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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des Ing. Mag. HH in I, vertreten durch Mag. Peter Michael Draxl, Rechtsanwalt in 6176 Völs, Gießenweg 1, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 5. Mai 2004, Zl. Va-456-7437/47, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Innsbruck vom 19. Jänner 2004 wurden dem Beschwerdeführer eine Reihe von Sozialhilfemaßnahmen zugestanden. Unter anderem wurde ihm für den Zeitraum vom 1. Dezember bis 31. Dezember 2003 gemäß den §§ 1 und 4 Tiroler Sozialhilfegesetz (TSHG) eine monatliche Unterstützung für Ernährung (Lebensunterhalt) in der Höhe von EUR 155,80 (EUR 132,70 für den mj. Jakob H. und EUR 23,10 für den Beschwerdeführer) gewährt. Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass die für den mj. Sohn des Beschwerdeführers, Jakob H., gewährte Leistung bei "eingehenden Unterhaltsbeiträgen rückzuerstatten" sei; ein allfällig "eingehender" Unterhalt sei dem Sozialamt umgehend bekannt zu geben. Die Leistung werde dem Beschwerdeführer bar ausbezahlt. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Erstattung der von ihm für die mj. Lea A. und für den mj. Peter H. für den Monat Juli 2003 geleisteten Unterhaltszahlungen (EUR 189,-- für den mj. Peter H. und EUR 100,-- für die mj. Lea A.) wurde keine Folge gegeben. Auch der Antrag, dem Beschwerdeführer die Kosten für Schulmaterial des mj. Jakob H. in Höhe von EUR 2,70 zu ersetzen, wurde abgewiesen.
Die vom Beschwerdeführer gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit der Maßgabe einer Präzisierung des erstbehördlichen Spruches (Abweisung des Antrages auf Ersatz der für die mj. Lea A. und den mj. Peter H. geleisteten Unterhaltszahlungen als unbegründet) abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, Sabine H., die Mutter des mj. Jakob H., sei seit 1. Mai 2003 diesem gegenüber zur Zahlung von Unterhaltsbeiträgen in der Höhe von EUR 170,-- pro Monat verpflichtet. Am 16. Jänner 2004 sei dem Beschwerdeführer, bei dem der mj. Jakob H. wohnhaft sei, eine Unterhaltsnachzahlung von EUR 100,-- und am 19. Februar 2004 eine Unterhaltsnachzahlung in der Höhe von EUR 1.200,-- ausgehändigt worden. Der das Tiroler Sozialhilfegesetz beherrschende Grundsatz der Subsidiarität besitze auch eine nachwirkende Komponente: Habe der Hilfeempfänger seine Notlage überwunden und verfüge er wieder über ausreichendes Einkommen oder sei er zu Vermögen gelangt, könne der Nachrang der Sozialhilfe im Wege der Ersatzpflicht wieder hergestellt werden. In Verwirklichung des Individualitäts- und Subsidiaritätsprinzips bestehe eine grundsätzliche Ersatzpflicht des Hilfeempfängers, wenn er angesichts seiner (nunmehrigen) wirtschaftlichen Verhältnisse die Sozialhilfeleistung gar nicht erhalten hätte. Im vorliegenden Fall hätte der Beschwerdeführer für seinen mj. Sohn Jakob H. für Dezember 2003 keine Sozialhilfe in Höhe des Richtsatzes für sonstige Familienangehörige (EUR 132,70) erhalten, wenn dessen Lebensunterhalt aus anderen Mitteln - wie z.B .aus Unterhaltszahlungen - bestritten hätte werden können. Die Anordnung, die für Dezember 2003 gewährte Unterstützung für den mj. Jakob H. im Falle des Einlangens von Unterhaltsbeiträgen rückzuerstatten, sei demnach rechtens. Aus den nachgezahlten Unterhaltsbeiträgen könnten auch die Kosten des Schulbedarfes (es stehe fest, dass der Beschwerdeführer am 2. Dezember 2003 für den mj. Jakob H. Schulmaterial um EUR 2,70 gekauft habe) gedeckt werden. Die vom Beschwerdeführer getätigten Unterhaltszahlungen für den mj. Peter H. und die mj. Lea A. könnten jedoch, wie in mehreren gegenüber dem Beschwerdeführer erlassenen - im Einzelnen genannten - Bescheiden bereits ausgeführt worden sei, im Rahmen der Sozialhilfe nicht berücksichtigt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 1 Abs. 1 des im Beschwerdefall anzuwendenden Tiroler Sozialhilfegesetzes (TSHG) ist Sozialhilfe staatliche Hilfe zur Führung eines menschenwürdigen Lebens.
Sozialhilfe ist gemäß § 1 Abs. 2 TSHG nach den Bestimmungen dieses Gesetzes Personen zu gewähren, die sich in einer Notlage befinden.
In einer Notlage im Sinne des Gesetzes befindet sich gemäß § 1 Abs. 3 TSHG,
a) wer den Lebensunterhalt für sich nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält, bzw.
b) wer außergewöhnliche Schwierigkeiten in seinen persönlichen, familiären oder sozialen Verhältnissen (besonderen Lebenslagen) nicht selbst oder mit Hilfe anderer Personen oder Einrichtungen bewältigen kann.
Die Sozialhilfe kann gemäß § 7 Abs. 1 TSHG in Form von Geldleistungen, Sachleistungen oder persönlicher Hilfe gewährt werden.
Die Landesregierung hat gemäß § 7 Abs. 6 TSHG durch Verordnung nähere Vorschriften über die Form und das Ausmaß der Sozialhilfe zu erlassen. Hiebei sind unter Berücksichtigung der Lebenshaltungskosten in Tirol für die Bemessung des Lebensunterhaltes Richtsätze festzusetzen.
Gemäß § 8 Abs. 1 lit. a TSHG ist der Empfänger der Sozialhilfe zum Ersatz der für ihn aufgewendeten Kosten verpflichtet, wenn er zu hinreichendem Einkommen oder Vermögen gelangt.
Gemäß § 1 der Tiroler Sozialhilfeverordnung (TSHV) umfasst die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes Maßnahmen zur Deckung des Aufwandes für
a) Ernährung, Körper- und Gesundheitspflege, Instandhaltung der Bekleidung, Beleuchtung, Kleinhausrat, Reinigung, Bildung und Erholung in einem für den Hilfe Suchenden angemessenen Ausmaß, Benützung von Verkehrsmitteln und sonstige kleinere Bedürfnisse des täglichen Lebens,
b)
Unterkunft,
c)
Bekleidung und Beheizung.
Soweit die Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form von Geldleistungen gegeben wird, sind unter Anrechnung der gemäß § 7 TSHG einzusetzenden eigenen Kräfte und Mittel zu gewähren:
a) Zur Deckung des Aufwandes im Sinne des § 1 lit. a monatliche Leistungen bis zu folgenden Höchstbeträgen (Richtsätze):
...
4. für sonstige Familienangehörige
..........................
EUR 132,70.
b) Zur Deckung des Aufwandes für Unterkunft, Beheizung und Bekleidung eine Beihilfe in Höhe der tatsächlichen Kosten unter Berücksichtigung der Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die Aufwendungen des Beschwerdeführers für den Unterhalt des bei ihm wohnhaften mj. Jakob H. begründeten bei ausbleibenden Unterhaltsbeiträgen der Kindesmutter einen Sozialhilfebedarf des Beschwerdeführers, der durch Sozialhilfeleistungen in Höhe des Richtsatzes gemäß § 4 Abs. 1 lit. a Z. 4 TSHV abzudecken sei. Soweit für die betreffenden Zeiträume jedoch Unterhaltszahlungen bzw. -nachzahlungen durch die Kindesmutter geleistet würden - dies sei in Ansehung des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes (Dezember 2003) mittlerweile geschehen - , verfüge der Beschwerdeführer über ein Einkommen bzw. über ein Vermögen im Sinn des § 8 Abs. 1 TSHG, aus dem die für den Unterhalt des mj. Jakob H. von der Sozialhilfe aufgewendeten Kosten zu ersetzen seien.
Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, dass die empfangenen Beträge bereits "gutgläubig verbraucht" worden seien.
Dieser Einwand ist schon aus folgenden Gründen nicht zielführend: Dem angefochtenen Bescheid ist nämlich lediglich der Hinweis auf die Rechtslage zu entnehmen, wonach der Beschwerdeführer zur Rückerstattung aufgewendeter Sozialhilfemittel verpflichtet sei, wenn ihm nachträglich die (zunächst ausgebliebenen) Unterhaltsbeiträge zukommen. Im Übrigen wurde dem Beschwerdeführer gegenüber jedoch keine Verpflichtung begründet, die im Wege der Zwangsvollstreckung durchgesetzt werden könnte. Durch den Hinweis auf die gesetzliche Rückerstattungspflicht wurde der Beschwerdeführer daher nicht in Rechten verletzt.
Betreffend die Aufwendungen für Schulmaterial in der Höhe von EUR 2,70 legt der Beschwerdeführer nicht dar, dass diese in den Unterhaltsbeiträgen nicht gedeckt wären. Die Auffassung der belangten Behörde, es bestehe insoweit kein Sozialhilfebedarf, ist daher gleichfalls nicht als rechtswidrig zu beanstanden.
Betreffend die Berücksichtigung von Unterhaltsleistungen des Beschwerdeführers wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom heutigen Tage, Zl. 2003/10/0256, verwiesen.
Soweit der Beschwerdeführer aber unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, die belangte Behörde habe weder dargelegt, welche Ermittlungsergebnisse sie erzielt habe, noch ihm dazu die Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt, hat er nicht auch dargetan, zu welchem im Sinne des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG im Wesentlichen anderen Verfahrensergebnis die belangte Behörde bei Vermeidung der behaupteten Verfahrensverletzungen gelangt wäre. Der Umstand, dass im angefochtenen Bescheid zur Begründung des Spruches auf Begründungsdarlegungen anderer gegenüber dem Beschwerdeführer ergangener Bescheide verwiesen wurde, bedeutet keinen Verfahrensmangel.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Oktober 2006
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Diverses Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Diverses VwRallg10/1/3European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2006:2004100147.X00Im RIS seit
07.12.2006