TE OGH 2000/9/14 2Ob4/00b

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Veröffentlicht am 14.09.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon.-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei ***** Eigentumswohnungs GesmbH, ***** vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) Thomas G*****, vertreten durch Dr. Johann Etienne-Korab, Rechtsanwalt in Wien, und 2.) Dr. Silvia G*****, wegen S 46.617,56 sA und Räumung, über den Rekurs der erstbeklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20. April 1999, GZ 40 R 151/99y-27, womit dessen Berufung gegen das Versäumungsurteil des Bezirksgerichtes Josefstadt vom 6. November 1998, GZ 6 C 822/98d-6, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Rekurs wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird behoben und dem Berufungsgericht die Entscheidung über die Berufung des Erstbeklagten aufgetragen.

Die Rekurskosten sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung:

Das Erstgericht verpflichtete mit Versäumungsurteil die beklagten Parteien zur Zahlung von S 46.617,56 an die klagenden Partei sowie zur Räumung der Wohnung top Nr 13 im Hause W***** sowie zum Ersatz der Verfahrenskosten. Das Versäumungsurteil wurde an den Erstbeklagten per Adresse der A***** GesmbH, ***** gesandt, wo es der Zusteller am 12. 11. 1998 Thomas M***** laut Angabe im Zustellschein als Arbeitnehmer des Empfängers aushändigte. Thomas M***** ist jedoch nicht Arbeitnehmer des Erstbeklagten. Vielmehr sind der Erstbeklagte und Thomas M***** Geschäftsführer der ebenfalls an der Adresse U***** etablierten A*****s GesmbH und gleichzeitig deren Arbeitnehmer.

Das Berufungsgericht wies die gegen das Versäumungsurteil am 21. 12. 1998 zur Post gegebene Nichtigkeitsberufung des Erstbeklagten als verspätet zurück. Thomas M***** sei als Geschäftsführer der A***** GesmbH, deren Arbeitnehmer der Erstbeklagte sei, berechtigt gewesen, als organschaftlicher Vertreter des Arbeitgebers des Erstbeklagten das Schriftstück in Empfang zu nehmen. Die angeführte Adresse sei auch Abgabestelle für den Erstbeklagten im Sinn des § 4 ZustG, da er dort seinen Arbeitsplatz als Geschäftsführer und als Dienstnehmer sowohl der A***** GesmbH als auch der A***** GesmbH gehabt habe. Die Behauptung des Erstbeklagten, er habe sich auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit zu keiner Zeit an der Adresse U***** regelmäßig aufgehalten, könne nicht als bescheinigt angesehen werden.Das Berufungsgericht wies die gegen das Versäumungsurteil am 21. 12. 1998 zur Post gegebene Nichtigkeitsberufung des Erstbeklagten als verspätet zurück. Thomas M***** sei als Geschäftsführer der A***** GesmbH, deren Arbeitnehmer der Erstbeklagte sei, berechtigt gewesen, als organschaftlicher Vertreter des Arbeitgebers des Erstbeklagten das Schriftstück in Empfang zu nehmen. Die angeführte Adresse sei auch Abgabestelle für den Erstbeklagten im Sinn des Paragraph 4, ZustG, da er dort seinen Arbeitsplatz als Geschäftsführer und als Dienstnehmer sowohl der A***** GesmbH als auch der A***** GesmbH gehabt habe. Die Behauptung des Erstbeklagten, er habe sich auf Grund seiner beruflichen Tätigkeit zu keiner Zeit an der Adresse U***** regelmäßig aufgehalten, könne nicht als bescheinigt angesehen werden.

Dagegen richtet sich der Rekurs des Erstbeklagten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist berechtigt.

Zunächst ist davon auszugehen, dass das Berufungsgericht die behauptete Ortsabwesenheit des Erstbeklagten zum Zustellungszeitpunkt als nicht bescheinigt ansah. Damit durfte zwar der Zusteller annehmen, dass sich der Erstbeklagte (Empfänger) im Sinn des § 13 Abs 3 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Das Versäumungsurteil wurde aber einem Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren zweiter Geschäftsführer und Arbeitnehmer der Erstbeklagte war, zugestellt. Es handelt sich bei diesem nicht um einen Arbeitnehmer einer anderen Gesellschaft, sondern um den organschaftlichen Vertreter des Arbeitgebers des Erstbeklagten. Nach § 16 Abs 2 ZustG kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist. Nach der Lehre (Walter/Mayer, Zustellrecht Rz 19 zu § 16 ZustG; Thienel, Verwaltungsverfahren Rz 15 zu § 16 ZustG) ist als "Arbeitgeber" des Empfängers damit eine natürliche Person gemeint, mit der das der Tätigkeit des Empfängers zu Grunde liegende Rechtsverhältnis besteht. Ein Organ des Arbeitgebers (zB ein Prokurist) kommt dabei als Ersatzempfänger nicht in Betracht. Als Ersatzempfänger ist daher ein Arbeitgeber nur dann geeignet, wenn er eine physische Person ist. Der Senat folgt dieser Rechtsansicht, wonach der Geschäftsführer einer GesmbH, deren Arbeitnehmer der Empfänger ist, nicht als Ersatzempfänger im Sinn des § 16 Abs 3 ZustG anzusehen ist. Die Zustellung des Versäumungsurteils an Thomas M***** erfolgte daher nicht dem Gesetz gemäß, weshalb die Berufung als rechtzeitig anzusehen ist.Zunächst ist davon auszugehen, dass das Berufungsgericht die behauptete Ortsabwesenheit des Erstbeklagten zum Zustellungszeitpunkt als nicht bescheinigt ansah. Damit durfte zwar der Zusteller annehmen, dass sich der Erstbeklagte (Empfänger) im Sinn des Paragraph 13, Absatz 3, ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Das Versäumungsurteil wurde aber einem Geschäftsführer einer Gesellschaft, deren zweiter Geschäftsführer und Arbeitnehmer der Erstbeklagte war, zugestellt. Es handelt sich bei diesem nicht um einen Arbeitnehmer einer anderen Gesellschaft, sondern um den organschaftlichen Vertreter des Arbeitgebers des Erstbeklagten. Nach Paragraph 16, Absatz 2, ZustG kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an derselben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist. Nach der Lehre (Walter/Mayer, Zustellrecht Rz 19 zu Paragraph 16, ZustG; Thienel, Verwaltungsverfahren Rz 15 zu Paragraph 16, ZustG) ist als "Arbeitgeber" des Empfängers damit eine natürliche Person gemeint, mit der das der Tätigkeit des Empfängers zu Grunde liegende Rechtsverhältnis besteht. Ein Organ des Arbeitgebers (zB ein Prokurist) kommt dabei als Ersatzempfänger nicht in Betracht. Als Ersatzempfänger ist daher ein Arbeitgeber nur dann geeignet, wenn er eine physische Person ist. Der Senat folgt dieser Rechtsansicht, wonach der Geschäftsführer einer GesmbH, deren Arbeitnehmer der Empfänger ist, nicht als Ersatzempfänger im Sinn des Paragraph 16, Absatz 3, ZustG anzusehen ist. Die Zustellung des Versäumungsurteils an Thomas M***** erfolgte daher nicht dem Gesetz gemäß, weshalb die Berufung als rechtzeitig anzusehen ist.

Textnummer

E59275

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:0020OB00004.00B.0914.000

Im RIS seit

14.10.2000

Zuletzt aktualisiert am

11.07.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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