Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Dr. Peter Hübner beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Heinz S*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Manfred Lampelmayer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der Bauern, 1031 Wien, Ghegastraße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Betriebsrente, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 30. März 2004, GZ 7 Rs 20/04v-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 22. September 2003, GZ 30 Cgs 105/03d-7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
1. Das Revisionsverfahren wird von Amts wegen fortgesetzt.
2. Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Die Sozialrechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Revisionskosten sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Der am 31. 3. 1938 geborene Kläger bezieht seit 1998 von der (nunmehrigen) Pensionsversicherungsanstalt eine Eigenpension. Er ist seit 1972 Pächter eines Jagdreviers und als solcher bei der Beklagten unfallversichert. Am 3. 1. 2003 schnitt der Kläger mit einer Kreissäge Holz, welches für die Errichtung eines Hochstandes benötigt wurde. Dabei verletzte er sich am Mittel- und Ringfinger seiner rechten Hand.
Mit Bescheid vom 16. 6. 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Betriebsrente für die Folgen seines Arbeitsunfalles vom 3. 1. 2003 mit der Begründung ab, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Arbeitsunfalles eine eigene Pension bezogen habe, weshalb die Gewährung einer Betriebsrente gemäß § 149d BSVG nicht in Betracht komme.
Die dagegen fristgerecht erhobene Klage richtet sich auf die Gewährung der abgelehnten Leistung im gesetzlichen Ausmaß und stützt sich auf die Verfassungswidrigkeit des Ausschlusses der Gewährung einer Betriebsrente aus der Unfallversicherung bei Bezug einer Pensionsleistung von einem anderen Sozialversicherungsträger.
Die Beklagte beantragte die Abweisung der nach der geltenden Gesetzeslage unbegründeten Klage.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ohne Beweisaufnahme ab, weil der eingeklagte Anspruch nach der geltenden Gesetzeslage nicht begründet sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers keine Folge, weil es die vom Kläger gegen die geltende Gesetzeslage vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken nicht teilte. Es sprach aus, dass die ordentliche Revision gegen seine Entscheidung zulässig sei.
Dagegen richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, dass dem Kläger ab 4. 1. 2004 eine Betriebsrente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit im Ausmaß von mehr als 20 vH der Vollrente zustehe.
Die Beklagte hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.
Da der Oberste Gerichtshof Bedenken gegen die Verfassungskonformität des in § 149d BSVG festgelegten Ausschlusses der Gewährung einer Betriebsrente aus der Unfallversicherung bei Bezug einer Eigenpension von einem anderen Sozialversicherungsträger hegte, wurde mit Beschluss vom 14. September 2004, GZ 10 ObS 120/04a, ein entsprechender Gesetzesprüfungsantrag an den Verfassungsgerichtshof gestellt.
Mit Erkenntnis vom 10. März 2005, G 147/04-7, hat der Verfassungsgerichtshof in § 149d Abs 1 erster Satz BSVG, BGBl 1978/559, idF der 22. BSVG-Novelle BGBl I 1998/140, die Wortfolge „und für den Versehrten zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles noch kein Pensionsbezug aus einer eigenen Pension gegeben ist" als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. März 2006 in Kraft tritt und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten. Die Aufhebung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass zwischen einer Pensionsleistung aus einer anderen Beschäftigung und den Bezug einer Betriebsrente aufgrund eines Arbeitsunfalles nach dem BSVG kein Sachzusammenhang bestehe, der eine Regelung wie die hier angefochtene allenfalls rechtfertigen könnte.Mit Erkenntnis vom 10. März 2005, G 147/04-7, hat der Verfassungsgerichtshof in § 149d Abs 1 erster Satz BSVG, BGBl 1978/559, in der Fassung der 22. BSVG-Novelle BGBl I 1998/140, die Wortfolge „und für den Versehrten zum Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles noch kein Pensionsbezug aus einer eigenen Pension gegeben ist" als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung mit Ablauf des 31. März 2006 in Kraft tritt und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Kraft treten. Die Aufhebung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass zwischen einer Pensionsleistung aus einer anderen Beschäftigung und den Bezug einer Betriebsrente aufgrund eines Arbeitsunfalles nach dem BSVG kein Sachzusammenhang bestehe, der eine Regelung wie die hier angefochtene allenfalls rechtfertigen könnte.
Nach Zustellung dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes war das unterbrochene Revisionsverfahren von Amts wegen fortzusetzen.
Auch wenn der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen hat, dass die Aufhebung erst mit Ablauf des 31. März 2006 in Kraft tritt, ist die aufgehobene Norm doch auf den „Anlassfall" nicht anzuwenden (Art 140 Abs 7 B-VG). Dies hat zur Folge, dass der Bezug der Eigenpension von der Pensionsversicherungsanstalt dem Anspruch des Klägers auf Betriebsrente nicht entgegensteht. Die Sache ist jedoch noch nicht spruchreif, weil keine Feststellungen über allfällige Unfallfolgen vorliegen. Da es zur Abklärung des unfallbedingten Ausmaßes der Minderung der Erwerbsfähigkeit offenkundig einer Verhandlung in erster Instanz bedarf, waren die Urteile beider Vorinstanzen aufzuheben und die Sozialrechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
Textnummer
E77175European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2005:010OBS00036.05Z.0426.000Im RIS seit
26.05.2005Zuletzt aktualisiert am
11.02.2011