TE Vwgh Erkenntnis 2007/7/27 2003/10/0284

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Veröffentlicht am 27.07.2007
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Index

L55004 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z9;
B-VG Art15 Abs1;
NatSchG OÖ 2001 §3 Z6;
NatSchG OÖ 2001 §5 Z14;
NatSchG OÖ 2001 §58 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der Österreichischen Bundesbahnen, vertreten durch die Finanzprokuratur, 1010 Wien, Singerstraße 17-19, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 9. Oktober 2003, Zl. N-105118/5-2003-Kra/Sö, betreffend naturschutzbehördlichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. April 2002 trug die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land gemäß § 58 Abs. 1 Oberösterreichisches Naturschutzgesetz (OÖ NatSchG) der beschwerdeführenden Partei auf, in einem genau beschriebenen Bereich der ÖBB-Strecke Wels-Passau Busch- und Gehölzgruppen zwischen Böschungsfuß und dem Fuß der Stützmauer einzubringen und hiefür ein bestimmtes Pflanzmaterial zu verwenden. Mit demselben Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei aufgetragen, die ebene, südlich des oberhalb der Stützmauer verlaufenden Begleitweges auf bestimmten Grundstücken befindliche Fläche ebenfalls wie zuvor im Bescheid näher umschrieben zu bepflanzen.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung und wies darauf hin, dass die von ihr gesetzten Maßnahmen (Geländekorrekturen und Rodungen von Wald und Gehölzgruppen im Zuge einer Linienverbesserung) im gegenständlichen Bereich in Durchführung des eisenbahnbehördlich mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. Juli 2000 genehmigten Bauvorhabens an der ÖBB-Strecke Wels-Passau, Bahnhof H bis Üst H, gesetzt worden seien. Es handle sich bei den in Rede stehenden Grundflächen nicht um Grünland im Sinne des § 3 Z 6 OÖ NatSchG.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des eingeholten Sachverständigengutachtens zur Rückwirkung der Baumaßnahmen auf das Landschaftsbild und zur Wiederherstellbarkeit des ursprünglichen Zustandes aus, dass gemäß § 5 Z 14 OÖ NatSchG 2001 die Rodung von Busch- und Gehölzgruppen, von Heckenzügen, von Auwald, von Schluchtwäldern, Moorwäldern sowie von Schneehaide-Föhrenwäldern und Geißklee-Traubeneichenwäldern im Grünland einer naturschutzbehördlichen Bewilligung bedürfe. Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei in der Berufung hinsichtlich des Fehlens der Eigenschaft als Grünland wurde unter Hinweis auf den Wortlaut des § 3 Z 6 OÖ NatSchG und die Materialien (Blg 1170/2001 LT 25. GP) entgegengehalten, dass der Grünlandbegriff erfüllt sei, wenn die betreffende Grundfläche - ungeachtet einer Planung des Bundes - im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Bauland oder Verkehrsfläche gewidmet sei.

Der Landesgesetzgeber habe mit der Formulierung des § 3 Z 6 OÖ NatSchG 2001 sicherstellen wollen, dass der Begriff "Grünland" für die Zwecke des Naturschutzrechts eigens definiert sei. Verwiesen werde des Weiteren auf Ausführungen von Univ.- Prof. Dr. Andreas Hauer, der ebenfalls von der kumulativen Anwendung des OÖ NatSchG neben den eisenbahnrechtlichen Vorschriften ausgehe.

Es sei daher davon auszugehen, dass die gegenständlichen Maßnahmen im Grünland gesetzt worden seien und damit die naturschutzbehördliche Bewilligungspflicht gegeben sei. Die auf § 58 OÖ NatSchG gegründete Vorschreibung sei daher zulässig gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Verletzung im Recht, nicht zu Maßnahmen gemäß § 58 Abs. 1 OÖ NatSchG 2001 verhalten zu werden.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 5 Abs. 5 OÖ Naturschutzgesetz 2001 (OÖ NatSchG) bedürfen im Grünland (§ 3 Z. 6) die Rodung von Busch- und Gehölzgruppen, von Heckenzügen, von Auwald, von Schluchtwäldern, Moorwäldern sowie von Schneehaide-Föhrenwäldern und Geißklee-Traubeneichenwäldern (Z. 14) sowie die Durchführung von geländegestaltenden Maßnahmen (Abtragungen oder Aufschüttungen) auf einer Fläche von mehr als 2.000 m2, wenn die Höhenlage um mehr als 1 m geändert wird (Z. 15), unbeschadet nach anderen Gesetzen erforderlicher Genehmigungen zu ihrer Ausführung einer Bewilligung der Behörde, wenn nicht die §§ 9 oder 10 anzuwenden sind.

§ 3 Z 6 des Gesetzes lautet:

"6. Grünland: Grundflächen, die im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan der Gemeinde nicht als Bauland (§ 21 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) oder als Verkehrsflächen (§ 29 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) gewidmet sind;"

Der angefochtene Bescheid beruht auf der Annahme, dass die Entfernung des Bewuchses im vorliegenden Fall ungeachtet des Umstandes, dass eine eisenbahnbehördliche Bewilligung für den Ausbau der Bahnstrecke als Hochleistungsstrecke im gegenständlichen Bereich vorlag, nur mit Genehmigung nach § 5 Abs. 5 iVm § 3 Z 6 OÖ NatSchG 2001 hätte erfolgen dürfen.

Die beschwerdeführende Partei hält dem entgegen, dass die sich aus dem Oö ROG ergebende Eigenschaft der betroffenen Grundstücke als Grünland im Sinne des Oö ROG durch den Planungsakt des Bundes bezüglich die Hochleistungsstrecke verdrängt werde. Die "verfassungsrechtlich gebotene Verdrängung" des Naturschutzgesetzes könne nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass das Naturschutzgesetz den Begriff "Grünland" eigens definiere.

Zu diesem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei ist darauf hinzuweisen, dass die eigenständige Umschreibung des Grünlandbegriffes für den Zweck der Abgrenzung der Anwendung des Naturschutzgesetzes kompetenzrechtlich zulässig ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2007, Zl. 2004/10/0072).

Nach übereinstimmender Auffassung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes fällt nicht nur die Regelung des Naturschutzes grundsätzlich gemäß Art. 15 Abs. 1 B-VG in die Kompetenz des Landesgesetzgebers, sondern schließt die Bundeskompetenz für das "Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen" die Erlassung und Anwendung von landesgesetzlichen Bestimmungen unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes auch nicht insoweit aus, als sie sich auf Anlagen und Maßnahmen beziehen, die der Kompetenz des Bundesgesetzgebers für das "Verkehrswesen bezüglich der Eisenbahnen" unterliegen (vgl. die Erkenntnisse des VfGH Slg. 7169/1973 und insbesondere 25. Juni 1999, G 256/98, Slg. 15.552 (Semmering-Basistunnel), und das hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1995, Zl. 93/10/0239, Slg. 14.274/A).

Zu dem hier maßgeblichen § 5 in Verbindung mit § 3 Z 6 OÖ Natur- und LandschaftsschutzG 2001 hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen ausgesprochen, dass es für seine Anwendung nicht entscheidend sei, ob ein die Flächenwidmung der Gemeinde verdrängender Fachplanungsakt des Bundes vorliege oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 2007, Zl. 2004/10/0072). Auf die Begründung dieses Erkenntnisses kann gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden. Die belangte Behörde konnte daher auch im vorliegenden Fall davon ausgehen, dass die von ihr herangezogenen Bestimmungen des OÖ NatSchG 2001 im Beschwerdefall - ungeachtet des Umstandes, dass die Maßnahmen im Zuge der Errichtung einer eisenbahnbehördlich genehmigten Eisenbahnanlage gesetzt wurden - anwendbar waren.

Aus diesem Grunde verfängt auch die Verfahrensrüge der beschwerdeführenden Partei nicht. Nähere Ermittlungen zum Vorliegen einer Eisenbahnanlage waren nicht erforderlich, weil die Anwendbarkeit der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmungen des NatSchG auch im Falle des Vorliegens einer Eisenbahnanlage gegeben ist.

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 27. Juli 2007

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2003100284.X00

Im RIS seit

06.09.2007
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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