TE Vwgh Erkenntnis 2007/12/11 2006/18/0073

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Veröffentlicht am 11.12.2007
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §1;
AVG §56;
AVG §66 Abs4;
FrG 1997 §1 Abs9;
FrG 1997 §47 Abs3 Z1;
FrG 1997 §49 Abs1;
FrG 1997 §89 Abs1;
FrG 1997 §89 Abs2 Z1;
FrG 1997 §89 Abs2;
FrG 1997 §94 Abs1;
NAG 2005 §3 Abs1;
NAG 2005 §3 Abs2;
NAG 2005;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des A S, geboren 1982, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2/1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 12. Jänner 2006, Zl. III 4033-98/05, betreffend ersatzlose Behebung eines Bescheides i.A. Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1.1. Mit Bescheid vom 27. Oktober 2005 hat die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck "als gemäß den §§ 89 Abs. 1 und 91 Fremdengesetz 1997 zuständige Behörde" den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, vom 2. September 2005 auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als Angehöriger eines österreichischen Staatsbürgers abgewiesen. Dieser Bescheid ist mit dem Zusatz "Für den Bezirkshauptmann:" vom Sachbearbeiter unterzeichnet.

1.2. Mit Bescheid vom 12. Jänner 2006 hat die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (die belangte Behörde) auf Grund der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27. Oktober 2005 gemäß § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben.

Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck habe über den Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung als begünstigter Drittstaatsangehöriger gemäß § 89 Abs. 2 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, als Fremdenpolizeibehörde entschieden. Nach § 94 Abs. 1 des mit 31. Dezember 2005 außer Kraft getretenen FrG sei die Sicherheitsdirektion als Berufungsbehörde zuständig gewesen. Mit Inkrafttreten des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG, BGBl. I Nr. 100/2005, mit 1. Jänner 2006 sei die Zuständigkeit der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck nach § 89 Abs. 2 FrG entfallen. Es bestehe nur mehr die Zuständigkeit des Landeshauptmannes gemäß § 3 Abs. 1 NAG, wobei Berufungsbehörde gemäß § 3 Abs. 3 NAG der Bundesminister für Inneres sei.

Auf Grund des mit 1. Jänner 2006 eingetretenen Zuständigkeitswechsels sei der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck ersatzlos zu beheben gewesen.

2. Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 12. Jänner 2006 richtete der Beschwerdeführer zunächst eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser Gerichtshof trat die Beschwerde nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab (Beschluss vom 28. Februar 2006, B 227/06).

Vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Begehren, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

4. Mit hg. Note vom 2. Mai 2007 wurde der belangten Behörde vorgehalten, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27. Oktober 2005 unter ausdrücklichem Hinweis auf § 89 Abs. 1 FrG ergangen sei.

In der dazu erstatteten Stellungnahme vom 11. Mai 2007 verwies die belangte Behörde vor allem darauf, dass der genannte Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck "für den Bezirkshauptmann" unterfertigt worden sei und daher nicht dem Landeshauptmann zugerechnet werden könne.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 89 Abs. 1 FrG trifft Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen und Niederlassungsnachweisen der Landeshauptmann. Der Landeshauptmann kann, wenn dies im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit oder Sparsamkeit der Verwaltung gelegen ist, die Bezirksverwaltungsbehörden mit Verordnung ermächtigen, alle oder bestimmte Fälle in seinem Namen zu entscheiden.

Gemäß § 89 Abs. 2 leg. cit. trifft Entscheidungen im Zusammenhang mit Niederlassungsbewilligungen und Niederlassungsnachweisen jedoch die Bezirksverwaltungsbehörde, im örtlichen Wirkungsbereich einer Bundespolizeibehörde diese, wenn es sich um den Aufenthaltstitel (Z. 1) für einen Drittstaatsangehörigen handelt, der nach dem vierten Hauptstück Niederlassungsfreiheit genießt.

2. Eine vom Landeshauptmann gemäß § 89 Abs. 1 FrG ermächtigte Bezirksverwaltungsbehörde hat bei Erlassung eines Bescheides im Namen des Landeshauptmannes auf diese Ermächtigung hinzuweisen; geschieht dies nicht, so ist der Bescheid der erlassenden Behörde zuzurechnen (vgl. Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht8, Rz 410, und die dort zitierte hg. Judikatur).

Im vorliegenden Fall hat die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck im Spruch ihres Bescheides vom 27. Oktober 2005 ausgeführt "als gemäß ... § 89 Abs. 1 (FrG) ... zuständige Behörde" zu entscheiden. Die Unterfertigung erfolgte "für den Bezirkshauptmann".

Der bloße Hinweis auf die den Landeshauptmann zur Erlassung einer Verordnung ermächtigende Bestimmung des § 89 Abs. 1 FrG stellt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes für sich allein keinen ausreichenden Hinweis auf die Erlassung eines Bescheides als vom Landeshauptmann ermächtigte Behörde dar.

Mangels ausreichenden Hinweises auf eine vom Landeshauptmann erteilte Ermächtigung ist der Bescheid vom 27. Oktober 2005 daher dem Bezirkshauptmann zuzurechnen. Diese Zurechnung wird im Übrigen durch die Art der Unterfertigung "Für den Bezirkshauptmann:" unterstrichen.

3. Im Hinblick darauf gleicht der vorliegenden Fall in den für seine Erledigung wesentlichen Punkten - sowohl hinsichtlich des Sachverhaltes als auch in Ansehung der zu lösenden Rechtsfragen - jenem, der dem hg. Erkenntnis vom 15. Mai 2007, Zl. 2006/18/0148, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

4. Aus den dort angeführten Gründen war die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 11. Dezember 2007

Schlagworte

Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Diverses Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2 sachliche Zuständigkeit in einzelnen Angelegenheiten Instanzenzug Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Beachtung einer Änderung der Rechtslage sowie neuer Tatsachen und Beweise Inhalt der Berufungsentscheidung Kassation Zurechnung von Bescheiden Intimation

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2007:2006180073.X00

Im RIS seit

21.01.2008

Zuletzt aktualisiert am

01.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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