Index
001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AuslBG §24;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des OB in H, geboren 1982, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 14. Oktober 2004, Zl. 140.115/2-III/4/04, betreffend Versagung einer Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres (der belangten Behörde) vom 14. Oktober 2004 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 5. April 2002 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung "zur Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit" gemäß § 14 Abs. 3, § 18 Abs. 1a, § 19 Abs. 1 und § 22 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, iVm § 24 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei zuletzt im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Student" gültig bis zum 30. April 2002 gewesen. Nach der FrG-Novelle 2002 dürften quotenpflichtige Niederlassungsbewilligungen zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nur mehr Schlüsselkräften erteilt werden. Dem vor dem Inkrafttreten der zitierten Novelle mit 1. Jänner 2003 gestellten Antrag des Beschwerdeführers sei das aktuelle Fremdenrecht zu Grunde zu legen. Die gemäß § 24 AuslBG eingeschaltete Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Tirol habe in ihrem Gutachten vom 31. Jänner 2003 festgestellt, dass der Beschwerdeführer nicht als selbständige Schlüsselkraft im Sinn des § 24 AuslBG zu qualifizieren sei. Nach der schlüssigen Darstellung der vom Beschwerdeführer beabsichtigten selbständigen Erwerbstätigkeit sei dieser gemeinsam mit seinem Bruder persönlich haftender Gesellschaft der Firma B. OEG. Diese Gesellschaft betreibe einen Lebensmittelhandel. Bei dem Unternehmen seien keine (weiteren) Arbeitnehmer gemeldet bzw. tätig. Die vom Beschwerdeführer in Aussicht genommene Tätigkeit als Verkäufer und Lieferant stelle eine Tätigkeit dar, die typischerweise von Arbeitnehmern in wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht werde. Ein mit der Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers verbundener Transfer von Investitionskapital liege nicht vor. Als Schlüsselkräfte würden Fremde gelten, die über eine besondere am inländischen Arbeitsmarkt nachgefragte Ausbildung oder über spezielle Kenntnisse und Fertigkeiten mit entsprechender beruflicher Erfahrung verfügen. Zusätzlich müsse die beabsichtigte Beschäftigung eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region oder den betroffenen Teilarbeitsmarkt haben, oder die beabsichtigte Beschäftigung zur Schaffung neuer Arbeitsplätze oder zur Sicherung bestehender Arbeitsplätze beitragen, oder der Fremde müsse einen maßgeblichen Einfluss auf die Führung des Betriebes (Führungskraft) ausüben, oder die beabsichtigte Beschäftigung müsse einen Transfer von Investitionskapital nach Österreich zur Folge haben. Die beabsichtigte Tätigkeit des Beschwerdeführers als persönlich haftender Gesellschafter für das genannte Unternehmen diene primär dazu, seinen eigenen Arbeitsplatz zu schaffen und zu erhalten. Es sei kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen iSd § 24 AuslBG zu erkennen. Es sei weder ein Transfer von Investitionskapital nach Österreich noch die nachhaltige Schaffung von Arbeitsplätzen oder eine qualifizierte Leistung ersichtlich. Die beabsichtigte Erwerbstätigkeit diene ausschließlich persönlichen Interessen. Eine ökonomische Gesamtbedeutung sei nicht erkennbar. Er sei nicht als selbständige Schlüsselkraft iSd § 24 AuslBG zu qualifizieren.
Zu § 8 Abs. 3 FrG werde festgestellt, dass den öffentlichen Interessen gegenüber den privaten Interessen des Beschwerdeführers absolute Priorität eingeräumt werden müsse, weil die vom Beschwerdeführer beabsichtigte selbständige Tätigkeit im Bundesgebiet nicht der einer Schlüsselkraft entspreche.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Bebehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Für die Beurteilung, ob eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit zur Stellung einer "Schlüsselkraft" führt, ist der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich (§ 24 AuslBG). Der gesamtwirtschaftliche Nutzen hängt davon ab, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist bzw. ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von gefährdeten Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt darauf ab, dass ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist. Dieser Impuls muss durch die selbständige Tätigkeit des Fremden bewirkt werden. Dies bedeutet, dass die unternehmerischen Entscheidungen, die den zusätzlichen positiven Impuls für die Wirtschaft erwarten lassen, vom Fremden selbst getroffen werden müssen. Maßgebend für die Beurteilung des in diesem Sinn von einem antragstellenden Fremden ausgehenden wirtschaftlichen Nutzens ist zunächst das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. September 2007, Zl. 2004/18/0286).
2.1. Die Beschwerde wendet gegen das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 31. Jänner 2003 ein, diesem sei nicht zu entnehmen, "ob das Vorliegen der Mindestkriterien der selbständigen Schlüsselkraft überprüft wurde". Es sei lediglich der "Ist-Zustand", nicht jedoch die beabsichtigte Tätigkeit geprüft worden. Wäre dies geschehen, so hätte die belangte Behörde festgestellt, "dass die beabsichtigte Tätigkeit die gesetzlichen Voraussetzungen der selbständigen Schlüsselkraft erfüllen wird". Die belangte Behörde sei nicht auf das Parteienvorbringen eingegangen. Der Beschwerdeführer werde maßgeblichen Einfluss auf die B. OEG ausüben. Das Unternehmen werde "durch die Beschäftigung des Beschwerdeführers" sowohl den einzelwirtschaftlichen, als auch den gesamtwirtschaftlichen Nutzen steigern können und zur Sicherung der Arbeitsplätze der Geschäftspartner der B. OEG wie auch zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in der B. OEG beitragen. Jede "unternehmensstrategische Entscheidung" werde auch vom Beschwerdeführer getroffen. Die beabsichtigte Tätigkeit werde "mit Transferzahlungen verbunden sein".
2.2. Mit diesem Vorbringen macht der Beschwerdeführer keine konkreten und für eine Beurteilung verwertbaren Umstände geltend, die seine beabsichtigte Tätigkeit als Verkäufer und Lieferant in einer Lebensmittelhandlung, die - außer dem zweiten Gesellschafter - keine weiteren Mitarbeiter beschäftigt, als die einer Schlüsselkraft qualifizieren könnte. Es wäre Aufgabe des Beschwerdeführers gewesen, einen Zusammenhang zwischen seiner Tätigkeit und der Schaffung bzw. der Sicherung von Arbeitsplätzen oder dem Transfer von Investitionskapital nachzuweisen, bzw. darzulegen, welche konkreten unternehmerischen Entscheidungen, die er als Lieferant und Verkäufer in einem Lebensmitteleinzelhandel zu treffen hätte, den erforderlichen zusätzlichen positiven Impuls für die Wirtschaft erwarten lassen würden. Die Ansicht der belangten Behörde, dem Beschwerdeführer komme die Stellung als selbständige Schlüsselkraft nicht zu, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Zl. 2004/18/0286).
3.
Die Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4.
Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich - im Rahmen des gestellten Begehrens - auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 16. Oktober 2007
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2007:2004180392.X00Im RIS seit
15.11.2007Zuletzt aktualisiert am
22.09.2008