TE OGH 2000/12/19 10ObS327/00m

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Veröffentlicht am 19.12.2000
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Fellinger sowie die fachkundigen Laienrichter MR Dr. Robert Göstl (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und ADir Winfried Kmenta (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Gisella Verena B*****, Studentin, *****, vertreten durch Dr. Peter Brodner und Dr. Daniella Altendorfer-Eberl, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Waisenpension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Juli 2000, GZ 7 Rs 196/00w-29, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 3. Februar 2000, GZ 33 Cgs 25/99d-25, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Bescheid der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter vom 2. 12. 1998 wurde ein Antrag der Klägerin auf Gewährung der Waisenpension über das 18. Lebensjahr hinaus nach dem Verstorbenen Ferencz B***** mit der Begründung abgelehnt, dass eine bestehende Erwerbsunfähigkeit nach Vollendung des 18. Lebensjahres eingetreten sei.

Das Erstgericht wies die dagegen von der Klägerin fristgerecht erhobene Klage auf Gewährung einer Waisenpension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 4. 1998 ab. Nach seinen wesentlichen Feststellungen leidet die am 20. 11. 1964 geborene Klägerin an Transsexualität und wurde im Jahr 1996 einer operativen Geschlechtsumwandlung zur Frau unterzogen. Trotz der damit verbundenen psychischen Belastungen war die Klägerin zunächst in der Lage, Arbeiten ohne weitere Einschränkungen zu verrichten. Als Folge eines im Juli 1997 in Selbstmordabsicht erfolgten Sturzes aus dem Fenster ist die Klägerin derzeit noch in der Lage, zumindest leichte Arbeiten in wechselnden Arbeitshaltungen auszuführen. Nicht zumutbar sind Tätigkeiten im Knien und im Hocken sowie Arbeiten in gebeugter und gebückter Haltung und mit häufigem tiefen Bücken verbundene Arbeiten. Krankenstände sind nicht prognostizierbar.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Waisenpension habe, weil eine Erwerbsunfähigkeit nicht vorliege und in der Vergangenheit auch nicht vorgelegen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Es verneinte das Vorliegen eines Verfahrensmangels, den die Klägerin darin erblickte, dass sie nicht als Partei einvernommen wurde. Durch ihre Parteienvernehmung hätte sich nach Ansicht der Klägerin ergeben, dass sie bereits vor Erreichen ihres 26. Lebensjahres am 20. 11. 1990 erwerbsunfähig gewesen sei. Auch in ihrer Tatsachenrüge bekämpfte die Klägerin die Feststellungen des Erstgerichtes, wonach sie noch in der Lage sei, zumindest leichte Arbeiten in wechselnden Arbeitshaltungen auszuführen, der Anmarschweg gewährleistet sei und sie mit diesem medizinischen Leistungskalkül noch verschiedene berufliche Tätigkeiten, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in ausreichender Zahl vorhanden seien, ausüben könne. Das Berufungsgericht erachtete jedoch die Ausführungen in der Tatsachenrüge für nicht berechtigt und übernahm die bekämpften Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung. Die Ausführungen in der Rechtsrüge, das Erstgericht hätte nach Einvernahme der Klägerin als Partei und bei rechtlich richtiger Beurteilung darlegen müssen, dass bereits vor Vollendung des 26. Lebensjahres der Klägerin am 20. 11. 1990 eine Erwerbsunfähigkeit eingetreten sei und die Klägerin daher jedenfalls Anspruch auf Gewährung einer Waisenpension im gesetzlichen Ausmaß habe, stellten nach Ansicht des Berufungsgerichtes keine gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge dar, weil diese Ausführungen nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgingen. Das Berufungsgericht lehnte daher eine inhaltliche Überprüfung der vom Erstgericht vorgenommenen rechtlichen Beurteilung ab.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens abzuändern. Weiters wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 dritter Satz ZPO keiner Begründung. Den Revisionsausführungen sei daher lediglich entgegengehalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates auch in Sozialrechtssachen Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht bereits verneint hat (hier: nicht durchgeführte Parteienvernehmung) im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können (SSV-NF 9/40; 7/74 mwN uva). Auch der Vorwurf, das Berufungsgericht habe die in der Berufung enthaltene Mängelrüge mit einer nach der Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen, trifft nicht zu. Gleichermaßen können auch angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die im Berufungsverfahren nicht gerügt wurden (hier:Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO liegt nicht vor. Diese Beurteilung bedarf nach Paragraph 510, Absatz 3, dritter Satz ZPO keiner Begründung. Den Revisionsausführungen sei daher lediglich entgegengehalten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates auch in Sozialrechtssachen Verfahrensmängel erster Instanz, deren Vorliegen das Berufungsgericht bereits verneint hat (hier: nicht durchgeführte Parteienvernehmung) im Revisionsverfahren nicht mehr mit Erfolg geltend gemacht werden können (SSV-NF 9/40; 7/74 mwN uva). Auch der Vorwurf, das Berufungsgericht habe die in der Berufung enthaltene Mängelrüge mit einer nach der Aktenlage nicht gedeckten Begründung verworfen, trifft nicht zu. Gleichermaßen können auch angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die im Berufungsverfahren nicht gerügt wurden (hier:

Unterlassung einer ausreichenden Anleitung und Belehrung gegenüber der qualifiziert vertreten gewesenen Klägerin und Missachtung des Amtswegigkeitsgrundsatzes der Beweisaufnahme) im Revisionsverfahren nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden (SSV-NF 1/68 uva). Dem Obersten Gerichtshof ist daher ein Eingehen auf diese Ausführungen verwehrt.

Das Berufungsgericht hat die Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes mit der Begründung abgelehnt, dass keine gesetzmäßige (nämlich von den erstrichterlichen Feststellungen ausgehende) Rechtsrüge vorliege. Dies hätte in der Revision als Mangelhaftigkeit des Verfahrens gemäß § 503 Z 2 ZPO bekämpft werden müssen (SSV-NF 5/18; RIS-Justiz RS0043231). Da derartiges weder ausdrücklich noch inhaltlich geltend gemacht wird, ist auf die Ausführungen zur Rechtsrüge nicht weiter einzugehen. Das Urteil des Berufungsgerichtes kann nämlich in einem solchen Fall nicht auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruhen, weshalb der Revisionsgrund des § 503 Z 4 ZPO nicht in Betracht kommt (SSV-NF 10/102 mwN ua; RIS-Justiz RS0043231). Es ist daher auch nicht weiter dazu Stellung zu nehmen, ob die Klägerin im Verfahren erster Instanz zum Anspruchsgrund nach § 252 Abs 2 Z 1 ASVG in der hier anzuwendenden Fassung vor der 44. ASVG-Novelle (Art VI Abs 13 SozRÄG 1988; BGBl 1987/609) überhaupt ein Sachvorbringen erstattet hat.Das Berufungsgericht hat die Überprüfung der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes mit der Begründung abgelehnt, dass keine gesetzmäßige (nämlich von den erstrichterlichen Feststellungen ausgehende) Rechtsrüge vorliege. Dies hätte in der Revision als Mangelhaftigkeit des Verfahrens gemäß Paragraph 503, Ziffer 2, ZPO bekämpft werden müssen (SSV-NF 5/18; RIS-Justiz RS0043231). Da derartiges weder ausdrücklich noch inhaltlich geltend gemacht wird, ist auf die Ausführungen zur Rechtsrüge nicht weiter einzugehen. Das Urteil des Berufungsgerichtes kann nämlich in einem solchen Fall nicht auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruhen, weshalb der Revisionsgrund des Paragraph 503, Ziffer 4, ZPO nicht in Betracht kommt (SSV-NF 10/102 mwN ua; RIS-Justiz RS0043231). Es ist daher auch nicht weiter dazu Stellung zu nehmen, ob die Klägerin im Verfahren erster Instanz zum Anspruchsgrund nach Paragraph 252, Absatz 2, Ziffer eins, ASVG in der hier anzuwendenden Fassung vor der 44. ASVG-Novelle (Art römisch VI Absatz 13, SozRÄG 1988; BGBl 1987/609) überhaupt ein Sachvorbringen erstattet hat.

Der Revision musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.Die Kostenentscheidung beruht auf Paragraph 77, Absatz eins, Ziffer 2, Litera b, ASGG.

Anmerkung

E60057 10C03270

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2000:010OBS00327.00M.1219.000

Dokumentnummer

JJT_20001219_OGH0002_010OBS00327_00M0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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