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22/01 JurisdiktionsnormNorm
GGG 1984 §16 Abs1 Z1 litaBeachte
Besprechung in:ZAS 4/2019, S 214 - 218;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des HG in F, vertreten durch Dr. Bertram Grass und Mag. Christoph Dorner, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Bahnhofstraße 21, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Feldkirch vom 23. Jänner 2007, Zl. Jv 132-33/07, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit der beim Landesgericht Feldkirch als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Klage vom 4. Mai 2006 begehrte der Beschwerdeführer das Urteil:
"Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei an Ruhegeld der Witwe des Klägers 38 % des letzten regelmäßigen Bruttogehaltes des Klägers inklusive jährlicher Treueprämie zu bezahlen hat."
Als Streitwert gab der Beschwerdeführer im Rubrum des Klageschriftsatzes EUR 35.000,-- an.
Gegen das die Klage abweisende Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom 28. September 2006 erhob der Beschwerdeführer Berufung, der mit Urteil des OLG Innsbruck vom 16. Februar 2007 keine Folge gegeben wurde.
Im Wege des Gebühreneinzuges erfolgte die Erhebung einer Pauschalgebühr von EUR 551,50.
Mit Schreiben vom 22. Jänner 2006 ersuchte der Beschwerdeführer die Pauschalgebühr rückzuüberweisen, weil keine Gebühr vorzuschreiben sei. Für das Verfahren gelte die Gebührenfreiheit nach § 16 Abs. 1 Z 1 GGG. In arbeitsgerichtlichen Verfahren, in denen Gegenstand der Klage kein Geldbetrag, sondern lediglich ein Feststellungsbegehren sei, sei die Gerichtsgebühr mit EUR 694,-- zu bewerten. In Arbeitsrechtsfragen bestehe aber bis zu einem Streitwert von EUR 1.450,-- Gebührenfreiheit. Es werde daher ersucht, die bereits im Wege der Abbuchung eingezogene Pauschalgebühr für das Verfahren erster Instanz von EUR 551,-- zurückzuüberweisen und für die Berufung keine Gerichtsgebühr vorzuschreiben.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Rückzahlungsantrag keine Folge. In der Begründung verwies die belangte Behörde zunächst auf § 15 Abs. 3a GGG und die Anknüpfung des Gerichtsgebührengesetzes an formale äußere Tatbestände. Im Beschwerdefall sei somit der im Feststellungsbegehren angegebene Betrag von 38 % des letzten regelmäßigen Bruttogehaltes des Klägers, welche dieser in der Klage mit EUR 35.000,-- bewertet habe, als Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Pauschalgebühr heranzuziehen, da es sich hier um einen geldgleichen Anspruch im Sinne des § 15 Abs. 3a GGG handle. Mit Rücksicht darauf, sei dem Berichtigungsantrag keine Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Befreiung von den Gerichtsgebühren in einem Verfahren vor dem Arbeits- und Sozialgericht verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 30 Abs. 2 Z 1 GGG sind Gebühren zurückzuzahlen, wenn sie ohne Zahlungsauftrag entrichtet wurden, sich aber in der Folge ergibt, dass überhaupt nichts oder ein geringerer Betrag geschuldet wurde.
Ist ein Geldbetrag in anderer Weise als in einem Leistungsbegehren, etwa durch ein Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren Gegenstand einer Klage, so bildet gemäß § 15 Abs. 3a GGG - ungeachtet einer Bewertung durch den Kläger nach § 56 Abs. 2 der Jurisdiktionsnorm - dieser Geldbetrag die Bemessungsgrundlage.
Gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG beträgt die Bemessungsgrundlage EUR 694,-- bei Streitigkeiten über die Dienstbarkeit der Wohnung und über das Ausgedinge sowie arbeitsrechtliche Streitigkeiten, soweit in diesen Fällen nicht ein Geldbetrag - sei es bei einem Leistungs- oder in einem sonstigen Begehren, etwa einem Feststellungs- oder Unterlassungsbegehren - Gegenstand der Klage ist.
Bei Streitigkeiten, die vor das Arbeitsgericht gehören, ist die Bemessungsgrundlage, soweit nicht ein Geldbetrag als Haupt- oder Eventualbegehren verlangt wird, auch dann nach § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG zu bewerten, wenn das Begehren in verschiedene Punkte (Feststellungsansprüche) gegliedert ist oder wenn der Kläger den Wert des Streitgegenstandes mit einem höheren Betrag bewertet hat (vgl. Stabentheiner, Gerichtsgebühren8, E 1 zu § 16 GGG, samt angeführter Rechtsprechung).
Ein in einem Geldbetrag bestehender Streitgegenstand liegt immer dann vor, wenn im Klagebegehren selbst die begehrte Leistung mit einer Geldsumme ausgedrückt wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. März 2000, Zl. 97/16/0195, mit Hinweis auf Fasching, Lehrbuch2, Rz 259).
Im Beschwerdefall wird im Klagebegehren der strittige Betrag mit einem Prozentsatz des "Bruttogehaltes" und der Prämie umschrieben. Damit wird aber keine mit einer Geldsumme ausgedrückte Feststellung begehrt, sondern diese Geldsumme ist nach diesen Angaben erst zu errechnen.
Da die Bewertung des Klägers bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten auf Grund der Bestimmung des § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG für die Bemessungsgrundlage der Gerichtsgebühr nicht maßgeblich ist und im Klagebegehren keine in einer Geldsumme ausgedrückte Leistung begehrt wurde, hatte die Bemessungsgrundlage im Beschwerdefall gemäß § 16 Abs. 1 Z 1 lit. a GGG EUR 694,-- betragen.
Gemäß Anmerkung 8 zu TP 1 GGG sind arbeitsrechtliche Streitigkeiten (einschließlich Mahnklagen und gerichtliche Aufkündigungen) bei einem Wert des Streitgegenstandes bis EUR 1.450,-- gebührenfrei.
Da die belangte Behörde dies verkannte und die Rückzahlung der zu Unrecht erhobenen Gerichtsgebühr versagte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. September 2007
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2007160033.X00Im RIS seit
04.10.2019Zuletzt aktualisiert am
04.10.2019