TE OGH 2004/12/14 1Ob60/04m

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Veröffentlicht am 14.12.2004
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Werner G*****, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1, Singerstraße 17-19, wegen EUR 12.285,62 und Feststellung (Streitwert EUR 10.000) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2004, GZ 14 R 245/03g-9, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (zusammengefasst in RIS-Justiz RS0022813 und RS0021473; ausführlich auch Danzl, Mittelbare Schäden im Schadenersatzrecht, ZVR 2002, 363 ff), dass ein deliktischer Schadenersatzanspruch grundsätzlich nur dem unmittelbar Geschädigten zusteht (so auch die vergleichbare deutsche Rechtslage: jüngst etwa Jahnke, Mittelbare Betroffenheit und Schadenersatzanspruch, r+s 2003, 89 [92]); die Verursachung eines (bloßen) Vermögensschadens macht daher nur dann ersatzpflichtig, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung aus der Verletzung vertraglicher Pflichten, aus der Verletzung absoluter Rechte oder aus der Übertretung von Schutzgesetzen ableiten lässt. Bedenken, die gegen eine Berücksichtigung des Schadens eines nur mittelbar Geschädigten sprechen, bestehen nur in den Fällen der sogenannten Schadensverlagerung nicht, wenn es gerade um den Schaden geht, der typischerweise beim unmittelbar Geschädigten eintritt, im besonderen Fall aber durch ein Rechtsverhältnis auf einen Dritten überwälzt wird. Es wird also kein Schaden in die Betrachtung einbezogen, der nicht ohnehin normalerweise beim unmittelbar Geschädigten eingetreten und daher zu ersetzen gewesen wäre (RIS-Justiz RS0022563; RS0022608; RS0022830).

Dass Derartiges hier nicht zutrifft, räumt der Revisionswerber selbst ein, soweit er ausführt, dass zu Lebzeiten seiner Gattin kein Schaden eingetreten sei, sondern sich dieser erst nach ihrem Tod durch die verminderte Bemessungsgrundlage für die Berechnung seiner Witwerpension realisiert habe. Er macht somit in Wahrheit zu dem seiner Ehegattin durch das verfrühte Ausscheiden aus dem Dienst entstandenen und bereits zur Gänze abgegoltenen Schaden einen weiteren eigenen Schaden geltend, sodass von einer Schadensüberwälzung keine Rede sein kann.

Der Ausdruck "jedermann" in § 1295 ABGB ist nicht wörtlich zu nehmen; es kann nur ein unmittelbar durch die rechtswidrige Handlung Geschädigter - ausgenommen den hier unstrittig nicht vorliegenden Fall des § 1327 ABGB - Schadenersatz begehren. Ob jemand als unmittelbar Geschädigter anzusehen ist, richtet sich danach, ob die Norm, die der Schädiger verletzt hat, gerade auch den Schutz der Interessen des Ersatz Fordernden bezweckt (RIS-Justiz RS0022638). Die Nichtberücksichtigung dieser eingrenzenden Wirkung des Rechtswidrigkeitszusammenhanges hätte die Uferlosigkeit schadenersatzrechtlicher Haftungsansprüche zur Folge (1 Ob 257/00a; 2 Ob 110/03w ua), die wiederum zu einer - von der Rechtsordnung nicht erwünschten - Ausdehnung des Kreises der zur Erhebung von Schadenersatzansprüchen Berechtigten führte (Danzl aaO 363 f mwN). Es wurde daher unter anderem bereits mehrfach ausgesprochen, dass selbst bei Anwendbarkeit des § 1327 ABGB eine durch den Tod des Ehegatten und Firmengesellschafters eingetretene Minderung der eigenen Einkünfte aus dem Unternehmen einen nicht ersatzfähigen mittelbaren Schaden darstelle (RIS-Justiz RS0022555).

Im hier zu beurteilenden Fall wurde der der verstorbenen Ehegattin des Klägers zugesprochene Schadenersatz auf eine Fürsorgepflichtverletzung ihrer Dienstgeberin gegründet, der Beklagten, die als letztlich kausal für die zur Dienstunfähigkeit führende Erkrankung angesehen wurde.

Die Fürsorgepflicht des Dienstgebers besteht aber im allgemeinen nur gegen den Dienstnehmer (Krejci in Rummel ABGB³, § 1157 Rz 6), und kann in der Regel nicht auf die Hinterbliebenen des Dienstnehmers erstreckt werden (SZ 63/227).Die Fürsorgepflicht des Dienstgebers besteht aber im allgemeinen nur gegen den Dienstnehmer (Krejci in Rummel ABGB³, Paragraph 1157, Rz 6), und kann in der Regel nicht auf die Hinterbliebenen des Dienstnehmers erstreckt werden (SZ 63/227).

Mit diesen Grundsätzen steht die Entscheidung des Berufungsgerichtes in Einklang. Gegen dessen Beurteilung, der Kläger sei vom Schutzzweck der Norm nicht umfasst, bringt dieser nichts Stichhaltiges vor. Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage ist die außerordentliche Revision damit als unzulässig zurückzuweisen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Textnummer

E75879

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:2004:0010OB00060.04M.1214.000

Im RIS seit

13.01.2005

Zuletzt aktualisiert am

12.01.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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