TE OGH 2001/3/29 8Ob260/00v

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.03.2001
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer, Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Michael K*****, vertreten durch Dr. Karlheinz Plankel und Partner, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei Alfred F*****, vertreten durch Dr. Manfred Puchner, Rechtsanwalt in Feldkirch, wegen S 2,076.137,20 sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 6. Juli 2000, GZ 2 R 129/00p-54, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 2 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß Paragraph 508 a, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz 2, ZPO zurückgewiesen (Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Der Beklagte, ein Drogist, der sich seit vielen Jahren nur mehr seinen Forschungen auf dem Gebiet der Nährstoffkonzentrate für Mikroorganismen zur Verwendung in Land- und Forstwirtschaft widmete, die aber keinen Ertrag abwarfen, kam 1993 mit dem Kläger in Kontakt und schloss in der Folge einen Kooperationsvertrag mit einer GmbH, deren Hälfteeigentümer und einzelvertretungsbefugter Geschäftsführer der Kläger war, in dem er dieser GmbH einen weltweiten Gebietsschutz für den Vertrieb von der von ihm entwickelten Nährstoffkonzentrate einräumte und für den Fall der Verletzung des Gebietsschutzes eine Konventionalstrafe von S 2,000.000 versprach; später (in der ersten Jahreshälfte 1995) unterfertigte er zu Sicherungszwecken einen Blankowechsel, der die Klausel "nicht an Order" enthielt.

Ende August 1996 wurde dieser Wechsel teilweise vom zweiten einzelvertretungsbefugten Geschäftsführer der GmbH komplettiert; dieser setzte den Beklagten als Bezogenen ein, füllte die Wechselsumme auf S 2,076.137,20 sA aus, und setzte als Fälligkeitsdatum den 5. 9. 1996 ein; in dieser Form übergab er den Wechsel an den Kläger, der seinen Namen, seine Adresse und seine Unterschrift auf die Vorderseite des Wechsels schrieb - ohne Zusatz, dass er für die GmbH handle -; auf die Rückseite des Wechsels setzte er ebenfalls seinen Namen und seine Adresse und unterfertigte diesen Vermerk eigenhändig. Am 6. 9. 1996 wurde der Wechsel mangels Zahlung protestiert.

Die GmbH hatte schon vor diesen Ereignissen wegen fortgesetzter Erfolglosigkeit ihrer Verkaufsbemühungen jede Tätigkeit für den Beklagten eingestellt. Dieser hatte im Juli 1996 durch seinen Rechtsanwalt wissen lassen, dass er sich nicht mehr an den Vertrag gebunden fühle.

Nachdem der Wechsel zu Protest gegangen war, verkaufte der Beklagte eine ganz geringe Warenmenge (jeweils 15 l der beiden Nährstofflösungen) an einen Schweizer Handelsvertreter; weitere Erträgnisse lukrierte er nicht.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass dem Beklagten wegen der Rektaklausel auch alle Einwendungen aus dem Grundgeschäft zustünden und dass der Wechsel ein Deckungswechsel sei, sodass der Kläger zu beweisen gehabt hätte, dass und mit welchem Betrag die zu sichernde Forderung entstanden sei, was diesem aber nicht gelungen sei, insbesondere weil die im Revisionsverfahren noch strittige Konventionalstrafe von S 2,000.000 dem Kläger auf Grund des festgestellten Sachverhalts nicht gebühre, ist einerseits durch die klare Rechtslage, andererseits (jedenfalls im Ergebnis) durch oberstgerichtliche Rechtsprechung gedeckt, sodass die außerordentliche Revision des Klägers mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen ist.

Soweit der Kläger meint, es fehle oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, welche Einwendungen der Beklagte bei Übertragung eines Blankowechsels unbeschadet einer Rektaklausel erheben könne - nach seiner Meinung blieben Einwendungen aus dem Kausalverhältnis gegenüber dem Zessionar nur bei einem vollständigen Rektawechsel in vollem Umfang erhalten; handle es sich um einen nicht vollständig ausgefüllten Rektawechsel, gelte der Einwendungsausschluss des Art 17 WG - ist ihm zu erwidern, dass die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes der klaren Rechtslage entspricht und deshalb unbedenklich ist. Nach Art 11 Abs 2 WG kann dann, wenn der Aussteller in den Wechsel die Worte "nicht an Order" oder einen gleichbedeutenden Vermerk aufgenommen hat, der Wechsel nur in der Form und mit den Wirkungen einer gewöhnlichen Abtretung übertragen werden. Da anerkannt ist, dass bei der Zession eines Blankowechsels der Zessionar das Recht erwirbt, den Wechsel zu vervollständigen und den fehlenden Teil nachzutragen (SZ 44/23), und hinsichtlich der Wirkungen der Zession in einen solchen Fall keine Einschränkungen vorgesehen sind, ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass ein solcher Wechsel nur in Form und mit den Wirkungen einer gewöhnlichen Zession übertragen werden kann; eine Einschränkung, dass dies nur für vollständig ausgefüllte Rektawechsel gelten sollte, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und widerspräche auch dessen Grundkonzeption, dass bei Rektaklauseln eine Übertragung nur mittels Zession möglich ist. Nur am Rande sei vermerkt, dass aus der vom Kläger zitierten deutschen Literaturstelle keinesfalls der von ihm erwünschte Schluss gezogen werden kann, weil die angegebene Passage überhaupt nicht von Rektawechseln handelt.Soweit der Kläger meint, es fehle oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, welche Einwendungen der Beklagte bei Übertragung eines Blankowechsels unbeschadet einer Rektaklausel erheben könne - nach seiner Meinung blieben Einwendungen aus dem Kausalverhältnis gegenüber dem Zessionar nur bei einem vollständigen Rektawechsel in vollem Umfang erhalten; handle es sich um einen nicht vollständig ausgefüllten Rektawechsel, gelte der Einwendungsausschluss des Artikel 17, WG - ist ihm zu erwidern, dass die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes der klaren Rechtslage entspricht und deshalb unbedenklich ist. Nach Artikel 11, Absatz 2, WG kann dann, wenn der Aussteller in den Wechsel die Worte "nicht an Order" oder einen gleichbedeutenden Vermerk aufgenommen hat, der Wechsel nur in der Form und mit den Wirkungen einer gewöhnlichen Abtretung übertragen werden. Da anerkannt ist, dass bei der Zession eines Blankowechsels der Zessionar das Recht erwirbt, den Wechsel zu vervollständigen und den fehlenden Teil nachzutragen (SZ 44/23), und hinsichtlich der Wirkungen der Zession in einen solchen Fall keine Einschränkungen vorgesehen sind, ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass ein solcher Wechsel nur in Form und mit den Wirkungen einer gewöhnlichen Zession übertragen werden kann; eine Einschränkung, dass dies nur für vollständig ausgefüllte Rektawechsel gelten sollte, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen und widerspräche auch dessen Grundkonzeption, dass bei Rektaklauseln eine Übertragung nur mittels Zession möglich ist. Nur am Rande sei vermerkt, dass aus der vom Kläger zitierten deutschen Literaturstelle keinesfalls der von ihm erwünschte Schluss gezogen werden kann, weil die angegebene Passage überhaupt nicht von Rektawechseln handelt.

Im Übrigen könnten im vorliegenden Fall dem Kläger auch bei Anwendung des Art 17 WG - also bei Vorliegen eines Orderwechsels und dessen Weitergabe mittels Indossament - alle Einwendungen aus dem Grundgeschäft entgegengesetzt werden, weil der Kläger als "bösgläubig" zu beurteilen ist. Ihm mussten als Geschäftsführer und Hälfteeigentümer der GmbH, der noch dazu federführend bei Abschluss des Vertrages mit dem Beklagten war, bei Wechselerwerb die Einreden des Schuldners bekannt sein. Es ist bei dem festgestellten Sachverhalt unzweifelhaft, dass der Kläger bei Erwerb des Wechsels zumindest mit dolus eventualis, den Beklagten zu schädigen, gehandelt hat, was zum Ausschluss des einredefreien Erwerbs genügt (SZ 45/6; 59/162; EvBl 1993/129 uva). Es kann bei diesem Sachverhalt auch von keiner Haftung des Beklagten auf Grund eines "vertrauensbegründenden Rechtsschein" die Rede sein, sodass zu einer Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen deutschen Lehre keinerlei Anlass besteht.Im Übrigen könnten im vorliegenden Fall dem Kläger auch bei Anwendung des Artikel 17, WG - also bei Vorliegen eines Orderwechsels und dessen Weitergabe mittels Indossament - alle Einwendungen aus dem Grundgeschäft entgegengesetzt werden, weil der Kläger als "bösgläubig" zu beurteilen ist. Ihm mussten als Geschäftsführer und Hälfteeigentümer der GmbH, der noch dazu federführend bei Abschluss des Vertrages mit dem Beklagten war, bei Wechselerwerb die Einreden des Schuldners bekannt sein. Es ist bei dem festgestellten Sachverhalt unzweifelhaft, dass der Kläger bei Erwerb des Wechsels zumindest mit dolus eventualis, den Beklagten zu schädigen, gehandelt hat, was zum Ausschluss des einredefreien Erwerbs genügt (SZ 45/6; 59/162; EvBl 1993/129 uva). Es kann bei diesem Sachverhalt auch von keiner Haftung des Beklagten auf Grund eines "vertrauensbegründenden Rechtsschein" die Rede sein, sodass zu einer Auseinandersetzung mit der diesbezüglichen deutschen Lehre keinerlei Anlass besteht.

Die Ansicht des Berufungsgerichtes, dass das Verhalten des Klägers Treu und Glauben widerspräche, wenn dieser versuche, die exorbitante Konventionalstrafe vom Beklagten einzutreiben, obwohl die GmbH, deren Geschäftsführer er ist, seit langem jegliche Verkaufsbemühungen für die Produkte des Beklagten eingestellt habe, ist im Ergebnis zutreffend:

Auch wenn grundsätzlich die Konventionalstrafe auch dann verfällt, wenn überhaupt kein Schaden entstanden ist, ist vorliegendenfalls zu beachten, dass nicht festgestellt wurde, dass die Konventionalstrafe auch bei Einstellen jeglicher Verkaufsbemühungen bezahlt werden müsste. Die getroffene Vereinbarung, dass der Kooperationsvertrag zehn Jahre für den Beklagten aus keinerlei Grund kündbar sein sollte, wobei keine Entschädigung vorgesehen war, auch wenn die GmbH für den Beklagten überhaupt nicht tätig werden sollte, muss als einseitige sittenwidrige Benachteiligung des Beklagten iSd § 879 ABGB und damit als unwirksame Vereinbarung beurteilt werden (vgl Kreicj in Rummel I3 Rz 109 und 120a zu § 879). Wer seine Verkaufsanstrengungen einstellt und nicht mehr bereit ist, seine Aufgabe weiter zu erfüllen, die ihm nach dem Zweck des Kooperationsvertrages zukommt, darf vom Vertragspartner nicht eine Konventionalstrafe wegen Verletzung des Gebietsschutzes fordern.Auch wenn grundsätzlich die Konventionalstrafe auch dann verfällt, wenn überhaupt kein Schaden entstanden ist, ist vorliegendenfalls zu beachten, dass nicht festgestellt wurde, dass die Konventionalstrafe auch bei Einstellen jeglicher Verkaufsbemühungen bezahlt werden müsste. Die getroffene Vereinbarung, dass der Kooperationsvertrag zehn Jahre für den Beklagten aus keinerlei Grund kündbar sein sollte, wobei keine Entschädigung vorgesehen war, auch wenn die GmbH für den Beklagten überhaupt nicht tätig werden sollte, muss als einseitige sittenwidrige Benachteiligung des Beklagten iSd Paragraph 879, ABGB und damit als unwirksame Vereinbarung beurteilt werden vergleiche Kreicj in Rummel I3 Rz 109 und 120a zu Paragraph 879,). Wer seine Verkaufsanstrengungen einstellt und nicht mehr bereit ist, seine Aufgabe weiter zu erfüllen, die ihm nach dem Zweck des Kooperationsvertrages zukommt, darf vom Vertragspartner nicht eine Konventionalstrafe wegen Verletzung des Gebietsschutzes fordern.

Aus dem Verhalten der GmbH ergibt sich im Übrigen auch eindeutig, dass sie an der Aufrechterhaltung des Kooperationsvertrages kein Interesse mehr hatte; da dies auch der Beklagte nicht mehr hatte - er hat dies sogar ausdrücklich erklärt -, ist der Kooperationsvertrag als zumindest stillschweigend aufgelöst zu betrachten, sodass der Kläger aus diesem keinerlei Rechte mehr ableiten kann, zumal der Beklagte den geringfügigen Verkauf - und damit die behauptete Verletzung des Alleinvertriebsrechts - erst danach und nach Fälligstellung und Protestierung des Wechsels getätigt hat.

Überdies steht dem Beklagten (der jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kooperationsvertrages kein Vollkaufmann mehr war) auch der ordnungsgemäß erhobene Einwand der Mäßigung der Konventionalstrafe (dazu Reischauer in Rummel ABGB II2 Rz 12 ff zu § 1336) zu. Die Konventionalstrafe kann bis zum Betrag des wirklichen Schadens gemäßigt werden (SZ 32/28; 42/57 uva) und daher auch auf Null (ZAS 1985/5 [Kerschner]), wenn dem Vertragspartner wie hier kein Schade entstanden ist.Überdies steht dem Beklagten (der jedenfalls zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kooperationsvertrages kein Vollkaufmann mehr war) auch der ordnungsgemäß erhobene Einwand der Mäßigung der Konventionalstrafe (dazu Reischauer in Rummel ABGB II2 Rz 12 ff zu Paragraph 1336,) zu. Die Konventionalstrafe kann bis zum Betrag des wirklichen Schadens gemäßigt werden (SZ 32/28; 42/57 uva) und daher auch auf Null (ZAS 1985/5 [Kerschner]), wenn dem Vertragspartner wie hier kein Schade entstanden ist.

Anmerkung

E61385 08A02600

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2001:0080OB00260.00V.0329.000

Dokumentnummer

JJT_20010329_OGH0002_0080OB00260_00V0000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten