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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AsylG 1997 §7;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak sowie den Hofrat Dr. Berger, die Hofrätin Dr. Pollak und die Hofräte Dr. Doblinger und MMag. Maislinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Trefil, über die Beschwerde des Y, geboren 1980, vertreten durch Dr. Martin Lichtenegger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Andreas-Hofer-Platz 9/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 10. März 2005, Zl. 257.241/0-VI/18/05, betreffend §§ 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als damit Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides (Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet") bestätigt wurde, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Türkei und Angehöriger der kurdischen Volksgruppe, reiste am 7. März 2004 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 9. März 2004 Asyl. Am 18. Mai 2004 wurde er vom Bundesasylamt zu seinen Fluchtgründen einvernommen. Er gab an, als Kurde in der Türkei "keine Zukunft" zu haben und unterdrückt zu werden; insbesondere wäre es ihm unmöglich, Arbeit zu finden. 1999 sei er auf Grund einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem Türken von der Polizei festgenommen, jedoch nach einem Tag ohne weitere Sanktionen freigelassen worden. In der Türkei lebten seine Eltern, seine vier Geschwister und weitere Verwandte.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 14. Jänner 2005 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) ab (Spruchpunkt I.), stellte gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Türkei fest (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 2 AsylG "aus dem österreichischen Bundesgebiet" aus (Spruchpunkt III.).
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er die in erster Instanz vorgebrachten Ausreisegründe wiederholte und ausführte, dass "auch wirtschaftliche Gründe einen akzeptablen Fluchtgrund für einen Kurden" darstellten.
Die belangte Behörde hat die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid gemäß §§ 7 und 8 Abs. 1 und 2 AsylG abgewiesen. Sie stellte zur Person und zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers fest, er habe die Türkei nach eigenen Angaben deshalb verlassen, weil er in besseren wirtschaftlichen Verhältnissen leben habe wollen; im Falle seiner Rückkehr befürchte er die schlechte wirtschaftliche Situation auf Grund seiner Herkunft. Im Rahmen allgemeiner Feststellungen zur Situation in der Türkei führte die belangte Behörde unter anderem aus, dass ein junger gesunder Kurde jedenfalls eine einfache Arbeit, etwa als Hilfsarbeiter am Bau oder in der Landwirtschaft im Umkreis großer Städte bzw. als Hilfsarbeiter in Obst-Gemüsegroßmärkten finden werde können, vorzugsweise im kurdischen Milieu dieser westlichen Großstädte. Es sei davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer, selbst wenn er keine Arbeit finden sollte, ein wirtschaftliches Überleben - so wie in der Vergangenheit - jedenfalls in seiner engeren Heimat und im Familienverband möglich sei. Dem festgestellten Sachverhalt sei nicht zu entnehmen, dass ihm mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung von asylrelevanter Intensität drohe. Eine Verfolgung von Kurden ausschließlich wegen der Zugehörigkeit zu dieser Volksgruppe, unabhängig vom Vorliegen individueller Gründe, sei nicht feststellbar. Der Beschwerdeführer könne sich mit seinem Personalausweis problemlos ein Reisedokument besorgen, mit dem er im Zuge der Einreisekontrolle nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit behördlichen Übergriffen ausgesetzt wäre. Alleine wegen der Asylantragstellung habe er keine Repressionen zu befürchten. Die dem Beschwerdeführer möglicherweise drohende Geldstrafe von etwa EUR 40,-- wegen eines Passvergehens im Zuge der Ausreise aus der Türkei sei schon mangels Eingriffsintensität nicht asylrelevant. Es könne daher kein stichhaltiger Grund dafür erblickt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Abschiebung in seinen Heimatstaat einer relevanten Gefährdung im Sinne des § 57 FrG bzw des Art. 3 EMRK ausgesetzt wäre. Schließlich stelle die Ausweisung des Beschwerdeführers auch keinen Verstoß gegen Art. 8 EMRK dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
In der Beschwerde wird im Wesentlichen nur vorgebracht, die belangte Behörde habe nicht festgestellt, ob der Beschwerdeführer wirtschaftliche Gründe für sein Verbleiben in Österreich geltend gemacht habe, weshalb das Verfahren mangelhaft geblieben wäre.
Damit übersieht die Beschwerde, dass die belangte Behörde zur Person des Beschwerdeführers festgestellt hat, dieser habe die Türkei verlassen, weil er in besseren wirtschaftlichen Verhältnissen habe leben wollen; im Falle seiner Rückkehr befürchte er (nur) die schlechte wirtschaftliche Situation auf Grund seiner Herkunft. Die belangte Behörde hat sich auch mit der Frage von Arbeitsmöglichkeiten für den Beschwerdeführer und seiner Situation für den Fall, dass er keine Arbeit finden sollte, befasst; schließlich verwies sie darauf, dass dem Beschwerdeführer ein wirtschaftliches Überleben in seiner engeren Heimat und im Familienverband möglich sei. Ausgehend von den getroffenen Feststellungen, deren Unschlüssigkeit vom Beschwerdeführer nicht aufgezeigt wird, ist die belangte Behörde zutreffend davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer keine asylrelevante Verfolgung in seinem Herkunftsstaat droht und sein Refoulement in die Türkei zulässig ist.
Die Beschwerde erweist sich daher, soweit sie sich gegen die Bestätigung der Spruchpunkte I. und II. des erstinstanzlichen Bescheides richtet, als unbegründet.
Bei der unveränderten Bestätigung des erstinstanzlichen Bescheides in Bezug auf die Ausweisung des Beschwerdeführers "aus dem österreichischen Bundesgebiet" (Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides) hat die belangte Behörde jedoch verkannt, dass die Asylbehörden in einem Fall wie dem vorliegenden nicht berechtigt sind, die Ausweisung eines Asylwerbers ohne Einschränkung auf den Herkunftsstaat auszusprechen. Hiezu kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das - nach Erlassung des angefochtenen Bescheides ergangene - hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/01/0625, und die dort angeführte Vorjudikatur verwiesen werden.
Es war daher die Bestätigung von Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben und die Beschwerde im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verwaltungsgerichtshof-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. In den dort angeführten Pauschbeträgen ist die Umsatzsteuer bereits enthalten, weshalb das diesbezügliche Begehren abzuweisen war.
Wien, am 1. März 2007
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2005200200.X00Im RIS seit
04.04.2007