TE OGH 2002/5/16 8ObA100/02t

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Veröffentlicht am 16.05.2002
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Langer und Dr. Spenling sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Dr. Vera Moczarski als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Josef S***** , vertreten durch Dr. Helmut Malek, Rechtsanwalt in Krems, wider die beklagte Partei P***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Prof. Dr. Alfred Haslinger e.m. und andere, Rechtsanwälte in Linz, wegen 5.962,92 EUR sA (Revisionsinteresse 5.811,60 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. Februar 2002, GZ 10 Ra 412/01h-37 , womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Krems als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. Juni 2001, GZ 8 Cga 56/99a-31, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 499,39 EUR (darin enthalten 83,23 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat das Vorliegen des Entlassungsgrundes des § 82 lit f GewO zweiter Tatbestand zutreffend bejaht. Es reicht daher grundsätzlich aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (§ 501 Abs 3 ZPO).Das Berufungsgericht hat das Vorliegen des Entlassungsgrundes des Paragraph 82, Litera f, GewO zweiter Tatbestand zutreffend bejaht. Es reicht daher grundsätzlich aus, auf die Richtigkeit der Begründung der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen (Paragraph 501, Absatz 3, ZPO).

Den Ausführungen der Revision ist jedoch noch folgendes zu erwidern:

Nach ständiger Judikatur ist der Arbeitnehmer im Falle einer Krankheit und einer dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich verpflichtet, sich so zu verhalten, dass die Arbeitsfähigkeit möglichst bald wieder hergestellt wird. Er erfüllt daher den Entlassungstatbestand des § 82 lit f GewO, also den beharrlichen Verstoß gegen die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtungen, wenn er Anordnungen des Arztes oder - wenn solche infolge der allgemeinen Lebenserfahrung entbehrlich sind - die Gebote der allgemein üblichen Verhaltensweisen betont und offenkundig verletzt. Nicht entscheidend ist dabei, ob das Zuwiderhandeln tatsächlich zu einer Verlängerung des Krankenstandes führt. Wesentlich ist nur, ob das Verhalten als solches geeignet ist, den Genesungsprozess zu verzögern (vgl in diesem Sinn RIS-Justiz RS0060869 mit zwN, etwa ZAS 1989/5, 24 = RdW 1987, 268 oder zuletzt OGH 30. 8. 2001 8 ObA 196/01h; RIS-Justiz RS0029337 mwN = WBl 1993, 224).Nach ständiger Judikatur ist der Arbeitnehmer im Falle einer Krankheit und einer dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich verpflichtet, sich so zu verhalten, dass die Arbeitsfähigkeit möglichst bald wieder hergestellt wird. Er erfüllt daher den Entlassungstatbestand des Paragraph 82, Litera f, GewO, also den beharrlichen Verstoß gegen die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Verpflichtungen, wenn er Anordnungen des Arztes oder - wenn solche infolge der allgemeinen Lebenserfahrung entbehrlich sind - die Gebote der allgemein üblichen Verhaltensweisen betont und offenkundig verletzt. Nicht entscheidend ist dabei, ob das Zuwiderhandeln tatsächlich zu einer Verlängerung des Krankenstandes führt. Wesentlich ist nur, ob das Verhalten als solches geeignet ist, den Genesungsprozess zu verzögern vergleiche in diesem Sinn RIS-Justiz RS0060869 mit zwN, etwa ZAS 1989/5, 24 = RdW 1987, 268 oder zuletzt OGH 30. 8. 2001 8 ObA 196/01h; RIS-Justiz RS0029337 mwN = WBl 1993, 224).

Fasst man nun die hier wesentlichen Sachverhaltsfeststellungen zusammen, so war der erst etwa drei Jahre bei der Beklagten als Kraftfahrer beschäftigte Kläger seit 17. 5. 1999 wegen einer Sehnenscheidenentzündung im rechten Arm im Krankenstand und er wurde von seinem behandelnden Arzt angewiesen, diesen Arm zu schonen. Trotzdem hielt er sich während eines 4-tägigen Sportfestes vom 21. bis 24. 5. 1999, das von den Mitgliedern und Angehörigen des Sportvereines sowie anderen Privatpersonen organisiert wurde, dort auf, servierte Speisen und Getränke und räumte auch das benützte Geschirr zur Reinigung ab. Dabei trug er Tabletts. Ferner fuhr er mit seinem Motorrad nicht nur dort hin und zurück, sondern besuchte zumindest zweimal das Firmengelände, wobei er jedesmal zwischen 24 und 30 km zurücklegte. Die Kellner-Aushilfstätigkeiten beeinträchtigten oder verzögerten den Heilungsprozess nicht. Das Lenken des Motorrades war geeignet, die Heilungsdauer zu verzögern und den Krankenstand zu verlängern. Der Kläger war auch nicht in der körperlichen Verfassung, das Motorrad zu beherrschen.

Damit hat der Kläger aber nicht nur die eindeutige Anordnung des Arztes, den rechten Arm zu schonen, nachhaltig verletzt, sondern auch Verhaltensweisen gesetzt, von denen offenkundig ist, dass sie geeignet sind, den Genesungsprozess zu verzögern. Entgegen der Ansicht des Klägers ist es nicht entscheidend, ob tatsächlich eine solche Verlängerung eingetreten ist, sondern nur ob das Verhalten des Klägers dazu geeignet war, diese zu bewirken.

Soweit der Kläger releviert, dass er ja auch bereit gewesen sei, in der 20. Kalenderwoche des Jahres 1999 bei einer Auslieferungstour eines Kollegen mitzufahren und sich daraus die besondere Loyalität des Klägers gegenüber der Beklagten ableiten lasse, zeigt er damit keinen relevanten Zusammenhang mit dem festgestellten für die Entlassung maßgeblichen Pflichtverstoß auf. Dafür, dass der Kläger in diesem Zusammenhang tatsächlich Waren hätte tragen müssen, liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Allein die Beifahrertätigkeit war aber offensichtlich durch die Einschränkung des Gesundheitszustandes des Klägers nicht ausgeschlossen.

Zum Erfordernis einer gesonderten Mahnung hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 16. 6. 1999 zu 9 ObA 106/99z (= ARD 5162/11/2000 = infas 1999 A 126) ausgeführt, dass dann, wenn die Notwendigkeit einer besonderen Schonung und die Überschreitung der ärztlichen Anordnung offenkundig ist, eine Mahnung nur noch eine überflüssige Formalität wäre. Regelmäßig muss bei einem solchen offenkundigen Verhalten dem Arbeitnehmer die massive Interessenbeeinträchtigung des Arbeitgebers ebenso bewusst sein, wie der Umstand, dass der Arbeitgeber schon im Hinblick auf die mangelnde Kenntnis von diesem Verhalten zur Einmahnung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht in der Lage sein wird. Sieht man das aus dem Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit abgeleitete Erfordernis der Ermahnung im Wesentlichen darin begründet, dass sonst nicht eindeutig ist, dass das Verhalten des Arbeitnehmers auf einer "bösen Absicht" beruht (vgl in diesem Sinne Kuderna, Entlassungsrecht2, 116 iVm 138), so kann eben gerade in solchen gravierenden Fällen eine Ermahnung unterbleiben. Soll doch durch die Obliegenheit der Ermahnung auch nicht die Möglichkeit geboten werden, von vornherein zu wissen, dass derartige schwerwiegende Pflichtverstöße einmal begangen werden können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen (vgl Kuderna aaO mwN).Zum Erfordernis einer gesonderten Mahnung hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 16. 6. 1999 zu 9 ObA 106/99z (= ARD 5162/11/2000 = infas 1999 A 126) ausgeführt, dass dann, wenn die Notwendigkeit einer besonderen Schonung und die Überschreitung der ärztlichen Anordnung offenkundig ist, eine Mahnung nur noch eine überflüssige Formalität wäre. Regelmäßig muss bei einem solchen offenkundigen Verhalten dem Arbeitnehmer die massive Interessenbeeinträchtigung des Arbeitgebers ebenso bewusst sein, wie der Umstand, dass der Arbeitgeber schon im Hinblick auf die mangelnde Kenntnis von diesem Verhalten zur Einmahnung der arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nicht in der Lage sein wird. Sieht man das aus dem Tatbestandsmerkmal der Beharrlichkeit abgeleitete Erfordernis der Ermahnung im Wesentlichen darin begründet, dass sonst nicht eindeutig ist, dass das Verhalten des Arbeitnehmers auf einer "bösen Absicht" beruht vergleiche in diesem Sinne Kuderna, Entlassungsrecht2, 116 in Verbindung mit 138), so kann eben gerade in solchen gravierenden Fällen eine Ermahnung unterbleiben. Soll doch durch die Obliegenheit der Ermahnung auch nicht die Möglichkeit geboten werden, von vornherein zu wissen, dass derartige schwerwiegende Pflichtverstöße einmal begangen werden können, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen vergleiche Kuderna aaO mwN).

Fasst man aber das Verhalten des Klägers vereinfachend zusammen, so hat er entgegen den eindeutigen Anweisungen des Arztes und auch auf den offenkundig gebotenen Verhaltensregeln bewusst und für alle sichtbar, durch das Servieren während des 4-tägigen Sportfestes und das Fahren seines Motorrades eine Verzögerung des Heilungsprozesses in Kauf genommen.

Insgesamt sind die Vorinstanzen daher zutreffend von der Verwirklichung des Entlassungsgrundes des § 82 f GewO zweiter Tatbestand ausgegangen.Insgesamt sind die Vorinstanzen daher zutreffend von der Verwirklichung des Entlassungsgrundes des Paragraph 82, f GewO zweiter Tatbestand ausgegangen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 2 ASGG, §§ 50 und 41 ZPO.Die Kostenentscheidung gründet sich auf die Paragraphen 2, ASGG, Paragraphen 50 und 41 ZPO.

Textnummer

E65927

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2002:008OBA00100.02T.0516.000

Im RIS seit

15.06.2002

Zuletzt aktualisiert am

20.03.2014
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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