Pensionen der obersten Organe des Bundes und sonstiger Funktionäre, BGBl. 1972/273 idgF; im Folgenden: Bezügegesetz) wies er eine Funktionsdauer als Mitglied der Bundesregierung von 5 Jahren, 3 Monaten und 29 Tagen auf. Im Hinblick darauf wurde dem Beschwerdeführer gemäß §49j iVm. §14 Bezügegesetz nach Beendigung seiner Amtstätigkeit als Bundeskanzler für die Dauer eines Jahres - und zwar vom 24. Februar 2000 bis 23. Februar 2001 - der im Monat des Ausscheidens aus dem Amt gebührende Bezug fortgezahlt.

1.2. Im Juli 2000 ließ sich der Beschwerdeführer die pensionsrechtlichen Ansprüche, die er auf Grund seiner Tätigkeit bei der OMV-AG erworben hatte, durch eine Einmalzahlung abfinden.

2. In der Folge wurde mit Bescheid der Bundesregierung vom 22. März 2001 - unter Berufung auf die §§4 und 5 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre, BGBl. I 1997/64 (im Folgenden: Bezügebegrenzungs-BVG) - verfügt, dass "im Monat Juli 2000 die Bezugsfortzahlung ... stillzulegen" sei.

Begründend führt die Bundesregierung dazu aus, dass nach den genannten Bestimmungen des Bezügebegrenzungs-BVG

"bei Personen, die neben einem Bezug nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes einen weiteren Bezug von einem Rechtsträger, der der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt, erhalten, der niedrigere Bezug nur soweit auszuzahlen ist, als insgesamt ein Betrag [im Fall des Beschwerdeführers] von ATS 182.291,- nicht überschritten wird.

Sie haben während der Zeit vom 24. Februar 2000 bis 23. Februar 2001 eine Bezugsfortzahlung gemäß §49j iVm. §14 des Bezügegesetzes ... erhalten. Im Juli 2000 - also zu einer Zeit, wo die OMV-AG nicht der Kontrolle des Rechnungshofes unterlag - haben Sie sich Ihre pensionsrechtlichen Ansprüche von der OMV-AG durch eine Einmalzahlung ablösen lassen. Diese pensionsrechtlichen Ansprüche haben Sie jedoch, Ihren Angaben zufolge, während Ihrer Tätigkeit bei der OMV-AG in den Jahren 1969 bis 1992 erworben. Damals unterlag die OMV-AG der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes.

Das Bundeskanzleramt ist der Auffassung, dass die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes zum Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches entscheidungsrelevant ist. Es stützt sich dabei auf Erkenntnisse des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes aus den Jahren 1997 und 1998 zu §38 litg des Bezügegesetzes ..., die auch auf die gleichartige Bestimmung des §4 Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes über die Begrenzung von Bezügen öffentlicher Funktionäre übertragbar sind.

Da die Einmalzahlung von der OMV-AG die im §5 leg. cit. genannte Einkommensgrenze überschreitet, ist im Monat der Auszahlung die Bezugsfortzahlung als ehemaliger Bundeskanzler stillzulegen."

3.1. In der gegen diesen Bescheid gerichteten, auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums sowie im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, "von den Kürzungsbestimmungen des BVG Bezügebegrenzung unberührt zu bleiben", geltend und begehrt demgemäß die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides.

3.2. Begründend bringt der Beschwerdeführer dazu im Wesentlichen Folgendes vor:

"Aus der Begründung des Bescheides scheint hervorzugehen, dass sich die Behörde nicht - wie der Spruch vermuten lassen könnte - auf §4 [Bezügebegrenzungs-BVG], sondern ausschließlich auf §5 und hier auf Abs1 stützen will. Nach dieser Bestimmung führt das Zusammentreffen eines Bezuges nach den bezugsrechtlichen Vorschriften des Bundes mit einem weiteren Bezug von einem Rechtsträger, der der Kontrolle des [Rechnungshofes; im Folgenden: RH] unterliegt, zur Kürzung; dies auf den monatlichen Bezug eines Staatssekretärs, der mit der Besorgung bestimmter Aufgaben betraut ist.

Damit trifft die Behörde zwei, im vorliegenden Fall entscheidende, rechtliche Annahmen:

* sie qualifiziert die Einmalzahlung der OMV als 'Bezug';

* sie unterstellt, dass der gesetzliche Tatbestand der Prüfungskompetenz des RH in Bezug auf die OMV vorliegt.

Unbestritten ist die mit Bescheid vom 4. April 2000 gewährte Bezugsfortzahlung ein 'Bezug nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes' iSd. §5 Abs1 BVG Bezügebegrenzung. Fraglich ist aber, ob die Einmalzahlung der OMV vom Juli 2000 als 'weiterer Bezug von einem Rechtsträger, der der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt' iSd.

§5 Abs1 BVG Bezügebegrenzung qualifiziert werden kann.

Die Einmalzahlung als 'Bezug' iSd. §5 Abs1

BVG Bezügebegrenzung

Versucht man die rechtliche Erfassung dieser Einmalzahlung, so zeigt sich zunächst, dass der hier relevante Pensionsvertrag vom 20.11.1990 eine solche Einmalzahlung nicht vorsieht und dass sie daher auch in diesem keine unmittelbare rechtliche Grundlage finden kann. Man muss daher davon ausgehen, dass die erfolgte Einmalzahlung eine Abgeltung für die bereits in der Vergangenheit entstandenen Pensionsanwartschaften darstellt, maW: Sie ist das Entgelt dafür, dass der Beschwerdeführer auf seine künftigen monatlichen Pensionszahlungen verzichtet. Damit stellt sich die Frage, ob ein solches Entgelt als 'Bezug' iSd. §5 Abs1 BVG Bezügebegrenzung qualifiziert werden kann.

Die Frage ist zunächst schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch zu verneinen; unter 'Bezug' versteht man ein 'regelmäßiges Bekommen'. Etwas, was man nur einmal bekommt, bekommt man aber nicht 'regelmäßig', weshalb eine Qualifikation als 'Bezug' ausscheidet (vgl. Duden, Das Bedeutungswörterbuch2, Bd. 10 [1985] 144). Analysiert man das BVG Bezügebegrenzung, so zeigt sich, dass der Verfassungsgesetzgeber den Begriff des 'Bezuges' iSd. üblichen Sprachgebrauches verwendet. Bereits im §1, der den wesentlichen Anwendungsbereich festlegt, ist - wie selbstverständlich - vom 'monatlichen' Bezug die Rede; auch §5 Abs1 spricht im zweiten Satzteil ausdrücklich vom 'monatlichen' Bezug. Nirgendwo ist erkennbar, dass mit 'Bezug' auch eine Einmalzahlung erfasst sein sollte. Auch die Gesetzesmaterialien lassen keine andere Schlussfolgerung zu (453/A BlgNR 20. GP; 687 BlgNR 20. GP). Daraus folgt, dass §5 Abs1 BVG Bezügebegrenzung eine Kürzung für regelmäßig zufließende Beträge vorsieht; genauer geht es um ein monatliches Zufließen und eine Kürzung auf einen monatlichen Höchstbetrag.

...

Die von der BReg vertretene Auffassung bewirkt, dass die Anwendung des BVG Bezügebegrenzung von Zufällen abhängig ist. Hätte der Beschwerdeführer diese Einmalzahlung erst im März 2001 oder später erhalten, hätte nämlich eine Kürzung keinesfalls Platz greifen dürfen; da aber die OMV seinem Wunsch unverzüglich Rechnung getragen hat, bewirkt die von der BReg vertretene Rechtsauffassung eine Kürzung.

Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die an den Beschwerdeführer im Juli 2000 erfolgte Einmalzahlung kein 'Bezug' iSd. BVG Bezügebegrenzung ist; §5 Abs1 dieses Gesetzes ist daher nicht anwendbar.

Die OMV und die Prüfungskompetenz des RH:

Die BReg unterstellt in ihrem Bescheid auch, dass die zweite, im §5 Abs1 BVG Bezügebegrenzung genannte Voraussetzung erfüllt ist. Die Prüfungsbefugnis des RH bestand bis 15. Dezember 1994, danach war sie aber nicht mehr gegeben.

Selbst wenn man - verfehlterweise - die Einmalzahlung im Juli 2000 als 'Bezug' qualifizieren möchte, wäre sie jedenfalls kein Bezug von einem in diesem Zeitpunkt der Prüfungsbefugnis des RH unterliegenden Unternehmen. Gegen dieses Ergebnis könnten aber ein Erk. des VfGH (VfSlg. 14.872) und - diesem folgend - ein Erk. des VwGH (16.12.1998, Zl. 97/12/0244) sprechen. Beide Erk. stellen darauf ab, ob das betreffende Unternehmen im Anwartschaftszeitraum der Kontrolle des RH unterlag. Zum Unterschied vom vorliegenden Fall ging es aber in beiden Erk. um regelmäßige Pensionsansprüche, deren rechtliche Grundlage während der Zeit geschaffen wurde, in der eine Prüfungskompetenz des RH unzweifelhaft bestand. Im vorliegenden Fall wurde der Rechtsanspruch auf Einmalzahlung aber in einem Zeitpunkt begründet, in dem eine solche Prüfungsbefugnis ohne Zweifel nicht mehr bestand; außerdem bezogen sich die beiden zit. Erk. auf andere als die hier relevanten Vorschriften.

Im vorliegenden Fall scheint vor allem von Bedeutung, dass die Einmalzahlung nicht als aktualisierte, zum Rechtsanspruch gewandelte, Anwartschaft qualifiziert werden kann; die Einmalzahlung basiert auf einem eigenen, im Jahre 2000 geschaffenen Rechtsgrund und ist - wie bereits ausgeführt - als Entgelt für den Verzicht auf diese entstandene Anwartschaft zu qualifizieren.

Daraus ist abzuleiten, dass auch im Hinblick auf die zit. Erk. des VfGH und des VwGH der Tatbestand des Zufließens von einem der Kontrolle des RH unterliegenden Rechtsträger nicht gegeben ist.

Ergebnis:

Der Bescheid der BReg [vom] 22. März 2001 ... findet im BVG Bezügebegrenzung keine Rechtsgrundlage. Er verletzt seinen Adressaten daher in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Eigentumsrecht sowie in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, von den Kürzungsbestimmung[en] des BVG Bezügebegrenzung unberührt zu bleiben. Der Bescheid ist in - unzutreffender - Anwendung bundesverfassungsgesetzlicher Vorschriften ergangen; eine Zuständigkeit des VwGH besteht daher nicht, weil jede Verletzung des BVG Bezügebegrenzung eine Verletzung verfassungsgesetzlicher Vorschriften ist.

Der Bescheid ist auch deshalb verfassungswidrig, weil die BReg ihre Rechtsauffassung im entscheidenden Punkt - ob nämlich die Einmalzahlung einen 'Bezug' darstellt - unbegründet lässt. Dass sie diese Frage bejaht, ist zwar erschließbar, bleibt aber ohne jede Auseinandersetzung mit dem BVG Bezügebegrenzung unbegründet; dies ist jedenfalls auch ein Indiz für Willkür iSd. Art2 StGG."

4. Die Bundesregierung als belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Im Einzelnen führt die Bundesregierung dazu Folgendes aus:

"1. Zur Frage des Bezugsbegriffs:

Es ist zu fragen, welcher Inhalt dem Begriff 'Bezug' im BezBegrBVG zukommt. Es spricht im §1 Abs1 von 'monatlichen Bezügen', woraus zu schließen ist, dass die monatliche Auszahlung für den Bezügebegriff nicht begriffsbestimmend ist. Andererseits spricht §2 BezBegrBVG von 'sonstigen Leistungen', was auf einen engeren Bezugsbegriff hinzudeuten scheint.

Es ist aber davon auszugehen, dass der Begriff 'Bezüge' vom Gesetzgeber in den §§4 und 5 BezBegrBVG in einer weiten Bedeutung verwendet worden ist. Zum einen würde eine gegenteilige Interpretation zu geradezu absurden Ergebnissen führen: Bestehen beispielsweise mehr als zwei Bezüge oder Ruhebezüge von Rechtsträgern, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen, so wären gemäß §4 Abs3 zwar die für die dritte Funktion gebührenden monatlichen Bezüge, nicht aber die Sonderzahlungen und Bezugsfortzahlungen stillzulegen.

Zum anderen indiziert auch §16a BezG, die Vorgängerbestimmung des §5 BezBegrBVG, ein weites Begriffsverständnis. Nach Abs1 dieser Bestimmung waren beim Zusammentreffen von zwei oder mehreren Tätigkeiten, früheren Tätigkeiten, Funktionen oder früheren Funktionen alle Bezüge, Auslagenersätze, Aufwandsentschädigungen, Zuwendungen und sonstigen Ansprüche zusammenzurechnen und allenfalls zu kürzen. Die gesamte Entstehungsgeschichte des BezBegrBVG zeigt, dass der Gesetzgeber nicht hinter jene einkommensbeschränkende Regelung des BezG zurückfallen, sondern sie im Gegenteil verstärken wollte. Es ist daher davon auszugehen, dass die Tatbestände des §16a BezG 'gebündelt' in den §5 BezBegrBVG übernommen wurden. Der Hinweis auf §16a BezG macht deutlich, dass der Gesetzgeber des BezBegrBVG unter 'Bezüge' die Summe aller Leistungen in Geld oder Geldwert, mit dem die Ausübung einer bestimmten Funktion abgegolten wird, verstanden hat.

Ein Vergleich mit dem Bezügebegriff des Einkommensteuergesetzes führt zum gleichen Ergebnis. Auch das Einkommensteuergesetz enthält keine ausdrückliche Definition des Begriffs 'Bezüge'. Allerdings ist aus der jeweiligen Verwendung abzuleiten, dass der Begriff 'Bezüge' nicht eng, sondern sehr weit auszulegen ist und durch den Begriff 'Einnahmen' umschrieben werden kann.

So verwendet das Einkommensteuergesetz den Begriff 'Bezüge' u. a. im §25 EStG im Zusammenhang mit der Definition der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (z.B. Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis). §67 EStG behandelt 'Sonstige Bezüge', womit klargestellt ist, dass als Bezüge nicht nur laufende, sondern auch einmalige zu verstehen sind. §15 Abs2 EStG enthält den Begriff 'Sachbezüge', woraus abzuleiten ist, dass Bezüge auch bei einer Abgeltung durch Überlassung von Wirtschaftsgütern oder Nutzungsrechten (Wohnung, Kfz) vorliegen. §29 EStG kennt den Begriff der 'Wiederkehrenden Bezüge'.

Es ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber des Bezügebegrenzungsgesetzes dem Begriff 'Bezüge' keinen anderen Inhalt beimessen wollte, als jenen, den er im Einkommensteuergesetz vorgefunden hat. Jedenfalls kann der belangten Behörde, wenn sie von einer Begriffsidentität ausgegangen ist, keinesfalls eine denkunmögliche Gesetzesanwendung vorgeworfen werden.

2. Zur Frage der Prüfungskompetenz des Rechnungshofes:

Es ist unbestritten, dass die OMV im Zeitpunkt der Einmalzahlung an den Beschwerdeführer nicht der Kontrolle des Rechnungshofes unterlag. Der Beschwerdeführer ... stand von 1969 bis 1992 in einem Dienstverhältnis zur OMV. In dieser Zeit erwarb [der Bf.] aufgrund eines am 20. November 1990 abgeschlossenen Pensionsvertrages eine Anwartschaft auf eine Pension. Dieser Anspruch wurde im Jahre 2000 durch eine Einmalzahlung abgefunden. Die Prüfungsbefugnis des Rechnungshofes gegenüber der OMV bestand bis 15. Dezember 1994.

Wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 12. Juni 1997, B288/94-12, ausgeführt hat, zeigt die historische Entwicklung der Regelung über die Ruhebezüge ehemaliger Mitglieder des Nationalrates und der Bundesregierung, dass der Gesetzgeber sie dann einer Kürzung unterwerfen wollte, wenn sie mit anderen Einkünften aus öffentlichen Mitteln zusammentrafen. Wie der Verfassungsgerichtshof - allerdings zu §38 litg Bezügegesetz - ausführte, 'kommt es darauf an, aus welchen Mitteln der Ruhegenuß stammt. Wird der Ruhegenuß aus öffentlichen Mitteln des Bundes bezahlt, kommt es zur Kürzung des Ruhebezuges eines ehemaligen Mitglieds der Bundesregierung. Stammt der Ruhegenuß nicht aus öffentlichen Mitteln, so ist die erwähnte Kürzungsbestimmung des §38 litg des Bezügegesetzes nicht anzuwenden.

Legt man §38 des Bezügegesetzes dieses Verständnis zugrunde, so durfte die Bundesregierung zulässigerweise davon ausgehen, dass die während der Tätigkeit in einer Unternehmung mit dominierendem Einfluss des Bundes angesparten Pensionsanwartschaften - auch im Fall einer späteren Privatisierung dieses Unternehmens - die öffentliche Hand belasten, sei es dadurch, dass entweder Rückstellungen in der Zeit vor der Privatisierung vorgenommen wurden oder dass sich die zu erwartende Verpflichtung zur Leistung des Ruhegenusses auf die Bewertung des Unternehmens und damit kaufpreismindernd - und im Effekt wieder zu Lasten öffentlicher Mittel - auswirkt'.

Das Bezügebegrenzungsgesetz ist prinzipiell vom gleichen Grundsatz beherrscht. Wie sich aus dem Bericht des Verfassungsausschusses ergibt, war es Absicht des Gesetzgebers, 'Obergrenzen bei mehreren Einkommen aus öffentlichen Kassen zu schaffen' bzw. 'höchstens zwei Bezüge aus öffentlichen Kassen' zuzulassen.

Bei dieser Sachlage ist auch durch das Argument des Beschwerdeführers, die Einmalzahlung basiere auf einem eigenen, im Jahr 2000 geschaffenen Rechtsgrund, nichts zu gewinnen. Denn selbst wenn dies der Fall wäre, liegt das wirtschaftliche Geschehen, das zu diesem Rechtsgrund geführt hat, in einer Zeit, in der die OMV unbestritten der Kontrolle des Rechnungshofes unterlag.

An den vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 12. Juni 1997 formulierten Prinzip hat das Bezügebegrenzungsgesetz nichts geändert. Keineswegs ist es denkunmöglich, dass die Bundesregierung die Frage der Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes am Zeitpunkt der Entstehung des Anspruches und nicht dem Zeitpunkt seiner Abfindung beurteilt hat."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die §§4 und 5 Bezügebegrenzungs-BVG lauten - auszugsweise - wie folgt:

"Höchstzahl der Bezüge und Ruhebezüge

§4. (1) Personen mit Anspruch auf Bezug oder Ruhebezug nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes oder der Länder dürfen insgesamt höchstens zwei Bezüge oder Ruhebezüge von Rechtsträgern beziehen, die der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegen. Bestehen Ansprüche auf mehr als zwei solcher Bezüge oder Ruhebezüge, sind alle bis auf die zwei höchsten Bezüge oder Ruhebezüge stillzulegen.

...

(4) Von den verbleibenden Bezügen oder Ruhebezügen ist der jeweils niedrigere Bezug oder Ruhebezug nur soweit auszuzahlen, als insgesamt die im §5 festgelegten Beträge nicht überschritten werden.

(5) Bei der Anwendung der Abs1 bis 4 sind Ruhebezüge nicht zu berücksichtigen, die auf Grund von freiwilligen Beitragsleistungen bezogen werden.

Kürzung des zweiten Bezuges oder Ruhebezuges

§5. (1) Bezieht eine Person neben einem Bezug nach den bezügerechtlichen Regelungen des Bundes einen weiteren Bezug von einem Rechtsträger, der der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt (in den folgenden Absätzen als 'Rechtsträger' bezeichnet), besteht der Betrag nach §4 Abs4 im monatlichen Bezug eines Staatssekretärs, der mit der Besorgung bestimmter Aufgaben betraut ist (180% des Ausgangsbetrages nach §1 [d.i. der monatliche Bezug eines Mitgliedes des Nationalrates]).

..."

2. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt zu sein. Er begründet dies im Wesentlichen damit, dass die belangte Behörde die an ihn geleistete Einmalzahlung zu Unrecht als einen "Bezug von einem Rechtsträger, der der Kontrolle des Rechnungshofes unterliegt," iSd. §5 Abs1 Bezügebegrenzungs-BVG qualifiziert habe.

Der Verfassungsgerichtshof hält jedoch diese Rechtsauffassung der belangten Behörde zumindest für vertretbar. Er geht dabei von Folgendem aus: Zum einen kann diese Einmalzahlung - jedenfalls denkmöglich - dem Begriff des "Bezuges" subsumiert werden, weil sie zur Abfindung pensionsrechtlicher Ansprüche gewährt wurde und somit - gleichsam ersatzweise - an die Stelle "laufender Zuwendungen" tritt. Zum anderen lassen sich die im Erkenntnis VfSlg. 14.872/1997 zu der - in jenem Fall relevanten - Privatisierung der CA-BV angestellten Überlegungen - vertretbarer Weise - auch auf den hier vorliegenden Fall der Privatisierung der OMV-AG übertragen.

Daraus ergibt sich aber, dass der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums nicht verletzt sein kann. Die vom Beschwerdeführer ebenfalls behauptete Verletzung im "verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, von den Kürzungsbestimmung[en] des BVG Bezügebegrenzung unberührt zu bleiben", kommt allein deshalb nicht in Betracht, weil diese Bestimmungen eine bundesverfassungsgesetzliche - und damit den einfachen Gesetzgeber bindende - Regelung zur Begrenzung einfachgesetzlicher Rechtspositionen darstellen, nicht aber selbst subjektive Rechte einräumen.

3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

4. Die Beschwerde war sohin abzuweisen.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Bezüge für Mandatare, Bezüge Kürzung, Pensionen Politiker-, Rechte subjektive öffentliche

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B831.2001

Dokumentnummer

JFT_09979387_01B00831_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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