TE Vwgh Erkenntnis 2007/3/27 2007/18/0062

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Veröffentlicht am 27.03.2007
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
41/02 Asylrecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
MRK Art8 Abs2;
VwGG §41 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des M K, geboren 1985, vertreten durch Dr. Wolfgang Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 12/1/27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 29. Dezember 2006, Zl. SD 804/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 29. Dezember 2006 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen "jugoslawischen" Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 6 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei erstmals im August 2003 mit einem von der österreichischen Botschaft in Skopje ausgestellten Aufenthaltstitel zum Zweck "befristete Beschäftigung" in das Bundesgebiet eingereist. Diesem Aufenthaltstitel sei eine behauptete Beschäftigung des Beschwerdeführers bei einem Variete zu Grunde gelegen, für die vom Arbeitsmarktservice eine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden sei. Im Zug umfangreicher polizeilicher Ermittlungen sei hervorgekommen, dass der Inhaber dieses Varietes derartige Engagementverträge gegen Bezahlung abgeschlossen und solcherart die erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen erhalten habe. Tatsächlich sei eine künstlerische Betätigung des jeweiligen Fremden in dem Variete nie beabsichtigt gewesen. Auf Grund dieser Machenschaften sei der Inhaber des Varietes rechtskräftig verurteilt worden.

Der Beschwerdeführer habe eine derartige auf unrechtmäßige Behauptungen gestützte Sicherungsbescheinigung erwirkt und darauf gestützt einen Aufenthaltstitel beantragt, ohne dass eine Beschäftigung bei dem genannten Variete jemals beabsichtigt gewesen sei. Eine derartige Beschäftigung sei auch tatsächlich nie zu Stande gekommen. Auf diese Weise habe der Beschwerdeführer einen Aufenthaltstitel erwirkt, der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG sei daher erfüllt.

Die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbots im Grund des § 60 Abs. 1 FPG seien gegeben. Der Umstand, dass der Beschwerdeführer zwischenzeitig eine Österreicherin geheiratet habe und auf Grund dieses Umstandes (weitere) Aufenthaltstitel erwirkt habe, stehe dem nicht entgegen. Im Übrigen sei die Ehe seit Juli 2005 geschieden.

Der Beschwerdeführer habe keine familiären Bindungen im Bundesgebiet und auch keine Sorgepflichten geltend gemacht. Das Aufenthaltsverbot sei jedoch mit einem Eingriff in sein Privatleben verbunden. Dieser Eingriff sei zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten und daher im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Wer eine österreichische Botschaft durch Vorlage von rechtsmissbräuchlich erlangten Bescheinigungsmitteln zur Ausstellung eines Aufenthaltstitels verleite, gefährde das große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens in erheblichem Ausmaß.

Bei der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 2 FPG sei die aus der Dauer des inländischen Aufenthalts ableitbare Integration zu berücksichtigen. Diese werde jedoch dadurch relativiert, dass die Einreise und der anfängliche Aufenthalt nur auf Grund des dargestellten Fehlverhaltens ermöglicht worden seien. Die nur etwa ein Jahr bestandene Ehe mit einer Österreicherin vermöge der insgesamt nur gering ausgeprägten Integration kein zusätzliches Gewicht zu verleihen. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass der Beschwerdeführer seit seiner Eheschließung "mehr oder weniger regelmäßig" beschäftigt sei. Das Interesse am Verbleib im Bundesgebiet wiege daher zwar nicht gering, sei jedoch nicht besonders ausgeprägt. Dem stehe das maßgebliche, einen hohen Stellenwert genießende öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens gegenüber. Die Auswirkungen des Aufenthaltsverbots auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers wögen keinesfalls schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.

Gemäß § 60 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 6) gegenüber einer österreichischen Behörde oder ihren Organen unrichtige Angaben über seine Person, seine persönlichen Verhältnisse, den Zweck oder die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gemacht hat, um sich die Einreise- oder die Aufenthaltsberechtigung zu verschaffen.

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass auf Grund eines nur zum Schein und gegen Bezahlung abgeschlossenen Vertrages betreffend sein Engagement bei einem Variete eine Sicherungsbescheinigung ausgestellt worden ist und er auf Grund seiner unrichtigen Behauptung gegenüber der österreichischen Botschaft in Skopje, tatsächlich bei diesem Variete arbeiten zu wollen, einen Aufenthaltstitel erwirkt hat.

Er bringt dazu jedoch Folgendes vor:

"Ich hatte keine Ahnung dass gefälschte Unterlagen zur Erteilung der Aufenthaltserlaubnis vorgelegt werden. Ich habe auch keine entsprechenden Deutschkenntnisse gehabt um die Unterlagen verstehen zu können. Ich bin davon ausgegangen, dass das Visum auf ordnungsgemäße Weise zu Stande gekommen ist. Ich hatte, wie bereits ausgeführt, keine Ahnung, dass gefälschte Unterlagen zur Erlangung des Visums geführt haben."

Selbst wenn es sich dabei um keine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handeln sollte (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG), ist dieses Vorbringen nicht zielführend, zeigt der Beschwerdeführer doch keine konkreten Umstände auf, aus denen sich nachvollziehbar darauf schließen ließe, er habe tatsächlich nicht bewusst unrichtige Angaben über den Zweck seines Aufenthalts gemacht. So behauptet er nicht, dass ihm für die Beantragung des Aufenthaltstitels bei der österreichischen Botschaft kein auch in einer ihm verständlichen Sprache abgefasstes Formular - in dem u.a. der Zweck des Aufenthalts anzugeben ist - zur Verfügung gestanden sei. Weiters gibt er keine plausible Erklärung, wie es zur Unterfertigung des Vertrages mit dem Variete-Betreiber gekommen sei, und tut nicht dar, für welchen Zweck er seiner Meinung nach den Aufenthaltstitel beantragt und bekommen habe.

Das Beschwerdevorbringen ist schon deshalb nicht geeignet, Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG sei erfüllt, zu erwecken. Es kann daher dahingestellt bleiben, ob dieser Tatbestand nur bei bewusst unrichtigen Angaben über die dort genannten Umstände erfüllt ist.

3. Die Ansicht der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen dringend geboten sei (§ 66 Abs. 1 FPG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die gegenteiligen öffentlichen Interessen (§ 66 Abs. 2 leg. cit.), kann aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides nicht als rechtswidrig erkannt werden.

Der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine Ehe mit einer österreichischen Staatsangehörigen ist nicht geeignet, Bedenken gegen das Ergebnis dieser Interessenabwägung zu erwecken, ist die Ehe doch unstrittig seit Juli 2005 nicht mehr aufrecht.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die geltend gemachte Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 27. März 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2007180062.X00

Im RIS seit

14.05.2007

Zuletzt aktualisiert am

25.01.2009
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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