TE OGH 2000/7/25 7Ra215/00i

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Veröffentlicht am 25.07.2000
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Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Oberlandesgerichtes Dr. Hellwagner (Vorsitzender), die Richter des Oberlandesgerichtes Dr. Manica und Dr. Blaszczyk in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D*****, E***** , vertreten durch Mag. P*****, Rechtsanwalt in W*****, wider die beklagte Partei G*****, M*****, R*****, vertreten durch Dr. W*****, Rechtsanwalt in W*****, wegen S 181.912,-- samt Nebenforderungen, infolge des Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des A***** vom 31.5.2000, GZ 23 Cga 87/00g-6, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass er lautet:

"Der klagenden Partei wird die Verfahrenshilfe in vollem Umfang

bewilligt."

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

Text

Begründung:

Die Klägerin begehrt die Zahlung von S 181.912,-- brutto samt 6 % Zinsen seit 22.1.2000. Sie sei bei der beklagten Partei vom 16.10.1979 bis zum 21.1.2000 als Hausarbeiterin im Krankenhaus L***** beschäftigt gewesen und habe zuletzt ein monatliches Gehalt von S 18.711,-- brutto, zahlbar 14 x jährlich, bezogen. Sie sei am 21.1.2000 ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes fristlos entlassen worden. Unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gemäß § 43 Abs 1 der Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995) hätte sie erst zum 30.6.2000 ordnungsgemäß gekündigt werden können. Gemäß § 21 Abs 5 VBO 1995 stehe ihr daher für den Zeitraum vom 22.1. bis 30.6.2000 eine Kündigungsentschädigung inklusive anteiliger Sonderzahlung von S 116.424,-- brutto zu. Da sie kein Verschulden an der Entlassung treffe, begehre sie gemäß § 48 Abs 6 VBO 1995 mit Rücksicht auf die Dauer ihrer Dienstzeit eine Abfertigung des neunfachen des ihr für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsbezuges inklusive anteiliger Sonderzahlung von brutto S 196.465,--, wovon derzeit S 65.488,-- bereits fällig seien.Die Klägerin begehrt die Zahlung von S 181.912,-- brutto samt 6 % Zinsen seit 22.1.2000. Sie sei bei der beklagten Partei vom 16.10.1979 bis zum 21.1.2000 als Hausarbeiterin im Krankenhaus L***** beschäftigt gewesen und habe zuletzt ein monatliches Gehalt von S 18.711,-- brutto, zahlbar 14 x jährlich, bezogen. Sie sei am 21.1.2000 ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes fristlos entlassen worden. Unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist gemäß Paragraph 43, Absatz eins, der Vertragsbedienstetenordnung 1995 (VBO 1995) hätte sie erst zum 30.6.2000 ordnungsgemäß gekündigt werden können. Gemäß Paragraph 21, Absatz 5, VBO 1995 stehe ihr daher für den Zeitraum vom 22.1. bis 30.6.2000 eine Kündigungsentschädigung inklusive anteiliger Sonderzahlung von S 116.424,-- brutto zu. Da sie kein Verschulden an der Entlassung treffe, begehre sie gemäß Paragraph 48, Absatz 6, VBO 1995 mit Rücksicht auf die Dauer ihrer Dienstzeit eine Abfertigung des neunfachen des ihr für den letzten Monat des Dienstverhältnisses gebührenden Monatsbezuges inklusive anteiliger Sonderzahlung von brutto S 196.465,--, wovon derzeit S 65.488,-- bereits fällig seien.

Gleichzeitig beantragte sie, ihr Verfahrenshilfe zu gewähren. Sie beziehe lediglich nach ihrer Entlassung ein monatliches Hausbesorgerentgelt von S 5.700,--. Sie sei sonst einkommens- und vermögenslos und nicht imstande die Kosten dieses Verfahrens ohne Gefährdung ihres notwendigen Unterhaltes zu tragen. Sie begehre die Verfahrenshilfe in vollem Umfang einschließlich der unentgeltlichen Beigebung eines Rechtsanwaltes, wobei sie als Verfahrenshelfer den Klagevertreter in Vorschlag bringe.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Erstgericht das Klagebegehren abgewiesen.

Das Erstgericht meinte, die Klägerin könnte die Kosten des Rechtsstreites tragen, weil sie über ein eigens Einkommen von S 5.700,-- verfüge, für die Benützung ihrer Wohnung kein Entgelt zu leisten habe und ihr Ehemann S 9.200,-- netto an Pension erhalte. Ferner sei sie gegenüber ihrem Ehemann unterhaltsberechtigt. Die Vertretung durch einen Rechtsanwalt sei darüber hinaus gesetzlich nicht geboten und erscheine nach Lage des Falles auch nicht erforderlich.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin, der berechtigt ist. Gemäß § 2 ASGG, § 63 Abs ZPO ist einer Partei die Verfahrenshilfe soweit zu bewilligen, als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes zu bestreiten und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt. Der notwendige Unterhalt ist mehr als der notdürftige, aber weniger als der standesgemäße Unterhalt. Dieser ist dann beeinträchtigt, wenn unter Berücksichtigung der zu erwartenden Kosten keine genügenden Mittel für eine einfache Lebensführung des Antragstellers und seiner Familie verbleiben. Eine einfache Lebensführung bedeutet eine die persönlichen Bedürfnisse des Einzelnen berücksichtigende bescheidene Lebensführung (MGA ZPO 14 § 63/15/17/18 vgl. hg 34 Ra 75/90, 86/91 u.a.).Dagegen richtet sich der Rekurs der Klägerin, der berechtigt ist. Gemäß Paragraph 2, ASGG, Paragraph 63, Abs ZPO ist einer Partei die Verfahrenshilfe soweit zu bewilligen, als sie außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhaltes zu bestreiten und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint. Als notwendiger Unterhalt ist derjenige Unterhalt anzusehen, den die Partei für sich und ihre Familie, für deren Unterhalt sie zu sorgen hat, zu einer einfachen Lebensführung benötigt. Der notwendige Unterhalt ist mehr als der notdürftige, aber weniger als der standesgemäße Unterhalt. Dieser ist dann beeinträchtigt, wenn unter Berücksichtigung der zu erwartenden Kosten keine genügenden Mittel für eine einfache Lebensführung des Antragstellers und seiner Familie verbleiben. Eine einfache Lebensführung bedeutet eine die persönlichen Bedürfnisse des Einzelnen berücksichtigende bescheidene Lebensführung (MGA ZPO 14 Paragraph 63 /, 15 /, 17 /, 18, vergleiche hg 34 Ra 75/90, 86/91 u.a.).

Die Entscheidung über den Antrag auf Verfahrenshilfe erfolgt gemäß § 66 Abs 2 ZPO grundsätzlich auf der Grundlage des Vermögensbekenntnisses. Danach bezieht die Klägerin ein monatliches Einkommen von S 5.725,50 als Hausbesorgerin und verfügt lediglich über ein Bargeld von S 800,--. Einen Unterhaltsanspruch hat sie gegenüber ihrem Ehemann M*****.Die Entscheidung über den Antrag auf Verfahrenshilfe erfolgt gemäß Paragraph 66, Absatz 2, ZPO grundsätzlich auf der Grundlage des Vermögensbekenntnisses. Danach bezieht die Klägerin ein monatliches Einkommen von S 5.725,50 als Hausbesorgerin und verfügt lediglich über ein Bargeld von S 800,--. Einen Unterhaltsanspruch hat sie gegenüber ihrem Ehemann M*****.

Bereits in der Klage hat die Klägerin sich zum Beweise der Richtigkeit ihres Vorbringens auf die Zeugen M*****, V***** und J***** sowie auf Parteienvernehmung berufen. Bei den Familiennamen dieser Zeugen ist anzunehmen, dass es sich um Zuwanderinnen aus dem ehemaligen Jugoslawien handelt und daher auch allenfalls die Beiziehung eines Gerichtsdolmetsch zu erwarten ist, für dessen Gebühren die Klägerin im Falle der Nichtgewährung der Verfahrenshilfe als Beweispflichtige einen Vorschuss zu leisten hätte. Ferner weist die Klägerin in ihrem Rekurs zutreffend darauf hin, dass sich der Streitwert auf S 312.889,-- erhöhen wird, weil im Laufe des Verfahrens die Gesamtabfertigung von S 196.465,-- fällig wird. Da schon für die Klage (Bemessungsgrundlage von S 181.912,--) die Klägerin (TP 3 A S 3.667,-- + 50 % ES = S 1.833,50 + 20 % USt = S 2.750,25 = Verdienstsumme S 8.250,75 + S 6.890,-- Pauschalgebühr) insgesamt mit S 15.140,75 belastet wird und im Hinblick des Beweisanbotes in der Klage mit der Anberaumung mehrerer Tagsatzungen zu rechnen ist, kann bei diesem Sachverhalt keine Rede davon sein, dass sie die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts aufbringen kann (vgl. hg 34 Ra 86/91).Bereits in der Klage hat die Klägerin sich zum Beweise der Richtigkeit ihres Vorbringens auf die Zeugen M*****, V***** und J***** sowie auf Parteienvernehmung berufen. Bei den Familiennamen dieser Zeugen ist anzunehmen, dass es sich um Zuwanderinnen aus dem ehemaligen Jugoslawien handelt und daher auch allenfalls die Beiziehung eines Gerichtsdolmetsch zu erwarten ist, für dessen Gebühren die Klägerin im Falle der Nichtgewährung der Verfahrenshilfe als Beweispflichtige einen Vorschuss zu leisten hätte. Ferner weist die Klägerin in ihrem Rekurs zutreffend darauf hin, dass sich der Streitwert auf S 312.889,-- erhöhen wird, weil im Laufe des Verfahrens die Gesamtabfertigung von S 196.465,-- fällig wird. Da schon für die Klage (Bemessungsgrundlage von S 181.912,--) die Klägerin (TP 3 A S 3.667,-- + 50 % ES = S 1.833,50 + 20 % USt = S 2.750,25 = Verdienstsumme S 8.250,75 + S 6.890,-- Pauschalgebühr) insgesamt mit S 15.140,75 belastet wird und im Hinblick des Beweisanbotes in der Klage mit der Anberaumung mehrerer Tagsatzungen zu rechnen ist, kann bei diesem Sachverhalt keine Rede davon sein, dass sie die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts aufbringen kann vergleiche hg 34 Ra 86/91).

Der Ansicht des Erstgerichtes, dass bei dem vorliegenden Fall die Vertretung durch einen Rechtsanwalt nach Lage des Falles nicht erforderlich sei, kann das Rekursgericht aus nachfolgenden Erwägungen nicht beipflichten:

Gemäß § 8 Abs 2 RAO ist die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung (in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten) den Rechtsanwälten vorbehalten. Verweigert man nun einer Partei unter Hinweis auf das vom Erstgericht gebrauchte Argument den Anspruch auf Gewährung von Verfahrenshilfe durch Vertretung durch einen Anwalt, obwohl sie in rechtlicher Hinsicht die Voraussetzung des § 63 ZPO erfüllt, so käme dies einem vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten faktischen Ausschluss des Grundsatzes der freien Anwaltswahl gleich. Es muss deshalb im Sinne des Grundsatzes der freien Anwaltswahl der Partei grundsätzlich freistehen zu beurteilen, ob sie sich zur Vertretung eines Verfahrenshelfers bedienen will. Sie ist keineswegs gehalten, im Interesse der Kostensparnis ihres Prozessgegners sich alleine vor dem Arbeits- und Sozialgericht zu vertreten, sofern die Rechtssache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten bietet (vgl. hg 31 Rs 138/92).Gemäß Paragraph 8, Absatz 2, RAO ist die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung (in allen gerichtlichen und außergerichtlichen, in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten) den Rechtsanwälten vorbehalten. Verweigert man nun einer Partei unter Hinweis auf das vom Erstgericht gebrauchte Argument den Anspruch auf Gewährung von Verfahrenshilfe durch Vertretung durch einen Anwalt, obwohl sie in rechtlicher Hinsicht die Voraussetzung des Paragraph 63, ZPO erfüllt, so käme dies einem vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten faktischen Ausschluss des Grundsatzes der freien Anwaltswahl gleich. Es muss deshalb im Sinne des Grundsatzes der freien Anwaltswahl der Partei grundsätzlich freistehen zu beurteilen, ob sie sich zur Vertretung eines Verfahrenshelfers bedienen will. Sie ist keineswegs gehalten, im Interesse der Kostensparnis ihres Prozessgegners sich alleine vor dem Arbeits- und Sozialgericht zu vertreten, sofern die Rechtssache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten bietet vergleiche hg 31 Rs 138/92).

Da im vorliegenden Fall, wie in gleichgelagerten, dem Rekursgericht bekannten Fällen, auch mit einem Rechtsmittelverfahren zu rechnen ist und sich ein ohnedies zu bestellender Verfahrenshelfer dann in die gegenständliche Arbeitsrechtssache ohnehin "einarbeiten" müsste, ist nach Ansicht des Rekursgerichtes die Vertretung durch einen Rechtsanwalt zweckmäßig bzw. erforderlich.

Es war daher dem Rekurs Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG 41 und 50 ZPO. Der Kostenvorhalt gründet sich auf die §§ 2 ASGG 52 Abs 1 ZPO , weil ein Zwischenstreit mangels Beteiligung der beklagten Partei nicht stattgefunden hat, weshalb auch die Kosten des Rekursverfahrens weitere Verfahrenskosten bilden (vgl. EFSlg 34.379, hg 7 Ra 43/95 u. a.).Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 2, ASGG 41 und 50 ZPO. Der Kostenvorhalt gründet sich auf die Paragraphen 2, ASGG 52 Absatz eins, ZPO , weil ein Zwischenstreit mangels Beteiligung der beklagten Partei nicht stattgefunden hat, weshalb auch die Kosten des Rekursverfahrens weitere Verfahrenskosten bilden vergleiche EFSlg 34.379, hg 7 Ra 43/95 u. a.).

Der Entscheidung waren gemäß § 11 a Abs 2 Z 1 und Z 2 lit a ASGG keine fachkundigen Laienrichter beizuziehen.Der Entscheidung waren gemäß Paragraph 11, a Absatz 2, Ziffer eins und Ziffer 2, Litera a, ASGG keine fachkundigen Laienrichter beizuziehen.

Der Revisionsrekurs ist gemäß §§ 2 ASGG 528 Abs 2, Abs 21 und Z 4 ZPODer Revisionsrekurs ist gemäß Paragraphen 2, ASGG 528 Absatz 2,, Absatz 21 und Ziffer 4, ZPO

jedenfalls unzulässig.

Oberlandesgericht Wien

1016 Wien, Schmerlingplatz 11

Anmerkung

EW00373 7Ra215-00i

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OLGW009:2000:0070RA00215.00I.0725.000

Dokumentnummer

JJT_20000725_OLGW009_0070RA00215_00I0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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