TE Vfgh Erkenntnis 2002/6/17 B1190/99

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Veröffentlicht am 17.06.2002
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Index

L0 Verfassungs- und Organisationsrecht
L0001 Landesverfassung

Norm

B-VG Art83 Abs2
BVG Ämter d LReg §3 Abs1
GeschäftsO der Tir Landesregierung §2 Abs2, Abs3
Tir LandesO 1989 Art51 Abs4
Tir NaturschutzG 1997 §27
Tir NaturschutzG 1997 §40 Abs2 lita

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch Versagung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für ein Kraftwerk; keine Zuständigkeit des Kollegiums der Landesregierung in Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung, hier des Naturschutzes, gemäß der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung

Spruch

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist durch den angefochtenen Bescheid weder in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung darüber abgetreten, ob die beschwerdeführende Gesellschaft durch den angefochtenen Bescheid in einem sonstigen Recht verletzt worden ist.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Tiroler Landesregierung wies mit Bescheid vom 15. Juni 1999 die Anträge der nunmehr beschwerdeführenden Gesellschaft auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Kraftwerke Streimbach Oberstufe und Unterstufe gemäß §§7 Abs1 und 2, 6 litd, 27 Abs2 lita, Abs3 und Abs6 und §40 Abs2 lita Tiroler Naturschutzgesetz 1997, LGBl. Nr. 33 idF des Gesetzes LGBl. Nr. 8/1999 in Verbindung mit §§1, 2 und 3 Naturschutzverordnung 1997, LGBl. Nr. 95, ab. Der Bescheid trägt im Kopf die Bezeichnung "Amt der Tiroler Landesregierung", "Umweltschutz", "Rechtliche Angelegenheiten". Unter der Klausel "Für die Landesregierung:" ist er von einem Sachbearbeiter gezeichnet.

2. Die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm (§2 Abs3 Z1 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung). Die für Naturschutz zuständige Landesrätin habe monokratisch entschieden, obwohl es sich im vorliegenden Fall um eine Angelegenheit, die für das Land Tirol von besonderer politischer, wirtschaftlicher und finanzieller Bedeutung sei, gehandelt habe und diese der kollegialen Beschlussfassung der Landesregierung bedurft hätte. Die Zuständigkeitsbestimmung des §2 Abs3 Z1 der Geschäftsordnung sei im Gegensatz zu den restlichen Zuständigkeitsbestimmungen nicht ausreichend konkret gefasst und biete keine objektiven Anhaltspunkte dafür, was unter der Anhäufung unbestimmter, ausschließlich wertorientierter Ausdrücke gemeint sei. Die Bestimmung widerspreche somit dem Bestimmtheitsgebot des Art18

B-VG.

In der Sache wird zur behaupteten Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz ausgeführt, dass das "unter den Gesichtspunkten einer Marktöffnung für Strom" positiv abgegebene, entscheidungswesentliche Gutachten des von der belangten Behörde selbst bestellten Sachverständigen bei der Interessenabwägung aus unerklärlichen Gründen für nicht nachvollziehbar erklärt worden sei, ohne ein weiteres Gutachten einzuholen. Auch sonst sei die Begründung der Interessenabwägung der belangten Behörde gehäuft widersprüchlich und nicht nachvollziehbar.

3. Die Tiroler Landesregierung erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt. Die Bestimmung des §2 Abs3 Z1 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung sei relativ präzise formuliert und die relevanten Auswirkungen müssten für das Land Tirol als Gebietskörperschaft gegeben sein. Die Aufzählungen der Z2 bis 51 im §2 Abs3 stellten eine Konkretisierung der in der Z1 festgelegten Grundsätze dar, wobei der Tatbestand der Z1 subsidiär gelte, weil nicht alle Lebenssachverhalte im vorhinein erfasst werden könnten. §2 Abs3 Z1 der Geschäftsordnung betreffe jedoch nicht Vorhaben von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung im Land Tirol, sondern nur Angelegenheiten, wenn sie in politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Hinsicht besonders bedeutende Auswirkungen für das Land Tirol in seiner Rechtsstellung als Gebietskörperschaft haben.

Zur behaupteten Verletzung des Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wird ausgeführt, dass eine qualifizierte Verletzung von Verfahrensvorschriften nicht gesehen werden könne. Einerseits sei das Gutachten nicht gänzlich außer Acht gelassen worden, wenn die Bewertung einander widersprechender öffentlicher Interessen zu Ungunsten der beschwerdeführenden Gesellschaft ausgegangen sei, andererseits habe es gerade für die Beurteilung der Naturbeeinträchtigungen - welche nach dem Vorbringen der Beschwerde seitens der belangten Behörde nicht ausreichend begründet worden seien - eine wesentliche Grundlage geliefert.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. §§1 und 2 Abs1, 2, 3 (auszugsweise), 7 und Teile der Anlage der Verordnung der Landesregierung vom 30. März 1999 über die Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung, LGBl. Nr. 14/1999, lauten:

"Angelegenheiten der Landesverwaltung

§1

Die Landesregierung hat die Aufgaben, die ihr als oberstem Organ der Vollziehung des Landes Tirol und als oberstem Organ des Landes Tirol als Träger von Privatrechten obliegen, nach dieser Geschäftsordnung zu besorgen.

§2

(1) Die im §1 genannten Angelegenheiten der Landesverwaltung werden in der Geschäftsverteilung der Landesregierung (Anlage) den einzelnen Mitgliedern der Landesregierung zur Besorgung zugewiesen.

(2) Die einzelnen Mitglieder der Landesregierung haben die ihnen zugewiesenen Angelegenheiten, sofern sie nicht nach den Abs3 und 4 eines Kollegialbeschlusses bedürfen, im Namen der Landesregierung selbständig zu besorgen.

(3) Folgende Angelegenheiten bedürfen der gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung durch die Landesregierung (Kollegialbeschluss):

1. Angelegenheiten, die für das Land Tirol von besonderer politischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Bedeutung sind;

2. Vorlagen an den Landtag;

3. Rechtsverordnungen der Landesregierung mit Ausnahme der Verordnungen über die Festsetzung der Aufenthaltsabgabe und der Verordnungen nach §43 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 145/1998, die durch Straßenverkehrszeichen oder Bodenmarkierungen kundzumachen sind;

4. Entscheidung über den Abschluss und die Kündigung von staatsrechtlichen Vereinbarungen;

5. Entscheidung über den Abschluss und die Kündigung von Staatsverträgen;

6. Zustimmung nach Art102 Abs1 und 4 und Art129a Abs2 B-VG;

7. Zustimmung zur Änderung des Sprengels von Bezirksgerichten;

8. Zustimmung zur Erlassung oder Änderung der Geschäftseinteilung und der Geschäftsordnung des Amtes der Tiroler Landesregierung;

9. Bestimmung des Vertreters des Landeshauptmannes nach Art105 B-VG;

10. Entbindung eines Mitgliedes der Landesregierung von der Amtsverschwiegenheit;

11. Bestellung des Landesamtsdirektors, des Landesamtsdirektorstellvertreters und der Bezirkshauptmänner;

12. Anträge an den Verfassungsgerichtshof nach den Art126a, 138, 138a, 139, 139a, 140 und 140a B-VG sowie Äußerungen der Landesregierung in Verfahren nach den Art139, soweit sie Verordnungen der Landesregierung betreffen, 140 und 140a B-VG;

13. Ersuchen an den Rechnungshof um Durchführung einer Überprüfung nach den Art127 Abs7 und 127a Abs7 B-VG sowie gesetzlich vorgeschriebene Äußerungen und Mitteilungen an den Rechnungshof;

14. Ersuchen an das Landes-Kontrollamt um Durchführung einer Überprüfung sowie Äußerungen an den Landtag zu Berichten des Landes-Kontrollamtes;

15. Antrag auf Einberufung des Landtages zu einer Sitzung;

16. Durchführung einer Volksbefragung nach Art60 der Tiroler Landesordnung 1989;

17. Ausschreibung der Landtagswahlen, der Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen und der Wahlen zu den satzungsgebenden Organen (Vertretungskörper) der gesetzlichen beruflichen Vertretungen sowie Entscheidung über die Anfechtung solcher Wahlen, Aberkennung von Mandaten;

18. Bestellung und Abberufung von Mitgliedern von Kollegialorganen, Ausübung des Vorschlagsrechtes für die Bestellung von Mitgliedern von Kollegialorganen, Entsendung von Mitgliedern in Kollegialorgane, mit Ausnahme

[...]

19. Auflösung von Organen von Körperschaften öffentlichen Rechtes in Ausübung des Aufsichtsrechtes;

20. Bestellung leitender Bediensteter von Landesanstalten, Landesfonds und erwerbswirtschaftlichen Unternehmen des Landes Tirol;

21. Vergabe von Aufträgen, deren Wert 300.000,- Schilling übersteigt, mit Ausnahme von Aufträgen für Bauvorhaben;

22. grundsätzliche Genehmigung von Hochbauvorhaben, Beschluss über die Ausführung von Hochbauvorhaben;

23. Erlassung, Änderung und Aufhebung von Richtlinien für Förderungen des Landes Tirol;

24. Beteiligung des Landes Tirol an erwerbswirtschaftlichen Unternehmen und Gesellschaften und Beitritt zu Vereinen sowie Entsendung von Vertretern des Landes Tirol in Organe solcher juristischer Personen;

25. folgende Personalangelegenheiten der Landesbediensteten und der Landeslehrer:

[...]

26. Einsichtnahme in die der Archivsperre unterliegenden Archivalien, die nicht älter als 30 Jahre sind;

27. Verleihung von Auszeichnungen des Landes Tirol;

28. Bewilligung zur Führung und Verwendung des Landeswappens;

29. Veräußerung und Belastung von Vermögen des Landes Tirol mit einem Wert von mehr als 300.000,- Schilling im Einzelfall;

30. Verleihung der Staatsbürgerschaft, sofern sie im Ermessen der Landesregierung liegt;

31. Genehmigung der Ernennung von Ausländern zu Ehrenbürgern von Gemeinden;

32. Genehmigung von Vereinbarungen über die Vereinigung von Gemeinden oder über die Änderung der Grenzen von Gemeinden;

33. Genehmigung der Änderung des Namens einer Gemeinde, Verleihung der Bezeichnung Marktgemeinde und Verleihung von Gemeindewappen;

34. Erklärung des Amtsverlustes des Bürgermeisters oder eines Mitgliedes eines Kollegialorganes der Gemeinde;

35. Auflösung eines Gemeinderates sowie Bestellung eines Amtsverwalters und eines Beirates zu dessen Beratung;

36. Ausübung der Aufsichtsrechte nach den §§78 bis 81 des Stadtrechtes der Landeshauptstadt Innsbruck 1975, LGBl. Nr. 53;

37. Gewährung von Bedarfszuweisungen;

38. Gewährung von Förderungen aus dem Krankenhaus-Investitionsförderungsfonds;

39. Genehmigung von Beschlüssen der Vollversammlung von Tourismusverbänden über die Führung erwerbswirtschaftlicher Unternehmen;

40. Untersagung des Betriebes eines Verteilernetzes und Verpflichtung eines anderen Elektrizitätsunternehmens zur dauernden Übernahme des Systems;

41. Bestellung des Landesgrundverkehrsreferenten und seiner Stellvertreter sowie die Erteilung von Weisungen an diese, soweit sie die Ausübung des Berufungsrechtes und die Erhebung von Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit von Schein- oder Umgehungsgeschäften betreffen;

42. Bewilligung der Errichtung, Stilllegung und Auflassung von öffentlichen allgemeinbildenden Pflichtschulen, von Landessonderschulen, von öffentlichen berufsbildenden Pflichtschulen und von öffentlichen land- und forstwirtschaftlichen Berufs- und Fachschulen, Bewilligung der Errichtung von Kindergärten;

43. Erteilung von Sammlungsbewilligungen;

44. Gewährung von Leistungen aus dem Landesunterstützungsfonds von mehr als 200.000,- Schilling;

45. Gewährung von Mitteln für Gesundheits- und Sozialsprengel;

46. Anerkennung als Kurort sowie Zurücknahme der Anerkennung;

47. Genehmigung von Gemeinderatsbeschlüssen über die Neuerlassung von Flächenwidmungsplänen und die Erlassung von örtlichen Raumordnungskonzepten;

48. Erteilung der Bewilligung für die Errichtung, die Verlegung und die Erweiterung bettenführender Krankenanstalten und von Ambulatorien der Sozialversicherungsträger sowie Anordnung der Sperre einer solchen Krankenanstalt;

49. Zustimmung zum Abschluss von Vereinbarungen zwischen dem Bund und der Tiroler Landeskrankenanstalten Ges. m. b. H. über den klinischen Bereich der medizinischen Fakultät der Universität Innsbruck im allgemeinen öffentlichen Landeskrankenhaus Innsbruck;

50. Aufnahme von Darlehen;

51. Abschreibung von Forderungen des Landes Tirol von mehr als 100.000,- Schilling im Einzelfall.

[...]

(7) Auf Antrag eines Mitgliedes der Landesregierung können auch Angelegenheiten, die nach Abs2 durch die einzelnen Mitglieder der Landesregierung selbstständig zu besorgen sind, der gemeinsamen Beratung durch die Landesregierung unterzogen werden.

[...]

Anlage

Geschäftsverteilung der Landesregierung

[...]

Landesrätin Christa Gangl:

1. Umweltschutz (unbeschadet der Zuständigkeit der anderen Mitglieder der Landesregierung in den jeweiligen Sachgebieten);

Naturschutz; Bergwacht, Abfallwirtschaft, sämtliche Rechtsverfahren im Zusammenhang mit Abfallentsorgungsanlagen; Chemikalienrecht;

[...]"

2. Die beschwerdeführende Gesellschaft meint, dass die belangte Behörde §2 Abs3 Z1 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung bei Erlassung des angefochtenen Bescheides angewendet habe, da sich die Zuständigkeit des nach der Geschäftsverteilung der Landesregierung (Anlage) für Naturschutzangelegenheiten zuständigen Mitgliedes der Landesregierung zur selbständigen Besorgung dieser Angelegenheiten erst in Zusammenschau mit der Bestimmung des §2 Abs3 Z1 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung ergebe.

Der Bescheid lässt zwar nicht erkennen, ob der Sachbearbeiter, der den Bescheid gefertigt hat, für das nach der Geschäftsverteilung der Tiroler Landesregierung zuständige Mitglied der Landesregierung gehandelt hat, er beruft sich aber auch nicht auf einen Beschluss der Landesregierung. Ein solcher war - wie die folgenden Ausführungen zeigen - aber auch nicht erforderlich:

Nach Art101 Abs1 B-VG übt die Landesregierung die Vollziehung des Landes aus. Die Landesregierung ist gemäß Art44 Abs1 und 2 der Tiroler Landesordnung 1989, LGBl. Nr. 61/1988 idF LGBl. Nr. 104/1998 das oberste Organ sowohl der Vollziehung des Landes als auch des Landes als Träger von Privatrechten. Gemäß §3 Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. Juli 1925, betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierung außer Wien, BGBl. Nr. 289/1925, besorgen die Abteilungen des Amtes der Landesregierung die ihnen nach der Geschäftseinteilung zukommenden Geschäfte, soweit es sich um solche des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes handelt, nach den näheren Bestimmungen der Landesverfassung unter der Leitung der Landesregierung oder einzelner Mitglieder derselben. Diese Bestimmung ermächtigt den Landesverfassungsgesetzgeber dazu, Zuständigkeiten der Landesregierung auf ihre Mitglieder zu übertragen und damit das Ministerialsystem vorzusehen. Der Tiroler Landesverfassungsgesetzgeber hat von dieser Ermächtigung Gebrauch gemacht (vgl. VfSlg. 7653/1975); gemäß Art51 Abs4 der Tiroler Landesordnung 1989 ist durch die Geschäftsordnung zu bestimmen, welche Angelegenheiten der Landesverwaltung der gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung durch die Landesregierung bedürfen. Die übrigen Angelegenheiten der Landesverwaltung hat das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied der Landesregierung in deren Namen selbständig zu besorgen.

Die beschwerdeführende Gesellschaft geht davon aus, dass §2 Abs3 Z1 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung die Zuständigkeit der Landesregierung als Kollegium in Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung - hier in einer Angelegenheit des Naturschutzes - begründet. Sie ist damit aus folgendem Grund nicht im Recht:

§2 Abs3 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung zählt die dem Kollegium der Landesregierung vorbehaltenen Angelegenheiten in der Z1 in Form einer Generalklausel und in den Z2-51 in Form eines Kataloges konkreter Angelegenheiten auf. Die aufgezählten Angelegenheiten betreffen zunächst überwiegend Geschäfte der Regierungspolitik, Angelegenheiten der Erzeugung genereller Normen, durch Verfassungsrecht der Landesregierung zugewiesene Aufgaben, Angelegenheiten der Organisation der Landesverwaltung und Angelegenheiten des Landes als Träger von Privatrechten. Erst in späterer Folge sind einzelne hoheitliche Angelegenheiten genannt (zB Verleihung der Staatsbürgerschaft, Z30; Erteilung von Sammlungsbewilligungen, Z43; Krankenanstaltenbewilligung, Z48).

Die Bestimmung des §2 Abs3 Z1 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung begründet keine Zuständigkeit des Kollegiums der Landesregierung in Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung. Dies ergibt sich schon aufgrund ihrer Stellung im Normengefüge des Abs3 und aus der Bestimmung des §2 Abs7 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung, gemäß der auch Angelegenheiten, die nach Abs2 durch die einzelnen Mitglieder der Landesregierung selbständig zu besorgen sind, auf Antrag eines Mitgliedes der gemeinsamen Beratung durch die Landesregierung unterzogen werden können. Die Regelung behält vielmehr bestimmte, in Form einer Generalklausel umschriebene Akte der Regierungspolitik der kollegialen Beschlussfassung vor. Die Bestimmung war daher bei der Erlassung des bekämpften Bescheides nicht anzuwenden.

Die beschwerdeführende Gesellschaft ist somit auch nicht in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG) verletzt worden, da der Bescheid zu Recht auf §2 Abs2 der Geschäftsordnung der Tiroler Landesregierung iVm der Geschäftsverteilung der Landesregierung gestützt werden konnte.

Aus Anlass des Beschwerdeverfahrens sind gegen die angewendeten Bestimmungen auch sonst keine Bedenken entstanden, und die Beschwerde hat auch nichts weiter vorgebracht.

3. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur verletzen, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hätte.

Die Fragen, ob die belangte Behörde von den eingeholten Gutachten im Zuge der Beweiswürdigung abweichen durfte und ob die Interessenabwägung rechtmäßig erfolgte, sind jedenfalls einfachgesetzlicher Natur.

Die Beschwerde war daher abzuweisen und gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

Schlagworte

Behördenzuständigkeit, Kollegialorgan, Landesregierung, Landesverfassung, Naturschutz, Hoheitsverwaltung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:B1190.1999

Zuletzt aktualisiert am

22.08.2008
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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