TE Vwgh Erkenntnis 2007/9/27 2005/11/0110

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Veröffentlicht am 27.09.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
82/03 Ärzte Sonstiges Sanitätspersonal;

Norm

AVG §56 impl;
GuKG 1997 §29;
GuKG 1997 §30;
GuKG 1997 §32 Abs1;
GuKG 1997 §32 Abs7;
GuKG 1997 §32 Abs8;
GuKG 1997 §32;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde der U in L, vertreten durch Dr. Paul Sutterlüty, Dr. Wilhelm Klagian und Dr. Claus Brändle, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Marktstraße 4, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen (nunmehr Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend) vom 26. April 2005, Zl. BMGF-288100/0001-I/B/6/2005, betreffend Anerkennung einer im Ausland erworbenen Urkunde gemäß Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit ihrem an das Amt der Vorarlberger Landesregierung gerichteten Schreiben vom 11. September 2003 beantragte die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Bundesrepublik Deutschland, die Nostrifikation der im Ausland (Deutschland) erworbenen Urkunde über die Ausbildung in der Gesundheits- und Krankenpflege und zwar für den Berufszweig "Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester". Zur Begründung brachte sie im Wesentlichen vor, die Ausbildung zum staatlich anerkannten Altenpfleger in Deutschland entspreche der Krankenpflegeausbildung und sei in Deutschland der Krankenpflegeausbildung für eine Tätigkeit in der Altenpflege gleichgestellt. Sie wäre auch bereit, eine begrenzte Stundenanzahl nachzuholen. Die Beschwerdeführerin legte unter anderem die Urkunde des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 28. November 1990, mit der sie mit Wirkung vom 1. Oktober 1990 als Altenpflegerin staatlich anerkannt und bestätigt wird, dass sie an einer näher genannten Altenpflegeschule in Stuttgart am 27. März 1990 "die staatliche Abschlussprüfung als Altenpflegerin vor dem beim Regierungspräsidium Stuttgart gebildeten Prüfungsausschuss abgelegt und sich während des Berufspraktikums bewährt" habe, vor.

Im Ermittlungsverfahren der Erstbehörde führte der Sachverständige K.F., diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger, Direktor der Schule für allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege Bregenz, mit Gutachten vom 30. November 2003 unter anderem aus, dass die im Ausland absolvierte Ausbildung als Altenpflegerin der in Österreich für den Beruf einer diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester vorgeschriebenen Ausbildung in Inhalt und Umfang nicht entspreche. In der von der Beschwerdeführerin in Deutschland absolvierten Altenpflegeausbildung seien folgende Fächer, die in der österreichischen Ausbildung für die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege vorgeschrieben seien, nicht bzw. Inhalte in anderen Fächern nur teilweise unterrichtet worden: Berufsethik und Berufskunde der Gesundheits- und Krankenpflege (maximal 40 von 80 Stunden), Grundlagen der Pflegewissenschaft und Pflegeforschung (0 von 80 Stunden), Gesundheits- und Krankenpflege (nur 285 von 500 Stunden), Pflege von alten Menschen (andere Inhalte und Schwerpunkte), Palliativpflege (nur 20 von 60 Stunden), Hauskrankenpflege (0 von 40 Stunden), Hygiene und Infektionslehre (nur 20 von 60 Stunden), Biologie, Anatomie, Physiologie (nur 67 von 100 Stunden), allgemeine und spezielle Pathologie, Diagnose und Therapie einschließlich komplementärmedizinische Methoden (nur 120 von 360 Stunden), Pharmakologie (nur 30 von meist mehr als 40 Stunden), Erste Hilfe, Katastrophen- und Strahlenschutz (nur 10 Stunden Erste Hilfe von 40 Stunden), Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung im Rahmen der Pflege, Arbeitsmedizin (nur einzelne von 40 Stunden, und die beschränkt auf alte Menschen). (Dieses Fachgebiet sei in der in Österreich für die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege vorgeschriebenen Ausbildung Teil der mündlichen Diplomprüfung). Berufsspezifische Ergonomie und Körperarbeit (0 von 90 Stunden), Kommunikation, Konfliktbewältigung, Supervision und Kreativitätstraining (einige Stunden von 120, und diese fokussiert auf den alten Menschen), Strukturen und Einrichtungen des Gesundheitswesens, Organisationslehre (bezogen auf deutsche Einrichtungen, also 0 von 30 Stunden), elektronische Datenverarbeitung, fachspezifische Informatik und Dokumentation (0 von 40 Stunden), berufsspezifische Rechtsgrundlagen (200 Stunden gegenüber 40 Stunden, jedoch 0 Stunden im Hinblick auf die angestrebte Berufsausübung in Österreich), fachspezifisches Englisch (0 von 40 Stunden).

Die Antragstellerin habe in der zweieinhalbjährigen Ausbildung zur Altenpflegerin in der Akutpflege lediglich sechs Wochen Praktikum absolviert. Ferner habe sie sechs Wochen Praktikum an einer "Sozialstation" absolviert. Den Rest der praktischen Ausbildung habe sie im "Haus Adam Müller Guttenbrunn" in Stuttgart absolviert, wo sie vom 1. Oktober 1987 bis 31. März 1990 zu 50 % beschäftigt gewesen sei und während dieser Zeit an der "Altenpflegeschule des Caritasverbandes für Stuttgart e. V." die zweieinhalbjährige Ausbildung zur Altenpflegerin berufsbegleitend absolviert und mit der staatlichen Abschlussprüfung als Altenpflegerin vor dem Prüfungsausschuss des Regierungspräsidiums Stuttgart am 27. März 1990 an der oben genannten Schule erfolgreich abgeschlossen habe. Vom 1. April 1990 bis 30. September 1990 habe die Beschwerdeführerin im "Pflege- und Therapiezentrum Sindelfingen" ein halbjähriges Anerkennungspraktikum für Altenpflege absolviert. Sie habe damit die Urkunde über die staatliche Anerkennung als Altenpflegerin mit Wirkung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 1. Oktober 1990 (28. November 1990) erworben. Die Durchsicht der Ausbildungsnachweise habe ergeben, "dass die im Rahmen der in Deutschland absolvierten Altenpflegeausbildung" der in Österreich für den Beruf einer "diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester" vorgeschriebenen theoretischen und praktischen Ausbildungen in Inhalt und Umfang in keiner Weise entspreche und die für die Ausübung des Berufes einer "diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester" in Österreich notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten nicht bzw. nicht ausreichend vermittelt habe. Die im Ausland erworbene Urkunde über die Anerkennung als Alterpflegerin sei einem Diplom, das in Österreich zur Ausübung des Berufes als diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester berechtige, nicht als gleichwertig zu betrachten. Im Lehrplanvergleich zeige sich, dass in der im Ausland absolvierten Ausbildung nicht die gleichen Inhalte vermittelt und von den 1000 anrechenbaren Praktikumstunden nur sechs Wochen oder 240 Stunden in der Akutpflege absolviert worden seien, während in der österreichischen Ausbildung Praktika im Ausmaß von mindestens 2480 Stunden vorgeschrieben und erfolgreich zu absolvieren seien.

Nach Aufforderung zur Stellungnahme durch die Erstbehörde bestritt die nun anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin in ihrem Schreiben vom 9. Februar 2004 die Ausführungen im Gutachten und brachte vor, das Gutachten gehe von der falschen Fragestellung aus, ob die vorliegende staatliche Anerkennung als Altenpflegerin in Deutschland einem österreichischen Diplom über die Berechtigung zur Ausübung des Berufes als diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester als gleichwertig angesehen werden könne. Eben das entspreche aber nicht dem "Wunsch" der Beschwerdeführerin, der es vielmehr darum gehe, im Hinblick auf die Ausübung des "Berufs als Altenpflegerin" (im gehobenen Dienst) einer diplomierten Krankenschwester gleichgestellt zu werden. Die Beschwerdeführerin verfolge aber nicht das Ziel, einen Beruf als diplomierte Krankenschwester in der allgemeinen Pflege auszuüben.

Mit Bescheid vom 17. Februar 2004 sprach der Landeshauptmann von Vorarlberg (im Spruchpunkt I.) aus, das Ansuchen der Beschwerdeführerin um Anerkennung der in Deutschland erworbenen Ausbildung in der Altenpflege als einer österreichischen Ausbildung nach dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG) gleichwertig, werde nach § 32 GuKG abgewiesen. In der Begründung führte die Behörde aus, die Ausübung eines Berufes im gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegefachdienst sowie in der Pflegehilfe in Österreich sei an die in Österreich geltenden Rechtsvorschriften gebunden und mit entsprechenden Qualifikationsnachweisen verknüpft. "Eine Qualifikation als 'Altenpflegerin' oder andere, in anderen Staaten verwendete ähnliche Bezeichnungen" kenne die österreichische Rechtslage nicht. Die Beschwerdeführerin habe "vor Amt" und gleichfalls im schriftlich vorliegenden Antrag klar zum Ausdruck gebracht, "dass die Gleichachtung der vorliegenden Ausbildungsnachweise einem österreichischen Diplom für die Berechtigung zur Ausübung des Berufes in Österreich als 'dipl Gesundheits- und Krankenschwester' vorgenommen werden" sollte, weshalb das entsprechende Ermittlungsverfahren durchzuführen gewesen sei. Die Behörde schließe sich "der Beurteilung der Ausbildungsnachweise des Sachverständigen an", weshalb der Antrag spruchgemäß abzuweisen gewesen sei.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung und brachte unter anderem vor, da das österreichische Recht den Beruf "diplomierte Altenpflegerin" nicht explizit kenne, habe es auf dem Antragsformular nur die Möglichkeit gegeben, eine Gleichstellung als Pflegehelfer, im Sanitätsdienst oder als diplomierte Krankenschwester anzukreuzen. Die Beschwerdeführerin habe jedoch klargestellt, dass sie mit ihrem Antrag lediglich die Ausübung des Berufs der Altenpflegerin im Status des gehobenen Dienstes anstrebe. Es sei auch auf die Richtlinie 92/51/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 in Ergänzung zur Richtlinie 89/48/EWG zu verweisen, wonach die zuständige Behörde einem Angehörigen eines Mitgliedstaates den Zugang zu einem Beruf oder dessen Ausübung, dessen Zugang im Aufnahmestaat vom Besitz eines Diploms abhängig gemacht werde, nicht wegen mangelnder Qualifikation verweigern dürfe, wenn der Antragsteller ein Diplom bzw. ein Prüfungszeugnis besitze, das in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich sei, um den Zugang zu diesem Beruf in seinem Hoheitsgebiet zu erhalten oder ihn dort auszuüben, und wenn dieses Diplom in einem Mitgliedstaat erworben worden sei. Auch wenn das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz nicht ausdrücklich die Ausbildung und Anerkennung als diplomierte Altenpflegerin vorsehe, so hätte die belangte Behörde jedenfalls eine richtlinienkonforme Auslegung der Bestimmung des § 32 GuKG vornehmen müssen.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 teilte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit, dass der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege in Österreich, geregelt durch das GuKG, drei Sparten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege normiere, nämlich: die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege, die Kinder- und Jugendlichenpflege und die psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege. Eine spezielle Grundausbildung oder eine Spezialisierung im Bereich der "Altengesundheits- und Krankenpflege" gebe es nicht. Der in der Bundesrepublik Deutschland reglementierte Beruf der staatlich anerkannten Altenpflegerin zähle mangels Reglementierung in Österreich nicht zu den Gesundheitsberufen. Die eigenverantwortliche Pflege alter Menschen obliege in Österreich "diplomierten Gesundheits- und Krankenschwestern" (allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege). Die Erlangung einer Teilberufsberechtigung im Wege einer EWR-Zulassung oder einer Nostrifikation sei in keinem österreichischen Gesundheitsberuf möglich. Im Zusammenhang mit dem Verweis der Beschwerdeführerin auf die Anwendung der allgemeinen Anerkennungsrichtlinien sei darauf hinzuweisen, dass nach Art. 149 und 150 des EG-Vertrages die Mitgliedstaaten für die Gestaltung und die Lehrinhalte ihres Bildungs- und Ausbildungssystems allein verantwortlich seien. In deren Zuständigkeit falle ferner die Festlegung der Qualifikationen und sonstigen Voraussetzungen für die Aufnahme und Ausübung eines Berufes sowie der unter diesen Beruf fallenden Tätigkeiten auf ihrem Hoheitsgebiet. "Dieses geltende Subsidiaritätsprinzip" habe im konkreten Fall die Auswirkung, dass der in der Bundesrepublik Deutschland reglementierte Beruf der "Altenpflegerin" in Österreich nicht als Gesundheitsberuf eingerichtet sei bzw. nicht zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege zähle, sondern eine Anerkennung als Gesundheitsberuf nur in der Pflegehilfe möglich sei. Der Antrag der Beschwerdeführerin auf "Ausübung des Berufes der Altenpflegerin im Status des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege" müsse daher "mangels zuständiger Behörde" zurückgewiesen werden.

In ihrer Stellungnahme vom 5. Jänner 2005 brachte die Beschwerdeführerin sodann vor, der Landeshauptmann sei gemäß § 32 Abs. 1 Z. 2 GuKG für jene Personen zuständig, die im Ausland eine staatlich anerkannte Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolviert hätten, was hier der Fall sei. Die Beschwerdeführerin habe zwar in ihrem Antrag mangels anderer Möglichkeiten das Feld "Nostrifikation für den Berufszweig der diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester" angekreuzt, sie habe jedoch klargestellt, dass sie mit ihrem Antrag die Anerkennung für den Berufszweig der diplomierten Altenpflegerin anstrebe. Die Altenpflege sei ein Teilbereich der Tätigkeit einer diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester. Sie strebe sohin ein Minus zu der im Gesetz klar vorgesehenen Zuständigkeit der Nostrifikation für den Berufszweig "diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester" an. Wenn nun aber der Landeshauptmann für die Nostrifikation im Berufszweig "diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester" zuständig sei, ergebe sich daraus zwangsläufig, dass sich seine Zuständigkeit auch auf die Anerkennung eines Teilbereiches davon beziehe. Ferner verwies die Beschwerdeführerin auf die bereits in der Berufung genannten gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften und erklärte, den Antrag "vollinhaltlich" aufrecht zu halten.

Die belangte Behörde hob mit dem angefochtenen Bescheid vom 26. April 2004 den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 17. Februar 2004 auf und wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf Anerkennung ihrer in der Bundesrepublik Deutschland erworbenen Urkunde als staatlich anerkannte Altenpflegerin als einem in Österreich im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege reglementierten Beruf gleichwertig, zurück.

In der Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beruf der Altenpflegerin zähle mangels Reglementierung in Österreich nicht zu den Gesundheitsberufen. Eine Teilberufsberechtigung im Wege der EWR-Zulassung oder Nostrifizierung sei in keinem österreichischen Gesundheitsberuf möglich. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 17. Februar 2004 sei der Antrag der Beschwerdeführerin, die in Deutschland absolvierte Ausbildung jener nach § 32 GUKG gleichzuhalten, abgewiesen worden. Nicht berücksichtigt worden sei, dass die Beschwerdeführerin ihren Antrag laut Aktenlage dahin abgeändert habe, dass sie die "Ausübung des Berufes der Altenpflegerin im Status des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege" anstrebe. Im Bescheid der Behörde erster Instanz sei somit über einen Antrag entschieden worden, der in dieser Form nicht aufrecht gewesen sei. Der Bescheid sei daher aufzuheben. Das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz reglementiere drei Sparten des gehobenen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege, nämlich die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege, die Kinder- und Jungendlichenpflege und die psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege. Auf diese Sparten aufbauend reglementiere das GuKG so genannte Spezialaufgaben im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, die jedoch eine Berufsberechtigung in einer der drei Sparten voraussetzten. Zusammenfassend bestehe in Österreich kein eigener Beruf, der ausschließlich zur Ausübung der Altenpflege berechtige. Weder das GuKG noch ein anderes Gesetz über Gesundheitsberufe sehe Entsprechendes vor. Gemäß der österreichischen Rechtslage sei die Tätigkeit von Altenpflegern Bestandteil des Berufsbildes der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege bzw. sei dieser vorbehalten. Diese Rechtslage widerspreche auch nicht gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften. Ein Antrag, für den es keine Rechtsgrundlage und auch keine Zuständigkeit gäbe, sei daher zurückzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Beschwerdeführerin darlegt, in ihrem subjektiven öffentlichen Rechtsanspruch auf inhaltliche Entscheidung über den von ihr gestellten Antrag auf Anerkennung der von ihr absolvierten Ausbildung als "diplomierte Altenpflegerin" verletzt zu sein.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die maßgebenden Bestimmungen des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes - GuKG, BGBl. I Nr. 108/1997 idF BGBl. I Nr. 6/2004, lauten:

"1. Hauptstück

1. Abschnitt: Allgemeine Bestimmungen

§ 1. Gesundheits- und Krankenpflegeberufe sind:

1.

der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege und

2.

die Pflegehilfe.

...

2. Hauptstück:

Gehobener Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege

1. Abschnitt: Allgemeines

Berufsbild

§ 11. (1) Der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege ist der pflegerische Teil der gesundheitsfördernden, präventiven, diagnostischen, therapeutischen und rehabilitativen Maßnahmen zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit und zur Verhütung von Krankheiten.

(2) Er umfaßt die Pflege und Betreuung von Menschen aller Altersstufen bei körperlichen und psychischen Erkrankungen, die Pflege und Betreuung behinderter Menschen, Schwerkranker und Sterbender sowie die pflegerische Mitwirkung an der Rehabilitation, der primären Gesundheitsversorgung, der Förderung der Gesundheit und der Verhütung von Krankheiten im intra- und extramuralen Bereich.

...

Berufsbezeichnungen

§ 12. (1) Personen, die

1. auf Grund dieses Bundesgesetzes eine Ausbildung in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege oder

2. auf Grund des Krankenpflegegesetzes eine Ausbildung in der allgemeinen Krankenpflege

erfolgreich absolviert haben, sind berechtigt, die Berufsbezeichnung "Diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester"/"Diplomierter Gesundheits- und Krankenpfleger" zu führen.

(2) Personen, die

1.

eine Sonderausbildung gemäß §§ 65 bis 72,

2.

eine Weiterbildung gemäß § 64 oder

3.

eine Sonderausbildung gemäß § 57b Krankenpflegegesetz

erfolgreich absolviert haben, sind berechtigt, nach der Berufsbezeichnung gemäß Abs.1 die absolvierte Fachrichtung in Klammer als Zusatzbezeichnung anzufügen. ...

(3) Personen, die

1. auf Grund dieses Bundesgesetzes eine spezielle Grundausbildung in der Kinder und Jugendlichenpflege oder

2. auf Grund des Krankenpflegegesetzes eine Ausbildung in der Kinderkranken- und Säuglingspflege

erfolgreich absolviert haben, sind berechtigt, die Berufsbezeichnung "Diplomierte

Kinderkrankenschwester"/"Diplomierter Kinderkrankenpfleger" zu führen.

(4) Personen, die

1. auf Grund dieses Bundesgesetzes eine spezielle Grundausbildung in der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege oder

2. auf Grund des Krankenpflegegesetzes eine Ausbildung in der psychiatrischen Krankenpflege

erfolgreich absolviert haben, sind berechtigt, die Berufsbezeichnung "Diplomierte psychiatrische Gesundheits- und Krankenschwester"/"Diplomierter psychiatrischer Gesundheits- und Krankenpfleger" zu führen.

...

3. Abschnitt: Berufsberechtigung

....

Nostrifikation

§ 32. (1) Personen, die eine im Ausland staatlich anerkannte Ausbildung im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolviert haben und beabsichtigen, in Österreich eine Tätigkeit im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege auszuüben, sind berechtigt, die Anerkennung ihrer außerhalb Österreichs erworbenen Urkunden über eine mit Erfolg abgeschlossene Ausbildung im entsprechenden gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege beim Landeshauptmann jenes Landes, in dessen Bereich

1.

der Hauptwohnsitz,

2.

dann der in Aussicht genommene Wohnsitz,

3.

dann der in Aussicht genommene Berufssitz,

4.

dann der in Aussicht genommene Dienstort und

5.

schließlich der in Aussicht genommene Ort der beruflichen Tätigkeit

gelegen ist, zu beantragen.

(2) Der Antragsteller hat folgende Nachweise vorzulegen:

1.

den Reisepaß,

2.

den Nachweis eines Hauptwohnsitzes oder eines Zustellungsbevollmächtigten in Österreich,

              3.              den Nachweis, daß die im Ausland absolvierte Ausbildung in Inhalt und Umfang der entsprechenden österreichischen vergleichbar ist,

              4.              den Nachweis über die an der ausländischen Ausbildungseinrichtung besuchten Lehrveranstaltungen, über die abgelegten Prüfungen und über allfällige wissenschaftliche Arbeiten und

              5.              die Urkunde, die als Nachweis des ordnungsgemäßen Ausbildungsabschlusses ausgestellt wurde und die zur Berufsausübung in dem Staat, in dem sie erworben wurde, berechtigt.

...

(6) Der Landeshauptmann hat zu prüfen, ob die vom Antragsteller im Ausland absolvierte Ausbildung hinsichtlich des Gesamtumfanges und der Ausbildungsinhalte der österreichischen Ausbildung gleichwertig ist. Einschlägige Berufserfahrungen können bei der Beurteilung der praktischen Ausbildung berücksichtigt werden, sofern diese die fehlenden Fachgebiete inhaltlich abdecken. Zur Beurteilung der ausländischen Ausbildung ist im Falle des Abs. 4 jedenfalls ein Sachverständigengutachten einzuholen.

(7) Bei Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen gemäß Abs. 2 bis 6 hat der Landeshauptmann die Gleichwertigkeit der ausländischen Ausbildung bescheidmäßig festzustellen.

(8) Sofern die Gleichwertigkeit nicht zur Gänze vorliegt, ist die Nostrifikation an eine oder beide der folgenden Bedingungen zu knüpfen:

1. erfolgreiche Ablegung einer oder mehrerer kommissioneller Ergänzungsprüfungen,

2. erfolgreiche Absolvierung eines Praktikums oder mehrerer Praktika an einer Schule für Gesundheits- und Krankenpflege."

Die Beschwerdeführerin macht in ihrer Beschwerde geltend, dass gemäß § 32 GuKG dem Landeshauptmann die Zuständigkeit zur Nostrifizierung im Berufszweig der diplomierten Gesundheits- und Krankenschwester zukomme, die Zurückweisung durch die belangte Behörde daher zu Unrecht erfolgt sei.

Dieses Vorbringen ist im Ergebnis nicht zielführend.

Nach § 32 Abs. 1 iVm. Abs. 7 GuKG ist der Landeshauptmann zur Entscheidung über einen Antrag auf Anerkennung einer im Ausland erworbenen Urkunde im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege zuständig. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob der von der Beschwerdeführerin gestellte Antrag in dieser Form (betreffend Altenpflegerin im gehobenen Dienst) nach § 32 GuKG zulässig ist.

Der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege umfasst die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege, die Kinder- und Jugendlichenpflege und die psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege. Wie die belangte Behörde zu Recht festgehalten hat, ist das Berufsbild der "Altenpflege" in Österreich nicht bundesgesetzlich geregelt und als Gesundheitsberuf nicht anerkannt. Für Personen, die im Ausland eine Altenpflegeausbildung absolviert haben und in Österreich im Gesundheitsbereich arbeiten wollen, ist grundsätzlich lediglich eine Zulassung zur Berufsausbildung in der Pflegehilfe möglich. Die innerstaatliche Verpflichtung zur Schaffung neuer Berufsbilder besteht weder im EWR noch in der EU (vgl. RV 709 BlgNR XX. GP, 80). Für die Regelung aller übrigen Berufe im Bereich der Altenbetreuung oder Altenhilfe, die nicht Gesundheitsberufe sind, sind die Länder zuständig. Die Pflege alter Menschen ist ein Teil des Tätigkeitsbereiches des allgemeinen Dienstes für Gesundheits- und Krankenpflege und kann in der von der Beschwerdeführerin gewünschten Form (Altenpflege im gehobenen Dienst) nicht auf einen Teilbereich beschränkt werden. Eine Anerkennung einer außerhalb Österreichs erworbenen Urkunde im gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege kann schon nach dem Wortlaut des § 32 Abs. 1 GuKG nur im "entsprechenden" gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege, das heißt in der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege (die die Pflege alter Menschen mitumfasst), in der Kinder- und Jugendlichenpflege oder der psychiatrischen Gesundheits- und Krankenpflege erfolgen. Demnach ist ein bescheidmäßiger Abspruch in der Sache bloß über eine Teilkomponente der Pflege, nämlich der Pflege alter Menschen unzulässig, was zur Zurückweisung eines entsprechenden Begehrens führen muss, weil ein derartiger Antrag im Gesetz keine Deckung findet.

Die belangte Behörde hat auch nicht die ihr obliegende Verpflichtung zur Gewährung des Parteiengehörs und Anleitung der Beschwerdeführerin verletzt: Die Zurückweisung des Antrages kam nämlich nur dann in Betracht, wenn die Beschwerdeführerin auch nach Darlegung über das Fehlen einer Rechtsgrundlage weiterhin auf dem unzulässigen Antrag beharrt. Im Beschwerdefall erfolgte zunächst am 11. September 2003 ein zulässiger Antrag auf Nostrifikation hinsichtlich des Berufszweiges diplomierte Gesundheits- und Krankenschwester. Erst nachdem das Gutachten hinsichtlich der Gleichwertigkeit der Ausbildung für die Beschwerdeführerin negativ ausfiel, modifizierte die Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme ihren ursprünglichen Antrag und stellte den Antrag, im Hinblick auf die Ausübung des Berufes als Altenpflegerin (im gehobenen Dienst) einer diplomierten Krankenschwester gleichgestellt zu werden.

Mit Schreiben vom 7. Dezember 2004 machte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin darauf aufmerksam, dass der gehobene Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege in Österreich drei Sparten normiere, nämlich die allgemeine Gesundheits- und Krankenpflege, die Kinder- und Jugendlichenpflege und die psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege und dass es eine spezielle Grundausbildung oder eine Spezialisierung im Bereich der Altengesundheits- und Krankenpflege nicht gebe. Die Beschwerdeführerin beharrte dessen ungeachtet in ihrer Stellungnahme vom 5. Jänner 2005 auf ihrem modifizierten Antrag. Vor diesem Hintergrund und im Lichte des oben dargestellten Beschwerdepunktes ist die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auf Anerkennung als diplomierte Altenpflegerin (nur so ist der Spruch des angefochtenen Bescheides im Lichte seiner Begründung zu verstehen) somit nicht als rechtswidrig zu erkennen.

Wenn die Beschwerdeführerin behauptet, die Behörde hätte ihrem Eventualantrag gemäß § 32 Abs. 8 GuKG (Vorschreibung von Ergänzungsprüfungen) Folge leisten müssen, so ist ihr zu erwidern, dass Ergänzungsprüfungen nur unter der Voraussetzung vorgeschrieben werden könnten, dass es sich um eine in Österreich staatlich anerkannte und nostrifizierbare Ausbildung handelt. Da es, wie oben ausgeführt, für den Beruf der "Altenpflegerin im gehobenen Dienst", auf den sich ihr Antrag ausdrücklich bezogen hat, in Österreich keine gesetzliche Grundlage gibt, kann auch die Vorschreibung von Ergänzungsprüfungen nicht zum gewünschten Ergebnis führen. Die Beschwerdeführerin ist somit auch diesbezüglich nicht in dem von ihr geltend gemachten Recht verletzt worden.

Soweit sich die Beschwerdeführerin auf EU-Richtlinien über die Anerkennung von Diplomen und Prüfungszeugnissen und sonstigen Befähigungsnachweise bezieht, ist ihr zu erwidern, dass es im Rahmen eines Verfahrens nach § 32 GUKG ausschließlich um die Frage der Gleichwertigkeit der Ausbildung geht und gemeinschaftsrechtliche Bestimmungen in diesem Zusammenhang den Standpunkt der Beschwerdeführerin nicht verbessern können. Wäre die Beschwerdeführerin nämlich im Besitz eines Qualifikationsnachweises im Sinne der §§ 29 oder 30 GuKG, so wäre eine Nostrifikation nicht erforderlich (vgl. Weiß-Faßbinder/Lust, Gesundheits- und KrankenpflegeG, 4. Aufl. (2004), S. 81 f., unter Bezugnahme auf die oben genannten Gesetzesmaterialien).

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 27. September 2007

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATIONAuslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2005110110.X00

Im RIS seit

04.12.2007

Zuletzt aktualisiert am

31.03.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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