TE OGH 2004/7/16 8ObA76/04s

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 16.07.2004
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Wolf und Manfred Gürtler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Liviu B*****, vertreten durch Dr. Hanns Forcher-Mayr & Dr. Josef Kantner, Rechtsanwälte in Innsbruck, wider die beklagte Partei Ing. Heimo St*****, vertreten durch Dr. Markus Kostner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 10.850,60 s.A, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 18. Mai 2004, GZ 15 Ra 33/04x-24, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen ( § 510 Abs 3 ZPO).Die außerordentliche Revision wird gemäß Paragraph 508 a, Absatz 2, ZPO mangels der Voraussetzungen des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO zurückgewiesen ( Paragraph 510, Absatz 3, ZPO).

Text

Begründung:

Der Beklagte hatte bereits längere Zeit Kenntnis davon, dass gegen den Kläger ein Strafverfahren wegen des Verdachts der Hehlerei anhängig war. Er zog daraus gegenüber dem Kläger, dessen Mitarbeit er dringend benötigte, keinerlei Konsequenzen. Auch am 4. 2. 2000, als der Kläger nach der Hauptverhandlung, in der er - wenngleich noch nicht rechtskräftig - zu einer Geldstrafe und zu 4 Monaten bedingter Freiheitsstrafe verurteilt worden war, wieder in den Betrieb kam und zu arbeiten begann, setzte der Beklagte auch nach Kenntnis von der Verurteilung keine weiteren Schritte. Erst als ihm von seinem Rechtsberater die Entlassung des Klägers nahe gelegt wurde, verfasste er mit dessen Hilfe ein Entlassungsschreiben. Er ging dann in die Werkstätte und teilte dem Kläger mit dem Hinweis, dass er die Beendigung bedaure, die Entlassung mit und übergab das Schreiben. Dabei wies er darauf hin, dass die Entlassung auch deshalb erfolgt sei, weil der Kläger das Angebot des Beklagten hinsichtlich eines Übertritts in das neue Abfertigungssystem (Übertragungsbetrag EUR 1.693,62 statt, der nunmehr zugesprochenen Abfertigung von EUR 8365,20) nicht angenommen habe. Der Beklagte forderte den Kläger, der dies auch erneut ablehnte aber inzwischen mit dem Abladen eines gerade eingetroffenen LKWs begonnen hatte, auf, sich später im Büro einzufinden. Die Betriebsschlüssel verlangte der Beklagte vom Kläger nicht zurück. In weiterer Folge war der Kläger dann noch an einem Kundengespräch gemeinsam mit dem Beklagten beteiligt und arbeitete auch im Anschluss daran im Betrieb weiter. Schließlich fand dann das Gespräch zwischen den Streitteilen statt, in dem es um das Angebot des Beklagten zum Übertritt in das neue Abfertigungssystem ging. Als der Kläger erneut den Übertritt zu den vom Beklagten gebotenen Bedingungen ablehnte, meinte der Beklagte, er könne sein Angebot noch erhöhen, müsse sich aber dazu noch mit seinem Steuerberater besprechen; auch der Kläger solle sich erkundigen. Auf die Frage des Kläger, ob er nun entlassen sei, meinte der Beklagte, der Kläger solle diesbezüglich mit seinem Anwalt sprechen und man solle am nächsten Tag weiterreden. Der Kläger erhielt auch das Einverständnis des Beklagten, wegen der Rechtsberatung am nächsten Tag etwas später in den Betrieb zu kommen. Der Kläger arbeitete dann mit Kenntnis des Beklagten im Betrieb weiter.

Am nächsten Tag bestätigte der Beklagte allerdings die Entlassung.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass der Beklagte im Zuge des Gespräches am 4. 2. 2002 die Entlassungserklärung vorweg wieder schlüssig zurückgenommen und im Ergebnis auf die Geltendmachung des Entlassungsgrundes verzichtet habe.

Der Beklagte releviert es nun als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO, dass er durch sein Verhalten die Entlassung nicht zurückgenommen habe, weil es sich bei sämtlichen vom Kläger noch verrichteten Arbeiten um dringende Arbeiten gehandelt habe, die dieser aufgrund der Treupflicht geleistet habe.Der Beklagte releviert es nun als erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, Absatz eins, ZPO, dass er durch sein Verhalten die Entlassung nicht zurückgenommen habe, weil es sich bei sämtlichen vom Kläger noch verrichteten Arbeiten um dringende Arbeiten gehandelt habe, die dieser aufgrund der Treupflicht geleistet habe.

Rechtliche Beurteilung

Dem ist nun schon vorweg entgegenzuhalten, dass sich der Beklagte damit von den tatsächlich getroffenen Feststellungen entfernt, weil nur hinsichtlich der Abladearbeiten beim LKW festgestellt wurde, dass dies dringende Arbeiten gewesen sind. Soweit sich aber eine Rechtsrüge von den tatsächlich getroffenen Feststellungen entfernt ist sie nicht als ordnungsgemäß ausgeführt zu erachten (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 503 Rz 5). Auch ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht allein sein Verhalten hinsichtlich des Angebotes des Übertrittes in das neue Abfertigungssystem entscheidend. Vielmehr entspricht es der ständigen Judikatur, dass bei der Beurteilung schlüssiger Willenserklärungen sämtliche Umstände des Einzelfalles heranzuziehen sind. Regelmäßig liegt in diesen Beurteilungen auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 ZPO, weil sie wegen ihrer Einzelfallbezogenheit keinen Beitrag zur Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung zu leisten vermögen (vgl RIS-Justiz RS0043253 mwN etwa 8 ObA 308/01d). Hervorzuheben ist, dass der Beklagte nicht nur bei Übergabe des Entlassungsschreibens sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, sondern auch gleich die Frage des Übertritts in das neue Abfertigungssystem und die darüber noch weiter zu führenden Gespräche damit verknüpft hat. Der Kläger hat - nachdem der Beklagte zur Frage der Entlassung auf weitere Gespräche verwies - nicht nur noch weiter im Betrieb gearbeitet, sondern er hat mit dem Beklagten sogar noch Vereinbarungen über ein etwas verspätetes Eintreffen im Betrieb am nächsten Tag getroffen. Da aber eine Entlassung eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedeutet hätte, kann in der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass der Kläger das Verhalten des Beklagten insgesamt ohne verbleibenden Zweifel (vgl etwa RIS-Justiz RS0031188 mwN) dahin verstehen konnte, dass die Entlassung im Zuge der weiteren Gespräche an diesem Tag wieder zurückgenommen werden sollte, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung im dargestellten Sinne gesehen werden.Dem ist nun schon vorweg entgegenzuhalten, dass sich der Beklagte damit von den tatsächlich getroffenen Feststellungen entfernt, weil nur hinsichtlich der Abladearbeiten beim LKW festgestellt wurde, dass dies dringende Arbeiten gewesen sind. Soweit sich aber eine Rechtsrüge von den tatsächlich getroffenen Feststellungen entfernt ist sie nicht als ordnungsgemäß ausgeführt zu erachten vergleiche Kodek in Rechberger ZPO2 Paragraph 503, Rz 5). Auch ist entgegen der Ansicht des Beklagten nicht allein sein Verhalten hinsichtlich des Angebotes des Übertrittes in das neue Abfertigungssystem entscheidend. Vielmehr entspricht es der ständigen Judikatur, dass bei der Beurteilung schlüssiger Willenserklärungen sämtliche Umstände des Einzelfalles heranzuziehen sind. Regelmäßig liegt in diesen Beurteilungen auch keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des Paragraph 502, ZPO, weil sie wegen ihrer Einzelfallbezogenheit keinen Beitrag zur Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung zu leisten vermögen vergleiche RIS-Justiz RS0043253 mwN etwa 8 ObA 308/01d). Hervorzuheben ist, dass der Beklagte nicht nur bei Übergabe des Entlassungsschreibens sein Bedauern zum Ausdruck gebracht, sondern auch gleich die Frage des Übertritts in das neue Abfertigungssystem und die darüber noch weiter zu führenden Gespräche damit verknüpft hat. Der Kläger hat - nachdem der Beklagte zur Frage der Entlassung auf weitere Gespräche verwies - nicht nur noch weiter im Betrieb gearbeitet, sondern er hat mit dem Beklagten sogar noch Vereinbarungen über ein etwas verspätetes Eintreffen im Betrieb am nächsten Tag getroffen. Da aber eine Entlassung eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedeutet hätte, kann in der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass der Kläger das Verhalten des Beklagten insgesamt ohne verbleibenden Zweifel vergleiche etwa RIS-Justiz RS0031188 mwN) dahin verstehen konnte, dass die Entlassung im Zuge der weiteren Gespräche an diesem Tag wieder zurückgenommen werden sollte, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung im dargestellten Sinne gesehen werden.

Textnummer

E74136

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:008OBA00076.04S.0716.000

Im RIS seit

15.08.2004

Zuletzt aktualisiert am

07.05.2012
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten