TE Vfgh Erkenntnis 2002/10/2 V84/01

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Veröffentlicht am 02.10.2002
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Index

54 Außenhandel
54/02 Außenhandelsgesetz 1984

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Verordnung
B-VG Art18 Abs2
AußenhandelsG 1995 §3
AußenhandelsG 1995 §5 Abs3
AußenhandelsG 1995 §8
AußenhandelsV §6 Abs1

Leitsatz

Keine Gesetzwidrigkeit und keine Verletzung des Gleichheitssatzes durch die in der Außenhandelsverordnung festgelegte Bewilligungspflicht der Überlassung und Vermittlung verschiedener Waffen, militärischer Geräte, Ausrüstungsgegenstände und sonstiger Wirkstoffe; Ermittlung der Bewilligungskriterien möglich; besondere Behandlung dieser Warengruppe sachlich gerechtfertigt; Zulässigkeit der Regelung der Überlassung und Übermittlung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren im vorliegenden Fall

Spruch

Der Antrag wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Beim Landesgericht für Strafsachen Wien (im folgenden: LG) sind zwei Strafverfahren anhängig, in denen die Parteien des Ausgangsverfahrens beschuldigt werden, ein Vergehen nach §17 Abs1 Z1 litb Außenhandelsgesetz (im folgenden: AußHG) begangen zu haben, da sie im bewußten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter vorsätzlich die Verbringung von Waren entgegen einer Verordnung nach §5 Abs3 AußHG außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft ohne die erforderliche Bewilligung in ein anderes Land vermittelt hätten. Es handle sich dabei (u.a.) um verschiedene - in die Türkei zu liefernde - tragbare Luftabwehrsysteme, Sturmgewehre und tragbare Panzerabwehrsysteme von Unternehmen aus Rumänien, Rußland und der Ukraine, die sie zwei Interessenten zum Kauf anboten, andererseits um von dem ukrainischen Unternehmen nach Sri Lanka zu liefernde ungelenkte Raketen, die sie Verantwortlichen der Streitkräfte der Republik Sri Lanka zum Kauf anboten.

Aus dem Akt ergäben sich keine Anhaltspunkte dafür, daß auch nur ein Stück der im Strafantrag angeführten Waren sich jemals im Zollgebiet der Europäischen Union befunden hätte, weshalb der Strafantrag explizit auf die Bestimmung des §6 Abs1 Außenhandelsverordnung, BGBl. II 187/1997 (im folgenden: AußHV), wonach die Überlassung und Vermittlung von Waren der Anlage 1 außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union einer Bewilligung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten bedarf, Bezug nehme.

Zu ihrer Verteidigung hätten die Beschuldigten das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 16.045/2000, mit dem die Bestimmung des §4 Abs1 AußHV als gesetzwidrig aufgehoben wurde, vorgelegt.

1.2. Aus Anlaß dieser bei ihm anhängigen Strafverfahren stellte das LG mit Beschluß vom 24. September 2001 gemäß Art89 Abs2 erster Satz B-VG den Antrag, "§6 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Durchführung des Außenhandelsgesetzes 1995 (Außenhandelsverordnung - AußHV), BGBl. II Nr. 187/1997, als gesetzwidrig gemäß Art139 Abs3 B-VG aufzuheben und auszusprechen, dass §6 Abs1 der Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Durchführung des Außenhandelsgesetzes 1995 (Außenhandelsverordnung - AußHV), BGBl. II Nr. 187/1997, auch auf vor Aufhebung verwirklichte Tatbestände nicht anzuwenden ist".

2. Zur Rechtslage:

2.1. Das Bundesgesetz über die Durchführung des Warenverkehrs der Ein- und Ausfuhr (Außenhandelsgesetz 1995 - AußHG 1995), BGBl. 172, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. 429/1996, enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

"§1. (1) Die Aus- oder Einfuhr von Waren einschließlich Technologie aus dem oder in das Zollgebiet der Gemeinschaft gemäß Art3 des Zollkodex, Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 19. Oktober 1992, ABl. EG Nr. L 302, S 1, sofern diese aus dem oder in das Anwendungsgebiet gemäß §3 Zollrechts-Durchführungsgesetz, BGBl. Nr. 659/1994, erfolgt, sowie die Überlassung oder Vermittlung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren einschließlich Technologie zur Verbringung in ein anderes Land durch Personen, die im Anwendungsgebiet ihren Wohnsitz oder Sitz haben, unterliegen, soweit nicht unmittelbar anwendbares Recht der Europäischen Union, dieses Bundesgesetz oder sonstige Vorschriften anderes festsetzen, im Anwendungsgebiet keiner Beschränkung.

(2) Soweit unmittelbar anwendbares Recht der Europäischen Union oder völkerrechtliche Verpflichtungen für bestimmte Waren Bewilligungspflichten oder Meldepflichten auch für den innergemeinschaftlichen Handel vorsehen, ist dieses Gesetz sinngemäß anzuwenden.

(3) ...

        §2. ...

        §3. Der Bewilligungspflicht nach diesem Bundesgesetz

unterliegen Rechtsgeschäfte oder Handlungen, die folgendes zum Gegenstand haben:

1.

die Aus- oder Einfuhr von Waren gemäß einer nach §5 Abs1 erlassenen Verordnung oder

2.

die Aus- oder Einfuhr von Waren einschließlich Technologie, die Überlassung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren einschließlich Technologie zur Verbringung in ein anderes Land oder die Vermittlung von Warenlieferungen oder von Warenlieferungen einschließlich Technologie außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft zur Verbringung in ein anderes Land gemäß einer nach §5 Abs2 erlassenen Verordnung oder

3.

die Aus- oder Einfuhr von Waren einschließlich Technologie, die Überlassung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren einschließlich Technologie zur Verbringung in ein anderes Land oder die Vermittlung von Warenlieferungen einschließlich Technologie außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft gemäß einer nach §5 Abs3 erlassenen Verordnung."

Gemäß §5 Abs1 AußHG hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) - soweit unmittelbar anwendbares Recht der Europäischen Union nicht entgegensteht und gesamtwirtschaftliche Interessen nicht verletzt werden - (z.T. im Einvernehmen mit anderen Bundesministern)

"durch Verordnung Rechtsgeschäfte oder Handlungen, welche die Aus- oder Einfuhr von Waren zum Gegenstand haben, im Handelsverkehr mit bestimmten Staaten oder Gebieten und weiters bestimmte Arten des Warenverkehrs mit dem Ausland vorübergehend für bewilligungspflichtig zu erklären, wenn dies

1.

zur Abwendung schwerer wirtschaftlicher Schäden oder

2.

zur Verhütung oder Behebung von wirtschaftlichen Notständen oder

3.

auf Grund internationaler Verpflichtungen oder

4.

zur Durchführung einer von Österreich mitgetragenen internationalen Maßnahme zur Beschränkung des Warenverkehrs mit bestimmten Staaten oder Gebieten

notwendig ist. Verordnungen dieser Art sind nach Wegfall der die Bewilligungspflicht begründenden Umstände wieder aufzuheben".

Abs2 leg.cit. lautet folgendermaßen:

"Sofern dies auf Grund einer von Österreich mitgetragenen internationalen Maßnahme zur Beschränkung des Warenverkehrs mit bestimmten Staaten oder Gebieten erforderlich ist, hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten in einer Verordnung gemäß Abs1 Z4 weiters Rechtsgeschäfte oder Handlungen für bewilligungspflichtig zu erklären, die alle oder einzelne der im §3 Z2 angeführten Rechtsgeschäfte oder Handlungen betreffen."

Nach Abs3 leg.cit. hat der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten (nunmehr: Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) - sofern unmittelbar anzuwendendes Recht der Europäischen Union nicht entgegensteht - im Einvernehmen mit anderen Bundesministern

"zur Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen oder zur Wahrung außenpolitischer Interessen mit Verordnung alle oder einzelne der im §3 angeführten Rechtsgeschäfte oder Handlungen im Handelsverkehr mit bestimmten Staaten oder Gebieten für bewilligungspflichtig zu erklären, wenn dies

1.

zur Verhinderung der Ausfuhr von Waren einschließlich Technologie (einschließlich Anlagen oder anlagenspezifischer Teile), die neben einer anderen Verwendungsmöglichkeit auch zur Herstellung, Verbreitung, Prüfung oder Instandhaltung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen (ABC-Waffen) sowie ABC-waffenfähigen Trägersystemen geeignet sind, oder

2.

zur Überwachung der Ausfuhr und der geplanten Verwendung von Waren einschließlich Technologie, die für militärische oder sowohl für zivile als auch militärische Zwecke eingesetzt werden können, soweit es sich nicht um eine nach Z1 kontrollierte Ausfuhr handelt, oder

3.

zur Überwachung der Ausfuhr von Waffen, Munition und Sprengmitteln sowie von Waren einschließlich Technologie (einschließlich Anlagen und anlagenspezifischer Teile), welche neben einer anderen Verwendungsmöglichkeit auch zur Herstellung, Verbreitung, Prüfung oder Instandhaltung von Waffen, Munition und Sprengmitteln, ausgenommen ABC-Waffen und ABC-waffenfähigen Trägersystemen, geeignet sind,

geboten ist. Ausgenommen sind die Ein- und Ausfuhr von Waffen, Munition und Sprengmitteln, für die eine Bewilligung nach dem Bundesgesetz über die Ein-, Aus- und Durchfuhr von Kriegsmaterial BGBl. Nr. 540/1977, erforderlich ist".

§8 leg.cit. hat folgenden Wortlaut:

"(1) 1. Bei der Entscheidung über Anträge auf Erteilung der Bewilligung für Rechtsgeschäfte oder Handlungen gemäß §3 betreffend Waren, die in einer Verordnung nach §5 Abs1 genannt sind, ist auf völkerrechtliche Verpflichtungen Österreichs sowie auf die Durchführung einer von Österreich mitgetragenen internationalen Maßnahme zur Beschränkung des Warenverkehrs mit bestimmten Staaten zu achten und insbesondere auf die Abwendung schwerer wirtschaftlicher Schäden für die Wirtschaft oder einzelne Wirtschaftsbereiche sowie die Verhütung oder Behebung wirtschaftlicher Notstände Bedacht zu nehmen.

2. Die gemäß einer Verordnung nach §5 Abs3 oder der Verordnung (EG) Nr. 3381/94 des Rates erforderliche Bewilligung ist zu versagen, wenn der Bewilligungserteilung völkerrechtliche Verpflichtungen Österreichs entgegenstehen. Darüber hinaus ist bei der Entscheidung über Anträge auf Erteilung einer Bewilligung insbesondere auf die Vermeidung einer Gefahr für den Weltfrieden und die internationale Sicherheit, die Vermeidung einer Gefahr für die Sicherheit Österreichs, die Vermeidung der Gefahr einer erheblichen Störung der auswärtigen Beziehungen Österreichs oder die Vermeidung von Ausfuhren in ein Gebiet, in dem ein bewaffneter Konflikt herrscht, Bedacht zu nehmen.

(2) Ist bei einer gemäß einer Verordnung nach §5 Abs3 Z1 oder der Verordnung (EG) Nr. 3381/94 des Rates erforderlichen Bewilligung, insbesondere auf Grund der Warenbeschaffenheit und des Bestimmungslandes, nicht auszuschließen, daß die Ware für die im §5 Abs3 Z1 genannten Zwecke Verwendung findet, ist die Bewilligung zu versagen."

§§17 und 18 leg.cit. enthalten verschiedene Strafbestimmungen.

2.2. Die Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zur Durchführung des Außenhandelsgesetzes 1995 (Außenhandelsverordnung - AußHV), BGBl. II 187/1997 (die späteren Novellierungen müssen außer Betracht bleiben), stützt sich in ihrer Präambel auf "§5 Abs1 und Abs3, §9 Abs6 und §12 des Außenhandelsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 172, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 429/1996".

§6 Abs1 leg.cit. trägt die Überschrift "Überlassung und Vermittlung" und normiert folgendes:

"Einer Bewilligung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten bedarf die Überlassung und Vermittlung von Waren der Anlage 1 außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union."

In der Anlage 1 werden verschiedene Waffen, militärische Geräte und Ausrüstungsgegenstände und sonstige Wirkstoffe, die militärischen Zwecken dienen, aufgelistet.

3.1. Zunächst gibt das LG (z.T.) die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofs in VfSlg. 16.045/2000 wieder und macht geltend, daß die AußHV nach ihrer Präambel auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf §5 Abs1 und Abs3, §9 Abs6 und §12 AußHG, BGBl. 172/1995, idF BGBl. 429/1996, gestützt sei.

Nach dem reinen Wortlaut des §6 Abs1 AußHV sei jedwede Überlassung und Vermittlung von Waren der Anlage 1 außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union bewilligungspflichtig, ohne daß zwischen den Voraussetzungen nach §5 Abs1 oder Abs3 AußHG unterschieden oder eine sonstige Einschränkung vorgenommen werde. Grundsätzlich erfasse der Wortlaut der Bestimmung daher auch die von einer außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union ansässigen Person außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union vorgenommene Überlassung oder Vermittlung von Waren der Anlage 1, mögen sich diese auch niemals im Zollgebiet der Europäischen Union befunden haben. Entspreche diese weite Fassung (unstrittig) weder Regelungsinhalt noch Regelungszweck von AußHG und AußHV, so erhelle doch gerade daraus das Erfordernis einer Reduktion im Anwendungsbereich.

Die sich in ihrer Präambel insbesondere auf §5 Abs1 und Abs3 AußHG stützende Verordnung weise selbst keine generelle Strukturierung oder Systematisierung auf, die erkennen ließe, welche Teile der Verordnung gemäß §5 Abs1 leg.cit. und welche unter Berufung auf §5 Abs3 leg.cit. erlassen wurden. Weiters wird im Antrag wörtlich folgendes ausgeführt:

"Eine diesbezügliche Präzisierung erfährt §6 Abs1 AußHV aber auch nicht durch §3 AußHG, sind doch die in seiner Einleitung verwendeten und in §5 Abs1 und Abs3 AußHG ohne weitergehende Differenzierung wiederholten Begriffe 'Rechtsgeschäfte oder Handlungen' als Überbegriff anzusehen. Werden die Begriffe 'Vermittlung' und 'Überlassung' auch lediglich in der ausdrücklich auf §5 Abs3 AußHG Bezug nehmenden Ziffer 3 leg.cit. erwähnt, so stellen sie eben auch Rechtsgeschäfte und insbesondere Handlungen iS der Einleitung des §3 AußHG - auf welchen in §5 Abs3 AußHG in eben genau dieser generellen Bezeichnung Bezug genommen wird - dar, also solche, welche die Ein- oder Ausfuhr bestimmter Waren zum Gegenstand haben. Ansonsten enthielte das AußHG betreffend der Fälle der 'Überlassung und Vermittlung' bezogen auf die in §5 Abs1 AußHG normierten Sachverhalte keine gesetzliche Verordnungsgrundlage, weshalb in den Fällen des §5 Abs1 AußHG dann eine Bewilligungspflicht zwar für die (direkte/unmittelbare) Ein- oder Ausfuhr entsprechender Waren vorgesehen werden könnte, nicht aber für (bloße) Überlassung oder Vermittlung derartiger Waren bzw. Ein- oder Ausfuhren, mögen sie auch vom Gebiet der Republik Österreich ausgehen und ursprünglich aus dem Zollgebiet der Europäischen Union stammende Waren betreffen (z.B. die nachfolgende Vermittlung oder Überlassung bereits ohne entsprechende Bewilligung aus dem Zollgebiet der Europäischen Union ausgeführter Waren). Dies würde aber insbesondere im Hinblick auf §5 Abs1 Zif. 3 (völkerrechtliche Verpflichtung) und 4 (Durchführung einer von Österreich mitgetragenen internationalen Maßnahme) AußHG ein eigenartig anmutendes Ergebnis darstellen, umso mehr, als auch §5 Abs3 AußHG die Einhaltung völkerrechtlicher Verpflichtungen zum Ziel hat. Sind doch vom Gesetzgeber an gleichgelagerte Sachverhalte (Überlassung und Vermittlung von Waren der Anlage 1 außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union bei auch Österreich verpflichtender völkerrechtlicher Beschränkung des Warenverkehrs mit bestimmten Staaten) gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen und würde eine solche Interpretation des Gesetzes daher gegen den Gleichheitsgrundsatz nach Art7 B-VG verstoßen. In diesem Sinne ist aber auch die Wiederholung der Einleitung des §3 AußHG, 'Rechtsgeschäfte und Handlungen', sowohl in §5 Abs1 als auch in Abs3 AußHG zu verstehen, welche ihrerseits eben nicht zwischen den einzelnen auf die Ein- oder Ausfuhr entsprechender Waren gerichtete Rechtsgeschäfte oder Handlungen unterscheiden und daher beide die 'Überlassung und Vermittlung' in ihren Anwendungsbereich einschließen."

Es könne daher nicht einwandfrei ermittelt werden, auf welchen der beiden in Betracht kommenden Tatbestände des AußHG sich die in §6 Abs1 AußHV normierte Bewilligungspflicht stütze. Daher sei für den Normunterworfenen im Zusammenhang mit der Überlassung und Vermittlung von Waren der Anlage 1 außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union nicht eindeutig erkennbar, nach welchen Kriterien (§8 Abs1 Z1 oder Z2 AußHG) die Behörde über einen Antrag auf Ausfuhrbewilligung entscheiden werde, weshalb die Norm (schon allein deshalb) gegen Art18 B-VG verstoße.

3.2. Doch auch aus weiteren Gründen bestünden Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Bestimmung. So ließen sich unter §6 Abs1 AußHV auch Fälle subsumieren, in denen sich die Waren der Anlage 1 zu keinem Zeitpunkt im Zollgebiet der Europäischen Union befunden haben. §1 Abs1 AußHG definiere die Ein- oder Ausfuhr als eine solche "aus dem oder in das Zollgebiet der Gemeinschaft". Da sowohl §5 Abs1 als auch Abs3 leg.cit. auf die Ausfuhr iSd §1 Abs1 leg.cit. abstellten, überschreite §6 Abs1 AußHV die gesetzlichen Grundlagen nach §5 AußHG. "Noch schärfer zeigt sich dies im Zusammenhang mit §5 Abs3 AußHG, welcher die Regelung einer Bewilligungspflicht in allen seinen drei Ziffern davon abhängig macht, dass sie (zumindest auch) zur Überwachung oder Verhinderung der Ausfuhr geboten ist. Haben sich die Waren jedoch nie im Zollgebiet der Europäischen Union befunden, kann eine allenfalls zu überwachende oder zu verhindernde Ausfuhr aus dem Zollgebiet der Europäischen Union niemals vorliegen. §6 Abs1 AußHG verstößt somit gegen Art18 Abs1 und 2 B-VG."

Man könne auch nicht den Begriff "Ausfuhr" so auslegen, daß er jeglichen Export von einem Staat in einen anderen erfasse, denn dies würde zu einer im Hinblick auf die Strafbestimmungen der §§17 und 18 AußHG verbotenen exzessiv-ausdehnenden Interpretation führen. Außerdem wären dann unter §6 Abs1 AußHV auch Warenverkehrssachverhalte innerhalb der Europäischen Union erfaßt, was aber den Grundfreiheiten des freien Warenverkehrs und der Erwerbsfreiheit zuwiderlaufen würde, weshalb entsprechenden Sachverhalten die Bewilligung nie versagt werden könnte. Selbst wenn man unter "Ausfuhr" nur eine solche in das oder aus dem Gebiet der Republik Österreich verstehe, erweise sich der Wortlaut des §6 Abs1 AußHV als zu weit, da den angesprochenen Sachverhalten (Überlassung und Vermittlung von Waren außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union) auch keine Ausfuhr aus dem Gebiet der Republik Österreich, die allenfalls zu überwachen oder zu verhindern wäre, zugrunde liegen könne.

Aufgrund der Textierung des §6 Abs1 AußHV iVm §§1 Abs1, 3, 5 Abs1 und Abs3 AußHG sei für den Normunterworfenen nicht klar erkennbar, in welchen Fällen er um eine Bewilligung anzusuchen habe und in welchen nicht.

3.3. Im Hinblick auf die Strafbestimmungen der §§17 und 18 AußHG wäre zur Vermeidung unterschiedlicher Sanktionen zudem auszusprechen, daß die aufgehobene Bestimmung auch auf vor dem Zeitpunkt der Aufhebung verwirklichte Sachverhalte nicht anzuwenden sei.

4.1. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit legte die Verordnungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der er die Abweisung des Antrages beantragt. Für den Fall der Aufhebung der angefochtenen Bestimmung stellt er den Antrag, gemäß Art139 Abs5 B-VG für das Außerkrafttreten eine Frist von achtzehn Monaten festzusetzen, da in diesem Fall gesetzliche Vorkehrungen in Form einer Änderung des AußHG 1995 erforderlich wären.

4.2. Der Bundesminister hält den Antrag für unbegründet. Die vom LG gezogene Parallele zu dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs VfSlg. 16.045/2000 sei nicht gegeben, da sich das Erkenntnis mit §4 Abs1 AußHV, der sich auf die Ausfuhr bezogen habe, beschäftigt habe, §6 Abs1 AußHV jedoch die Überlassung und Vermittlung betreffe. §3 AußHG knüpfe an diese Unterscheidung an.

Weiter führt der Bundesminister wörtlich folgendes aus:

"[§3 AußHG] unterscheidet 3 Fallgruppen und erklärt unter den einzelnen Tatbeständen des §5 Rechtsgeschäfte oder Handlungen für bewilligungspflichtig, die entweder alle oder nur bestimmte der in §1 Abs1 genannten Vorgänge, nämlich die Einfuhr, die Ausfuhr, die Überlassung oder die Vermittlung, zum Gegenstand haben. Aus den einzelnen Z des §3 geht dabei klar hervor, dass Rechtsgeschäfte oder Handlungen, die die Ein- oder Ausfuhr zum Gegenstand haben, in allen drei Fällen für bewilligungspflichtig erklärt werden können, während sich die Ermächtigung im Fall von Rechtsgeschäften oder Handlungen, die die Überlassung oder Vermittlung zum Gegenstand haben, nur auf Verordnungen gemäß §5 Abs2 oder 3, nicht jedoch auch auf §5 Abs1 erstreckt, wobei jedoch die Ermächtigung in §3 Z3, die sich auf Verordnungen gemäß §5 Abs2 bezieht, außer Betracht bleiben kann, da die AußHV nicht auf §5 Abs2 gestützt ist."

§5 Abs1 AußHG beziehe sich wie §3 Z1 leg.cit. nur auf die Ein- und Ausfuhr. Der einzige Fall, in dem eine Regelung der Überlassung und Vermittlung auch auf die Verordnungsermächtigung in §5 Abs1 Z4 leg.cit. gestützt werden könnte, sei der einer auch auf §5 Abs2 leg.cit. gestützten Verordnung, der - wie schon erwähnt - nicht von der AußHV erfaßt sei. §5 Abs3 AußHG ermächtige dagegen zu Regelungen für alle oder einzelne der im §3 leg.cit. angeführten Rechtsgeschäfte, sodaß hier die auch in §3 Z2 leg.cit. ausdrücklich angeführten Vorgänge der "Überlassung" und "Vermittlung" erfaßt seien. Daher komme im Gegensatz zur Ein- und Ausfuhr bei der Überlassung und Vermittlung von den beiden möglichen Rechtsgrundlagen nur §5 Abs3 leg.cit. in Frage. Daraus ergebe sich klar, daß bei der Entscheidung über den Bewilligungsantrag immer nur die in §8 Abs1 Z2 leg.cit. genannten Kriterien heranzuziehen seien.

Es bestehe auch keine Notwendigkeit einer Reduktion des Anwendungsbereichs des §6 Abs1 AußHV; Einschränkungen ergeben sich sowohl daraus, daß diese Bestimmung nur auf §5 Abs3 AußHG gestützt sei, als auch aus der Definition des §1 Abs1 AußHG, nach der ein solcher Vorgang durch eine Person erfolgen müsse, die ihren Wohnsitz oder Sitz im Anwendungsgebiet habe.

Auch das Argument des Widerspruchs zum Gleichheitsgrundsatz könne im vorliegenden Fall nicht herangezogen werden. Der Begriff der völkerrechtlichen Verpflichtungen in §8 Abs1 Z1 und Z2 AußHG habe nämlich einen durchaus unterschiedlichen Inhalt. Wegen des besonderen Gefahrenpotentials der in §5 Abs3 leg.cit. genannten Warenkategorien gebe es für diese spezielle völkerrechtliche Verpflichtungen, die auch eine Bewilligungspflicht für die Überlassung und Vermittlung erfordern könnten. Wenn daher der Gesetzgeber von vornherein im Hinblick auf völkerrechtliche Verpflichtungen nur in §5 Abs3 AußHG Bewilligungspflichten auch für die Überlassung oder Vermittlung vorsehe, so sei dies keineswegs ein Widerspruch zum Gleichheitsgrundsatz, sondern eine sachlich gerechtfertigte Unterscheidung.

4.3. Den Ausführungen des LG, daß die Erlassung einer Verordnung über Beschränkungen der Überlassung oder Vermittlung überhaupt nicht gesetzlich gedeckt sei, hält der Bundesminister folgendes entgegen: Sowohl die Formulierung im zweiten Teil von §1 Abs1 als auch §3 Z3 und §5 Abs3 AußHG bezögen sich ausdrücklich auf Sachverhalte, bei denen sich die Waren außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befänden. Der Verordnungsgeber sei daher auf Grund von §3 Z3 iVm §5 Abs3 AußHG sehr wohl ermächtigt, derartige Sachverhalte unter den dort normierten Voraussetzungen zu regeln. Aus den Erläuterungen zur RV (547 BlgNR, 18. GP, 27) zu der Novelle zum AußHG 1984 (BGBl. 469/1992), mit der erstmals Bestimmungen über die Überlassung und Vermittlung eingeführt wurden, gehe hervor, daß diese Bestimmungen als erforderlich erachtet worden seien, um im Rahmen der Exportkontrolle auch Umgehungsgeschäfte verfolgen zu können. Eine solche Kontrolle werde auch international als untrennbarer Bestandteil einer wirksamen Ausfuhrkontrolle angesehen. Daher sei der Ausdruck "Kontrolle der Überwachung der Ausfuhr" beibehalten worden. Dieser Begriff dürfe daher nicht auf Kontrollen von Ausfuhrvorgängen iSd §1 Abs1 AußHG beschränkt werden. "Aus all dem ergibt sich, dass die Regelung von Rechtsgeschäften oder Handlungen, die die Überlassung oder Vermittlung von Waren zum Gegenstand haben, die sich nicht im Zollgebiet der Gemeinschaft befinden, gesetzlich gedeckt ist, soweit die Regelung zu einer wirksamen Kontrolle der Ausfuhr einschließlich möglicher Umgehungshandlungen erforderlich ist."

Die im Antrag des LG erwähnte "exzessiv-ausdehnende Interpretation" des Ausfuhrbegriffs in §5 Abs3 AußHG werde durch die Definition der Begriffe "Überlassung" und "Vermittlung" in §1 Abs1 leg.cit. von vornherein ausgeschlossen, da bei diesen stets ein Österreichbezug in Form eines (Wohn-)Sitzes gegeben sein müsse. Sachverhalte innerhalb der Europäischen Union seien überhaupt nicht erfaßt, da sich die Waren außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befinden müßten.

4.4. Der Bundesminister kommt zu folgendem Schluß:

"Schließlich ergibt sich aus den obigen Ausführungen, dass entgegen der Annahme des antragstellenden Gerichts für den Normunterworfenen gemäß §6 Abs1 AußHV iVm den §§1 Abs1, 3 Z2 und 5 Abs3 AußHG 1995 an Hand folgender Kriterien klar erkennbar ist, in welchen Fällen er um eine Bewilligung anzusuchen hat:

-

er muss Wohnsitz oder Sitz im Anwendungsgebiet haben,

-

es muss sich um Waren des Anhangs 1 zur AußHV handeln,

-

diese Waren müssen sich außerhalb des Zollgebiets der Gemeinschaft befinden und

-

es muss sich um ein Rechtsgeschäft oder eine Handlung handeln, mit dem oder der diese Waren zur Verbringung in ein weiteres Land überlassen oder vermittelt werden.

§6 Abs1 AußHV ist daher weder im Hinblick auf die unzulässige Aufhebung der Unterscheidung des Gesetzgebers zwischen Bewilligungsverfahren gemäß §5 Abs1 und solchen gemäß §5 Abs3 AußHG 1995 noch im Hinblick auf das Fehlen einer gesetzlichen Deckung für eine derartige Regelung gesetzwidrig."

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Der Verfassungsgerichtshof hegt keinen Zweifel, daß das antragstellende Gericht die von ihm angefochtene Bestimmung in den bei ihm anhängigen Strafverfahren anzuwenden hat.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Verordnungsprüfungsantrag zulässig.

2. Der Antrag ist aber in der Sache nicht berechtigt:

Festzuhalten ist zunächst, daß sich der Verfassungsgerichtshof in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung gemäß Art139 B-VG auf die Erörterung der aufgeworfenen Fragen zu beschränken hat. Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Bestimmung aus den in der Begründung des Antrages dargelegten Bedenken gesetzwidrig ist (vgl. VfSlg. 15.193/1998 mwN).

2.1. §3 AußHG unterscheidet drei Fallgruppen von bewilligungspflichtigen Rechtsgeschäften oder Handlungen und bezieht sich dabei jeweils auf Waren, die in einer Verordnung nach §5 Abs1, 2 oder 3 leg.cit. genannt sind. §3 Z1 leg.cit. betrifft danach die Bewilligungspflicht für Rechtsgeschäfte oder Handlungen, die (lediglich) die Aus- oder Einfuhr von Waren gemäß einer nach §5 Abs1 leg.cit. erlassenen Verordnung zum Gegenstand haben. Demgegenüber beziehen sich die Ziffern 2 und 3 des §3 leg.cit. nicht nur auf Rechtsgeschäfte und Handlungen, die die Aus- oder Einfuhr von Waren einschließlich Technologie zum Gegenstand haben, sondern jeweils auch auf die Überlassung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren einschließlich Technologie zur Verbringung in ein anderes Land sowie auf die Vermittlung von Warenlieferungen außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft. Für die Ziffer 2 des §3 leg.cit. ergeben sich die Voraussetzungen, unter denen im Verordnungswege Bewilligungspflichten vorgesehen werden dürfen, aus §5 Abs2 leg.cit., für die Ziffer 3 hingegen ist diesbezüglich §5 Abs3 leg.cit. maßgebend. Grundsätze für die Entscheidung über Bewilligungsanträge enthält §8 leg.cit., wobei zwischen Bewilligungen betreffend Verordnungen gemäß §5 Abs1 leg.cit. einerseits und §5 Abs3 leg.cit. andererseits unterschieden wird.

Die Außenhandelsverordnung, BGBl. II 187/1997, deren §6 Abs1 vom antragstellenden Gericht angefochten wird, ist nach ihrer Präambel auf "§5 Abs1 und 3, §9 Abs6 und §12 des Außenhandelsgesetzes 1995, BGBl. Nr. 172, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 429/1996" gestützt. §5 Abs2 AußHG wird als Rechtsgrundlage dieser Verordnung nicht genannt; es ist auch nicht erkennbar, daß diese Vorschrift dessen ungeachtet implizit als gesetzliche Grundlage der Verordnung zugrunde gelegt wurde oder zugrunde zu legen wäre.

Auf der anderen Seite hat die als Verordnungsgrundlage angeführte Bestimmung des §5 Abs1 AußHG in Zusammenhang mit der die grundsätzliche Bewilligungspflicht regelnden Vorschrift des §3 Z1 leg.cit. - wie erwähnt - nur Rechtsgeschäfte und Handlungen zum Gegenstand, die die Aus- oder Einfuhr von Waren betreffen, nicht jedoch Rechtsgeschäfte oder Handlungen, die sich auf die Überlassung bzw. Vermittlung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren beziehen.

Wenn somit §6 Abs1 AußHV eine Bewilligungspflicht für "die Überlassung und Vermittlung von Waren der Anlage 1 außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union" vorsieht, so kann diese Verordnungsbestimmung nicht auf §5 Abs1 AußHG gestützt sein, weil diese Vorschrift sich auf solche Vorgänge gar nicht bezieht (sondern nur auf die Aus- oder Einfuhr von Waren). Auf §5 Abs2 AußHG kann §6 Abs1 AußHV deswegen nicht gestützt sein, weil §5 Abs2 AußHG in der Präambel der AußHV nicht genannt ist und im übrigen die Bedingungen dieser Vorschrift (es muß die Verordnung auf Grund einer von Österreich mitgetragenen internationalen Maßnahme zur Beschränkung des Warenverkehrs mit bestimmten Staaten oder Gebieten erforderlich sein) bei §6 Abs1 AußHV nicht erfüllt sind. Somit bleibt aber als einzige in Betracht kommende gesetzliche Grundlage für §6 Abs1 AußHV die Vorschrift des §5 Abs3 AußHG übrig.

Anders als in dem im hg. Erkenntnis VfSlg. 16.045/2000 entschiedenen Fall, in dem nicht eindeutig erkennbar war, ob sich die damals strittige Norm der AußHV auf Abs1 oder Abs3 des §5 AußHG stützte und daher auch die gemäß §8 leg.cit. anzuwendenden Bewilligungsmaßstäbe nicht klar erkannt werden konnten, ist es im vorliegenden Fall somit möglich - wenn auch angesichts der nur mit größter Mühe durchschaubaren Rechtslage schwierig -, die Kriterien für die nach §6 Abs1 AußHV erforderliche Bewilligung eindeutig zu ermitteln: Da §6 Abs1 AußHV nach dem Dargelegten zu Recht nur auf §5 Abs3 AußHG gestützt sein kann, können die Bewilligungskriterien nur in §8 Abs1 Z2 AußHG enthalten sein, da nur diese Norm sich auf Verordnungen nach §5 Abs3 leg.cit. bezieht.

2.2. Die gleichheitsrechtlichen Überlegungen des antragstellenden Gerichts (die der Verfassungsgerichtshof so versteht, daß auch §5 Abs1 AußHG in verfassungskonformer Interpretation nicht nur die Aus- und Einfuhr im engeren Sinn, sondern auch die Überlassung und Vermittlung von Waren außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union umfassen müsse) führen diesbezüglich zu keinem anderen Ergebnis. Es ist zwar auffällig, daß der Gesetzgeber die Bewilligungspflicht in einer nach §5 Abs1 leg.cit. erlassenen Verordnung auf die Aus- oder Einfuhr von Waren im engeren Sinn beschränkt, hingegen in einer Verordnung nach §5 Abs3 leg.cit. zusätzlich die Überlassung und Vermittlung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren in die Bewilligungspflicht einbezieht, obwohl nach §8 AußHG in beiden Fällen bei der Bewilligung auf völkerrechtliche Verpflichtungen Österreichs Bedacht zu nehmen ist. Der Gerichtshof teilt aber die in der Gegenschrift des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit geäußerte Auffassung, daß für die durch Verordnungen nach §5 Abs3 AußHG erfaßten Waren, da sie ein besonderes Gefahrenpotential beinhalten, spezielle völkerrechtliche Verpflichtungen und außenpolitische Interessen beachtlich sein können und daher auch sachliche Gründe für eine besondere Behandlung dieser Warengruppe bestehen.

2.3. Soweit das antragstellende Gericht jedoch grundsätzlich bezweifelt, ob §6 Abs1 AußHV zurecht auf §5 Abs3 AußHG gestützt werden könne, weil dort die Bewilligungspflicht durchwegs davon abhängig gemacht werde, daß sie zur Überwachung oder Verhinderung der Ausfuhr geboten ist, während §6 Abs1 AußHV sich auf Fälle beziehe, in denen sich die fraglichen Waren zu keinem Zeitpunkt im Zollgebiet der Europäischen Union befunden hätten, ist folgendes zu erwägen:

Schon aus §1 Abs1 AußHG ergibt sich, daß dieses Gesetz sich nicht auf Regelungen betreffend die Aus- oder Einfuhr von Waren einschließlich Technologie im engeren Sinn beschränkt, sondern (seit der Novelle zum AußHG 1984, BGBl. 469/1992) auch die "Überlassung oder Vermittlung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren einschließlich Technologie zur Verbringung in ein anderes Land" regelt, dies freilich nur insoweit, als sie durch Personen erfolgt, die im Anwendungsgebiet ihren Wohnsitz oder Sitz haben. Die Materialien zur genannten Novelle (Erläuterungen zur RV 547 BlgNR, 18. GP, 27) begründen diese Erweiterung mit der Notwendigkeit der Verfolgung von Umgehungsgeschäften. Der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit weist in seiner Gegenschrift darauf hin, daß solche Maßnahmen auch international als untrennbarer Bestandteil einer wirksamen Ausfuhrkontrolle angesehen werden. Nun ist dem antragstellenden Gericht zwar einzuräumen, daß §5 Abs3 AußHG mit der Verordnungsermächtigung (Normierung einer Bewilligungspflicht) auf die Verhinderung bzw. Überwachung der Ausfuhr bestimmter Waren abzielt. Es ergibt sich aber schon aus dem geschilderten Zweck der Novelle BGBl. 469/1992 sowie aus der grundsätzlichen Regelung der Bewilligungspflicht in §3 Z3 AußHG, die sich ausdrücklich auf die nach §5 Abs3 leg.cit. zu erlassende Verordnung bezieht, daß damit auch die Überlassung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren zur Verbringung in ein anderes Land sowie die Vermittlung von Warenlieferungen außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft gemeint ist, sofern sie durch Personen erfolgt, die im Anwendungsgebiet ihren Wohnsitz oder Sitz haben. Eine Verordnung nach §5 Abs3 AußHG kann unter diesen Voraussetzungen somit zulässigerweise auch die Überlassung und Vermittlung von außerhalb des Zollgebietes der Gemeinschaft befindlichen Waren regeln.

2.4. Da somit - entgegen der Annahme des antragstellenden Gerichts - Bedenken gegen §6 Abs1 AußHV aus dem Blickwinkel des Art18 B-VG nicht bestehen, die genannte Vorschrift vielmehr eine eindeutige gesetzliche Deckung besitzt und die Kriterien für die nach ihr zu erteilenden Bewilligungen auch eindeutig dem AußHG entnommen werden können, war der Antrag abzuweisen.

III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nicht öffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Außenhandel, EU-Recht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2002:V84.2001

Dokumentnummer

JFT_09978998_01V00084_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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