Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Kulka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1.) P***** Aktiengesellschaft, *****, 2.) Dr. Robert B*****, die Erstantragsgegnerin vertreten durch den Zweitantragsgegner, wegen § 37 Abs 1 Z 8 (§ 12a Abs 8) MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Jänner 2002, GZ 40 R 298/01x-45, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 20. Juli 2001, GZ 48 Msch 47/00w-42, abgeändert wurde, den BeschlussDer Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Hans Kulka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1.) P***** Aktiengesellschaft, *****, 2.) Dr. Robert B*****, die Erstantragsgegnerin vertreten durch den Zweitantragsgegner, wegen Paragraph 37, Absatz eins, Ziffer 8, (Paragraph 12 a, Absatz 8,) MRG, über den Revisionsrekurs der Antragsgegner gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Jänner 2002, GZ 40 R 298/01x-45, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 20. Juli 2001, GZ 48 Msch 47/00w-42, abgeändert wurde, den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Sachbeschluss wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung über den Rekurs der Antragstellerin an das Rekursgericht zurückverwiesen.
Text
Begründung:
Das Erstgericht stellte fest, dass der angemessene Hauptmietzins für die Bestandobjekte der Antragstellerin gemäß § 12a Abs 8 MRG im Fall der Unternehmensveräußerung oder Verpachtung monatlich S 284.962,-- beträgt. Es ging hiebei unter anderem von folgenden Sachverhaltsfeststellungen aus:Das Erstgericht stellte fest, dass der angemessene Hauptmietzins für die Bestandobjekte der Antragstellerin gemäß Paragraph 12 a, Absatz 8, MRG im Fall der Unternehmensveräußerung oder Verpachtung monatlich S 284.962,-- beträgt. Es ging hiebei unter anderem von folgenden Sachverhaltsfeststellungen aus:
Die Antragstellerin betreibt im Bestandobjekt ein Cafe-Restaurant. Sie verfügt weiters über einen genehmigten Schanigarten. Das Lokal wird überwiegend von Touristen frequentiert, aber auch von Arbeits- und Geschäftsbevölkerung des ersten Bezirkes. Im Bereich der Bestandräumlichkeiten gibt es zahlreiche Gaststätten und Restaurants. Von April bis Oktober jeden Jahres erzielt die Antragstellerin mehr als die Hälfte des Jahresumsatzes; dies ist die Zeit, in der auch der Schanigarten betrieben wird. Sie bietet in ihren Lokal unter anderen je zwei Tagesmenüs an, die entweder S 65,-- oder S 78,-- kosten. Die sonstigen Hauptgerichte kosten zwischen S 78,-- und S 220,--. Auch Kuchen und Süßspeisen in einer Preisklasse von S 29,-- bis S 52,-- werden angeboten. Ebenfalls bietet die Antragstellerin Snacks, wie Toasts, Hamburger, Rührei und Suppen in einer Preislage von S 32,-- bis S 65,-- an. Insgesamt beträgt die Bestandfläche ohne Zwischendecke 1000,84 m2. Der ortsübliche, nachhaltig erzielbare monatliche Nettohauptmietzins für das Bestandobjekt beträgt unter Berücksichtigung des möglichen Betriebes des tatsächlich betriebenen Schanigartens und ohne Berücksichtigung der vom ursprünglichen Mieter geschaffenen Zwischengeschosse S 284.962,--. Der nachhaltig erzielbare Hauptmietzins für das Objekt kann üblicherweise von Angehörigen der Branche des Unternehmens der Antragstellerin (Restaurant) nicht erwirtschaftet werden. Der durch branchenspezifische Einflussfaktoren (Primärkosten und Personal) gedämpft erwirtschaftbare Mietzins (Hauptmietzins und Betriebskosten) beträgt S 168.000,--. Die Antragstellerin bezahlte im Zeitraum Dezember 2000 bis Mai 2001 pro Monat durchschnittlich S 27.526,83 an Betriebskosten.
Das Erstgericht folgerte rechtlich, dass bei Festsetzung des gemäß § 12a Abs 8 MRG im Sinne des § 12a Abs 2 MRG zu ermittelnden angemessenen Hauptmietzinses (die Antragstellerin beabsichtige, das im Bestandobjekt betriebene Unternehmen zu verpachten) die Art des von der Antragstellerin betriebenen Unternehmens (Restaurant) nicht mietzinsmindernd zu berücksichtigen sei: Die Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit im Sinne des § 12a Abs 2 MRG solle ertragsschwache Branchen, die aus sozialen Gründen schutzwürdig seien, insbesondere Kleinkaufleute und Kleingewerbetreibende, welche die Bevölkerung mit Sachgütern und Dienstleistungen des täglichen Lebens versorgen, davor bewahren, den "vollen" angemessenen Hauptmietzins zahlen zu müssen, den sie in ihrer Branche nicht erwirtschaften könnten. Zwar sei im gastronomischen Bereich, bedingt durch hohe Primär- und Personalkosten, der nachhaltig erzielbare angemessene Hauptmietzins nicht zu erwirtschaften, doch komme der Antragstellerin aus sozialen Erwägungen kein Schutz im Sinne des § 12a Abs 2 MRG zu, weil sich ihr Angebot größtenteils an Touristen richte, und diese nicht Teil der schutzwürdigen Bevölkerung seien, der letztlich diese Bestimmung zugutekommen solle. Vom marktkonformen Hauptmietzins sei daher kein entsprechender Abschlag zu machen.Das Erstgericht folgerte rechtlich, dass bei Festsetzung des gemäß Paragraph 12 a, Absatz 8, MRG im Sinne des Paragraph 12 a, Absatz 2, MRG zu ermittelnden angemessenen Hauptmietzinses (die Antragstellerin beabsichtige, das im Bestandobjekt betriebene Unternehmen zu verpachten) die Art des von der Antragstellerin betriebenen Unternehmens (Restaurant) nicht mietzinsmindernd zu berücksichtigen sei: Die Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit im Sinne des Paragraph 12 a, Absatz 2, MRG solle ertragsschwache Branchen, die aus sozialen Gründen schutzwürdig seien, insbesondere Kleinkaufleute und Kleingewerbetreibende, welche die Bevölkerung mit Sachgütern und Dienstleistungen des täglichen Lebens versorgen, davor bewahren, den "vollen" angemessenen Hauptmietzins zahlen zu müssen, den sie in ihrer Branche nicht erwirtschaften könnten. Zwar sei im gastronomischen Bereich, bedingt durch hohe Primär- und Personalkosten, der nachhaltig erzielbare angemessene Hauptmietzins nicht zu erwirtschaften, doch komme der Antragstellerin aus sozialen Erwägungen kein Schutz im Sinne des Paragraph 12 a, Absatz 2, MRG zu, weil sich ihr Angebot größtenteils an Touristen richte, und diese nicht Teil der schutzwürdigen Bevölkerung seien, der letztlich diese Bestimmung zugutekommen solle. Vom marktkonformen Hauptmietzins sei daher kein entsprechender Abschlag zu machen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin Folge und änderte den erstgerichtlichen Sachbeschluss dahin ab, dass der angemessene Hauptmietzins monatlich netto EUR 10.174,20 (S 140.000,--) betrage. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes EUR 10.000,-- übersteige und dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Nach Ansicht des Rekursgerichtes bedürfe es eines Eingehens auf die unter den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen Tatsachenfeststellung wegen unrichtiger Beweiswürdigung gemachten Ausführungen, insbesondere zur Frage, ob das gegenständliche Lokal überwiegend von Touristen frequentiert werde, aus rechtlichen Erwägungen nicht. Die gerügte Feststellung "das Lokal wird überwiegend von Touristen frequentiert" werde daher - als rechtlich nicht relevant - nicht übernommen.
In seinen Ausführungen zur Rechtsrüge äußerte das Rekursgericht Bedenken gegen den in Lehre und Rechtsprechung erfolgten Rückgriff auf den "Nahversorger" und gegen das Postulat nach einer sozialen Komponente der relevanten Branche und gelangte es zum Ergebnis, dass die Art des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens regelmäßig mietzinsmindernd zu berücksichtigen sei. Der für den Hauptmieter noch leistbare Betrag sei als der im Sinne des § 12a Abs 2 MRG angemessene Mietzins anzusetzen.In seinen Ausführungen zur Rechtsrüge äußerte das Rekursgericht Bedenken gegen den in Lehre und Rechtsprechung erfolgten Rückgriff auf den "Nahversorger" und gegen das Postulat nach einer sozialen Komponente der relevanten Branche und gelangte es zum Ergebnis, dass die Art des im Mietgegenstand betriebenen Unternehmens regelmäßig mietzinsmindernd zu berücksichtigen sei. Der für den Hauptmieter noch leistbare Betrag sei als der im Sinne des Paragraph 12 a, Absatz 2, MRG angemessene Mietzins anzusetzen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zuzulassen gewesen, weil der hier weitergehend als in der bisherigen Rechtsprechung beantworteten Frage des Umfanges der Berücksichtigung der Art der Geschäftstätigkeit ebenso über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme wie der Frage, ob die mietzinsmindernde Berücksichtigung der Art der Geschäftstätigkeit tatsächlich zu einer Herabsetzung auf den noch leistbaren Mietzins führen müsse.
Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsgegner wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den angefochtenen Sachbeschluss dahin abzuändern, dass der erstgerichtliche Sachbeschluss wiederhergestellt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen ist; er ist im Sinne des Aufhebungsantrages auch berechtigt.
Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Das Rekursgericht hat eine Feststellung des Erstgerichtes als für seine rechtliche Beurteilung entbehrlich nicht übernommen. Ob diese Feststellung für die Entscheidung tatsächlich irrelevant ist, hängt von der Lösung der Rechtsfrage ab.
In ihrer Rechtsrüge machen die Rechtsmittelwerber im Wesentlichen geltend, die Rekursentscheidung befinde sich in offenem Widerspruch zur einschlägigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes; danach fehle die tatbestandsmäßige Schutzwürdigkeit aus sozialen Gründen unter anderem dann, wenn sich das Angebot nur an einen typischerweise nicht schutzbedürftigen Teil der Bevölkerung richte, was bei einem überwiegend von Touristen frequentierten Gastronomiebetrieb eben der Fall sei.
Hiezu wurde erwogen:
Zur Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit gemäß § 12a Abs 2 MRG liegt - beginnend mit 5 Ob 109/97h = SZ 70/74 = WoBl 1998, 16/3 (Würth, Dirnbacher) = MietSlg 49/13 - eine umfangreiche Rechtsprechung des erkennenden Senates vor. Danach soll die Mietzinsreduzierung gemäß § 12a Abs 2 MRG zunächst einmal nicht die Existenz bestimmter Personen, sondern bestimmter Branchen am konkreten Standort ermöglichen. Auch bei den Branchen ist jedoch nach sozialen Gesichtspunkten zu differenzieren. Mit dem dehnbaren Begriff Art der Geschäftstätigkeit sollte offensichtlich ein Beurteilungsspielraum geschaffen werden, der es ermöglicht, die Mietzinsreduzierung nur den typischerweise ertragsschwachen Branchen zugutekommen zu lassen und unter diesen wiederum nur jenen, die selbst - wie etwa die Nahversorger - eine vom Gesetzgeber als schützenswert anerkannte soziale Aufgabe in den Versorgungsstrukturen des betreffenden Gebietes erfüllen. Neben die dem Tatsachenbereich zuzuordnende Beurteilung, ob es sich um eine "ertragsschwache" Branche handelt, tritt somit als zweites notwendiges Element die der rechtlichen Beurteilung unterliegende soziale Komponente, welche grundsätzlich dann gegeben ist, wenn die Versorgung der Bevölkerung mit Sachgütern und Dienstleistungen des täglichen Lebens durch den konkreten Geschäftszweck gesichert werden soll. Wird jedoch dieser Kreis der "Nahversorger" verlassen, bedarf es konkreter Anhaltspunkte für eine besondere Schutzwürdigkeit der betreffenden Branche (vgl zuletzt etwa 5 Ob 84/01s = WoBl 2002, 44/14 [Vonkilch]). Aus welchen Erwägungen der erkennende Senat (von der Entstehungsgeschichte und den Gesetzesmaterialien ausgehend) zu dieser Auffassung gelangte, kann in der grundlegenden und ausführlich begründeten Entscheidung 5 Ob 109/97h nachgelesen werden. Der Umstand, dass das Rekursgericht diese Begründung missbilligt und etwa die soziale Komponente für "erfunden" hält oder von unstatthaften "metarechtlichen Erwägungen aus Weltanschauung und Lebenserfahrung, religiöser Überzeugung, politischem oder parteipolitischem Denken, wirtschaftlicher Lage, Beruf, Neigung und Vorurteil" spricht, macht die neuerliche Ausbreitung dieser Argumente nicht erforderlich. Ebensowenig bietet eine solche entbehrliche Polemik einen Anlass, von dieser gefestigten Rechtsprechung, an der auch in der Lehre keine grundsätzliche Kritik geübt wurde (vgl Würth und Dirnbacher zu WoBl 1998, 16/3; Auer/Böhm in Schwimann IV2 § 12a MRG Rz 122 ff; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, § 12a MRG Rz 76 ff), wieder abzugehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Gastronomiebetrieb in bester Wiener Innenstadtlage. Die Ertragsschwäche der Branche in Bezug auf die Zahlung des "vollen" angemessenen Hauptmietzinses wurde von den Vorinstanzen festgestellt. Ein Abschlag wegen der Art der Geschäftstätigkeit wurde vom erkennenden Senat im Falle eines Restaurants/Cafes bereits als gerechtfertigt angesehen (5 Ob 428/97w = WoBl 1998, 215/131 = MietSlg 49.256), nicht jedoch im Falle eines Luxusrestaurants (5 Ob 25/98g = WoBl 1999, 13/3 [Dirnbacher] = MietSlg 50.525/10). Hier würde die bekämpfte erstgerichtliche Feststellung, das Lokal werde überwiegend von Touristen frequentiert, gegen die soziale Schutzwürdigkeit der ausgeübten Geschäftstätigkeit sprechen, weil es in diesem Zusammenhang um die Aufrechterhaltung der notwendigen Versorgungsstrukturen für die örtliche Wohn- und Arbeitsbevölkerung geht. Hingegen ist die Verpflegung von Städtetouristen nicht als schutzwürdige soziale Aufgabe anzuerkennen, weil es sich bei der Besichtigung fremder Städte regelmäßig um die Befriedigung eines Luxusbedürfnisses handelt; von einem - zu Lasten des Vermieters - typischerweise schutzbedürftigen Teil der Bevölkerung kann keine Rede sein (vgl zum ebenfalls Touristen versorgenden Souvenirhandel 5 Ob 288/97g = WoBl 1998, 214/130 = MietSlg 49.458; zum Handel mit Modeschmuck in einem Fremdenverkehrszentrum 5 Ob 184/01x = EWr I/46a/185). Sollte hingegen die - ebenfalls festgestellte - Versorgung der Arbeits- und Geschäftsbevölkerung des ersten Bezirkes mit Mahlzeiten zu moderaten Preisen überwiegen, könnte die soziale Schutzwürdigkeit der ausgeübten Geschäftstätigkeit bejaht und - bei gegebener Ertragsschwäche der Branche - ein Abschlag in Betracht gezogen werden. Die untergeordnete Mitversorgung von Touristen wäre unschädlich (vgl 5 Ob 323/98f = WoBl 1999, 128/58 [Hausmann] = MietSlg 51.268/4: Stadtpläne und Reiseführer für Touristen in einer Buchhandlung).Zur Berücksichtigung der Art der im Mietgegenstand ausgeübten Geschäftstätigkeit gemäß Paragraph 12 a, Absatz 2, MRG liegt - beginnend mit 5 Ob 109/97h = SZ 70/74 = WoBl 1998, 16/3 (Würth, Dirnbacher) = MietSlg 49/13 - eine umfangreiche Rechtsprechung des erkennenden Senates vor. Danach soll die Mietzinsreduzierung gemäß Paragraph 12 a, Absatz 2, MRG zunächst einmal nicht die Existenz bestimmter Personen, sondern bestimmter Branchen am konkreten Standort ermöglichen. Auch bei den Branchen ist jedoch nach sozialen Gesichtspunkten zu differenzieren. Mit dem dehnbaren Begriff Art der Geschäftstätigkeit sollte offensichtlich ein Beurteilungsspielraum geschaffen werden, der es ermöglicht, die Mietzinsreduzierung nur den typischerweise ertragsschwachen Branchen zugutekommen zu lassen und unter diesen wiederum nur jenen, die selbst - wie etwa die Nahversorger - eine vom Gesetzgeber als schützenswert anerkannte soziale Aufgabe in den Versorgungsstrukturen des betreffenden Gebietes erfüllen. Neben die dem Tatsachenbereich zuzuordnende Beurteilung, ob es sich um eine "ertragsschwache" Branche handelt, tritt somit als zweites notwendiges Element die der rechtlichen Beurteilung unterliegende soziale Komponente, welche grundsätzlich dann gegeben ist, wenn die Versorgung der Bevölkerung mit Sachgütern und Dienstleistungen des täglichen Lebens durch den konkreten Geschäftszweck gesichert werden soll. Wird jedoch dieser Kreis der "Nahversorger" verlassen, bedarf es konkreter Anhaltspunkte für eine besondere Schutzwürdigkeit der betreffenden Branche vergleiche zuletzt etwa 5 Ob 84/01s = WoBl 2002, 44/14 [Vonkilch]). Aus welchen Erwägungen der erkennende Senat (von der Entstehungsgeschichte und den Gesetzesmaterialien ausgehend) zu dieser Auffassung gelangte, kann in der grundlegenden und ausführlich begründeten Entscheidung 5 Ob 109/97h nachgelesen werden. Der Umstand, dass das Rekursgericht diese Begründung missbilligt und etwa die soziale Komponente für "erfunden" hält oder von unstatthaften "metarechtlichen Erwägungen aus Weltanschauung und Lebenserfahrung, religiöser Überzeugung, politischem oder parteipolitischem Denken, wirtschaftlicher Lage, Beruf, Neigung und Vorurteil" spricht, macht die neuerliche Ausbreitung dieser Argumente nicht erforderlich. Ebensowenig bietet eine solche entbehrliche Polemik einen Anlass, von dieser gefestigten Rechtsprechung, an der auch in der Lehre keine grundsätzliche Kritik geübt wurde vergleiche Würth und Dirnbacher zu WoBl 1998, 16/3; Auer/Böhm in Schwimann IV2 Paragraph 12 a, MRG Rz 122 ff; Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Paragraph 12 a, MRG Rz 76 ff), wieder abzugehen. Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Gastronomiebetrieb in bester Wiener Innenstadtlage. Die Ertragsschwäche der Branche in Bezug auf die Zahlung des "vollen" angemessenen Hauptmietzinses wurde von den Vorinstanzen festgestellt. Ein Abschlag wegen der Art der Geschäftstätigkeit wurde vom erkennenden Senat im Falle eines Restaurants/Cafes bereits als gerechtfertigt angesehen (5 Ob 428/97w = WoBl 1998, 215/131 = MietSlg 49.256), nicht jedoch im Falle eines Luxusrestaurants (5 Ob 25/98g = WoBl 1999, 13/3 [Dirnbacher] = MietSlg 50.525/10). Hier würde die bekämpfte erstgerichtliche Feststellung, das Lokal werde überwiegend von Touristen frequentiert, gegen die soziale Schutzwürdigkeit der ausgeübten Geschäftstätigkeit sprechen, weil es in diesem Zusammenhang um die Aufrechterhaltung der notwendigen Versorgungsstrukturen für die örtliche Wohn- und Arbeitsbevölkerung geht. Hingegen ist die Verpflegung von Städtetouristen nicht als schutzwürdige soziale Aufgabe anzuerkennen, weil es sich bei der Besichtigung fremder Städte regelmäßig um die Befriedigung eines Luxusbedürfnisses handelt; von einem - zu Lasten des Vermieters - typischerweise schutzbedürftigen Teil der Bevölkerung kann keine Rede sein vergleiche zum ebenfalls Touristen versorgenden Souvenirhandel 5 Ob 288/97g = WoBl 1998, 214/130 = MietSlg 49.458; zum Handel mit Modeschmuck in einem Fremdenverkehrszentrum 5 Ob 184/01x = EWr I/46a/185). Sollte hingegen die - ebenfalls festgestellte - Versorgung der Arbeits- und Geschäftsbevölkerung des ersten Bezirkes mit Mahlzeiten zu moderaten Preisen überwiegen, könnte die soziale Schutzwürdigkeit der ausgeübten Geschäftstätigkeit bejaht und - bei gegebener Ertragsschwäche der Branche - ein Abschlag in Betracht gezogen werden. Die untergeordnete Mitversorgung von Touristen wäre unschädlich vergleiche 5 Ob 323/98f = WoBl 1999, 128/58 [Hausmann] = MietSlg 51.268/4: Stadtpläne und Reiseführer für Touristen in einer Buchhandlung).
Zur Ermittlung des Abschlages kann ebenfalls auf die schon mehrfach zitierte Leitentscheidung 5 Ob 109/97h verwiesen werden: Lässt sich feststellen, wieviel derzeit Branchenkollegen für ein vergleichbares Mietobjekt zu zahlen bereit sind, ist auch gleich das Ausmaß der Mietzinsreduzierung (der "gemäßigte" angemessene Mietzins) errechenbar. Steht jedoch die Höhe des für diese Branche erschwinglichen Mietzinses nicht fest (und ist sie nicht feststellbar), so hat der Richter gemäß § 273 ZPO nach freier Überzeugung einen Abschlag festzusetzen. Auch in 5 Ob 323/98f wurde auf den von der betreffenden Branche leistbaren Mietzins abgestellt. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Feststellung des Erstgerichtes über die überwiegende Touristenfrequenz im Lokal entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes für die Entscheidung nicht irrelevant ist. Es bedarf daher der Erledigung der diesbezüglichen Verfahrens- und Beweisrüge durch das Rekursgericht, weshalb die Rechtssache an dieses - unter Aufhebung der Rekursentscheidung - zurückzuverweisen war.Zur Ermittlung des Abschlages kann ebenfalls auf die schon mehrfach zitierte Leitentscheidung 5 Ob 109/97h verwiesen werden: Lässt sich feststellen, wieviel derzeit Branchenkollegen für ein vergleichbares Mietobjekt zu zahlen bereit sind, ist auch gleich das Ausmaß der Mietzinsreduzierung (der "gemäßigte" angemessene Mietzins) errechenbar. Steht jedoch die Höhe des für diese Branche erschwinglichen Mietzinses nicht fest (und ist sie nicht feststellbar), so hat der Richter gemäß Paragraph 273, ZPO nach freier Überzeugung einen Abschlag festzusetzen. Auch in 5 Ob 323/98f wurde auf den von der betreffenden Branche leistbaren Mietzins abgestellt. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Feststellung des Erstgerichtes über die überwiegende Touristenfrequenz im Lokal entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes für die Entscheidung nicht irrelevant ist. Es bedarf daher der Erledigung der diesbezüglichen Verfahrens- und Beweisrüge durch das Rekursgericht, weshalb die Rechtssache an dieses - unter Aufhebung der Rekursentscheidung - zurückzuverweisen war.
Anmerkung
E66410 5Ob135.02tEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2002:0050OB00135.02T.0611.000Dokumentnummer
JJT_20020611_OGH0002_0050OB00135_02T0000_000