TE Vwgh Erkenntnis 2006/12/19 2004/03/0155

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Veröffentlicht am 19.12.2006
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Index

L65000 Jagd Wild;
L65007 Jagd Wild Tirol;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

JagdG Tir 2004 §37 Abs2;
JagdG Tir 2004 §37 Abs8;
JagdRallg;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des A V in G, vertreten durch Dr. Peter Sellemond, Dr. Walter Platzgummer und Mag. Robert Sellemond, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Speckbacherstraße 25, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 13. August 2004, Zl IIIa2-1539/6, betreffend Abschussplan, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 6. Mai 2004 wurde für das Genossenschaftsjagdgebiet E für das Jagdjahr 2004/2005 abweichend vom Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich des Rotwildes gemäß § 37 Abs 8 des Tiroler Jagdgesetzes 1983 (JG) der Abschuss mit insgesamt fünf Stück, nach Geschlecht und Altersklassen gegliedert, festgesetzt. Während der Beschwerdeführer den Abschuss von insgesamt acht Stück (davon ein Hirschkalb, ein Junghirsch, ein Mittelhirsch, ein Tierkalb, zwei Schmaltiere und zwei Alttiere) beantragt hatte, wurde mit dem erstinstanzlichen Bescheid der Abschuss von einem Junghirsch, einem Tierkalb, zwei Schmaltieren und einem Alttier festgesetzt. Eine Begründung für das Abweichen vom Antrag ist - der Aktenlage nach - unterblieben.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Berufung, in der er - neben dem Verstoß gegen die Begründungspflicht - im Wesentlichen einwendete, ein vom Hegemeister erstelltes "Abschussmodell" sei nicht nachvollziehbar; die drastische Reduktion der Abschüsse (im Jagdjahr 2003/2004 sei der Abschuss von insgesamt 13 Stück Rotwild festgesetzt gewesen) würde zu einer deutlichen Zunahme der Wildschäden führen, deren notwendige Verminderung gerade Grund für den von der Erstbehörde mit Bescheid vom 11. Mai 2004 beauftragten vorzeitigen Abschuss von Kahlwild gemäß § 52 JG gewesen sei.

In der von der belangten Behörde im Berufungsverfahren eingeholten Stellungnahme des Hegemeisters wird die Abschussreduzierung im Hegebereich mit den "gemeinsam mit den Forstorganen durchgeführten Winterstandserhebungen" und der "mangelnden Abschusserfüllung des Vorjahres", in dem von 74 Stück lediglich 54 Stück erlegt worden seien, erklärt. Trotz genereller Abschusszeitvorverlegung und Genehmigung des Nachtabschusses hätten die festgesetzten Abschusszahlen in keinem Jagdrevier erfüllt werden können. Auch sei "seitens des Forstes" in keinem Revier ein nennenswerter Rotwildschaden festgestellt worden. "In landwirtschaftlicher Sicht" sei lediglich hinsichtlich des Anwesens des P G ein vom Rotwild verursachter Schaden geltend gemacht worden, dort sei aber ca 400 m unterhalb der dortigen Rotwildfütterung, am Waldrand, ein Roggenacker angepflanzt worden. Auf Grund dieser für das Rotwild günstigen Lage und der "extremen Frühjahrswitterung" sei das erste Grün dieses Ackers bevorzugt vom Rotwild zur Äsung angenommen worden. Daraus sei aber der Schluss zu ziehen, dass nicht eine erhöhte Rotwildzahl, vielmehr die spezielle Situation den Schaden verursacht habe. Bei dem vom Hegemeister entworfenen "Abschussmodell" handle es sich um ein "Rotwildbewirtschaftungsmodell", das "speziell im heurigen Winter erprobt wird und je nach zukünftiger Wildstandserhebung jederzeit abgeändert werden kann".

Der Bezirksjägermeister teilte mit Schreiben vom 29. Juni 2004 mit, für den Bezirk Innsbruck-Land ein "jagdliches Raumplanungskonzept" erstellt zu haben, das mit den "entsprechenden Funktionären" besprochen, dessen Auswirkungen auf die einzelnen Hegebereiche genauestens erklärt und das mit einer "80 %igen Zustimmung abgesegnet" worden sei. Verglichen mit den Abschussplänen 2003/2004 seien im Bezirk um 263 Stück mehr Rotwild vorgeschrieben worden, wobei nur der Hegebezirk W von dieser Maßnahme ausgenommen worden sei. Anhand von "Zählungen, Unterlagen, Beobachtungen usw" habe nämlich festgestellt werden müssen, "dass wir mit den angegebenen Zahlen, welche uns (der Beschwerdeführer) vorgegeben hatte, Schwierigkeiten hatten, Planungen zu erstellen."

Der gesamte Hegebereich W ohne das beschwerdegegenständliche Jagdrevier habe eine Rotwildfläche von ca 9.560 ha und einen Sommerstand von 179 Stück Rotwild, was eine durchschnittliche Rotwilddichte von 1,87 Stück pro 100 ha ergebe. Das beschwerdegegenständliche Jagdrevier habe eine Rotwildfläche von ca 400 ha, einen "angegebenen Sommerstand für die Planungsgrundlage" von ca 64 Stück, was einer durchschnittlichen Rotwilddichte von 16 Stück pro 100 ha entspreche. Dem gegenüber wiesen Jagdgebiete mit der größten Rotwilddichte ca 7 Stück pro 100 ha auf. Die Abschussvorverlegung beim Rotwild im Jahr 2004 habe nicht der Wildschadensverhütung gedient, sondern dem Ziel, eine vollständige Abschussplanerfüllung zu erreichen.

Im Schreiben der Bezirksforstinspektion S vom 9. Juni 2004 wird ausgeführt, dass im Jahr 2003/2004 der Rotwildabschuss im Hegebezirk W (inklusive S) mit 94 Stück festgelegt gewesen sei; dem gegenüber seien nur 74 Stück erlegt worden. Die vor einigen Jahren in diesem Hegebezirk, vor allem in der Gemeinde E, vorhandenen großflächigen Schälschäden seien im letzten Winter deutlich zurückgegangen, ebenso der Rotwildstand. Deshalb habe die Bezirksforstinspektion einer Verminderung des Abschusses im gesamten Hegebezirk auf 80 Stück für das Jagdjahr 2004/2005 zustimmen können. In den anderen Hegebezirken im Bereich der Bezirksforstinspektion S sei der Rotwildabschuss erhöht worden, sodass im Bereich der Bezirksforstinspektion laut Abschussplan im Jagdjahr 2004/2005 insgesamt ein Abschuss von 570 Stück Rotwild gegenüber 495 Stück im Jagdjahr 2003/2004 erfolgen solle.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den erstinstanzlichen Bescheid nicht Folge. Begründend führte sie - nach einer Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage - im Wesentlichen Folgendes aus:

Die den gesetzlichen Vorgaben entsprechende Abschussplanerstellung setze eine möglichst genaue Erfassung des Wildstandes voraus. Dabei sei es in erster Linie Sache des Jagdausübungsberechtigten, der Behörde verlässliche Zahlen zu liefern. Die vom Beschwerdeführer bekannt gegebenen Wildstände hätten wegen ihrer offensichtlichen Unrichtigkeit nicht für die Abschussplanung herangezogen werden können. Sie seien deshalb offensichtlich deutlich überhöht, weil sie von den Wildstandszahlen benachbarter Reviere erheblich nach oben hin abwichen, obwohl das beschwerdegegenständliche Jagdgebiet die zweitgeringste flächenmäßige Ausdehnung habe und dem selben Hegebezirk angehöre. Den mit angeblich feindseliger Haltung des Hegemeisters begründeten Bedenken gegen seine Objektivität und die Resultate der Wildstandserhebungen könne sich die belangte Behörde nicht anschließen, zumal der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt habe, auf welche Tatsachen er diese Behauptung stütze. Die belangte Behörde habe auch keine Bedenken gegen die Art und Weise der Wildstandserhebung im Revier V ("Fütterungsbegehung gemeinsam mit dem Waldaufseher im Februar 2004, wobei auf Grund des vorhandenen Neuschnees auch Fährten in die Schätzung miteinbezogen werden konnten"). Im Übrigen würden die vom Hegemeister bekannt gegebenen Wildstände auch den Äußerungen des Bezirksjägermeisters vom 29. Juni 2004 entsprechen, der dargestellt habe, dass die vom Beschwerdeführer angegebene Wildstandsdichte sogar den Wildstand von Jagdgebieten mit der größten Dichte bei weitem übersteige. Dies belege, dass die vom Beschwerdeführer gemachten Wildstandsangaben "bei weitem überzogen" seien. Die aufgezeigten Wildschäden seien lokal begrenzt und in der spezifischen örtlichen Situation (Anlage eines Roggenackers in unmittelbarer Nähe einer Rotwildfütterung am Waldrand) begründet. Weitere Wildschäden im Hegebereich seien in den letzten Jahren nicht festgestellt worden, weshalb auch "von Seiten der Forstorgane" gegen das Abschussmodell mit einer geringfügigen Senkung der Abschusszahlen keine Einwände erhoben worden seien. Auch der Umstand, dass in den letzten Jahren im Hegebereich die "vorgeschriebenen Abschusszahlen nie vollständig erreicht werden konnten", spreche dafür, dass der Wildstand nicht so hoch sei, wie vom Beschwerdeführer vorgegeben. Die gegenüber anderen Jagdgebieten deutliche Kürzung der Abschusszahlen hinsichtlich des beschwerdegegenständlichen Jagdreviers erkläre sich daraus, dass in diesem kaum ein Sommerbestand vorhanden sei.

Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Das Tiroler Jagdgesetz 1983, LGBl Nr 60/1983, wurde mit LGBl Nr 41/2004 als "Tiroler Jagdgesetz 2004 - TJG 2004" (JG) wiederverlautbart. Eine inhaltliche Änderung des § 37 JG erfolgte dabei nicht.

§ 37 JG lautet (auszugsweise) wie folgt:

"§ 37

Abschussplan

(1) Der Abschuss von Schalenwild - mit Ausnahme von Schwarzwild -, von Auer- und Birkhahnen und von Murmeltieren darf nur im Rahmen eines Abschussplanes erfolgen. Dieser ist jeweils für ein Jagdjahr und für ein Jagdgebiet sowie für den Teil eines Jagdgebietes, der Gegenstand eines Jagdpachtvertrages nach § 18 Abs. 1 dritter Satz ist, zu erstellen.

(2) Der Abschussplan ist so zu erstellen, dass der für das betreffende Jagdgebiet oder für den betreffenden Teil eines Jagdgebietes mit Rücksicht auf dessen Größe und Lage, auf die natürlichen Äsungsverhältnisse, auf den natürlichen Altersaufbau, auf ein ausgewogenes zahlenmäßiges Verhältnis zwischen männlichem und weiblichem Wild und auf die Interessen der Landeskultur angemessene Wildstand erreicht und erhalten, aber nicht überschritten wird. Bei der Erstellung des Abschussplanes ist im Interesse einer großräumigen Jagdbewirtschaftung auf die Wildstandsverhältnisse der benachbarten Jagdgebiete Bedacht zu nehmen.

(3) Im Abschussplan für Schalenwild sind, mit Ausnahme des voraussichtlichen Zuwachses an Wild, jeweils nach Geschlecht und nach Altersklassen (Abs. 6) gegliedert, anzugeben:

a)

der ermittelte Wildstand,

b)

die Anzahl der im Vorjahr getätigten Abschüsse und der im Vorjahr aufgetretenen Stücke von Fallwild,

c)

der voraussichtliche Zuwachs an Wild,

d)

die in Aussicht genommene Anzahl von Abschüssen.

...

(6) Die Landesregierung hat durch Verordnung unter Bedachtnahme auf einen den wildbiologischen Gesetzmäßigkeiten entsprechenden Altersaufbau des Wildstandes die einzelnen Arten von Schalenwild in drei Altersklassen, und zwar die Altersklasse I (Ernteklasse), die Altersklasse II (Mittelklasse) und die Altersklasse III (Jugendklasse), einzuteilen. Beim weiblichen Wild kann die Einteilung in drei Altersklassen unterbleiben.

(7) Der Abschussplan bedarf der Genehmigung der Bezirksverwaltungsbehörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Erhaltung oder Herstellung des nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes gewährleistet ist.

(8) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat den Abschussplan von Amts wegen festzusetzen,

a) wenn der Jagdausübungsberechtigte den Abschussplan nicht oder nicht rechtzeitig vorgelegt hat oder

b) wenn durch den vom Jagdausübungsberechtigten vorgelegten Abschussplan die Erhaltung oder Herstellung des nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes nicht gewährleistet ist.

(9) Soweit es zur Erhaltung oder Herstellung eines nach Abs. 2 angemessenen Wildstandes erforderlich ist, kann die Bezirksverwaltungsbehörde, um die Erfüllung eines Abschussplanes sicherzustellen,

a) eine zeitliche Abfolge der Abschüsse während des Jagdjahres vorschreiben;

b) den Abschuss einer bestimmten Anzahl von Wildstücken, deren Abschuss in den Abschussplänen zweier oder mehrerer aneinandergrenzender Jagdgebiete vorgesehen ist, in der Weise verfügen, dass jeder Jagdausübungsberechtigte in seinem Jagdgebiet die gesamte Anzahl dieser Wildstücke erlegen darf. Dabei werden Wildstücke, die ein Jagdausübungsberechtigter über den Abschussplan hinaus erlegt, auf den Abschussplan der übrigen Jagdausübungsberechtigten im Verhältnis der darin festgesetzten Anzahl von Abschüssen angerechnet. Jeder Jagdausübungsberechtigte hat die übrigen Jagdausübungsberechtigten unverzüglich von jedem über den Abschussplan hinaus getätigten Abschuss zu verständigen.

(11) Vor der Erlassung eines Bescheides nach Abs. 8, 9 oder 10 ist der Bezirksjagdbeirat zu hören.

..."

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2004/03/0172, die Anforderungen, die an einen Bescheid zu stellen sind, mit dem der Abschussplan abweichend vom Antrag gemäß § 37 Abs 8 JG festgesetzt wird, dargestellt. Auf dieses Erkenntnis wird gemäß § 43 Abs 2 VwGG verwiesen.

Vor diesem Hintergrund ist Basis für die Abschussplanerstellung die verlässliche Erhebung des Wildstandes. Diese kann nicht durch Mutmaßungen und auch nicht dadurch ersetzt werden, dass ein "Abschussmodell" eine überwiegende Zustimmung gefunden habe (nach den Ausführungen des Bezirksjägermeisters sei das von ihm erstellte "Schalenwildraumplanungskonzept" mit "einer 80 %igen Zustimmung abgesegnet" worden). Die Vernachlässigung der jeweiligen örtlichen Verhältnisse im Jagdgebiet unter Berufung auf ein überörtliches Konzept wäre rechtswidrig:

Nach dem gesetzlichen Auftrag des § 37 Abs 2 JG haben als erste Leitlinie für die (auf den Vorjahresergebnissen aufbauende) Abschussplanung die räumlichen Verhältnisse (Größe, Lage, Äsungsverhältnisse) zu gelten, weil ein Abschussplan stets für ein bestimmtes Jagdgebiet zu erstellen ist, auch wenn daneben auf die Wildstandsverhältnisse der "benachbarten" Nachbargebiete (worunter nicht nur unmittelbar angrenzende Reviere zu verstehen sind, sondern all jene Jagdgebiete, auf die der Abschussplan - etwa im Hinblick auf vorhandenes Wechselwild - eine Rückwirkung hat; vgl das hg Erkenntnis vom 12. Dezember 2001, Zl 99/03/0369) Bedacht zu nehmen ist.

Die belangte Behörde hat schon die erste Voraussetzung für eine rechtmäßige Abschussplanerstellung, die zuverlässige Feststellung des Wildstandes, nicht ausreichend erfüllt: Sie begründete das Abgehen von den Wildstandsangaben des Beschwerdeführers damit, dass diese von den für die benachbarten Reviere erhobenen Wildständen in einem derart gravierenden Maße abwichen, dass sie offensichtlich unrichtig seien. Die belangte Behörde stellte dazu den Rotwildstand in Nachbarrevieren (nicht aber deren flächenmäßige Ausdehnung) fest, woraus sich für diese Reviere insgesamt ein Rotwildstand mit 111 Stück ergebe, davon 39 Stück im beschwerdegegenständlichen Jagdrevier, das nach dem Revier T die geringste flächenmäßige Ausdehnung habe. Die belangte Behörde bezog sich dabei auf das Schreiben des Hegemeisters W E vom 21. Juni 2004, in dem zum beschwerdegegenständlichen Jagdrevier E Folgendes ausgeführt wird:

"Bei diesem Jagdrevier handelt es sich um den südlich gelegenen Hang des P mit einem Rotwildlebensraum von ca. 350 ha. Auf Grund der teilweise trockenen und sehr sonnigen Hanglage wird dieses Revier vom Rotwild vorwiegend im Winter aufgesucht. Im Sommer wechselt das Rotwild bis auf wenige Stücke vorwiegend in die nordseitig gelegenen Revierteile der GJ El und teilweise Pf.

Als Winterstand wurde gemeinsam mit Förster T J eine Anzahl von max. 15 Stück eruiert. Der Jagdleiter der GJ E (der Beschwerdeführer) beziffert den Winterstand laut eingereichtem Abschussplan mit 42 Stück Rotwild. Im Zuge der Abschussplanvorbesprechung am 13.4.2004 bestätigte (der Beschwerdeführer) im Beisein der Jagdausübungsberechtigten der Nachbarreviere, dass er im Sommer (wörtlich) 'kein Rotwild' habe. Deutlich widersprüchlich beziffert (der Beschwerdeführer) im eingereichten Abschussplan den Sommerstand und somit die Planungsgrundlage für den Rotwildabschuss jedoch mit 64 Stück."

In dem im Akt liegenden Schreiben des Hegemeisters W E vom 10. Februar 2004 heißt es:

"Im gesamten Hegebereich basieren die Zählangaben auf Grund einer durchgeführten Schätzung.

In N und T wurde die Schätzung von E W und H G in Absprache mit den zuständigen Waldaufsehern vorgenommen.

     In P wurde am 3.2.2004 ...... bei den Rotwildfütterungen 'L

und K' eine Zählung in der Zeit von 17 Uhr bis 21 Uhr vorgenommen.

Während der angeführten Zähldauer kam kein Rotwild in Anblick. Die

angegebene Stückzahl in P wurde nach der erfolglosen Zählung in

Absprache mit Förster J geschätzt.

     Am 4.2.2004 wurde im Revier El ...... eine Fütterungsbegehung

vorgenommen. Von den zwei vorhandenen Rotwildfütterungen wurde, um Schälschäden vorzubeugen, nur mehr die 'Bürstlingsfütterung' beschickt. Die Rotwildstückzahl wurde in Absprache mit Förster J vorwiegend unter Berücksichtigung des Heuverbrauches geschätzt.

Betreffend der Rotwildzählung im Revier E wurde (durch den Beschwerdeführer) von einer Zählung .... abgeraten, da der Beobachtungsstand zu nahe an der Fütterung stehe und deshalb kein Rotwild in Anblick käme. Auf Vorhalt, dass ich persönlich ..... von diesem Beobachtungsstand erfolgreich Rotwild gezählt habe, teilte (der Beschwerdeführer) mit, dass er des öfteren einen erfolglosen Zählversuch unternommen habe. Auf Grund dieser Aussage ersuchte ich ihn, mir ein Schätzergebnis zu übermitteln. Da die Schätzzahl (39 Stück Rotwild) meine vermutete Stückzahl (die Rotwildfütterung in E wird von mir in der Funktion des Hegemeisters regelmäßig besucht) bei weitem übersteigt, ersuchte ich den Waldaufseher M J, mich bei einer Fütterungsbegehung zu begleiten. Auf Grund des Neuschnees erfolgte am 10.2.2004 die Fütterungsbegehung. Im Zuge der Begehung und der teilweise deutlich erkennbaren Rotwildfährten im Neuschnee, wurde von uns festgestellt, dass die Fütterung von höchstens 15 Stück Rotwild (vorwiegend Kahlwild) besucht wird.

Im Revier P erfolgte die Angabe der Rotwildstückzahl mangels einer Rotwildfütterung auf Grund einer Schätzung bzw. Beurteilung von Fährten."

Der belangten Behörde ist zuzugestehen, dass bei der angenommenen Diskrepanz der Wildstandsdichte zwischen dem beschwerdegegenständlichen Jagdrevier einerseits und den übrigen Jagdrevieren im Hegebezirk andererseits Zweifel an der Richtigkeit der genannten Zahlen obwalten konnten. Eine erhebliche Diskrepanz zwischen diesen Zahlen könnte allerdings nicht nur in einer überhöhten Wildstandsangabe im beschwerdegegenständlichen Jagdrevier, sondern auch darin begründet sein, dass in den anderen Jagdrevieren der Wildstand zu gering angegeben wurde. Sind die deutlich geringeren Wildstandsangaben in den anderen Jagdgebieten des Hegebezirkes - so wie im Beschwerdefall - das Hauptargument für die Annahme der Unrichtigkeit der im Abschussantrag gemachten Wildstandsangaben, müssen diese (anderen) Wildstandsangaben auf einer verlässlichen Erhebung basieren, um tragfähig zu sein. Für eine verlässliche Ermittlung haben dabei in erster Linie die Ergebnisse von umfassenden und gewissenhaft durchgeführten Wildzählungen maßgebend zu sein (vgl das zitierte Erkenntnis vom heutigen Tag).

Dass es im Beschwerdefall an einer derartigen verlässlichen Erhebung des Wildstandes fehlte, zeigt der dargestellte Inhalt des Berichtes des Hegemeisters W E vom 10. Februar 2004 über die Wildstandsermittlung im Hegebezirk. Danach sind die Wildstandsangaben nicht durch Zählung, sondern durch Schätzung ermittelt worden. Dass diese Schätzungen verlässlicher gewesen seien als die des Beschwerdeführers, wird von der belangten Behörde nicht belegt. Dies ist auch an Hand der Verwaltungsakten für den Verwaltungsgerichtshof nicht erkennbar, weil unklar geblieben ist, welchen Inhalt die "Absprache" mit Waldaufsehern bzw Förstern hatte, die Basis für die Schätzung gewesen sei, und wie der "Heuverbrauch" für die Ermittlung des Wildstandes herangezogen wurde.

Im Übrigen widerspricht diese Übung auch der im Papier des Bezirksjägermeisters vorgeschlagenen Vorgangsweise, wonach Wildstandserfassungen "auf den Winter verteilt mit mehreren Zählungen" vorzunehmen seien.

Die belangte Behörde erblickte weiters im Umstand, dass im beschwerdegegenständlichen Jagdgebiet in den letzten Jahren die vorgeschriebenen Abschusszahlen "nie vollständig erreicht werden konnten", ein "weiteres Indiz" dafür, dass die Wildstandsangaben des Beschwerdeführers überhöht seien. Auch dieses Argument ist - mangels näherer Darlegung - nicht nachvollziehbar: Geht man davon aus, dass der Abschussplan des Vorjahres den Kriterien des § 37 Abs 2 JG entsprochen hat, dass also der Abschuss der darin zum Abschuss vorgesehenen Stückzahl für die Erhaltung bzw Herstellung eines angemessenen Wildstandes erforderlich war, müsste man annehmen, dass die Nichterfüllung der vorgeschriebenen Abschusszahlen zu einem Ansteigen des Wildstandes über das im Sinne des § 37 Abs 2 JG angemessene Ausmaß geführt hat, der Wildbestand gegenüber dem der Abschussplanung im Vorjahr zu Grunde gelegten Wildstand unter Berücksichtigung des Zuwachses also gestiegen ist; dass die Wildstandsangaben des Beschwerdeführers allerdings "überhöht" seien, kann damit nicht begründet werden. Dazu kommt, dass mangels genauerer Feststellungen über die Art und Weise der vom Hegemeister E am 10. Februar 2004 vorgenommenen "Fütterungsbegehung" die Verlässlichkeit des dabei ermittelten Ergebnisses nicht beurteilt werden kann, wird doch nicht einmal angegeben, ob, gegebenenfalls wie viele und welche Stücke tatsächlich gesehen wurden und auf Grund welcher Fährten das Vorhandensein von wie vielen (weiteren?) Stücken angenommen wurde.

Schließlich ist die Darstellung der belangten Behörde, "weitere Wildschäden im Hegebezirk" seien in den letzten Jahren nicht festgestellt worden, mit dem Akteninhalt nicht in Einklang zu bringen. Im Schreiben der Bezirksforstinspektion S vom 9. Juni 2004 wird zu diesem Thema ausgeführt: "Die vor einigen Jahren in diesem Hegebezirk vor allem in der Gemeinde E vorhandenen großflächigen Schälschäden sind im letzten Winter deutlich zurückgegangen". Ein völliges Fehlen von Wildschäden wird damit aber nicht konstatiert.

Schon die Unterlassung der gebotenen Ermittlungen zum tatsächlichen Wildstand im Jagdgebiet belastet den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Im Übrigen wird die belangte Behörde nachvollziehbar darzustellen haben, dass der Bezirksjagdbeirat vor der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 37 Abs. 11 JG gehört wurde.

Er war deshalb gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.

Wien, am 19. Dezember 2006

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Vorschriften über die Jagdbetriebsführung jagdliche Verbote Abschußplan

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2006:2004030155.X00

Im RIS seit

22.01.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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