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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art7 Abs1 / VerwaltungsaktLeitsatz
Verletzung im Gleichheitsrecht durch Anwendung einer infolge fehlender Kundmachung rechtlich nicht existenten Verordnung bei Zuteilung einer Mülltonne an einen Haushalt auf Grund der Bestimmungen der nicht kundgemachten Müllabfuhrordnung einer GemeindeSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Steiermark ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit € 1.962,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Bürgermeister der Gemeinde Tillmitsch teilte dem nunmehrigen Beschwerdeführer und seiner Ehefrau mit Bescheid vom 22. September 1997 gemäß §4 der [am 7. Mai 1997 geänderten] Müllabfuhrordnung eine Mülltonne mit 80 l Fassungsvermögen zu. Der nunmehrige Beschwerdeführer und seine Ehefrau erhoben dagegen Berufung, da gemäß §10 Steiermärkisches Abfallwirtschaftsgesetz 1990 über begründeten Antrag der Anschlussverpflichteten das Behältervolumen der tatsächlich anfallenden Menge des Hausmülls anzupassen sei. Der Gemeinderat der Gemeinde Tillmitsch wies die Berufung mit Bescheid vom 23. Juni 1998 unter Anwendung des §4 Abs2 lita der Müllabfuhrordnung vom 7. Mai 1997 als unbegründet ab. Nach dieser Bestimmung seien Kleinhaushalten bis zu zwei Personen mit geringem Müllanfall auf Antrag Restmüllbehälter mit 80 l Fassungsvermögen zuzuteilen. Eine Unterschreitung dieses Behältervolumens sei nicht möglich. §4 der Müllabfuhrordnung entspreche auch §10 Abs3 Steiermärkisches Abfallwirtschaftsgesetz 1990, da durch diese Bestimmung eine Anpassung des Behältervolumens an die Menge des tatsächlich anfallenden Hausmülls ermöglicht werde.
Die Steiermärkische Landesregierung wies die dagegen erhobene Vorstellung mit Bescheid vom 29. Mai 2000 als unbegründet ab. §5 [gemeint wohl §4 Abs5 litb] der Müllabfuhrordnung bestimme, dass für die Sammlung der Abfälle ua Müllcontainer (80 l Fassungsvermögen) bereitgestellt werden. Gemäß dem am 7. Mai 1997 geänderten §4 der Müllabfuhrordnung ["an Kleinhaushalte (bis 2 Personen)"] sei dem nunmehrigen, in einem 3-Personen Haushalt lebenden, Beschwerdeführer der kleinstmögliche Müllbehälter mit einem Fassungsvermögen von 80 l zugewiesen worden. Diese Verordnungsbestimmungen würden auch §10 Abs3 Steiermärkisches Abfallwirtschaftsgesetz 1990 entsprechen.
2. Die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde behauptet die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG), auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung.
Der Beschwerdeführer sei Eigentümer der Liegenschaft ... und wohne dort mit Ehefrau und Tochter. Die Müllabfuhrordnung 1997 bestimme, dass ein Müllcontainer von 80 l unabhängig vom tatsächlichen Müllanfall als geringste Behältergröße zu verwenden sei. Die Änderung der Müllabfuhrordnung vom 7. Mai 1997 sei jedoch gesetzwidrig, da §4 Abs2 lita und damit die Bestimmung über einen Müllcontainer von 80 l Fassungsvermögen als geringste Behältergröße laut Sitzungsprotokoll des Gemeinderates (Punkt 18) vom 7. Mai 1997 gar nicht vom Beschluss des Gemeinderates erfasst gewesen sei. "Eine weitere Veröffentlichung bzw. auch nur eine Beschlussfassung des Gemeinderates über die vermeintlich als gültig angenommene Müllabgabe[abfuhr]ordnung 1997 hat nicht stattgefunden". Der Beschwerdeführer werde durch Anwendung einer überdies nicht ordnungsgemäß kundgemachten Verordnung finanziell belastet, da ihm gegenüber die Müllabgaben auf Basis des §6 Abs4 litb der Müllabfuhrordnung im Rahmen der vorgeschriebenen Mengengebühren aufgrund der Anzahl der Entleerungen bzw. dem Volumen der Behälter und nicht der tatsächlich anfallenden geringen Menge berechnet werde.
Die Müllabfuhrordnung widerspreche auch §10 Abs3 Stmk. AWG, gemäß dem über begründeten Antrag des Anschlusspflichtigen das Behältervolumen der Menge des tatsächlich anfallenden Hausmülls anzupassen sei. Die belangte Behörde hätte ungeachtet der Müllabfuhrordnung diese zwingende Bestimmung anwenden müssen.
3. Die Steiermärkische Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor.
4. Die Gemeinde Tillmitsch legte folgende "Unterlagen" vor:
Den "zusammen mit der Einladungskurrende zur GR-Sitzung vom 7.5.1997 ergangene[n] Entwurf der neuen MAO [Müllabfuhrordnung] (in welcher als neues Müllgefäß eine 80-Liter-Tonne vorgesehen war)" und die "Kundmachung dieser VO vom 15.5.1997 (welche irrtümlicherweise die neue 80-l-Tonne nicht enthielt)."
Die Gemeinde führte weiters aus:
"In der Kundmachung lt. GR-Sitzung vom 7.5.1997 wurde übersehen, die neu vorgesehene 80-Liter-Tonne hineinzunehmen, ebenso ins Sitzungsprotokoll! Deshalb wurde bei der GR-Sitzung am 22.12.1998 die Änderung des §4 der Müllabfuhrordnung neu beschlossen und ordnungsgemäß kundgemacht vom 22.12.1998 bis 12.1.1999."
5. Die Rechtslage stellt sich wie folgt dar:
5.1. §4 Abs2 lita, Abs6 lita-c, und §§7, 9 der Müllabfuhrordnung der Gemeinde Tillmitsch vom 11. März 1994, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 14. März bis 14. Juni 1994, lauteten:
"§4
[...]
2) Die Anzahl der Müllbehälter wird so festgesetzt, daß der zu erwartende anfallende Abfall unter Berücksichtigung seiner Art, Beschaffenheit und Menge, der Zahl der Haushalte oder Personen, innerhalb des Abfuhrzeitraumes gem. §5 gelagert werden kann.
Dabei ist bei Restmüll ein Unterschreiten der nachstehenden kleinsten Behältervolumen nicht möglich:
a) pro Haushalt Haushaltsbehälter mit einem Fassungsvermögen von 240 l oder 120 l; an Kleinhaushalte (bis 2 Personen) mit geringem Müllanfall können auf Antrag Müllsäcke (60 Liter) zugeteilt werden und zwar mindestens 4 Stück pro Person und Jahr.
[...]
6) Für die Sammlung der Abfälle im Sinne des §1 Abs3 dieser Verordnung werden folgende Gefäße bereitgestellt:
a) Müllsäcke (Fassungsvermögen 60 Liter)
b) Müllcontainer (Fassungsvermögen 120 Liter)
c) Müllcontainer (Fassungsvermögen 240 Liter)
[...]
§7
Kostenersätze und Gebühren:
[...]
§9
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt mit 1.1.1994 in Kraft."
5.2. Im Protokoll über die Gemeinderatssitzung der Gemeinde Tillmitsch vom 7. Mai 1997 ist unter Tagesordnungspunkt 18 ("Müllabfuhrordnung - Änderung") folgender Beschluss des Gemeinderates festgehalten:
"Der Gemeinderat beschließt einstimmig, die Müllabfuhrordnung wie folgt zu ergänzen:
Änderung des §5:
Die Durchführung der öffentlichen Müllabfuhr:
1) Die Abfuhr des Restmülls erfolgt 13 mal jährlich. Die Abfuhrtermine werden jährlich im vorhinein in einem Abfuhrkalender festgelegt und den Anschlußpflichtigen zur Kenntnis gebracht.
2) Der Sperrmüll wird an jedem ersten Freitag im Monat (von 8 bis 11 Uhr) und dem darauffolgenden Samstag (von 8 bis 10 Uhr) im Wirtschaftshof der Gemeinde Tillmitsch entgegengenommen,
3) Ebenso die Problemstoffe.
Nachfolgende Sondergebühren werden beschlossen:
III) Sondergebühren (§7 Abs4 litc):
a) für Sperrmüll pro Kg...................... S 2,--
(beträgt der Sperrmüll in einem Monat nicht
mehr als 20 kg, erfolgt keine Berechnung)
b) für Problemstoffe (§7 Abs4 litc):
1) Kühlgerät.............................. S 395,--
2) Fernseher, Bildschirmgerät.............." 190,--
3) PKW-Reifen ohne Felge..................." 20,--
mit Felge..................." 50,--
4) Leuchtstoffröhre........................" 8,--
Alle Beträge zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer (dzt. 10 %)
Einstimmig"
Wie aus einer Beilage zur Einladungskurrende zur Gemeinderatssitzung vom 7. Mai 1997 hervorgeht, war in Aussicht genommen, die Bestimmungen des §4 Abs2 lita, Abs5 sowie der §§7, 9 Müllabfuhrordnung wie folgt zu ändern:
"§4
[...]
2) Die Anzahl der Müllbehälter wird so festgesetzt, daß der zu erwartende anfallende Abfall unter Berücksichtigung seiner Art, Beschaffenheit und Menge, der Zahl der Haushalte oder Personen, innerhalb des Abfuhrzeitraumes (§5) gelagert werden kann.
Dabei ist bei Restmüll ein Unterschreiten der nachstehenden kleinsten Behältervolumen nicht möglich:
a) pro Haushalt Haushaltsbehälter mit einem Fassungsvermögen von 120 l oder 240 l; an Kleinhaushalte (bis 2 Personen) mit geringem Müllanfall können auf Antrag Haushaltsbehälter mit 80 l; an Kleinsthaushalte (1 Person) Säcke und zwar mindestens 4 Stück pro Jahr.
[...]
5) Für die Sammlung der Abfälle im Sinne des §1 Abs3 dieser Verordnung werden folgende Gefäße bereitgestellt:
a) Müllsäcke (60 Liter Fassungsvermögen)
b) Müllcontainer (80 Liter Fassungsvermögen)
c) Müllcontainer (120 Liter Fassungsvermögen)
[...]
§7
Kostenersätze und Gebühren:
[...]
§9
Diese Verordnung tritt mit 1.1.1997 in Kraft."
Die Kundmachung der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Tillmitsch vom 7. Mai 1997 betraf eine "Änderung der derzeit ab 11.3.1994 in Geltung stehenden Müllabfuhrordnung der Gemeinde Tillmitsch". Sie erfolgte durch Anschlag an der Amtstafel vom 15. Mai 1997 bis 13. Juli 1998.
Die Kundmachung hatte folgenden Wortlaut:
"Der Gemeinderat Tillmitsch hat am 7. Mai 1997 folgende ÄNDERUNG derzeit ab 11.3.1994 in Geltung stehenden M Ü L L A B F U H R - O R D N U N G DER GEMEINDE TILLMITSCH wie folgt beschlossen:
I) Grundgebühr (§7 Abs4 lita) S 80,- pro Einwohner und Jahr (wie bisher)
II) Mengengebühr (§7 Abs4 litb) wie bisher:
120-l-Tonne..................... S 851,60
240-l-Tonne..................... S 1.716,--
770-l-Container................. S 5.505,50
1100-l-Container................. S 7.865,--
60-l-Sack...................... S 33,--
III) SONDERGEBÜHR (§7 Abs4 litc) (neu, gültig ab 1.1.1997):
a) für SPERRMÜLL pro kg....................... S 2,--
(beträgt der Sperrmüll in einem Monat nicht
mehr als 20 kg, erfolgt keine Berechnung)
b) für PROBLEMSTOFFE
a) Kühlgerät S 395,--
b) Fernseher, Bildschirmgerät S 190,--
c) PKW-Reifen ohne Felge S 20,--
mit Felge S 50,--
d) Leuchtstoffröhre S 8,--
Alle Beträge zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer (dzt. 10%)
SPERRMÜLL UND PROBLEMSTOFFE werden im Wirtschaftshof der Gemeinde Tillmitsch an JEDEM 1. FREITAG IM MONAT sowie dem jeweils DARAUFFOLGENDEN SAMSTAG entgegengenommen und zwar am betreffenden Freitag von 8 - 11 Uhr, am betreffenden Samstag von 8 - 10 Uhr."
5.3. Mit Beschluss des Gemeinderates der Gemeinde Tillmitsch vom 22. Dezember 1998 wurden ua. §4 Abs2 und Abs5 litb der Müllabfuhrordnung beschlossen. Laut Sitzungsprotokoll hat §4 nun auszugsweise zu lauten:
"2) Die Anzahl der Müllbehälter wird so festgesetzt, daß der zu erwartende anfallende Abfall unter Berücksichtigung seiner Art, Beschaffenheit und Menge, der Zahl der Haushalte oder Personen, innerhalb des Abfuhrzeitraumes (§5) gelagert werden kann.
Dabei ist bei Restmüll ein Unterschreiten der nachstehenden kleinsten Behältervolumen nicht möglich:
a) pro Haushalt Haushaltsbehälter mit einem Fassungsvermögen von 120 l oder 240 l; an Kleinhaushalte (bis 2 Personen) mit geringem Müllanfall können über begründeten Antrag Haushaltsbehälter mit 80 l oder Säcke (60 Liter-Säcke, und zwar mindestens 4 Stück pro Person und Jahr).
[...]
5) Für die Sammlung der Abfälle im Sinne des §1 Abs3 dieser Verordnung werden folgende Gefäße mit folgendem Fassungsvermögen bereitgestellt:
a) Müllsäcke (60 Liter)
b) Müllcontainer (80 Liter)
c) Müllcontainer (120 Liter)
[...]
Diese Verordnung tritt mit 6.1.1999 in Kraft."
Die Verordnung wurde durch Anschlag an der Amtstafel vom 22. Dezember 1998 bis 12. Jänner 1999 kundgemacht.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:
1.1. Die im bekämpften Bescheid angewendeten Bestimmungen des §4 Abs2 lita und "§5" [gemeint wohl §4 Abs5 litb] wurden in der angewendeten Fassung - in der der Müllcontainer mit einem Fassungsvermögen von 80 l eingeführt werden sollte - laut Niederschrift der Gemeinderatssitzung vom 7. Mai 1997 weder beschlossen, noch waren sie von der Kundmachung der Verordnung vom 7. Mai 1997 durch Anschlag an der Amtstafel vom 15. Mai 1997 bis 13. Juni 1998 erfasst. Die von der Steiermärkischen Gemeindeordnung 1967 (§92) vorgesehenen Bestimmungen über die Kundmachung einer Verordnung wurden somit bezüglich §4 Abs2 lita und Abs5 litb nicht eingehalten. Die von der belangten Behörde angewendete Fassung der Verordnungsbestimmungen war lediglich als Entwurf mit der Einladungskurrende zur Gemeinderatssitzung vom 7. Mai 1997 an die Gemeinderäte übermittelt worden. §4 Abs1 lita und Abs5 litb wurden in der angewendeten Fassung auch - nach dem Vorbringen der Gemeinde - nicht in sonstiger Weise - wie etwa einer Verlautbarung in einem Kundmachungsblatt - den Normadressaten zur Kenntnis gebracht.
Rechtsverordnungen müssen aber, um rechtliche Existenz zu erlangen, jedenfalls in einer ein Mindestmaß an Publizität gewährleistenden Form behördlich kundgemacht werden (s. etwa VfSlg. 6422/1971, 6945/1972, 7086/1973, 7281/1974, 7375/1974, 8350/1978, 8351/1978, 8997/1980, 9247/1981 und 12.382/1990; vgl. etwa auch Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung (1977), S 278 f.), und zwar so, dass die Normadressaten von ihrem Inhalt Kenntnis erlangen können (s. etwa VfSlg. 2828/1955, 4320/1962, S 659, 9535/1982, S 225).
Bezüglich der angewendeten Bestimmung des §4 Abs2 lita (ebenso Abs5 litb) der Müllabfuhrordnung in der Fassung der Änderung vom 7. Mai 1997 ist also dem aus dem Rechtsstaatsprinzip erfliessenden Gebot, dass Verordnungen, damit sie überhaupt als Bestandteil der Rechtsordnung existent werden, behördlich kundgemacht wurden müssen, nicht entsprochen worden (vgl. VfSlg. 7375/1974). Diese Bestimmungen erlangten auch sonst nicht jenes Mindestmaß an Publizität, das erforderlich wäre, um sie zu einem Bestandteil der Rechtsordnung werden zu lassen. Es genügt für die ausreichende Publizität auch nicht, dass die angewendete Verordnungsstelle dem Beschwerdeführer im Zuge des Verwaltungsverfahrens über die Zuteilung einer 80-l-Tonne bekannt geworden ist.
Dazu kommt, dass die genannten Bestimmungen der Müllabfuhrordnung in dieser Fassung auch nur kurze Zeit angewendet wurden, da der Gemeinderat der Gemeinde Tillmitsch am 22. Dezember 1998 ua. §4 Abs2 lita und Abs5 litb - unter Einführung des Müllcontainers von 80 l - beschloss und diese Änderung durch Anschlag an der Amtstafel vom 22. Dezember 1998 bis 12. Jänner 1999 kundmachte (s. zur Relevanz der dauernden Anwendung etwa die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes VwSlg. 11.008 A/1983 und 11.009 A/1983, ferner 16. Juni 1987, Z05/3009/80).
Eine in diesem Verfahren maßgebliche Heilung der fehlenden Kundmachung durch den kundgemachten Beschluss des Gemeinderates der Gemeinde Tillmitsch vom 22. Dezember 1998 kann deshalb nicht angenommen werden, da nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sich die rechtliche Beurteilung von Bescheiden nach der Rechtslage am Tage ihrer Zustellung (bei Vorstellungsbescheiden nach dem Tage der Zustellung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides) zu richten hat (s. im gegebenen Zusammenhang VfSlg. 11.059/1986, 11.462/1987, 12.755/1991, 14.303/1995), sohin in dem vorliegenden Fall - wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt - nach der zum 26. Juni 1998 geltenden Rechtslage.
1.2. Da es sich bei §4 Abs2 lita und Abs5 litb Müllabfuhrordnung idF der Verordnung vom 7. Mai 1997 nicht um Bestimmungen einer Verordnung im Sinne des Art139 B-VG handelt(e), können sie nicht Gegenstand eines Verordnungsprüfungsverfahrens gemäß Art139 Abs1 B-VG sein.
1.3. Der Beschwerdeführer wurde daher durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
2.1. Der Beschwerdeführer erachtet sich weiters durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) verletzt.
2.2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz liegt nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes insbesondere dann vor, wenn die Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides Willkür geübt hat (zB. VfSlg. 10.413/1985 uva.). Ein solches willkürliches Vorgehen kann etwa vorliegen, wenn die belangte Behörde so fehlerhaft vorgegangen ist, dass die Fehlerhaftigkeit mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden müsste (vgl. VfSlg. 12.563/1990).
Einen derartigen Fehler hat die belangte Behörde begangen. Sie hat nämlich rechtlich nicht existente Bestimmungen angewendet. Eine derartige Anwendung ist einer Gesetzlosigkeit gleichzuhalten, weshalb der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt wurde.
Der Bescheid war schon aus diesem Grund aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88 VfGG; im zugesprochenen Betrag sind € 327,- an Umsatzsteuer enthalten.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
Schlagworte
Abfallwirtschaft, Rechtsstaatsprinzip, Verordnung, Kundmachung, VfGH / Prüfungsgegenstand, Bescheiderlassung (Zeitpunkt maßgeblich für Rechtslage), SanierungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2003:B1238.2000Dokumentnummer
JFT_09969389_00B01238_00