TE Vwgh Erkenntnis 2006/12/14 2005/01/0001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.12.2006
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997 §6 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des B in W, geboren 1974, vertreten durch Dr. Rainer Herzig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 12, dieser vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 12, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 21. März 2002, Zl. 219.622/10- III/07/02, betreffend §§ 6 Z 4 und 8 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Malawi, reiste am 21. Juni 2000 in das Bundesgebiet ein und beantragte Asyl.

Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 12. Oktober 2000 den Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab und erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Malawi gemäß § 8 AsylG für zulässig. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Die belangte Behörde verhandelte über die Berufung am 21. März 2002 in Abwesenheit des Beschwerdeführers.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Berufungsbescheid wies die belangte Behörde die Berufung gegen die Abweisung des Asylantrages gemäß § 6 Z 4 AsylG ab und stellte gemäß § 8 AsylG iVm § 57 FrG fest, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Malawi zulässig sei.

Zur Begründung der Abweisung des Asylantrages gemäß § 6 Z 4 AsylG führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei zu für den 30. Mai 2001, 28. Juni 2001 und 18. Juli 2001 anberaumten Berufungsverhandlungen geladen worden, er habe die Ladungen für den 30. Mai 2001 und für den 28. Juni 2001 beim Postamt nicht behoben; da die zuletzt an ihn gerichtete Ladung für 18. Juli 2001 mit dem Vermerk, der Empfänger sei verzogen, retourniert worden sei, habe die belangte Behörde das Asylverfahren gemäß § 30 Abs. 1 AsylG eingestellt. Der Beschwerdeführer habe (unter Vorlage seines Meldezettels) am 17. Dezember 2001 beim Bundesasylamt die Fortsetzung seines eingestellten Asylverfahrens begehrt. Daraufhin sei das Asylverfahren fortgesetzt worden. Da die Ladung zur Berufungsverhandlung am 21. März 2002 vom Beschwerdeführer wieder nicht behoben worden sei, sei diese Verhandlung in seiner Abwesenheit durchgeführt worden.

Die erstinstanzlichen Angaben des Beschwerdeführers beurteilte die belangte Behörde dahingehend, sie seien teilweise widersprüchlich, und unzusammenhängend und in Verbindung mit dem neuen, aber äußerst knappen Berufungsvorbringen, wonach der Beschwerdeführer von Sektenmitgliedern verfolgt werde, nicht nachvollziehbar, sodass "ohne ergänzende Einvernahme des Asylwerbers der maßgebliche Sachverhalt nicht ermittelt werden kann". Ein "Nichtmitwirken" an der Feststellung des Sachverhaltes sei bereits erreicht, wenn ein Asylwerber zwar in der Lage, doch nicht willens sei, erschöpfende Auskünfte zu geben. Das beharrliche unentschuldigte Nichterscheinen vor einer Asylbehörde sei eine darüber hinausgehende, noch qualifiziertere Form des "Nichtmitwirkens" an der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes. Es werde festgestellt, "dass der Asylwerber trotz dreimaliger Aufforderung (rechtswirksamer Ladung) an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht mitgewirkt hat". Er habe dadurch den Tatbestand der Z 4 des § 6 AsylG erfüllt. Da vor dem Hintergrund des in der Verhandlung am 21. März 2002 vorgehaltenen Berichtes des US-Department of State (vom 4. März 2002), aus dem zu folgern sei, dass keine Umstände amtsbekannt seien, dass gleichsam jede Person, die nach Malawi reise, dort asylrelevante (aus einem der in der GFK genannten Gründen) Verfolgung zu befürchten hätte, kein Hinweis auf Verfolgungsgefahr bestehe, sei der Asylantrag gemäß § 6 Z 4 AsylG abzuweisen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 6 AsylG (idF vor der Novelle BGBl. I Nr. 101/2003) sind Asylanträge (gemäß § 3) als offensichtlich unbegründet abzuweisen, wenn sie eindeutig jeder Grundlage entbehren. Dies ist nach der von der belangten Behörde herangezogenen Z 4 leg. cit. der Fall, wenn - ohne sonstigen Hinweis auf Verfolgungsgefahr im Herkunftsstaat - die Asylwerber an der Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes trotz Aufforderung nicht mitwirken.

In Verkennung der Rechtslage hat die belangte Behörde nicht dargetan, dass der Beschwerdeführer eine "Aufforderung" im Sinne des § 6 Z 4 AsylG erhalten habe (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2001, Zl. 2000/20/0318, und die darin angegebene Judikatur).

Die belangte Behörde hat daher zu Unrecht eine qualifizierte Verletzung der Mitwirkungspflicht im Sinne des § 6 Z 4 AsylG angenommen. Schon aus diesem Grund kann der angefochtene Bescheid keinen Bestand haben.

Nach dem Vorgesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht (im Rahmen des gestellten Begehrens) auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 14. Dezember 2006

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2005010001.X00

Im RIS seit

31.01.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten